Mutter lehnt jede Hilfe ab

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  • Meine Mutter war immer eine starke, fast dominante Persönlichkeit und dabei sehr kontaktfreudig und kommunikativ. Sie lebt allein und ist dement und aufgrund ihres Verhaltens wurde Alzheimer-Demenz diagnostiziert. Sie veränderte sich extrem, nach ihrer zweiten schweren Wirbelsäulen-OP. Von ihrer Persönlichkeit ist eigentlich nur das negative geblieben, Dominanz und Ablehnung, sowie eine Fixierung auf Männer, hier ihr langjähriger Freund, der sie jetzt immer wieder wegschickt, anschreit und sogar beschimpft. Sie vergisst das aber bis zum nächsten Tag. 2018/2019 konnte ich mich als Tochter nicht wirklich um sie kümmern - zum einen da sie sich ja schnell bevormundet fühlt und ihr ihr Freund wichtiger ist,, zum anderen da bei meinem Mann Krebs im Endstadium diagnostiziert wurde und er innerhalb von 10 Monaten verstarb. Quasi seit seinem Tod versuche ich die Lebenssituation meiner Mutter zu verbessern. Die Diagnose wurde gestellt, im Gespräch mit dem Neurologen stand sie auf und ging. Das von ihm verschriebene Medikament will sie nicht nehmen. Die Pflegestufe wurde beantragt und bewilligt, sie lehnt aber jegliche Hilfe ab, keine Putzfrau, kein Pflegedienst zur Medikamentengabe, kein Essen auf Rädern usw. ich sorge täglich dafür das Essen im Kühlschrank ist und ausreichend Getränke - sie mag nur noch alkoholfreies Bier. Ihre Blutdruckmedikamente bereite ich täglich vor. Sie ist schon nachts unterwegs gewesen um am Haus ihrer Kindheit zu klingeln heute haben sich Nachbarn beschwert, da sie verwirrt im Treppenhaus rumgeistert. Ich habe keinerlei Vollmachten (es gab mal eine, die ist verschwunden - und eine neue wollte sie mir im letzten Jahr nicht geben). Bleibt mir wirklich nichts anderes übrig als zu warten bis etwas passiert? Dem Berater vom sozialpsych. Dienst hat sie auch klar und deutlich gesagt, dass sie keine Hilfe will. Sie wird aber auch immer emotionsloser und kann sich über nichts freuen. Mich erträgt sie maximal eine halbe Stunde. Ihr großer Bekanntenkreis ist nicht mehr existent, darunter sogar zwei Theologinnen, meine Tante und mein Onkel halten sich auch raus, sodass nur noch ich übrig bin. Witwe und Vollzeit erwerbstätig. Hat jemand noch eine Idee? Ich sehe im anregen einer Betreuung im Moment keine wirkliche Verbesserung.

  • Liebe Manutini,


    ich bin Angehörige einer an Demenz erkrankten Mutter (im letzten Jahr verstorben) und ebenso betroffenen Schwiegermutter (im Pflegeheim lebend). Das, was Sie beschreiben, findet man häufig bei Demenzerkrankten: fehlende Kranheitseinsicht, Ablehnen jeglicher Hilfe, Verlust von sozialen Kontakten,... Leider kann ich Ihnen wenig Hoffnung machen, dass sich daran etwas ändern wird. Auch an die Einsichtsfähigkeit Ihrer Frau Mutter werden Sie nicht appelieren können.


    Zunächst wichtig: Versuchen Sie, die Wohnung Ihrer Mutter "demenzsicher" zu machen, also: Herd abklemmen, Feuerzeuge, Streichhölzer entfernen, Schlüsselkopien besorgen. Sodann besprechen Sie mit den anderen Mietern des Hauses die Situation. Vielleicht kann jemand ein Auge auf Ihre Mutter werfen. Zumindest hilft es aber Außenstehenden, die Situation richtig einzuschätzen. Bei meiner Schwiemu haben wir das auch gemacht, die Nachbarn waren sehr verständnisvoll. Natürlich sollte Ihre Mutter von diesen Vorkehrungen möglichst nichts merken, denn das würde sie unnötig in Verlegenheit bringen. Keiner gibt vor sich und anderen gerne zu, dass er demenzkrank ist!


