Trinken wird vergessen oder verweigert, Essen manchmal auch

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  • Hallo in die Runde.


    Ich wollte eigentlich auf einige andere Themen hier antworten, aber im Moment geht es mir selbst mal wieder schlecht.
    Meine Schwiegermutter vergisst zunehmend zu trinken. Es ist jeden Tag jemand da, der sie auch erinnert, auch der Pflegedienst ist unterrichtet. Aber sie hat ja bereits getrunken, will nicht ect. Vor ein paar Tagen, war es dann soweit, dass das Konsequenzen mit sich gebracht hat. Ich habe sie zitternd, unterkühlt, trotz Kleidung und mit Fieber vorgefunden. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ich habe den Notarztwagen gerufen, ihr vorher Tee gegeben, den sie nur zur Hälfte getrunken hat. Als der Notarztwagen eingetroffen ist, war das Zittern aber weg. Natürlich wollte man sie mitnehmen. Aber sie wollte nicht. Ich habe dann gesagt, ich würde versuchen ihr weiter zu trinken geben und schauen, wie es sich entwickelt. Ich habe ihr dann Brühe und Wasser hingestellt und ihr gesagt, entweder Trinken oder Krankenhaus. Sie hat getrunken und zunehmend ist ihr wärmer geworden, Ihr Gedächtnis, was vorher völlig daneben gewesen ist, außer der wehrhaften Art, ist zunehmen besser geworden usw. Ich habe dann mit dem Sohn gesprochen, der zur Not bei ihr nachts vorbeigeschaut hätte, wenn etwas ist. Wir haben eine Kamera.
    Ich selbst bin angeschlagen. Sie hat dann in der Nacht super geschlafen, wie ich gesehen habe. Ich bin kaum zur Ruhe gekommen. Am nächsten Tag war wieder alles wie vorher. Aber zunehmend wird es schwieriger mit ihr, auch mit ihrer Psyche. Heute hat sie die liebe Frau nach Hause geschickt, mit der sie sonst sich gerne unterhält ect.
    Bei mir lässt sie durchblicken, dass sie ja doch gerne hätte, das wir zu ihr ziehen sollen oder umgekehrt. Ich aber weiß, das geht nicht gut. Meine Arbeit, meine Eltern, mein Leben ect. das kann sie nicht akzeptieren, weil sie jemanden ganz für sich will, ohne wenn und aber. Aber auch das reicht ihr nicht. Ich bin schon einmal mehrere Monate jeden Tag nachmittags bei ihr gewesen und es hat ihr nicht gereicht. Weder ihre Psyche noch sonst etwas, war anders als jetzt. Bei uns im Hause ist es wie gesagt still, wir wohnen ländlich. Sie ist ein Stadtmensch und wohnt in der Nähe. Sie geht gerne in die Stadt, auch wenn sie sich über die Mühe mit dem Rollator beschwert. Sie braucht gut funktionierende mehrere Personen, ohne größere Mängel, die sich mit ihr beschäftigen. Das kann ja keiner leisten.


    Ich leide wieder unter ihrer stillen Erpressung. Sie lehnt immer noch alles ab: waschen nicht, mit anderen Personen außer mir in die Stadt fahren, Tablettengabe (diese nimmt sie wahllos ein, sortiert aus ect.) Sie will nur eines, nicht alleine sein, was ich verstehe, aber sie hat sich nie um das Wie gekümmert. Und mir bürdet sie das auf, ohne auf ihre eigenen oder meine Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.


    Wie soll man denn damit weiter umgehen? Ich versuche ihr noch einmal zu sagen, dass Sie mehr Hilfe annehmen muss und ich versuche ihr zu sagen, dass ihre Bedürfnisse über mich und meinen Partner gar nicht gestillt werden können, selbst wenn wir das versuchen würden. Ihr schwebt die Mitte des Lebens vor, als sie für alle hat kochen können und immer mehrere Personen um sie herum gewesen sind.


    Jeden Tag in der Woche hat sie jemand, der bei ihr ist, vormittags mehrmals auch mein Partner und dessen Bruder für eine Stunde, sonntags nachmittags immer mein Partner, ansonsten wochentags/nachmittags zwei Frauen und ich im Wechsel oder zusammen.


