Alte Eltern streiten nur noch

Datenschutzhinweis: Bitte achten Sie darauf, dass Sie im Forum keine persönlichen Daten von sich selbst oder von Dritten posten. Auch sollten Ihre Angaben keine Rückschlüsse auf Ihre Person zulassen.
  • Liebe Schwarzer Kater,

    Ich finde die Sache mit der Akzeptanz dessen, was ist, einen wichtigen Punkt bzw.Prozess im Geschehen. Wenn man annimmt - ob man es gut findet oder nicht - muss man nicht mehr kämpfen.. wir Menschen können nicht Schicksal spielen, lange nicht alles liegt in unserer Hand.

    Ich kann aus meiner Erfahrung zustimmen, dass es mit zunehmendem Vergessen meiner Mutter einfacher wurde, sie sagt zwar noch oft, dass sie ja bald wieder nachhause geht und wieder alles allein kann, aber das scheinen auch so Floskeln zu sein, die noch hängen bleiben und besonders wenn das Gespräch stockt, wieder rauskommen.

    Sie hat sich in den drei Jahren seit Heim-Einzug (erst Kurzzeitpflege) verändert und man kann sich noch mit ihr unterhalten, aber meist ist sehr schnell alles wieder vergessen und sie bekommt weder von Corona noch Krieg und sonstige Bedrohungen etwas mit. Das finde ich dann auch erleichternd, so wie du.

    Da sie fast 92 J.ist, akzeptiere ich, dass ihr irdisches Leben, was in meinen Augen sehr schwer war, dem Ende entgegen geht , allerdings kann es sich theoretisch auch noch ein paar Jahre ziehen und momentan kann sie noch etwas rumlaufen im Haus. Meine große Hoffnung ist, dass sie nicht mehr die letzte Demenzstufe erreicht, das würde mir wieder schwerer fallen...

    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Schwarzerkater und Rose60, Sie beschreiben das, was ich auch schon sehr oft miterleben durfte: Der tiefe innere Friede nach einem langen inneren und äußeren Kampf in der letzten Phase der Demenz.

    Weil es Außenstehenden manchmal leichter fällt, diesen Seinszustand wahrzunehmen, habe ich ja auch ein langes Kapitel zum Wesen der Demenz in meinem letzten Buch geschrieben.


    Aber vorher liegt auf beiden Seiten anhaltende echte Trauerarbeit, die Hilflosigkeit nur sehr begrenzt unterstützen zu können und die Erkenntnis bestimmte Dinge nicht mehr klären zu können. Respekt, wie weit Sie, TanjaS und Nelly auf diesem Weg schon sind!

    Allen ein schönes Wochenende, Ihr Martin Hamborg

  • Ein herzliches Guten Tag in die Runde,


    ich möchte gerne mit Euch teilen, wie die letzten zehn Tage waren.

    Im Verhalten meines Vater hat sich nichts geändert, er ist aggressiv und depressiv im Wechsel, meine Mutter halluziniert sich gegen Abend immer an andere Orte, ihren früheren Garten vor allem, aus dem sie dann abgeholt werden möchte. Die Pflegerinnen sagen, sie sei immer freundlich und würde sich arrangieren, wenn mein Vater nicht wäre. Er kennt nur das eine Thema, weg aus dem Loch hier. Wenn er mir vorwirft, ich sei doch diejenige, die sie hier festhielte, sticht es mich immer noch ins Herz, denn es stimmt ja ...

    Ich habe es geschafft, nur noch ungefähr alle vier Tage hinzugehen und meistens auch das Telefon zu ignorieren.

    Ich hatte ein Gespräch mit der Hausärztin, die unzufrieden ist mit der psychologischen Betreuung im Heim, sie könnten mehr tun, so hat sie jetzt die Psychatrische Instituts-Ambulanz eingeschaltet. Sie sagte auch, dass meine Mutter mittlerweile verwirrter sei als mein Vater, sie erzähle, sie würde im Heim jeden Tag kochen etc. Da er ja nur das eine Thema kennt, weg hier, und sich darin festgehakt hat, kann ich nicht sagen, wie es sonst um ihn steht, außer, dass er sehr matt und leise spricht und wie schon lange vorher, Wortfindungsprobleme hat. Entweder er schimpft massiv oder er schweigt.

