Hallo zusammen,
gestern war es soweit. Nachdem meine Mutter 3 Tage in Folgen in embrionaler Lage in ihrem Bett lag, ständig leise wimmerte und weder trank noch ass habe ich den Rettungswagen gerufen und die haben sie dann ins Krankenhaus gebracht.
Ein erster Anruf der Notärztin bestätigte dann meine Befürchtungen. Sie wird in den nächsten Tagen sterben. In ihrer Patientenverfügung steht, dass keine lebensverlängernden Maßnahmen erfolgen sollen. Man wird sie daher auch nicht in die Intensivstation verlegen. Ich habe besprochen, dass sie sollte sie sich wider erwarten erholen nicht wieder nach Hause, sondern in eine entsprechende Einrichtung verbracht wird.
Wer meine Beiträge hier im Forum gelesen hat wei´wie schwer mir das gefallen ist.
Aber weder der von mir angesprochene Pfeedienst noch der Betreuungsverein für Alltagsbetreuung hat zurückgerufen. Ich habe tagelang gewartet.
Aber das hätte wahrscheinlich sowieso nicht funktioniert.
Ich hoffe, dass ich sie noch mal besuchen und Abschied nehmen kann.
Ich bedanke mich bei allen Unterstützern.
Reißleine gezogen
-
-
Hallo Andydreas,
ich bin entsetzt, wie allein man Sie und auch Ihre Mutter in dieser Situation gelassen hat. Corona ist dafür keine Entschuldigung! Ich hoffe für Sie, dass Sie sie noch einmal besuchen und Abschied nehmen können. Das ist für beide Seiten wichtig und da sollten Sie drauf bestehen. Ihnen alles Gute und viel Kraft
-
Hallo Andydreas,
ich fühle mit dir. Ich weiß auch, wie schwer dir die letzten Monate gefallen sind. Du hast immer das Beste für deine Mutter gewollt und hast alles versucht den Weg mit ihr zu gehen, aber du bist mehr und mehr auch an die eigenen Grenzen gestoßen.
Du hast jetzt das einzig Richtige getan. Ich würde in einem kommenden Arztgespräch auch nach einer palliativen Versorgung fragen. Das funktioniert in den meisten Krankenhäusern gut. Und sollte es Schwierigkeiten geben, was ich nicht denke, dann würde ich ein Hospiz hinzuziehen. Eine palliative Versorgung erleichtert den Sterbeprozess, vor allem bei Atemschwierigkeiten.
Was deine zukünftigen Pflegehilfen angeht, dass ist nicht schön. Ich weiß aber auch, dass man oftmals selbst zurückrufen muss, weil hier einfach Einiges nicht stimmig ist, viel Bürokratie, viel deligieren, Überlastungen usw. Das ist nicht unbedingt eine Entschuldigung, gerade weil du schon eine Zusage bekommen hast. Ich rufe mich in solchen Fällen immer wieder ins Gedächtnis. *smile*
Aber das, was jetzt ist, ist ohnehin der bessere Weg.
Für die nächsten Tage oder Wochen wünsche ich dir viel Kraft und etwas mehr Ruhe und Zeit für dich selbst.
Sei herzlich gedrückt
und liebe Grüße an alle, die hier mitlesen
-
Hallo,Andydreas,du hast das alles schon viel zu lange aushalten müssen,jetzt hat es sich so ergeben,du hast das Richtige getan, ich denke oft an dich und wie du soviel Geduld aufbringt,manches kann man aber nicht ändern und vielleicht ist es auch gut so,Meine Mama liegt auch im Krankenhaus ,Bekommt jetzt Morphium,Macht im Krankenhaus jetzt alle verrückt,der Arzt hat mir heute ein stressfreies Wochenende gewünscht.Ich glaube,ich weiß warum.Ja,das sind anstrengende Zeiten,aber es wird so hart es klingt,ein Ende geben.Bleib stark,du schaffst es.Es grüßt dich Rosina
-
Danke an alle fürs mitfühlen. Gerade erhielt ich einen Anruf vom Sozialdienst des KH. Man hat einen Platz für meine Mutter in einem Pflegeheim. Plötzlich ist alles ganz einfach.