    Was sollen wir denn noch tun, um das auffangen zu können? Das Essen wird auch langsam ein Problem, aber noch nicht so wie das Trinken.


    Liebe Grüße an Alle

  • Hallo Teuteburger,


    das hört sich an, als hätten Sie gerade gehörig zu kämpfen.
    Ich kenne die Probleme mit dem Trinken auch, allerdings in etwas anderer/bzw. abgeschwächter Form. Meine Schwiegermutter behauptete auch immer schon getrunken zu haben - bis bei der letzten Blutuntersuchung dann zufällig rauskam, das ihre Nierenwerte nicht so berauschend sind....


    Denkanstoß Nummer 1: Was trinkt sie gerne? Meine Schwiegermutter beispielsweise hasst Wasser. Das würde sie nie freiwillig trinken. Ich bin dazu übergegangen, einfach sehr süßen Saft zu machen (ich mache immer selber Sirup aus Beeren oder Kräutern und verdünne). Ist zwar nicht so ganz im Sinne des Erfinders, wenn man den so süß kredenzt - aber es schmeckt ihr, und sie trinkt lieber (funktioniert übrigens bei beiden meiner Damen). Lieber zu süß als dehydriert, sag ich mir.
    Mag Ihre Schwiegermutter Tee mit viel Honig? Oder eben auch einen bestimmten Sirup? Vielleicht können Sie da ansetzen, dass das Süße, Angenehme zum Trinken animiert?


    Außerdem bin ich dazu übergegangen, wenn ich morgens die Medikamente verabreiche, meine Schwiegermutter anzuhalten, ein ganzes Glas Saft dazu zu trinken - nicht bloß wie früher ein paar Schluck Wasser zum Runterspülen. Und zum Frühstück gibt's auch ein großes Glas. Da weiß ich zumindest mal ganz sicher, dass Sie jeden Morgen mal zumindest einen halben Liter intus hat.


    Zusätzlich hab ich eine Plastikkanne ohne Deckel installiert und ein Foto von ihr draufgeklebt, damit sie von weitem sieht, dass das ihre Kanne ist. Diese fülle ich auch jeden Tag, in der Hoffnung, dass sie öfters davon trinkt, wenn sie vorbei geht. Funktioniert mal ganz gut, mal überhaupt nicht. Aber zumindest hab ich damit eine ungefähre Übersicht, wieviel sie tatsächlich getrunken hat und kann dann nötigenfalls eingreifen.


    Vielleicht ist ja eine brauchbare Anregung für Sie dabei. Ich wünsche Ihnen in Ihrer schwierigen und belastenden Situation viel Kraft, Durchhaltevermögen, Ideen und hoffentlich bald Lichtblicke.


    Liebe Grüße

  • Vielen Dank Wissenssucherin für Ihre umfangreichen Tipps. Mir gefällt ihr Nick-Name, weil ich mich ähnlich sehe.


    Die Sache mit dem süßen Saft ginge bei uns gar nicht. Meine Schwiegermutter mag keine süßen Getränke. Aber die Idee mit dem Foto und der Karaffe, das werde ich einmal versuchen.
    Meine Schwiegermutter trinkt manchmal ganz gerne Brühe, eine große Tasse voll, aber das auch nur einmal am Tag.


    Da Sie in ihrer Antwort die Getränke mal alle so durchgespielt haben, sehe ich jetzt auch im Kakao, der nicht zu süß sein darf, noch eine Option.


