Hygiene und Kommunikation

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  • Ich versuche es nochmal. Ich habe den Text ein gutes Stück weit gekürzt. Das kann sonst ja keiner lesen. Sorry.


    Ich betreue meine Schwiegermutter seit circa neun Jahren. Sie ist seit einigen Jahren dement, bestätigt von der Hausärztin und der Geriatrie.
    Seit Jahren, komme ich mehrmals wöchentlich, da sie selbst nicht mehr in die Stadt fahren kann und auch die Besuche der Familienmitglieder eher selten sind. Ich fahre dann mit ihr in die Stadt, spiele Karten mit ihr, putze bei ihr und wasche ihre Wäsche. Diese Zuwendung und das Vertrauen aufbauen hat Jahre gebraucht.
    Aber es gibt einen Punkt, da komme ich nicht weiter und das ist die Hygiene. Seit sie 90 Jahre alt ist war sie höchstens 4/5 mal Duschen, Haare waschen ein wenig öfter. Nächsten Monat wird sie 92. Nichts, aber auch gar nichts hilft hier. Auch keine Tricks, kein einbeziehen des Arztes, der einmal ein Duschgel verschrieben hat für ihre Haut. Das ist dann einmal angewandt worden und dann nie mehr. Wenn sie sagt, sie müsse sich die Haare mal waschen, das wäre ja schon ewig her, dann sage ich, ich helfe dir gern. Nein, kann sie nicht vertragen. Ich sage, ich werde dir nur Handreichungen machen. Sie, nein, will sie nicht. Ein Fußbad akzeptiert sie aber, immer kurz vorm Kartenspielen. Da frage ich nicht und stelle es einfach hin. Das geht. Aber alles andere. - Keine Chance. Auch der Pflegedienst und eine Frau vom Seniorendienst, die einmal die Woche kommt, hat hier nichts erreicht. Die Frau vom Seniorendienst ist eine ganz nette und gelernte Altenpflegerin. aber auch sie darf bei meiner Schwiegermutter nur Kartenspielen.
    Die paar mal Duschen habe ich nur hinbekommen, indem ich gesagt habe, dass sie schon lange nicht duschen war. Dann schimpft sie auf mich. Aber sie geht dann im Laufe der kommenden Tage. Ihren Po wäscht sie auf der Toilette an einem kleinen Waschbecken, wenn sie es für nötig hält. Ich wechsle regelmäßig die Waschlappen.
    Auch das wechseln der Unterwäsche klappt mal mehr mal weniger gut. Ist in einer Woche keine Unterhose in der Wäsche und sie auch sonst nirgendwo zu finden, dann sage ich scherzhaft, dass ich diese vermisse. Dann tut sich wieder etwas.
    Und jetzt zu meinem Problem. Heute wollte ich wieder auf das Duschen und die Wäsche hinweisen. Da ist sie in Tränen ausgebrochen und hat gesagt, ich würde sie wohl für Dreckschwein halten. Sie war anders als sonst, also sehr beleidigt und hat mich als böse Schwiegertochter hingestellt. Ich habe mich vielmals entschuldigt und ihr gesagt, wie sehr ich sie schätze und das sie das doch mal vergessen könne. Klar ist das ihr wunder Punkt, aber die Vorstellung ich könne sie für dreckig halten, diese saß diesmal wohl tief. Ich habe gesagt, wie sauber sie doch immer gewesen ist und dass ich sie auch heute noch so sehe. Naja es ging dann etwas besser. Trotzdem bin ich geschockt. Sie ist vom Charakter her auch sonst sehr wechselhaft. Sie kann mich richtig runterputzen und wenn ich keine Grenze aufzeige, dass auch ich Nerven habe, dann würde sie sich nicht mehr einbekommen, bis wir dann etwas machen, was sie etwas interessiert. Meist weggehen.


    Ihre eigenen Bedürfnisse sind ihr meist egal. Andere müssen sehen, was ihr fehlt und wenn sie es sehen, dann lehnt sie oftmals ab, was man ihr geben will. Inzwischen hat sie ein Toilettensitz, Pflegebett im Wohnzimmer, Duschhalter ect. Sie akzeptiert erst etwas, wenn es länger da ist und sie es dann doch benutzen muss.
    Aber letztendlich weiß ich nicht, wie es jetzt mit ihr weitergehen soll in Zukunft. Mich nimmt das immer wieder mit. Ihre Haut wird zusehends schorfiger, eine Mischung aus Schuppen und Talg, auch auf der Stirn. Erstaunlicherweise riecht sie nicht sehr streng, aber wenn sie immer weniger macht, dann weiß ich auch nicht weiter. Vor allem ist das schlimmste für mich, ich werde sie immer wieder verletzen, wenn ich in Zukunft etwas sage in dieser Richtung. Also bleibt nur die Verwahrlosung, zumindest in diesem Bereich. Aber das kann doch nicht die Lösung sein, denn die Haut juckt. Das sagt sie selbst und man sieht auch die Kratzspuren.
    Meine Schwiegermutter hat einen dermaßen starken Willen und wenn sie etwas nicht will, dann will sie nicht. Ich hatte auch einmal überlegt sie zu uns zu holen. Das schaffe ich aber nicht. Sie hat wie gesagt, kein Interesse an meinem Leben. Das sagt sie mir auch ehrlich. Alles, was ich mache, meine Arbeit ect. damit kann sie nichts anfangen, will sie auch nicht. Ich arbeite von Zuhause, eine geistig anstrengende Arbeit. Auch mein Mann arbeitet manchmal von zu Hause aus. Bei uns ist es eher still. Das ist für sie kaum zu ertragen.