Nach Auskunft einer Stationsschwester geht es ihr nach den Infusionen besser, so dass gegenwärtig keine unmittebare Lebensgefahr besteht. Ich darf sie heute nachmittag besuchen. Aber ich habe klargestellt, dass es ein zurück nicht mehr geben wird.
Ich habe ein gutes Gewissen alles mir mögliche getan zu haben.
Es bricht eine neue Zeit an. -
Hallo Hanne,
ja, ich habe mich auch gewundert, dass das so schnell ging.
Offensichtlich werden wohl doch Plätze für Notfälle vorgehalten, was ich ja auch richtig finde.
Hoffentlich nimmt sie die anstehende Veränderung auch an. Aber da werde ich nicht mehr diskutieren. Ich habe am Montag Termin im Heim. Ich werde nix davon sagen, dass sie gerne wegläuft.
Ich ghe davon aus, dass das Heim mit einem Arzt zusammen arbeitet. Da werde ich sowieso wechseln. Ich glaube nicht, dass mein bisheriger Arzt 2o km fährt.
Wird eine spannende Woche für mich. -
Hallo Andydreas, es freut mich sehr, mit welcher Klarheit Sie Ihre Entscheidung mitteilen und natürlich, dass es eine unerwartete gute Wendung gibt.
Wir haben in diesem Forum oft darüber gesprochen, dass nach einem Krankenhausaufenthalt der beste Zeitpunkt für den PlanB ist. Mit der Infusion, der Diagnostik und Behandlung - vermutlich besonders der Schmerzen - kann im Heim ein neuer guter Start beginnen. Dafür können Ihre Erfahrungen sehr hilfreich sein, denn vielleicht war das "Weglaufen" auch ein hilfloser Versuch eine rund-um-geschütze Heim-at zu suchen?
Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie viele wichtige Erkenntnisse gewonnen:
- Ihre Mutter darf sich verabschieden oder im neuen Heim eine Heimat finden, denn Sie haben mehr als alles Mögliche getan, um ihr noch lange eine gemeinsame Zeit zu schenken- Ihre Mutter muss nichts mehr - vielleicht wehrt sie sich dann auch nicht mehr so sehr. Vielleicht ist es eine Folge aus ihrem langen Kampf, dass sie nun die Ruhe und Geborgenheit "unter der Bettdecke" annehmen kann. Das Heim ist eigentlich zur Mobilisierung verpflichtet, es sei denn Sie vereinbaren eine palliative Versorgung. Im Heim gibt es sicher die Zusammenarbeit mit einem Hausarzt der die entsprechende Zusatzausbildung hat. Vielleicht besprechen Sie dies und dann ist die Information über das Weglaufen auch kein Problem.
- Wenn sich Ihre Mutter gegen alle Erwartung wieder gut erholen sollte, findet sie aus der körperlichen Krise den festen Rahmen, der mit höherer Wahrscheinlichkeit ein gutes Einleben ermöglicht. In diesem Fall ist es wichtig, dass Sie Spaziergänge nur in der Einrichtung oder einem geschützten Garten machen und auf Besuche zuhause verzichten.
Sie haben einen langen Weg des Abschieds hinter sich und ich wünsche Ihnen sehr, dass Sie für den neuen Weg in das Leben an die große innere Reife anknüpfen können, an der ich in den vielen Beiträgen Anteil nehmen konnte. Sollte sich doch irgendwann wieder ein schlechte Gewissen einschleichen, lesen Sie bitte Ihre Chats und ich bin sicher, dass Sie dann schnell das Vertrauen in Ihre Entscheidungen wiederfinden. Sicher werden Sie noch einiges zu berichten haben.