    Das Gespräch mit der Hausärztin hat mir zu etwas Erleichterung und Entspannung verholfen - ich war danach tatsächlich spontan und alleine in Ruhe ein Eis essen :)

    Ich hatte auch ein erstes Gespräch mit einer Psychologin, die recht schnell die richtigen Fragen gestellt hat ...

    Schlecht ist mir immer noch, wenn ich in der Wohnung der Eltern bin, die ich auflösen muss. Aber auch dort stelle ich fest, das Chaos hat schon viel früher angefangen, sie haben auch mich lange getäuscht, obwohl ich so häufig dort war.

    Alles in allem ist die furchtbare Unruhe in mir etwas kleiner geworden, es bewegt sich etwas in mir, auch dank Eurer Beiträge, die mir sehr geholfen haben. Im Grunde bin ich jemand, die viel aushalten kann, in dieser Situation bin ich tatsächlich an meine Grenzen gekommen. Aber es geht vorwärts.


    Ich wünsche allen ein schönes Wochenende!

  • Hallo Nelly, das klingt wirklich nach Fortschritt, es geht ja nicht wie einen Schalter umlegen, sondern ist ein Prozess!

    Gut, wenn du durch das Gespräch mit der Hausärztin sogar etwas Verantwortung delegieren konntest bzw.sie es so angenommen hat, das ist wahrlich nicht selbstverständlich.

    Und mit der psychologischen Unterstützung ist es einfach oft sehr hilfreich, wenn man von außen Impulse bekommt oder auch die "Erlaubnis" von professioneller Seite,dass man auch wieder mehr an sich denken darf.

    Wir hier erleben solche Situationen ja meist zum ersten Mal, da ist es klar, dass man sich zunächst "einarbeiten" und reindenken und -fühlen muss. Ich wünsche dir sehr, dass du so weiterkommst!!

    Wir haben ja kein Herz aus Stein und nicht den emotionalen Abstand wie die Pfleger etc. Da müssen wir auch mit uns selbst Geduld haben;)

    Liebe Grüße

  • Hallo in die Runde,

    da Ihr mir schon so viel geholfen habt, eine neue Frage an Euch mit der Bitte um Eure Meinungen:

    Die Hausärztin meiner Eltern fragte mich, wieso sie keine persönlichen Dinge in ihrem Zimmer hätten - weil ich alles wieder mitnehmen musste, sie wollten nichts dahaben, ich soll nicht so viel herschleppen, das müsste ich ja alles wieder zurückbringen. Daraufhin sagte die Ärztin, ich solle ihnen knallhart mitteilen, dass es keine Wohnung mehr gibt (ich löse sie gerade auf, schrecklich, so bei "lebendigem Leibe" ...), damit sie dann aufhören, nach Hause zu wollen. Es würde nichts bringen, ihnen immer zu sagen, "ich weiß es nicht, Ihr müsst noch Geduld haben ..." etc. (Vielleicht auch, damit mein Vater aufhört, in der Praxis anzurufen ...)

    Momentan kann ich mir dieses harte Vorgehen beim besten Willen nicht vorstellen. Mittlerweile gibt es Tage, an denen sie gar nicht anrufen, dann wieder x-mal hintereinander. Im Moment sind sie Corona-positiv, noch ohne Symptome, und ich soll zehn Tage wegbleiben - gute Kur für mich, aber es macht mich natürlich auch nervös.

    Immerhin - ich kann mich manchmal wieder in ein Buch versenken - das habe ich auch Euch hier zu verdanken.

    Dankeschön und ein schönes Wochenende für alle!