    Bei meinen Angehörigen war es dann leider so, dass erst Katastrophen passieren mussten. Meine Schwiemu wurde 3x hilflos aufgefunden und ins Krankenhaus verbracht. Das letzte Mal mit Polizei und Notöffnung, da wir nicht erreichbar waren und die Nachbarn die Schlüssel wieder zurückgegeben hatten, da sie von ihr des Diebstahls bezichtigt wurden. Beim dritten KH-Aufenrhalt ging die Sache dann endlich ihren Gang: Beschluss vom Amtsgericht, Pflegeheim.


    Obwohl das Heim sehr schön ist, gefällt es ihr dort nicht, sie will immer nach Hause (das ist aber mittlerweile der elterliche Bauernhof, den es lange nicht mehr gibt). Wir finden es so schade, dass sie gar nicht die Ruhe finden kann, die sie nach einem schweren Leben eigentlich verdient hätte.


    Ihnen wird am Ende nichts anderes übrig bleiben, als eine Betreuung anzuregen. Hier sollten Sie überlegen, ob sie das übernehmen wollen oder von einem Berufsbetreuer machen lassen. Es gibt Für und Wider, jede Situation ist anders. Bei meiner Mutter hatte ich 10 Jahre lang die Betreuung und es klappte gut.


    Holen Sie sich andere Leute ins Boot! Verwandte, ehemalige Freunde Ihrer Mutter, den Freund selbst (?), den Hausarzt, Nachbarn. Vielleicht kann sie zunächst in eine Tagesbetreuung? Würde sie das zulassen?


    Ich wünsche Ihnen viel Durchhaltevermögen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Manutini,
    ich kann Lulu nur beipflichten. Sie werden um eine Betreuung nicht herum kommen. Ich möchte Ihnen ein Gespräch mit einem Betreuungsverein empfehlen; in der Regel gibt es dort sehr engagierte und kompetente Berufsbetreuer. Sie können dann auch diskutieren, welche Betreuungsbereiche übernommen werden sollen und wie weit Sie selbst eingebunden werden möchten.
    Als nächstes würde ich versuchen, einen Pflegedienst zu finden, der in der Lage ist, ausschließlich männliche Pflegekräfte zu Ihrer Mutter zu schicken.
    Gibt es denn einen Hausarzt, zu dem Ihre Mutter einen "guten Draht" hat. Manchmal helfen Autoritäten, die Kooperation zu verbessern.
    Ist der Freund Ihrer Mutter bereit und in der Lage, die Situation Ihrer Mutter zu realisieren? Ihn einzubinden, würde die Situation wahrscheinlich verbessern. Das setzt natürlich voraus, dass er noch Verantwortung übernehmen will.
    Ansonsten sind die Hinweise von Lulu allesamt sehr hilfreich.
    Ich wünsche Ihnen viel Kraft und alles Gute!
    Freundliche Grüße von
    Klaus-W. Pawletko

  • Das mit anderen ins Boot holen ist ja das Problem denn
    - der Freund will sie loswerden
    - Ärzten vertraut sie nicht mehr. Sie ist 20 Jahr chronisch krank und kein Arzt konnte die Erkrankungen heilen, den Neurologen kannte sie auch schon 20 Jahre oder länger
    - Eine Nachbarin wird 100, eine andere Nachbarin ruft zwar an, z.B. damit ich verhindere, dass sie im Treppenhaus hoch und runter geht - da die Nachbarin dadurch beunruhigt ist. Ich solle meiner Mutter Tabletten dagegen geben.
    - Andere Nachbarn sind nur sporadisch im Haus
    - Tagespflege - nur geknebelt und gefesselt
    - Ich darf ihre Wohnung nur in ihrer Anwesenheit betreten, habe aber heimlich einen Zweitschlüssel
    - Fremde kommen ihr nicht in die Wohnung
    - Meine Tante und mein Onkel sind 80+ und haben scheinbar Angst vor meiner Mutter, und telefonieren manchmal mit ihr
    - Ihre jüngeren Freunde sind informiert, außerdem hab ich sie gebeten sich einzubringen, damit meine Mutter nicht sozial vereinsamt , manchmal rufen sie meine Mutter tatsächlich an.
    Der sozialpsych. Dienst würde die Betreuung anregen, damit ich aus der Schusslinie bin. Tendenz ist deshalb auch einen Berufsbetreuer zu wählen. Scheinbar bin ich als einzige übrig, die bereit ist etwas für sie zu tun. Würde sie mich als Verursacherin für die Betreuung (noch mehr) ablehnen, wäre da niemand mehr. Wir haben aber aufgrund der Corona-Pandemie erstmal darauf verzichtet. Aber auch ein Betreuer kann doch nicht einfach so gegen ihren Willen entscheiden, das sie nicht mehr allein leben kann, oder? Den Pflegedienst muss sie auch nicht reinlassen, oder sie ist zufällig nicht da. Essen auf Räder muss sie ja auch nicht zwingend essen. Ich bin wirklich ratlos...