Ihr Martin Hamborg -
Hallo liebe Freunde im Forum,
morgen ist es nun soweit. Sie wird am Nachmittag vom Krankenhaus in das neue Heim gebracht werden.
Ich habe gestern die Formalitäten mit einer Mitabeiterin der Einrichtung alles weitere besprochen. Leider bestand wegen Corona nicht die Möglichkeit die Einrichtung und das Zimmer zu besichtigen.
Mir wurde auch gesagt, dass sie 2 Wochen in Quarantäne muss und ich sie nicht besuchen darf. Danach einmal wöchentlich.
Ich habe vorsichtig versucht herauszufragen, ob die Gefahr besteht, dass sie da wieder rausfliegen kann, wenn größere Probleme auftreten. Ich habe nicht ihre Weglauftendenz angesprochen.
Ich darf mich wohl regelmäßig telefonisch erkundigen wie es ihr so geht.
Es gibt noch viel zu erledigen. Die Frage des, bzw. der Ärzte ist noch zu klären.Koffer packen. Mit der Pflegekasse sprechen etc.
Jetzt heißt es Daumen drücken, dass sie sich einlebt. Da sie seit einigen Wochen bettlägerig ist und das Bett voraussichtlich nicht mehr verlassen wird bin ich optimistisch.
Trotzdem ist mir die Entscheidung unendlich schwer gefallen. Ich habe aber kein schlechtes Gewissen mehr, da ich mir zugestehe viel mehr für meine Mutter getan zu haben als die meisten anderen.
Hat ev. noch jemand Tipps wie ich ihr und mir den Übergang erleichtere ? -
Ich habe den Text verständlicher geschrieben. Ich wollte den noch fertig machen, bevor ich das Haus verlasse. Das ist nicht so gut geglückt. Sorry.
Hallo Andydreas,
es freut mich für dich, dass für deine Mama ein Platz gefunden worden ist.
Wie du ihr und dir den Übergang erleichtern kannst, dass hängt von mehreren Faktoren ab, denke ich.
Ich würde die Zeit zum Beispiel für eine Selbstreflektion nutzen und mich erst einmal selbst neu ausrichten.
Dabei würde ich versuchen, für die Mama da zu sein, bis zu der Grenze, die du für dich jetzt klar definieren kannst. Und an dieser Grenze, die deinem zukünftigen Leben entspricht, würde ich nicht mehr einzuknicken versuchen. Ich weiß selbst wie schwer das ist.
Falls die Frage auftaucht, warum sie jetzt im Heim ist, würde ich ehrlich sagen, dass du gerne für sie da bist, wenn sie dich braucht, aber es in Vollzeit, wegen der Arbeit, nicht mehr selbst schaffen kannst.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es hilft, wenn man sagt, wo man selbst noch im Leben eingebunden ist, auch wenn das Verständnis nicht immer vorhanden ist. Wichtig ist, dass die demenzkranken Personen wissen, dass man sie nicht wissentlich im Stich lassen will, sondern das äußere Umstände einem hier die Hände binden. Das verkraften sie dann wesentlich besser.
Liebe Grüße an Dich und an alle anderen, die hier mitlesen
-
Moin,
ich habe gerade mit einer Pflegekraft aus dem Heim gesprochen in dem meine Mutter seit gestern untergebracht ist.
Man ist dort ratlos, weil sie jedes Essen und Trinken weiterhin verweigert. Jetzt will man umgehend den neuen Hausarzt kontaktieren und ihn bitten heute noch vorbeizuschauen.
Lt. Homepage gehört Palliativmedizin zu seinen Leistungen. Das sieht alles nicht gut aus.
Ich kann nur hoffen, dass ich da nicht die eine wichtige Entscheidung treffen muss.
Irgendwie habe ich aber immer gewusst, dass dieser Tag kommen wird. -
Hallo Andydreas,
das klingt wirklich nicht so gut, einerseits.