    Das eigentliche Problem liegt aber nicht nur beim Trinken und manchmal auch Essen vergessen, sondern vielmehr auch darin, dass sie das bewusst unterlässt, wenn sie in einem seelischen Tief drin steckt. Sie benutzt das dann als Druckmittel, dass man sich doch mehr kümmern soll, obwohl ich hier nicht mehr geben kann. Ich habe ihr das auch schon mal gesagt, dass ich gerne für sie da bin und das ich mich gerne um sie kümmere, aber dass ich nicht alles alleine für sie tun kann. Dann sagt sie, dass ich das ja auch nicht soll.
    Eines versteht meine Schwiegermutter aber bis heute nicht, dass unbefriedigte Bedürfnisse stärker sind, als ihre verstandlichen Konstrukte, die sie sich da im Laufe des Lebens zurecht gelegt hat. Das erfahre ich bei fast allen Demenzkranken, dass sie so gut wie nie über ihre eigenen Bedürfnisse nachgedacht haben, sondern diese immer emotional anderen überlassen haben. Bei meiner Mutter, die ebenfalls mehr und mehr in die Demenz schlittert, ist das offensichtlich. Eigene Bedürfnisse, außer den in der Kindheit vermittelten, sind ihr ein Fremdwort und die Ressourcen, die man brauchen würde, um diese zu befriedigen, auch.
    Für andere etwas geben können, entweder weil man muss oder weil man den Drang danach hat, dass haben zum Beispiel meine Schwiegermutter und meine Mutter, aber bei sich selbst war da nie auch nur ein Gedankengang gewesen, was sie denn im Alter brauchen könnten usw.
    Beide wollten es besser machen als die eigenen Mütter. Meine Schwiegermutter will auf keinen Fall in ein Heim, weil sie ihre Mutter selbst nie hat versorgen oder pflegen müssen, sondern nur so neben bei, davon etwas mitbekommen hat. Die Schwester hat hier den Hauptpart übernommen. Heim ist für sie Freiheitsberaubung. Meine Mutter will auf jeden Fall in ein Heim, weil sie ihre Mutter hat pflegen müssen. Aber bei ihr sehe ich da trotzdem einen Interessenkonflikt, denn ihre Bedürfnisse sind doch ein bisschen anders, als ihre heroische Vorstellung.


    Sorry, das ich so weit ausgeholt habe, von den Getränken zur Demenzpsyche hin, aber das eine hat mit dem anderen doch viel zu tun, wie ich leider feststellen muss.

  • Danke, Sonnenblümchen, für ihre Hilfe. Ja, Kaffee ist auch ein Getränk, das ab und zu geht. Mache ich ihr auch nachmittags. Aber wie gesagt, wenn sie ein Tief hat, dann lehnt sie alles ab.


    Liebe Grüße auch an Sie

  • Guten Abend in die Damenrunde,


    zu wenig trinken tut meine Mutter vermutlich auch, jedenfalls Wasser. In den letzten Wochen und Monaten haben wir bei ihr unzählige Kassenbons für Sekt gefunden; sie scheint sich also eigenständig ein leckeres Alternativgetränk auserkoren zu haben.


    Nun sehe ich zwei Möglichkeiten: ich kann mir Sorgen ohne Ende machen, sie würde zur Alkoholikerin verkommen und/oder austrocknen oder was auch immer für Schäden davontragen.


    ODER ich nehme es entspannt, sage mir, sie ist nun seit vierundachtzig Jahren weder verhungert noch verdurstet und zeigt auch keinerlei Anzeichen von Unter- bzw. Mangelernährung oder Dehydration, also lasse ich sie gewähren und hoffe auf das Beste.


    Denn die einzige Alternative, die ich sehe, ist, daß jemand rund um die Uhr auf sie aufpassen muß. Und so jemanden haben wir bisher nicht und ich tue es mir ganz bestimmt auch nicht an.


    Wenn Sie mental den nötigen Abstand wahren und sich so rational wie möglich klar machen, welche Optionen bestehen, und dann auch noch diszipliniert Ihre Erkenntnisse in Handlungen bzw. Unterlassungen umsetzen, wird es Ihnen wahrscheinlich bald besser gehen.

  • Danke, auch Ihnen Angehöriger.


    Was Sie über ihre Mutter schreiben, kommt im Alter gar nicht so selten vor. Und Sie haben recht, man hat immer zwei Möglichkeiten, um mit den Umständen umzugehen.


    Ihr letzter Absatz ist genau das, was ich mir wohl erst mühsam antrainieren muss. Seit zehn Jahren werde ich immer wieder emotional erpresst, auch vor der Demenz und ich habe gewusst, eines Tages steht ihr Leben gegen meines, wenn sie nicht vorher stirbt. Vor der Demenz ist es mir leichter gefallen Grenzen zu ziehen. Es fällt mir leider schwer, aber ich muss es irgendwie schaffen.


    lLiebe Grüße

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