Jekyll und Hyde

Datenschutzhinweis: Bitte achten Sie darauf, dass Sie im Forum keine persönlichen Daten von sich selbst oder von Dritten posten. Auch sollten Ihre Angaben keine Rückschlüsse auf Ihre Person zulassen.
  • Ich bin ja immer noch dem Wesen der Demenz auf der Spur.


    Was mir bei meiner Mutter extrem auffällt, ist, daß in ihr Dr. Jekyll und Mr. Hyde zu schlummern scheinen. Sie hat so etwas wie zwei Persönlichkeiten entwickelt, die manchmal binnen Minuten wechseln können. Gesichtsausdruck und Stimme, ja sogar die Physiognomie ändern sich, sie wird böse, schnippisch, abweisend und ist kaum ansprechbar. Sie ist völlig unzugänglich, als ob sie in einer Blase stecken würde. Irgendwann löst sich das auf, es ist, als ob sie erwachen und wieder ihre (im Rahmen der Demenz) normale Natur annehmen würde. Das ist für uns als Bezugspersonen sehr irritierend, weil wir dann völlig grundlos und wie aus heiterem Himmel von ihr angegangen werden.


    Ich habe ja Demenz vornehmlich mit Gedächtnisstörungen und schwindenden kognitiven Fähigkeiten assoziiert, aber kann so etwas auch ein Ausdruck davon sein, oder steckt evtl. noch etwas anderes dahinter? Sie nimmt seit Jahren, fast solange ich denken kann, Benzos. Die Psychiaterin des Seniorenhauses, in das sie vor Kurzem gezogen ist, meint, daß eine jahrelange Einnahme von Benzos die Persönlichkeit verändert. Bei deren Besuch war sie im Übrigen sehr aufgeräumt und wirkte relativ klar, so daß die Psychiaterin ziemlich erstaunt war, als ich von meinen Erfahrungen mit meiner Mutter berichtete. Da kommt in mir unweigerlich die Frage hoch, ob sie evtl. auch ab und zu Spielchen mit mir spielt, um meine Aufmerksamkeit zu erlangen.


    Diese „Spaltung“ der Persönlichkeit belastet mich sehr und treibt mich um.

  • sonnenblümchen: das ist ja wirklich erstaunlich. Man könnte fast meinen, es gibt "Prototypen". Vielleicht kämen die beiden richtig gut miteinander aus, quasi "Schwestern im Geiste".


    Irgendwie tröstlich, daß es anderen ebenso geht und sie die dieselben Erfahrungen machen müssen.

  • Meine Schwiegermutter ist ganz genauso, auch ohne Benzos. Ich betreue sie seit neun Jahren intensiv.
    Sie hat sich vor der Demenzzeit aber ähnlich verhalten, aber sie hat sich da in Anwesenheit anderer besser beherrschen können und sich auch selbst ablenken können, von den Themen, die ihr unangenehm gewesen sind. Psychische Bedürfnisse und Themen, sind in dieser Familie, wie in anderen auch, gerne unter den Tisch gekehrt worden. Man hat dann eher Witze drüber gemacht und das war es dann gewesen. Dahinter brodelt es aber gewaltig. Denn wenn die Defizite, irgendwann nicht mehr mit Humor zu beseitigen gewesen sind und alte Verletzungen auftauchen (die anderen sind schuld, das es mir jetzt so geht), dann ist das in der Demenz jetzt so, als würde ein dunkler Schatten, dass ganze Wesen befallen.


    Meine Schwiegermutter baut dann auch körperlich von einer Sekunde zur anderen ab. Sie bekommt die Füße dann kaum vom Boden, stöhnt bei jedem Schritt hörbar, sie wird leichenblass und kann sich kaum bewegen. Gelingt eine Ablenkung oder die Aussicht das Haus zu verlassen (Flucht), dann kann sie plötzlich wieder Treppen steigen, vielleicht etwas mühsam, aber ohne Stöhnen und in der Stadt ist sie mit Rollator dann auch relativ flott unterwegs.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!