Aber deine Mama hat einen starken Willen und den setzt sie jetzt erst einmal durch. Das habe ich in meinem Bekanntenkreis auch vor kurzem gehört. Sie darf das auch für sich so entscheiden. Ich würde mir auch vor Augen halten, dass sie das auch in eurer gemeinsamen Wohnung zum Schluss genauso gemacht hat.Was verstehst du unter Entscheidung treffen? Lebensverlängernde Maßnahmen mit Magensonde, evt. Beatmung ect.
Hier sich zu äußern, das ist immer ein Gewissenskonflikt. Hat deine Mama sich vor der Demenzerkrankung hier einmal klar geäußert oder vielleicht sogar währenddessen?
Wenn man hier Anhaltspunkte hat, dann fällt es einem etwas leichter.
Für mich ist zum Beispiel auch die Verweigerung eine klare Aussage. Vielleicht hilft dir das ein bisschen weiter.
Ich wünsche Dir viel Kraft.
Liebe Grüße an Dich
-
Hallo Andydreas,
ich hatte ja schon geschrieben, dass meine 2019 verstorbene Mutter auch irgendwann nicht mehr essen und trinken wollte. Ich hatte mich nach langem Gespräch mit ihrem sehr verständnisvollen Hausarzt (da haben wir wirklich Glück gehabt!) entschieden, keine PEG legen zu lassen. Wie gesagt, ich habe ihr Sterben nicht als schlimm empfunden, sie ist ganz ruhig eingeschlafen.
Wegen ihrer Demenz war sie 10 Jahre in dem Pflegeheim. In den ersten Jahren war noch eine Kommunikation möglich und da hat sie sich immer erschrocken über eine Mitbewohnerin geäußert, die über eine PEG ernährt wurde, aber sonst keine Lebenszeichen mehr zeigte. Das fand sie ganz fürchterlich und ich auch! Wenn sie an dem Zimmer vorbeiging und die Tür offen stand, sagte sie immer nur "Oh Gott Oh Gott". Das ging wohl über 5 Jahre so, dann ist die Dame endlich gestorben.
Ich berichte das alles, weil diese Entscheidung auch auf Sie zukommen wird. Ich nehme an, Ihre Frau Mutter hat, wie meine, keine Patientenverfügung. Sie kennen sie aber am besten: was hätte sie gewollt? Vielleicht ist dieses in der Endphase der Demenz noch die einzige selbstbestimmte Entscheidung, die ein Mensch treffen kann.
Trotzdem ist es natürlich wichtig, immer Nahrung und Flüssigkeit anzubieten. Ebenso ist es wichtig, zu untersuchen, ob der Betreffende etwa Schmerzen hat oder Entzündungen im Mund (Prothese) und deshalb nicht essen mag.
Ich denke, Sie werden die richtige Entscheidung für Ihre Mutter treffen. Ich drücke Ihnen ganz doll die Daumen, dass Sie endlich einen verständigen Arzt finden. -
Ich durfte sie ausnahmsweise kurz besuchen. Man hatte wohl gehofft, dass ich auf sie einwirken könne. War aber nicht der Fall. Der neue Arzt hatte heute leider keine Zeit mehr wird aber am kommenden Montag vorsprechen.
Doch sie hat eine Patientenverfügung und eine künstliche Ernährung ist darin ausgeschlossen. Würde ich ihr aber auch antun wollen. Ich bin der Meinung dass jeder über sein Schicksal selber entscheiden müsste.
Ich werde am WE auch nicht hinfahren, da sie mich ohnehin nicht erkennt und auch nicht auf mich hört.
Vielleicht erfahre ich ja am Montag mehr. -
Hallo Hanne,
wir sollten uns hier alle duzen. Sitzen doch in einem Boot.