  • Hallo nelly,

    Ich habe meiner Mutter auch schon "knallhart " gesagt, dass es kein zurück mehr nachhause gibt - sie vergisst es aber doch immer wieder und/oder nimmt es nicht an.. da scheint mir deine Ärztin unerfahren. Eine Zeit lang habe ich meine Mutter vertröstet "mal schauen, was der Arzt sagt", "ich überlege mal mit..(meiner Schwester)" - dann war sie beruhigt für eine Zeit. Mir hat das zunächst sehr widerstrebt, aber wenn es ihr doch damit besser ging, fand ich es nicht verwerflich, auch wenn ich mir anfangs gemein vorkam (Unehrlichkeit ist überhaupt nicht meine Art)

    Liebe Grüße und viel Energie wünsche ich dir !

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Nelly, vielleicht ist die Corona-Isolation der Schritt in die "Zeitenwende": Ihre Eltern erfahren die Mitarbeitenden als Unterstützung und die Konfliktmuster können vielleicht sogar ein wenig medikamentös entschärft werden.


    Aus meiner Sicht müssen Sie nicht "knallhart" sein. Wenn Sie klar bei der folgenden Botschaft bleiben und nicht diskutieren: "Ihr wisst im Inneren, dass ich es gut mit Euch meine und die Entscheidung für das Heim richtig ist"

    Ich wünsche Ihnen auch sehr, dass Sie die Zeit jetzt nutzen, um Kraft zu sammeln! Ihr Martin Hamborg

  • Hallo Nelly, obwohl Rose60 und Herr Hamborg schon hilfreich geantwortet haben, hier auch von mir ein paar Sätze:

    WIE man den Eltern die unumgängliche Wahrheit nahe bringt, hängt von vielen Faktoren ab, u.a. War es von jeher üblich, sich "knallhart" die Dinge um die Ohren zu hauen ... Was möchte man mit dieser Art der Wahrheitsüberbringung erreichen? Will man sich selbst nur "Luft" machen oder möchte man, das "es" endlich ein für alle mal verstanden wird?


    Fraglich ist vor allem, was von der knallharten Wahrheit bei den Dementen noch ankommt/ankommen kann und was man damit überhaupt erreicht.


    Die Hausärztin meiner Mutter hat meiner Mutter auch ziemlich offen (wenngleich nett) gesagt, dass sie Hilfe braucht, die ich allein als EINE Tochter ihr nicht mehr ausreichend geben kann. Sie solle deshalb sich ein gutes Pflegeheim aussuchen lassen.


    Das fand meine Mutter furchtbar, es hat sie entsetzt. Aber es ist NICHTS davon hängen geblieben. Weder hat sie sich das gemerkt, noch konnte sie überhaupt einordnen, was das alles soll. Einzig und allein ihr Entsetzen blieb länger bestehen.


    Da frage ich mich: Ist es das wert? Ist es nicht gnädiger, die dementen Menschen sanft und mitfühlend auf diesem schweren Weg zu begleiten (selbst wenn sie gerade alles andere als liebenswürdig zu uns sind).


    Wir wollten auf Wunsch der Heimleitung meiner Mutter auch ihr kleines Appartment schön und persönlich machen. Es standen zwar schon hübsche Möbel drin. Aber wir haben neue gekauft, haben Deko und Bilder angeschleppt, einen neuen Fernseher etc. Was war das Ergebnis? Meine Mutter hat meinen Mann samt dieser Dinge rausgeworfen: Das bräuchte sie alles nicht hier und so weiter und so fort.


    Zum Glück hat sie das wieder vergessen und lebt seitdem mehr oder weniger glücklich mit fremden Möbeln. Kleine Dekostücke schmuggeln wir ab und zu in ihr Zimmer. Ich denke, das stört sie nicht. Aber persönliche Dinge aus ihrer Vergangenheit bringen ihr keinerlei Trost oder Gewinn.


    Will sagen: Ich würde die Art der Wahrheitsüberbringung nur an den Bedüfnissen/Gegebenheiten aller Beteiligten festmachen. Wenn es so ist, dass die "Hoffnung auf Nachhausekommen" ein hilfreiches Geländer in das sowieso unvermeidliche Vergessen ist, so bringt es doch nichts, dieses Geländer vozuenthalten oder wieder abzureißen!