    Ich finde es schlimm einem Menschen nicht gerecht werden zu können.


    Wie soll man mit jemandem kommunizieren, wenn man selbst und andere bereits alles versucht haben, wie in der Körperpflege, sie aber hier alles ablehnt.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Teuteburger,


    da Sie schon sehr viel versucht haben und auch Dritte bereits eingebunden sind oder waren, gibt es möglicherweise keinen "Königsweg". Vielmehr wird es bei der wiederholten Aufforderung / Angebot zur Unterstützung bleiben müssen. Wie Sie ja bereits beschrieben haben - so lange sich die Dame nicht selbst gefährdet.
    Was Sie noch aus meiner Sicht ausprobieren könnten, falls möglich:
    die Thematik ist schambehaftet und mit viel Eigen-/Selbstwertempfinden ihrer Schwiegermutter verbunden. Ich würde versuchen, immer wieder kommentarlos vorzugehen. Also ohne Aufforderung. Wenn sie selbst ins Bad geht, sollte alles bereits vorbereitet sein. Warmes Wasser im Waschbecken (oder in einer Waschschüssel), Seife bereitliegend etc. . Ohne die Aufforderung, aber mit dem Angebot vor der Nase, wird sie sich vielleicht gelegentlich selbst bedienen. Ob das für Sie machbar / ausprobierbar ist weiß ich natürlich nicht, aber einige Versuche ist es vielleicht wert. Da Ihre Schwiegermutter um Autonomie ringt und in Ihrem Erwachseinsein anerkannt sein will, könnte das bereitliegende Angebot besser funktionieren als eine Aufforderung, sei sie auch noch so verklausuliert.
    Sie haben ja bereits sehr viel ausprobiert, aber vielleicht gibt es hier noch einige erfahrungsbasierte Tipps zusätzlich.


    Es grüßt Sie


    Jochen Gust

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Teuteburger,
    auch ich würde einen Mittelweg für empfehlenswert halten: Einerseits sollten Sie um des lieben Friedens willen Ihre eigenen Vorstellungen von Hygiene etwas beseite schieben, solange keine wirkliche Gefahr für Ihre Schwiegermutter besteht. Andererseits helfen vielleicht wirklich entweder die schon von Herrn Gust ins Spiel gebrachten, stillschweigenden Angebote, oder eben die humorvollen Varianten, die Sie ja selber bereits mit Erfolg ausprobiert haben. Der Arzt müsste nicht nur ein Duschgel, sondern mindestens 1 Bad/ 1 x Duschen pro Woche auf ein Rezept schreiben gegen den Juckreiz. Es gibt ja tatsächlich medizinische Bäder gegen dieses Problem, dann bräuchte also die Körperpflege gar nicht Hygiene oder Waschen heißen!
    Möglicherweise funktioniert auch der Trick, sich selber etwa beim Abräumen des Tisches besonders ungeschickt anzustellen und beispielsweise etwas (kalte!) Soße oder Kaffee etc. "versehentlich" auf die Kleidung der Erkrankten zu tropfen. Wenn wir "Schuld" an einem Fleck sind, und uns viele Male entschuldigen und anbieten, beim Herauswaschen zu helfen, lassen sich manche eher auf Hilfe ein. Und wenn man dann eh im Bad, und halb entkleidet ist...
    Ja, dass Menschen mit Demenz sich oft rein gar nicht für uns und unser Leben interessieren, das kann sehr kränken - aber es gehört eben zu vielen Formen der Demenz, egozentrisch zu werden. Damit muss man ein Stück weit leben lernen.
    Nicht wirklich nachvollziehbar ist für mich persönlich allerdings, warum Ihr Mann Sie bei der Betreuung seiner (!) Mutter scheinbar so wenig unterstützt: Manche Botschaften akzeptieren die Erkrankten durchaus besser von eigenen Kindern, als von Schwiegerkindern.


    Viel Erfolg wünscht Ihnen
    S. Sachweh

  • Ich danke für die Antworten.
    Ich werde die Tipps, soweit es möglich ist, ausprobieren.
    Bereit legen tue ich Seife, Handtuch und Waschlappen. Meist wird hier nur etwas benutzt, wenn ein Arztbesuch ansteht. Bisher habe ich es noch nicht geschafft sie ins Bad zu locken.
    Die Sache mit den medizinischen Bädern werde ich auf jeden Fall ansprechen.


    Ich habe die Tätigkeiten meines Partners nicht erwähnt, weil der Text schon sehr lang ist. Er ist jeden Sonntag bei seiner Mutter, für mehrere Stunden, wochentags bevor er arbeiten geht zweimal, zum Frühstücken, denn sie mag es, wenn sie für jemanden Essen zubereiten kann. Sie will aber keine Fremden, auch keine Nachbarn beköstigen.
    Sie hat vier Söhne gehabt, zwei sind inzwischen gestorben.
    Der Bruder meines Partners ist jetzt in Pension. Er hat aber noch eine junge Familie. Ich werde in der kommenden Woche mit ihm ins Demenzzentrum gehen, damit er sich hier beraten lassen kann. Davon verspreche ich mir, dass die Söhne auch einmal mit ihrer Mutter sprechen können (demenzgerecht) und sie damit vielleicht mehr bewirken können, als ich.

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