Theoretisch dürfte ich sie sogar heute und morgen besuchen. Man glaubt wohl, daß das was bringen würde. Sie nimmt ich aber überhaupt nicht mehr wahr sondern liegt die ganze Zeit mit geschlossenen Augen im Bett. Eigentlich hätte sie ja 2 Wochen keinen Besuch empfangen dürfen. Aus meiner Sicht ist jeder Besuch für mich eine große Belastung und für sie sinnlos. Natürlich werde ich sie weiterhin regelmäßig besuchen. Ich werde versuchen am kommenden Montag da zu sein wenn der neue Arzt kommt.
Ich wüßte nicht zu was der Arzt mich überreden wollwn würde. Ich handle strikt nach der Patientenverfügung. Alles sehr kompliziert zur Zeit. -
Hallo Andydreas, es ist ein gutes Zeichen, dass das Heim Sie so einbezieht. Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie sich schon lange entschieden, Ihrer Mutter einen würdigen Abschied zu ermöglichen. Bitte, wenn Sie da sind, keine Tricks, kein Druck, kein Zwang - kennen Sie meinen Blogbeitrag dazu hier auf dem Wegweiser?
Ihre Mutter hat so sehr um diese Ruhe gekämpft, deshalb hat jetzt vermutlich die palliative Behandlung, Pflege und Zuwendung höchste Priorität. Fragen Sie den Arzt, was er zur Erleicherung beitragen kann und wie Sie Ihrer Mutter am Ende Ihres langen Kampfes beistehen können. Ich habe es ja schon oft geschrieben, es kann sein, dass sie im Frieden einschläft und es kann sein, dass sie sich ganz tief innen entscheidet, sich in das Heim einzuleben und dann plötzlich wieder isst und trinkt. Deshalb bieten Sie ihr oft etwas an und ertragen Sie es bitte, wenn sie den Kopf abwendet.
Ihnen wünsche ich sehr, dass Sie jetzt den inneren Raum für neue Kraftquellen finden können, - die ganz persönlichen. Wertvolle Beispiele finden Sie in diesen Chats und wenn ich die Zeilen aus diesen Beiträgen richtig verstehe, können Sie zu einzelnen Weisheiten und Erkenntnissen bestimmt nachfragen! Und hören Sie bitte auf Ihre innere Stimme, wenn Sie nicht ins Heim gehen wollen - Ihre Mutter kann es Ihnen nicht mehr sagen, wenn Sie gerade mehr Abstand braucht oder vielleicht auch ganz allein den letzten Weg gehen möchte.
Ihr Martin Hamborg -
Hallo nochmal in die Runde,
ich möchte gerne noch etwas zum Thema schreiben. Ich finde alle Antworten hier passend.
Ich selbst habe einiges zum Thema Sterben selbst gelesen. Das sind einige Puzzlesteine, die wohl irgendwie zueinander gehören.
Wichtig finde ich, bei allem Tun und Wollen, das innere Gefühl, wie Herr Hamborg, es auch beschreibt.
Wenn man im Heim sagt, du kannst öfters vorbeischauen, ist das eine nette Geste. Wenn es dir aber jetzt nicht immer gut tut, Andydreas, dann ist das auch ein berechtigtes Gefühl und ich würde hier ganz klar den Mittelweg gehen, so dass du dich dabei nicht selbst verlierst. Du hast auch eine Verpflichtung dir gegenüber. Ohne jetzt in irgendwelchen Religionen zu stöbern, die ich alle für unvollständig halte, bin ich persönlich der Auffassung, dass wir alle miteinander miteinander verbunden sind. Und wenn man eine Entscheidung für sich getroffen hat, dann bin ich der Auffassung, dass der andere sie instinktiv, vielleicht nicht bewusst, trotzdem wahrnehmen kann. Deine Mutter hat in ihrem Leben sicher immer gewollt, dass es auch dir gut geht. Du schreibst, sie sei eine gute Mutter gewesen. Durch die Demenz und durch ihre Bedürftigkeit hat das irgendwann nicht mehr funktioniert. Sie hat sich selbst nicht mehr richtig ausdrücken können.