    Ich habe es mit meiner Mutter genauso gemacht, wie Rose60 es schreibt (und bin aber eigentlich sonst auch für die Wahrheit).

    Abschließend ein Zitat von Max Frisch (das mir spontan bei dem Beitrag von Nelly zur Forderung der Hausärztin nach der "knallharten Wahrheit" einfiel):


    "Man sollte die Wahrheit dem anderen wie einen Mantel hinhalten, daß er hineinschlüpfen kann - nicht wie ein nasses Tuch um den Kopf schlagen. "


    Liebe Grüße an alle.

  • Hallo schwarzer Kater,

    Zum einen finde ich auch das o.g. Zitat sehr passend, zum anderen beruhigt mich deine Schilderung , dass deine Mutter auch partout nicht ihre Möbel etc.von zuhause haben will. Meine Mutter lebt ja deshalb auch in den gestellten Sachen des Heimes, außer Kleidung natürlich. Ich lasse sie... lediglich zwei eigene Tischdecken durften wir mittlerweile als Deko ändern, ansonsten nur neuere Fotos von uns Kindern, Enkeln und Urenkel. Kein einziges von ihrem Mann/meinem Vater möchte sie, der wahrlich nicht gut zu ihr war. Von daher ist auch mein Gefühl, dass sie in der neuen Umgebung durch weniger Erinnerung an schwere Zeiten gefühlsmäßig etwas aufgelebt ist . So sind unsere Geschichten alle verschieden...


    Bei meiner Mutter fällt auf, dass sie nun immer häufiger meint, Personen aus ihrer Kindheit und Verwandtschaft im Heim wiederzuerkennen, was definitiv nicht sein kann, sie aber offensichtlich "ankommen " lässt. Ihr lieblingspfleger berichtete, dass sie auch ihn als Verwandtschaft ansieht. Mich freut es sehr und lässt mich ruhiger werden, Stichwort "Loslassen " und "Akzeptanz "


    Liebe Grüße

  • Ein herzliches Hallo an alle und vielen Dank für Eure zahlreichen Antworten!


    Das Zitat von Frisch ist ganz wunderbar und danke auch Herrn Hamborg für den Satz "Ihr wisst im Inneren, dass ich es gut mit Euch meine und die Entscheidung für das Heim richtig ist".


    Leider gibt es nach wie vor besonders bei meinem Vater weiterhin nur noch ein einziges Thema, er will sofort abgeholt werden. Gestern wollte er zu Fuß nach Hause, meine Mutter verzweifelt, panisch und aufgebracht, es war eine neue Stufe der Eskalation. Er hat es bis auf den Flur geschafft, dann musste er auf Bitten der Pflegerin, da immer noch positiv, zurück. Ich habe alles am Telefon mit der Pflegerin mithören können.

    Meine Mutter benutzt mittlerweile die gleichen Ausdrücke und Schimpfworte wie er, hat es nie zuvor gegeben. Furchtbar, das mit anzuhören, aber trennen läßt sie sich auch nicht.

    Ich werde ihnen auf keinen Fall sagen, dass es bald keine Wohnung mehr gibt. Mein Vater vergisst alles um sich herum, "nie hat ihm jemand gesagt, dass er in Quarantäne sei", nur nicht, dass er nach Hause will. In diesem Tunnel hat er auch keine Wortfindungsstörungen, sonst aber schon. Dieser Furor ist schlimm. Mir scheint, das Letzte, was er erinnern wird, ist seine Wohnung ...

    Auch ich habe ihnen ein paar Bilder und Gegenstände mitgebracht, wollen sie alles dort nicht haben, musste ich wieder mitnehmen. Es wurde mir verpackt hingestellt.

    Ich stehe stundenlang vor ihren Schränken und grüble, was ich für sie behalten soll und bin ratlos.

