Hallo in die Runde,
nach dem, was ich hier lese, haben viele dieselben Probleme wie ich und deshalb will ich kurz schildern, wie ich für mich zumindest einigermaßen meinen Seelenfrieden gefunden habe in einer ganz und gar nicht glücklich machenden Situation. Vielleicht hilft das ja der oder dem einen oder anderen, an ihrer bzw. seiner eigenen Einstellung zu arbeiten und dadurch besser mit der eigenen Situation zurecht zu kommen.
Meine Mutter ist zunehmend dement und sowohl jetzt wie auch schon früher leider überhaupt nicht erreichbar für eine vernünftige Vorbereitung/Planung ihrer letzten Lebensjahre bzw. ihres letzten Jahrzehnts.
Insofern habe ich nun als einziger Angehöriger die unerfreuliche Pflicht, eine Lösung finden zu müssen, obwohl sie sich gegen quasi alles sperrt und nach wie vor alleine in ihrem Haus mit Garten leben will, was sie im Grunde schon jetzt nicht mehr schafft, geschweige denn in den nächsten Jahren.
Das einzige, was ich bisher etablieren konnte, war, daß der Pflegedienst (inzwischen fünf mal pro Woche) für hauswirtschaftliche und Gesellschaft leistende Tätigkeiten bei ihr vorbeischaut. Ansonsten bin aber immer ich in der Verantwortung, und das heißt natürlich z. B. auch für die Instandhaltungen und Mängelbeseitigungen am Haus, für die sie z. T. selber verantwortlich ist (verstopfter Küchenabfluß; selber ausgeschaltete Heizung, nachdem ich erst zwei Tage vorher da war um sie in Betrieb zu nehmen usw.).
Wie viele hier wissen, treibt einen das Gesamtpaket, was ein dementer Mensch einem aufbürdet, schnell in den Wahnsinn. Daher habe ich für mich entschieden, den Verstand einzuschalten und ganz rational vorzugehen.
Das heißt im Klartext, da meine Mutter noch nie Einfluß von außen zugelassen hat (und somit nahezu alles, was ich seit Jahren versucht habe zu ihrer Unterstützung, ablehnt), muß sie nun auch selber die Konsequenzen ihrer bisherigen Lebensentscheidungen tragen. Mir ist klar, daß sie schon lange nicht mehr deren Tragweite begreift, aber das läßt sich nun mal nicht ändern.
Als erstes habe ich dafür gesorgt, daß sie mich nicht mehr anrufen kann, denn das nahm überhand und kam auch zu den ungewolltesten Uhrzeiten vor. (Eigenartigerweise hat sie mir das noch nie zum Vorwurf gemacht, sondern freut sich sehr, wenn ich zu Besuch zu ihr komme. Sie hat es noch nicht einmal thematisiert!)
Zweitens sehe ich die Sache so, wie ich es z. B. über Co-Alkoholiker gelesen habe: man kann für niemand anderen das "Saufen" aufgeben (auch nicht das Rauchen, Drogen Konsumieren usw.); also: solange die betroffene Person nicht selber bereit ist, Änderungen vorzunehmen, läßt sich nichts machen. Ich bin nicht verantwortlich für die Unzulänglichkeiten und Fehler meiner Mitmenschen; auch nicht, wenn es meine engsten Angehörigen sind. Und da fast alle meine Bemühungen im Sande verlaufen sind, ist meine Schuldigkeit getan und der zunehmend traurige Zustand meiner Mutter nicht mein Problem.
Drittens mache ich mir klar, daß meine Mutter für den Rest ihrer Existenz von meiner Fürsorge abhängig ist und das heißt, daß ich noch wenigstens ein Jahrzehnt durchhalten muß. Das packe ich aber nicht, wenn ich mich emotional von ihr kaputtmachen lasse (siehe hierzu viele Beiträge von andydreas). Stattdessen achte ich auf meine seelischen Belange und lasse so wenig wie möglich Negatives an mich heran.
Erst seitdem ich mir diese Einstellung (die sich für manche sicherlich kaltherzig und egoistisch liest) angeeignet habe, geht es mir besser und ich komme mit der Situation einigermaßen zurecht. Ungefähr so, wie ein Arzt, der dem Patienten eine tödliche Erkrankung mitteilt, ohne dabei aber selber vor Mitleid und Tragik in Tränen und Verzweiflung auszubrechen und dadurch handlungsunfähig zu werden.
Viel Erfolg auf den eigenen Baustellen!