  • Hallo Manutini,


    nein, gegen ihren Willen kann auch der Betreuer sie nicht einfach in ein Pflegeheim verfrachten. Der Mensch hat das Recht auf Verwahrlosung und das ist auch gut so. Wenn ein Demenzkranker freiwillig ins Pflegeheim zieht, das aber dann vergisst und nun wieder raus will, darf man ihn nicht daran hindern. Wenn er, wie meine Schwiemu, im Heim nachts rumgeistert und sich verletzen kann, darf weder ein Bettgitter noch sonst etwas verwendet werden (sie hatte sich vor einiger Zeit dann auch den Arm gebrochen). Das alles läuft unter dem Label "freiheitsentziehende Maßnahmen". Da ist unser Gesetz recht streng.


    Eine Einweisung in ein Pflegeheim, eventuell mit einer geschützten Station, bedarf eines richterlichen Beschlusses. Das passiert erst dann, wenn der Betreffende sich selbst oder andere gefährdet. Ihre Mutter gefährdet ja die anderen Mieter im Haus nicht, wenn sie das Treppenhaus rauf und runter läuft.


    Ihre Mutter hat auch das Recht, die Nahrung zu verweigern. Das hat meine Mutter im Endstadium ihrer Demenz übrigens auch getan. Ich habe dann entschieden, dass sie keine PEG (Magensonde) bekommt, denn das hätte sie niemals gewollt. Daran ist sie schließlich gestorben. Wir haben immer Nahrung und Flüssigkeit angeboten, sie hat aber den Kopf weg gedreht. Sprechen konnte sie schon lange nicht mehr und mich erkannte sie die letzten 3 Jahre auch nicht mehr. Sie ist friedlich gestorben, aber für mich war es trotzdem schlimm, das zu sehen.


    Sprechen Sie doch noch einmal mit dem Betreuungsverein, wie Herr Pawletko geraten hat. Und suchen Sie sich selbst Hilfe, das hat mir damals sehr geholfen. Es ist einfach eine fürchterliche Krankheit, aber sie müssen jetzt stark bleiben!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Manutini,
    so wie Sie die Lage schildern, scheint sie nicht lebensbedrohlich für Ihre Mutter zu sein. Wenn Sie nicht zu "Zwangsbeglückung" greifen wollen (was ich gut verstehe), bleibt tatsächlich nichts anderes übrig als darauf zu warten, das etwas passiert, was Ihre Mutter zwingt, Hilfe von Außen anzunehmen. Das klingt furchtbar zynisch, aber so lange Ihre Mutter die lebensnotwendigen Hilfeleistungen von Ihnen annimmt, kann der jetzige Zustand aufrecht erhalten werden. Kritisch wird es, wenn Sie einmal krank werden sollten - wer ist dann für Ihre Mutter da? Absehbar ist ja auch, dass Sie selbst einmal eine Auszeit brauchen, um sich zu erholen.
    Ich verstehe Ihren Wunsch, die Autonomie Ihrer Mutter zu bewahren, aber früher oder später wird es nötig sein, sie vor sich selbst zu schützen.
    Ferndiagnosen sind immer problematisch, aber mir scheint neben der Demenz auch eine psychische Erkrankung vorzuliegen, die unter Umständen behandelbar ist.
    Dies wir aber unter den gegebenen Umständen nicht funktionieren, ohne den vermeintlichen Willen der Mutter zu ignorieren.
    Sie können es drehen und wenden wie Sie wollen: Auf Dauer werden Sie (oder ein Bevollmächtigter) Dinge für Ihre Mutter regeln müssen, die nicht auf Gegenliebe stossen.
    Ich würde Ihnen gerne mehr Mut machen, aber Sie werden die Situation auf Dauer nicht alleine durchstehen ohne selbst krank zu werden.
    Alles Gute wünscht Ihnen
    Klaus-W. Pawletko