    Auch ihre von ihnen sehr geschätzte Hausärztin wurde vom Thron gestoßen, als sie ihnen sagte, sie können nicht mehr alleine leben.

    Mir geht es auch so, ich bin immer soo ehrlich, aber hier muss man es einfach ablegen. Sonst gibt es entsetzliche Diskussionen, immer wieder aufs Neue. Denn sie haben ja gar keine Wahrnehmung mehr für ihren tatsächlichen Zustand.


    Viele liebe Grüße an alle!

  • Mir geht es auch so, ich bin immer soo ehrlich, aber hier muss man es einfach ablegen.

    Eigenschutz ist auch hier sehr wichtig, sonst kann auch unseren Kranken niemand mehr helfen. Auch wenn sie nicht körperliche Schäden verursachen können, die seelischen sind genauso schlimm und schädigen oft noch viel mehr heimlich und unbemerkt. Darauf müssen wir stark achten.


    Weiterhin viel Kraft!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Nelly, bitte zermartern Sie sich nicht zu sehr, wenn Sie die Wohnung Ihrer Eltern auflösen. Es sind ja hauptsächlich die kleinen Dinge, die mit fortschreitender Demenz hilfreich sein können, um die Lebenskontinuität begreifbar zu machen.


    Also es geht um kleine aufgeladene Erinnerungstücke, die man in die Hand nehmen oder wie Fotoalben ansehen kann, um sich an emotional Bedeutsames zu erinnern.

    Lediglich, wenn Ihre Eltern einen Lieblingsplatz / Sessel hatten, kann der später mal hilfreich im Heim sein.

    Sie können auch in der Einrichtung fragen, ob dort Platz und Interesse an besonderen Möbeln / Gegenständen besteht, um die "Milieugestaltung" zu ergänzen.

    Und ein letzter Gedanke, wenn Ihre Eltern gern "gekramt" haben, könnten Sie kleine themenbezogen Kästen mit Alltagsgegenständen zurücklegen, die dann im Heim zur "10-Minuten-Aktivierung" genutzt werden können - vielleicht schon in einem Jahr.


    Jetzt werden Ihre Eltern nichts annehmen und es würde die akute Trauer um den Verlust hinauszögern und das Einleben in die neue Situation.

    An die Anteilnahme und die Wünsche der Anderen hier im Forum kann ich mich nur anschließen, viel Kraft und inneren wie äußeren Abstand! Ihr Martin Hamborg

  • Guten Abend und ein großes Dankeschön an alle hier! Ich war absorbiert in der Wohnungsauflösung, deswegen so spät meine Antwort.

    Seit einer Woche bekommen meine Eltern dank der Psychiatrischen Instituts-Ambulanz leichte Stimmungsaufheller. Zumindest ist mein Vater nicht mehr so aggressiv und meine Mutter weint nicht nicht mehr so oft. Das ist schon mal eine kleine Erleichterung.

    Natürlich fragen sie nach wie vor jeden Tag, wann sie heimkommen. Ich vertröste sie mit "Die Ärztin ist in Urlaub" etc. Ihnen zu sagen, dass es keine Wohnung mehr gibt, ist einfach zu hart. Auch wenn mir viele sagen, was das denn dann mit mir mache, ständig mit dieser Lüge herumzulaufen ... und es mir immer wieder dezente Panikattacken verursacht.

    Danke an Martin Hamborg für diese tolle Idee mit den Erinnerungskästen, die habe ich sofort zusammengestellt, das war schön.

    Ich habe es noch einmal mit einem Stickbild versucht, das meine Mutter gemacht hat, statt Fotos, aber auch das musste ich sofort wieder mitnehmen.

    Was sie morgens auf dem Anrufbeantworter mitgebracht haben wollen, haben sie am Abend schon vergessen und nie angerufen. Daran muss ich mich noch gewöhnen.