Aber in dieser Phase, wo sie jetzt versorgt ist und wo sie auch für sich innerlich da sein kann, da halte ich einen Mittelweg, wie gesagt, für den besseren Weg. Eine Verabschiedung hat schon längst stattgefunden. Es braucht auch eine Abnabelung, der Auffassung bin ich, denn auch nach dem Tode wird es für beide anders und individueller weitergehen.
Ich bin auch der Auffassung, dass man nicht unbedingt beim Sterben dabei sein muss. Es ist einerseits schön, wenn das funktioniert, aber es ist kein Zwang. Denn wie ich es erfahren habe, kann auch danach noch etwas zwischen den Welten stattfinden. Ich habe das in meinem Bekanntenkreis öfters gehört, zum Beispiel von meiner Mutter als mein leiblicher Vater gestorben ist und bei meiner Schwester, als eine nahestehende Verwandte gestorben ist, genauso wie bei einer Freundin von mir und deren Mutter. Ich halte das nicht für Unsinn.
Und entsprechend halte ich deinen Wunsch und dein Gefühl auch für richtig.Vielleicht habe ich jetzt völlig daneben gelegen, ich hoffe mal nicht.
Liebe Grüße an Dich und alle anderen, die hier mitlesen
-
Angesichts der dramatischen Entwicklung bei Andydreas wage ich es kaum, mich mit meinem Anliegen heute zu melden. Ich tue es trotzdem, meine seelische Not ist zu groß.
Mein Stiefvater ist nun als sogenannter "Drehtürpatient" (3 Aufenthalte innerhalb von 6 Monaten in der Gerontopsychatrie) nach 7 Wochen dort direkt in ein Pflegeheim (geschützter Bereich) umgesiedelt. Sein Umzug wurde von der Klinik organisiert und sein Betreuer besuchte ihn noch am gleichen Tag mit seinem Koffer, den ich ihm gepackt hatte.
Während seines Aufenthaltes konnten durch Corona keine Besuche stattfinden, es blieb bei sehr wenigen Telefonaten zwischem ihm und meine Mutter, die bereits nach zwei Minuten wieder beendet waren. Die beiden haben sich bereits seit langem einfach nicht mehr zu sagen.
In einem Gespräch habe ich mich dem behandelnden Arzt anvertraut und ihm erklärt, dass ich nunmehr an meinem absoluten Nullpunkt angelangt bin. Das er meine Hilfsangebote der letzten zweidrei Jahre ausgeschlagen hat, dass er unseren Hund regelmäßig schlägt und dabei wie von Sinnen ist, dass seine Agressivität stetig zunimmt und er permanent die Tabletteneinnahme verweigert. Und dass es mir unmöglich ist, ihn anzurufen und mich nach seinem Befinden zu erkundigen. Ich kann einfach nicht mehr. Dieser Mann zerstört mein Leben.
Als er bei seinem letzten Schub zwei Einbrecher in der Wohnung dingfest machte, die es nicht gab, rief ich den Rettungswagen. Den völlig verdutzten Sanitätern überreichte ich eine Einweisung inkl. Transportschein, den ich nach einem Telefonat mit dem Betreuer und einer Ärztin bereits am Tag zuvor organisiert hatte. Der bevorstehende Schub war für mich so deutlich in greifbare Nähe gerückt, dass ich handeln musste.
Trotz spürbarer Erleichterung und Entlastung durch seine Abwesenheit bin ich permanent durch massive Schuldgefühle belastet. Alle logischen Argumente beruhigen mich nur oberflächlich. Zudem hat meine Mutter ihren Ehering abgelegt und verkündet, dass sie sich von ihm trennen wird. Sobald jedoch der Abend anbricht, fragt sie mich vollkommen verständnislos, wo denn ihr Mann sein. Abgesehen davon, ruft er abends an und fleht mit gebrochener Stimme total verzweifelt, wir mögen ihn da rausholen. Es hieß, wir sollen eine 14-tägige Kontaktsperre einhalten, um ihm das Eingewöhnen zu erleichtern. Sicher hat ihm jemand ein Handy zugesteckt, damit er sich melden kann. Ich würde durchdrehen, wenn er wieder nach Hause käme.
