Das Verhältnis zu meiner Mutter ist so, dass ich ein gutes Betreuungsnetz aufgebaut habe. Ich kann und will mich nicht ständig um sie kümmern. Das hat Gründe und meine Psychologin bestärkt mich auf diesem Weg. Nun bricht mein Netz jedoch zusammen, so dass nur noch an 2 Tagen pro Wochen eine Betreuung stattfinden kann. Was mach ich nun? Wenn Heim in der Vergangenheit vorgeschlagen wurde, drohte meine Mutter mit Selbstmord, was aus meiner Sicht nicht umgesetzt werden könnte. Sie liegt den ganzen Tag vorm Fernseher und greift ständig zum Telefon, ob wir gesund sind. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre sicher die Aufnahme in ein Pflegeheim nicht möglich, sie lehnt das auch komplett ab. Da sie an frontotemperalen Demenz leidet, erkennt sie ihren Krankheitszustand nicht an. Es ist zum verzweifeln, aber es gibt keine Hilfe. Wir arbeiten Alle und Jeder ist zur Zeit dort mehr als gefordert. Kann man die Kranke sich selbst vorm Fernseher überlassen. Mittag Essen wird geliefert. Ihrem Hausarzt ist ihr Zustand und ihre an Blutwerten absehbare Verschlechterung bekannt und anscheinend besteht dort auch kein Handlungsbedarf. Nierenfunktion schlecht und im Blut ist auch eine gewisse Dehydrierung zu lesen. Soll man nun zuschauen oder was könnte man tun?
Corona in der Häuslichkeit
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Hallo Gobis,
Trotz des offenbar gespannten Verhältnisses haben Sie für Ihre Mutter eine tragfähige Versorgung aufgebaut.
Wichtige Fragen scheinen mir zu sein:
- kann Ihr Netzwerk nach Corona wieder eingesetzt werden?
- wie groß ist die Gefahr eines gravierenden gesundheitlichen Schadens für Ihre Mutter?
- Sind Sie in der Lage angesichts des schwierigen Verhältnisses eine angemessene Entscheidung zu treffen?
- Ist es deshalb evtl. sinnvoll, einen (zusätzlichen) rechtlichen Betreuer einzusetzen?
Es ist momentan wahrscheinlich schwierig einen Termin bei einem Pflegestützpunkt zu bekommen. Vielleicht können Sie zumindest einen telefonischen Beratungstermin vereinbaren.
Aufgrund der von Ihnen geschilderten Situation der Mutter ist kein eindeutiger Ratschlag möglich. Sie sollten die Möglichkeit einer gerontopsychiatrischen Pflegeeinrichtung jedoch nicht ausschliessen.
Beste Grüße von Klaus Pawletko -
Danke für Ihre Antwort.
Ich denke das mein Netz „später“ wieder greift. Zur Zeit kommt ja noch 2x pro Woche eine privat gefundene Dame zur Unterhaltung.
Ich habe bereits ein Pflegeheim gefunden, wo nur Demente betreut werden. Aber, gegen den Willen meiner Mutter kann ich sie dort nicht unterbringen. Die Betreuungsbehörde sieht auf Grund der vorliegenden Vollmachten gar keinen Handlungsbedarf. Es besteht keine Gefahr für Leib und Leben, somit behält meine Mutter immer die Entscheidungshoheit. Wäre die von Ihnen benannte gerontopsych. Pflegeeinrichtung, dann eine geschlossene Einrichtung? Ich hab zwar schon Vieles geschafft, aber darüber entscheidet ein Richter und ich glaube, dass es schlimmere Fälle gibt und ich das nicht durch bekomme.
Der betreuende Hausarzt, sieht trotz auffälliger Blutwerte keinen Handlungsbedarf. Ich habe Pg 3 und 90 % Prozent Schwerbeschädigung hinbekommen. Ich sehe Gefahren, z.B. Dehydrierung, aber demente alte Menschen spielen in der ärztlichen Versorgung eine untergeordnete Rolle, zumal meine Mutter das Grundstück nicht verlässt und unauffällig ist. Ich kümmere mich um Alles und organisiere Alles was Notwendig ist.