    Rose60: Auch meine Mutter erzählt, dass sie die eine oder andere Frau "aus der Stadt, aus dem Bus" kenne.

    schwarzerkater: Bei uns wurde nichts ausdiskutiert, viel geschwiegen, sehr viel geschmollt, eher heimlich geweint als gesprochen, keine Streitkultur. Also kann man sich doch jetzt auch keine Wahrheiten wie ein "nasses Tuch" (das Zitat ist so gut!) um die Ohren hauen. Das ist ja so irritierend bei meinem Vater, der immer geschwiegen hat - mittlerweile denke ich, er war so etwas wie ein stiller Choleriker, wenn es das gibt. Immer alles heruntergeschluckt, und jetzt gibt es keine Kraft mehr dafür und alles kommt sofort heraus.


    Beste Grüße an Euch alle und viel Durchhaltevermögen für uns

    Nelly

  • Hallo Nelly, wie wunderbar, dass es besser wird ... wenn es auch Zeit braucht. Übrigens: Den Gedanken, es sei eine böse Lüge, wenn man die Eltern vertröstet, muss man begaben. Ich sage mir selbst (mantra-artig), dass hier meine persönlichen Wertevorstellungen Pause haben. Natürlich ist die "Lüge" an sich nicht besonders positiv angesehen. Hier geht es aber in erster Linie um einen Trost auf dem harten Weg ins Vergessen. Und unsere dementen Angehörigen können gerade jeden Trost gebrauchen. Ich habe in einem anderen Post von einem Geländer geschrieben, an dem unsere Angehörigen den schweren Weg gehen können ... Mir selbst ist es auch schwer gefallen, aber ich habe von den Pflegerinnen gelernt. Als meine Mutter mit mir mitkommen wollte (ich war in purer Verzweiflung) hat eine Pflegerin sie am Arm zum Kaffeetisch geführt ..., ganz sanft, aber sehr selbstverständlich. Das bekam meiner Mutter besser ... Vielleicht (Nelly) können die Pflegerinnen in dem Heim auch so mitarbeiten?


    Und .... Nelly, du beschreibst ja selbst, dass es auch völlig ungewohnt wäre, jetzt mit knallharten Wahrheiten zu kommen. Würde also auch jetzt nicht damit anfangen ...

  • Schade, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, die Emoticons zu verwenden, ich würde Dir gerade (und auch anderen des Öfteren) gerne ein "like" senden.

  • Hallo Schwarzerkater,

    wie schön, diese von Dir beschriebene Szene mit Deiner Mutter und der Pflegerin.

    Gerade bin ich erneut komplett überfordert - seit gestern sind meine Eltern wieder in dem Zustand, sich gegenseitig zu beleidigen, x-mal anzurufen, mit nur dem einen Thema, raus hier. Mein Vater spürt, dass er vertröstet wird und ist wieder aggressiv, meine Mutter verzweifelt. Ich habe sie gestern zum Abschied beide umarmt, daraufhin haben sie beide geweint. Ich bin wieder an dem Punkt, an dem ich überhaupt nicht mehr weiß, wie kommunizieren, ob überhaupt, wann wieder hingehen... Das Pflegepersonal scheint mit dem Thema "Wir wollen hier nicht sein" nicht beschäftigt zu sein, da meine Eltern ihnen gegenüber nichts, aber auch gar nichts dazu äußern. Es geht nur auf mich und meine im Ausland lebende Schwester, die ich jetzt auch noch trösten muss, nachdem wir die Wohnung geräumt haben und sie wieder nach Hause gefahren ist. Jetzt ist sie verzweifelt, sie könne sich das niemals verzeihen, und meint, wir hätten einen Fehler gemacht, wir hätten eine größere Wohnung suchen müssen mit einer 24/7 Pflege. Als ob das alles so einfach wäre ... und ich habe geträumt, man habe mir ein drittes Bett in das Elternzimmer gestellt und müsste dort bleiben...

    Verzeiht den nicht hilfreichen Post, ich musste es loswerden, hier fühle ich mich irgendwie aufgehoben ...

    Schönen Sonntag noch für Euch!

    ecia25: Ich auch!