  • Vielen Dank für die Antworten, manchmal hilft ja schon ein Austausch, auch wenn er nur die eigenen Einschätzungen und Befürchtungen bestätigt. Es ist verblüffend, dass Menschen, die die Situation nicht selbst erfahren nicht glauben, dass demente Menschen so einen starken Willen haben um sich stetig jedem Hilfsangebot zu verweigern - und dabei nicht unbedingt nett sind. Einmal habe ich den Rat erhalten doch den Film Honig im Kopf anzusehen, um richtig mit meiner Mutter umgehen zu können. Aber jetzt wieder zur Realität: Der sozialpsychiatrische Dienst wird sie morgen erneut besuchen um ihr wieder Unterstützungsangebote vorzustellen. Wahrscheinlich wird er und später auch ich aus der Wohnung geworfen - ein Versuch ist es aber wert. Auch ihren Hausarzt informiere ich über die aktuelle Situation, damit er beim nächsten Termin die Medikamente überprüft. Die Pflegeberatung nach §37 steht auch noch aus. Was mich angeht, eine geplante Reha bei mir musste ich zwar absagen - im Moment geht es aber.

  • So, nun hat sich vorletzten Sonntag tatsächlich etwas ereignet, was man unter Selbstgefährdung einordnen könnte. Und es hat sich dadurch nichts an der Situation geändert. Meine Mutter ist 35 km von ihrem Zuhause entfernt gestürzt und in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht worden. Es waren über 30 Grad, sie hatte zwei Pullover und eine Jacke an, es ist ein Rätsel, wie sie dorthin gekommen ist. Die Notfallkontaktdaten hatte sie nicht mehr in der Geldbörse. Das Krankenhaus informierte meine Nachbarn, die mir Bescheid sagten, dass meine Mutter im Krankenhaus ist - leider ohne Angabe der richtigen Stadt, sodass ich erst in den örtlichen Krankenhäusern, beim Rettungsdienst und über die Polizei ihren Aufenthalt ermitteln musste. In der Notaufnahme wurde sie mir dann übergeben mit dem Hinweis, dass ich die Pflege organisieren solle. Ja klasse - aber wie? Am Folgetag hatte ich mir freigenommen um zum Arzt zu gehen, da ist sie mir vorher weggelaufen. Der Hausarzt ist informiert, wenn sie nicht in die Sprechstunde kommt, rührt sich von dieser Seite nichts. Danach habe ich die über den spD die Betreuung anregen lassen, was noch einige Wochen dauern wird. Alles, was ich im Moment für sie regeln möchte (einkaufen, Handwerker organisieren für dringende Reparaturen) wird boykottiert. Ihr Feind bin ich. Die Situation hat mich dann letztes Wochenende umgehauen, Heulerei, Trauer um meinen verstorbenen Mann, Schlafstörungen und Kreislaufzusammenbruch. Ich bin jetzt zwei Tage nicht hingegangen, dadurch geht es mir besser - bin aber weiter hilf- und ratlos.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Manutini, leider habe ich erst heute Ihre neue Nachricht lesen können und hoffe sehr, dass Sie sich im Abstand etwas erholen konnten. Wie oft habe ich in diesem Forum gesagt: Sie können Ihrer Mutter nur gut helfen, wenn Sie die Kraft dazu haben und es ihnen gut geht. Deshalb ist eine Auszeit aus meiner Sicht richtig und notwendig, auch wenn sich Ihre Mutter möglicherweise ein weiteres Mal verirrt und aufgegriffen wird. Sie haben die Verantwortung abgegeben und können und dürfen nicht gehen ihren Willen handeln. Das werden auch ärgerliche Polizisten und Ärzte akzeptieren. In jedem Fall können Sie die Dringlichkeit dem sozialpsychiatrischen Dienst gegenüber immer wieder deutlich machen. Das hilft manchmal - und wenn eine akute Gefährung eintritt ist auch ein Richter schnell vor Ort um ggf. den notwendigen Zwang anzuordnen.
    Trotzdem wünsche ich Ihnen sehr, dass Ihre Mutter die notwendige Hilfe zulässt. Ihr Martin Hamborg

  • Hallo manutini,
    Ich kann Ihren Frust und die zeitweilige Überforderung mit Ihrer Mutter sehr gut verstehen, habe gelesen, dass Sie - wie ich - Ihren Mann durch Krebserkrankung verloren haben. Daher weiß ich, wie sehr man allein mit der Erholung von der Pflege Situation und der Trauer schon gefordert ist.
    Da ist es notwendig und legitim, dass Sie auch sehr viel für sich selbst tun müssen und dürfen, das ist nicht in 1 jahr erledigt. Kennen Sie schon das Forum verwitwet.de zum Austausch für jung Verwitwete? Ich kann es sehr empfehlen.