Als wir heute das Abendessen einnehmen wollten, fragte meine Mutter wieder ganz unschuldig: "Ja, wo ist denn mein Mann?" Daraufhin habe ich die Nerven verloren und ihr erklärt, so erleichtert gewesen zu sein, dass bisher kein Anruf von ihm eingegangen ist. Und sie jedes Mal, wenn ich emotional etwas zu Ruhe gekommen bin, sie meine Wunde wieder aufreißt.
Bei meinen unzähligen Anrufen bei der Alzheimer Gesellschaft und der Corona Seelsorge hat man mich gefragt, ob es denn überhaupt meine Schuldgefühle seien? Eine interessante Frage. Ich hatte vorhin das Gefühl, dass meine Mutter mit dieser Frage vielleicht ihren Schmerz und ihre Verwirrung über mich abzuladen versucht. Wer sich evtl. mit dem inneren Kind beschäftigt hat, erkennt hier sehr deutlich meine Co-Abhängigkeit, aus der ich mich verzweifelt zu befreien versuche.
Es ist mittlerweile ein immenser Kraftakt für mich emotional stabil zu bleiben und einen klaren Kopf zu behalten. Zudem weiß ich nicht mehr, wie ich mit meiner Mutter umgehen soll.
Ich werde mir therapeutische Hilfe suchen, denn alleine werde ich dieses Chaos nicht lösen können. Immer wenn ich mich mit meinen kleinen Kraftquellen etwas stabilisiert habe, kommt der nächte Rückschlag.
Eine Rückmeldung oder Empfehlung wären unendlich hilfreich.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herzlichst
Elisabetha
-
Liebe Hanne,
ich danke Dir sehr für Deine prompte Antwort! Momentan laufen nur noch die Tränen, deshalb meine Antwort später.
Nochmals vielen Dank!
Liebe Grüße
Elisabetha
-
Hallo,
auch ich mache mir so meine Gedanken, ob ich beim Sterben meiner Mutter wirklich anwesend sein muss. Man sieht in vielen Filmen, dass Angehörige im Kreise der Familie ganz entspannt und völlig ruhig einschlafen. Das ist natürlich die Idealvorstellung.
In Wirklichkeit könnte es doch aber auch sein, dass der Mensch das lieber mit sich selbst ausmachen will. Finally we all sleep alone.
In meiner Familie sind/waren alle Eigenbrötler und auch ich überlege, ob ich wenn es dann irgendwann soweit ist unbedingt wollen würde, dass jemand dabei ist.
Meine Mutter ist in ihrer Demenz soweit fortgeschritten, dass sie mich bei Besuchen überhaupt nicht mehr wahrnimmt. Bestenfalls erkennt sie eine ehemals vertaute Person.
Ich werde sie trotzdem regelmäßig besuchen, aber nur aus einer Verpflichtung heraus. Vielleicht erlebe ich ja noch Überraschungen. -
Hallo Andydreas u.a.,
gerne möchte ich heute ein paar Erfahrungen zum Thema Sterben beitragen und gehe auch sehr gerne zum Du über
Ob man beim Sterben dabei sein wird und möchte, kann man nicht grundsätzlich planen und niemand weiß vorher wirklich, ob derjenige lieber allein sterben will bzw. tut.Ich habe vor 10 Jahren meinen krebskranken Mann mit nur 57 J. verloren, bereits Weihnachten 2009 waren sich alle Ärzte etc. einig, dass er sterben würde. Aus versch. Gründen kam er noch ins Hospiz, dort lebte er völlig unerwartet wieder richtig auf, bestand auf vorher nicht gewünschter künstl. Ernährung. Erst ab Mitte März dann entschied er sich zu gehen, ich hatte riesige Angst dabei zu sein, wurde von anderen dazu ermutigt und ich muss und möchte sagen, ich bin sehr froh und dankbar genau mitbekommen zu haben, wie der Sterbevorgang letztendlich war. Dadurch konnte ich seiner Mutter und unseren Kindern genau berichten und muss mir keine Gedanken mehr machen, wie es wohl für ihn war.