Und meine Mutter sitzt auf der Couch und versteht gar nicht warum ich mir große Sorgen mache.
Das ich will nicht mehr - resultiert aus dem über 3 jährigen Kampf. Ihr zu erklären das sie ihr Haus (150qm) und Grundstück (1200qm) nicht bewältigt, nimmt sie nicht war und behauptet Alles selber zu machen, obwohl ich es tue. Also der Klassiker bei den FTD Patienten.
Diese Verzweiflung Nichts tun zu können, schlägt auf die eigene Gesundheit, deshalb ist es vor Corona so organisiert worden, dass von Mo- Fr. jemand da ist, Mittag essen wird geliefert. Nun sitzt sie halt noch länger allein vorm Fernseher, was sie nicht schlimm findet.
Schöne Grüße aus Leipzig -
Hallo Gobis,
ich verstehe Ihren Zwiespalt zwischen helfen wollen und es selbst nicht im vollen Umfang tun zu können. Sie haben ein gutes Netzwerk aufgebaut und Ihre Mutter hat das akzeptiert. Jetzt, in Corona-Zeiten, kommt immer noch eine Dame zweimal die Woche.
Sie schreiben, dass Ihre Mutter mit der Situation zurecht kommt. Und ich finde, dass alleine zählt und nicht die Vorstellung man könnte alles perfekt machen und man könnte die Gesundheit der Mutter ewig erhalten. Das ist bei Demenzkranken, je nach Ausprägung der Krankheit, nicht machbar. Auch bei uns hapert es mit dem Trinken, manchmal auch mit dem Essen. Vieles wird je nach Stimmungslage abgelehnt. Ich stelle es trotzdem hin und oftmals nimmt sie es dann doch irgendwann an, aber nicht immer.
Ich wäre im Falle ihrer Mutter da eher entspannter. Und es würde mich freuen, wenn sie mit sich zurecht kommt, halt auf ihre Art und Weise. Das ist nicht bei jedem der Fall.Alles Liebe für Sie
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Hallo Gobis, ich sehe es genau so wie Teuteburger. Sie kennen sich mit der Krankheit Ihrer Mutter sehr gut aus und Sie wissen, dass Einsicht oder Dankbarkeit durch die frontotemporale Schädigung allein krankheitsbedingt nahezu unmöglich sind. Auch wenn es so gut täte und Sie es für alles was Sie für Ihre Mutter tun, mehr als das verdient hätten.
Auch aus fachlicher Sicht haben Sie für Ihre Mutter sehr viel mehr erreicht, als dies bei diesem Krankheitsbild zu erwarten ist. Ihre Mutter hat mit dem Fernsehen eine feste Tagesstruktur, sie beschäftigt sich, hat Ablenkung , sie kann es selbst steuern und vielleicht erlebt sie auch Sinn. Aus den wenigen Zeilen würde ich sogar fragen; "Was können Sie bei dieser schweren Krankheit noch erwarten?"
Für den Fall, dass es gesundheitlich schlechter wird, haben Sie vorgesorgt. Ein gerontopsychiatrisches Heim ist grundsätzlich nicht geschlossen, fragen Sie dort bitte nach. Ihre Mutter kann sich ja selbst begrenzen und braucht (derzeit) keine geschlossenen Türen.
Ich gehe davon aus, dass in absehbarer Zeit immer mehr Heime wieder belegt werden dürfen - Ihre Mutter würde vermutlich mit ihrem Fernseher die Quarantäne ohne Schwierigkeiten einhalten. Falls die Situation eskaliert, bekommen Sie bei dem Krankheitsbild sicher Unterstützung durch den sozialpsychiatrischen Dienst.
Ihnen wünsche ich viel Kraft, Ihr Martin Hamborg -
vielen Dank für die lieben Worte. Der Satz von Teuteburger - meine Mutter kommt doch mit ihrer Situation zurecht- fand ich sehr hilfreich.
Manchmal ist mannhaft sehr verzweifelt und da hilft es schon, wenn Andere sagen, dass man es gut organisiert hat.
Danke
Liebe Grüße
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