    Direkt nach dem Tod meines Mannes wurde mein Vater dement mit letztendlich notwendiger rechtl.Betreuung, die weder meine Schwester noch ich übernehmen konnten. Ich habe die Organisation versch.Dinge übernommen, musste mich rausnehmen. Man muss für sich selbst immer wieder überprüfen, wann die eigene Grenze des Machbaren überschritten ist und sich das zugestehen, wenn Profis übernehmen müssen. Von Außenstehenden hieß es teils auch, jetzt wo mein Mann doch tot sei, habe ich doch wieder Zeit....
    Nun nach dem Tod meines Vaters wurde meine Mutter dement, langsam fortschreitend, trotzdem Bedarf von stat.Pflege und sie will immer wieder nachhause, macht sich zum Glück nicht auf den Weg. So viele Jahre der Belastungen, da darf man schon auch für sich sorgen , ich musste es neu lernen.


    Alles Gute für Sie wünsche ich von Herzen!
    Rose60

  • Danke für alle Beiträge, die ich hier gelesen habe.


    Das hilft mir selbst ein Stück weit weiter.
    Ich erkenne hier vieles wieder, auch was unsere Situation betrifft.


    Liebe Grüße an alle, die hier mitlesen

  • Vielen lieben Dank für die Antworten auf meinen Beitrag, ich habe mich etwas zurückgehalten, da es mir nicht wirklich gut geht. Ich bin auch immer noch krankgeschrieben, erhole mich aber irgendwie nicht so wirklich. Eigentlich sollte es mir nach ein wenig mehr als einem Jahr in der Betreuung nicht so gehen - aber wahrscheinlich habe ich immer noch die Zeit der Erkrankung und den Tod meines Ehemanns in den Knochen, die mit einigen traumatischen Erfahrungen, verbunden sind und mit dem Gefühl der totalen Hilflosigkeit einhergehen. Und diese Hilflosigkeit wiederholt sich im Zusammenhang mit meiner Mutter. Heute sollte bei ihr der Termin mit der Betreuungsstelle stattfinden. Hat aber nicht geklappt, da sie unbedingt irgendwohin musste. 20 Minuten später war sie wieder zuhause. Ich habe dann länger mit der Gutachterin gesprochen, die mir nochmal deutlich machte, dass sich die grundlegende Situation durch die Bestellung eines Betreuers in Verbindung mit der fehlenden Bereitschaft meiner Mutter Hilfe anzunehmen nicht verändern würde. Sie empfahl mir deshalb die Betreuung selbst zu übernehmen. Macht das Sinn und wie kann man das aushalten?

    • Offizieller Beitrag

    Hallu Manutini, die Gutachterin hat vielleicht aus ihrer Sicht in Bezug auf das Verhalten Ihrer Mutter recht.
    Aber es geht um Ihre Situation: Sie brauchen jetzt alle Kraft für sich selbst und bitte nutzen Sie die Hilfen, die Sie für sich persönlich haben und finden! Eine zusätzliche Belastung hilft niemanden - im Gegenteil. Deshalb bitte: Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen machen, bleiben Sie dran!


    Sie werden wieder der notwendige Kraft haben, sich um Ihre Mutter zu kümmern, aber bitte erst in den positiven Begegnungen. Die schwierigen Situationen können Sie den Profis überlassen. Oft sage ich: Wir die Pflicht - Sie die Kür.