Am letzten Tag, den der Arzt gar nicht als solchen vermutete, bat mein Mann - für mich überraschend - mich zu bleiben über Nacht und wir verabschiedeten uns sozusagen für die Ewigkeit, ich konnte ihm für vieles danken etc. Unsere Kinder wollte er nicht mehr sehen, das war wohl zu schwer. Wir wurden von der Nachtschwester regelmäßig begleitet. Erst als ich selbst vorübergehend eingenickt war, ging es zu Ende, die allerletzten Atemzüge habe ich dank der Nachtschwester noch mitbekommen und danach habe ich einen ganz tiefen inneren Frieden empfunden, die Schwester öffnete das Fenster und ich blieb den Rest der Nacht dort, bis ich morgens das Gefühl hatte, es war nur noch die leblose Hülle, die dort lag. (Meinen Mann zu verlieren, war das Allerschlimmste, was ich mir zuvor vorstellen konnte.)
Vor gut 3 Jahren dagegen starb mein Vater mit Alzheimer. Ich hatte dafür gesorgt, dass er auf richerl. Verfügung nach Mordversuch an meiner Mutter im Wahn in eine geschl. Pflegeeinrichtung kam, er war früher schon gewalttätig und ich wollte danach keinerlei Kontakt mehr zu ihm. Als er erfuhr, dass ich den Antrag auf Betreuung gestellt hatte, hat er mich offiziell als Tochter verstoßen lt. meiner Mutter. Ich habe dann gelegentlich mit mir gerungen, ob ich ihn nochmal besuchen soll, besonders als er nach 2,5 J. im Heim eine Lungenentzüdung bekam. Genau da hatte ich Urlaub gebucht und bin geflogen, bewusst einkalkulierend, dass er sterben könnte ohne Versöhnung oder sonst. Kontakt. Er starb dann allein im Krankenhaus nach einem letzten Besuch meiner Mutter.
Ich habe bis heute nicht bereut, dass ich nicht mehr dort war.Also zwei sehr unterschiedliche Geschichten, soll heißen, man entwickelt ein Gefühl dafür, ob man dabei sein kann und möchte (wenn es nicht plötzlich ist, jedenfalls) und keiner weiß wirklich vorher, wann und wie es zuende geht.
Zu meinem Mann habe ich besonders im 1. Jahr eine sehr große Nähe empfunden, im Zwiegespräch mit ihm bin ich heute noch innerlich oft.
Am Tod meines Vaters hatte ich lange zu arbeiten, ich habe sehr um den Vater getrauert, den ich nie hatte, hatte noch ein halbes Jahr nach seinem Tod häufig Angstgefühle wegen seiner Morddrohungen an mich.Vertrau also deinem Gefühl und deiner Mutter, dass sie für sich den passenden Zeitpunkt und die Art des Sterbens finden wird, bei manchen gibt es auch zum Schluss nochmal eine klarere Phase und wenn sie nun quasi Sterbefasten wählt, ist es ihr gutes Recht und ihrer Würde entsprechend.
Ich habe dich in letzter Zeit bewundert, wieviel du für deine Mutter an Einsatz gezeigt und berichtet hast.
Tu dir nun möglichst viel Gutes zur Stärkung, eine Erholung kann dauern.Herzliche Grüße
Rose
Jetzt mitmachen!
Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!