  • Hallo Nelly,

    Ich verstehe dich gut. Meine Mutter schafft es nach drei Jahren noch mich zu verunsichern, sie kann seeehr überzeugend sein, dass sie doch wieder Kartoffeln schälen könne und überhaupt alles allein... Bei uns wurde nach drei Jahren nun das Haus geräumt und was mich beruhigt bzgl.24h Pflege sind die Berichte von anderen dazu... Die deutschsprachigen sind von normalos nicht bezahlbar, die fremdsprachigen könnten sich nach meiner Einschätzung mit meiner sehr kommunikativen Mutter nicht ausreichend unterhalten. Ich bin mir relativ sicher, dass sie damit nicht zufrieden wäre, die falsch kochen und sie (in ihrer Vorstellung) bestehlen würden, wenn sie etwas nicht findet.

    Ihr habt es sicher nach bestem Wissen und finanzieller Abwägung entschieden, es ist geschehen und das Haus geräumt, somit gibt es kein Zurück.

    Ich mache es mittlerweile so, dass ich mich irgendwie versuche abzulenken, wenn deprimierende Gedanken kommen an etwas, was nicht zu ändern ist. Solche Tricks kann man in der Verhaltenstherapie lernen.

    Ich würde zu deinen Eltern wieder mehr auf Abstand gehen, wenn du mit deinem Besuch Heimweh triggerst, denn bei uns Kindern werden sie offensichtlich dran erinnert. Mir sagte man auch immer ganz fassungslos, dass meine Mutter doch so gut drauf sei, leicht zu handeln etc.

    Mittlerweile versinkt meine Mutter immer öfter in ihrer eigenen Welt, mit ganz eigener Wahrnehmung, ihr Lieblingspfleger ist nun plötzlich Verwandtschaft (ich denke vertraut). Das finde ich schön.

    Es ist gerade sicher für dich eine sehr blöde Phase und es ist noch ein hin und her im Prozess, mal denkst du, es wird besser und alles ist richtig, dann beladen dich deine Eltern wieder mit ihrem Frust.. tu dir irgendwas Gutes, belohne dich für dein Kümmern und vieles, was dir aufgeladen wurde!

    Alles Liebe für dich ;)

  • Hallo Nelly, ich kenne diese Gedanken ... und sie werden so schnell nicht weggehen. Manchmal hilft es, sich zu überlegen, ob die gedachten Alternativen machbar wären ... 24h-Pflege kann genauso schief gehen (fremde Person im Haus) und ist quasi unbezahlbar. Ich hätte auch ein komisches Gefühl, wenn ich eine polnische Pflegekraft für weniger Bezahlung fern ihrer Heimat mit dieser Aufgabe betrauen würde - es kommt mir falsch vor, ich stehe nicht hinter dem Konzept ... Andere sehen es vielleicht anders. Dann ist es eine Option.


    Aber wie schon Rose60 schreibt: Wir sind verpflichtet, auch UNSER Leben zu leben - das macht sonst niemand anders.


    Ich habe noch andere schlimme Baustellen in der Familie und wir "zwingen" uns trotzdem, unser Leben gut zu leben, manchmal mit Traurigkeit im Herzen. Aber was bleibt, sind gute Erinnerungen, die gute Gefühle machen.


    Am Ende kann man sicher auch die Traurigkeit so ins Leben integrieren, dass sie einen nicht erdrückt, aber eben ihren Platz bekommt. Ich lasse die Traurigkeit zu, aber versuche, die guten Momente doppelt zu genießen: Reisen, Konzerte, Kontakte zu netten Menschen ...


    Nelly, vielleicht kannst du wirklich seltener hingehen, am Telefon freundlich sagen, dass es eben jetzt noch nicht klar ist, wie es weitergehen wird. Ich denke, dass es mit der Zeit besser wird .... (so wie wir es jetzt bei meiner Mutter sehen).


    Ganz liebe Grüße an alle und ein virtuelles Emoticon (ecia etc.)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!