    Ihren "guten Willen" können Sie dadurch deutlich machen, dass es ein Übergang ist und Sie in absehbarer Zeit ganz für Ihre Mutter da sein werden, wenn man Ihnen die not-wendige Zeit lässt... (auch um die Not zu wenden)
    Alles Gute Ihr Martin Hamborg

  • Ich möchte heute über den aktuellen Stand berichten. Wie zu erwarten war, war meine Mutter nicht bereit für das Gutachten mit der Dame von der Betreuungsstelle zu sprechen. Obwohl meine Mutter mit mir nicht über das Verfahren spricht, erwähnte sie heute, dass man ihr etwas Schlechtes antun will und hinterhältig etwas in Gang gesetzt wurde. Dazu habe ich nichts gesagt, aber das schlechte Gewissen meldete sich sogleich. Der Gutachterin habe ich informiert, dass ich mir zu einem späteren Zeitpunkt die Übernahme der Betreuung denken könnte - wenn ich mich wieder besser fühle. Meine Hoffnungen bzgl. der Betreuung durch einen Berufsbetreuer sind eigentlich nur, dass eine externe Person mit den entsprechenden Berechtigungen es vielleicht schafft, die Hilfen zu installieren, die den Wunsch meiner Mutter noch allein in ihrem Zuhause zu leben sicherstellen.. Und wenn sich die externe Person vielleicht ihren Unmut zuzieht, läuft der Konflikt nicht über mich, und ich kann ihr hoffentlich trotzdem noch etwas Gutes tun. Im Krimi wäre es guter Bulle/ schlechter Bulle :-). Wenn der externe Betreuer auch nicht weiter kommt - ist das dann so. Dies kann ich dann auch wahrscheinlich besser akzeptieren, und ich fühle mich in der Verantwortung nicht so allein gelassen. Schade finde ich nur, dass ich den Weg über das Betreuungsverfahren gehen musste, und habe noch Angst vor den Konflikten, die das weitere Verfahren birgt.

  • Update
    Heute war der Termin im Amtsgericht und eine Betreuung für meine Mutter wurde eingerichtet. Das nervenärztliche Gutachten ließ auch nichts anderes zu. Mich hat das emotional sehr mitgenommen, meine Mutter hat gegenüber der Richterin und der Betreuerin die Fassade der netten alten Dame gewahrt. Gemeckert wurde hinterher. Hoffentlich ändert sich jetzt etwas - nur ein bisschen wäre schon schön..

  • Hallo Hanne63,
    Vielen Dank für Dein Mut machen. Ich hoffe dass bei uns genau das Gleiche eintritt und das Wort eines Dritten mehr zählt als das der Tochter, damit es endlich Fortschritte beim Installieren von Hilfen gibt. Und falls nicht, muss ich mir nicht vorwerfen, dass ich es nicht versucht habe. Der Vorteil bei einem Fremden ist aus meiner Sicht tatsächlich, dass dieser nicht emotional eingebunden ist. Außerdem wird meine Mutter Fremden gegenüber grundsätzlich anders reagieren - da die nette Fassade aufrechterhalten wird. Jetzt muss ich abwarten, bis der Beschluss ergangen ist und die Betreuerin starten kann. Bin schon ganz ungeduldig...

  • Hallo, und hier mal wieder ein Update.

    Die gesetzliche Betreuung meiner Mutter ist jetzt seit einigen Wochen aktiv. Schnell wurde Essen auf Rädern bestellt - und wieder abbestellt, da sie es nicht angerührt hat. Danach hat sie die gewohnten Fertiggerichte allerdings auch nicht mehr gegessen. Aber Süßes in jeglicher Form funktionierte noch.... und heute dann der Supergau.

    Der ‚Freund‘ hatte sie gestern Nachmittag abgeholt, aber nicht nach Hause gebracht, und heute die Befürchtung, dass sie entweder irgendwo erfroren im Freien liegt oder Tod in der Wohnung. Er hat heute genau einmal gegen Mittag versucht mich anzurufen (da war ich wie jeden Tag auf dem Weg zu meiner Mutter), war danach selbst nicht erreichbar (O-Ton: ich gehe nur abends ans Telefon) und hat die Polizei zwecks Türöffnung bestellt. Die standen dann mit Feuerwehr und Rettungswagen vor der Wohnung und hatten aber glücklicherweise die Betreuerin und mich erreicht. Ich konnte die Türöffnung abwenden, da ich ja eine halbe Stunde vorher geschaut habe, ob sie zuhause ist. Eine weitere halbe Stunde später wurde sie in einem anderen Stadtteil gefunden. Lt. Polizei wohlauf, aber unterkühlt. Ich glaube nicht, dass sie seit gestern unterwegs war, sonst wären die Folgen sicher gravierender. Jetzt ist sie im Krankenhaus und wird durchgecheckt, da wir (die Betreuerin und ich) uns nicht vorstellen konnten, dass sie ohne umfangreiche Untersuchung sofort wieder in ihre Wohnung zurückkehrt um dort selbständig zu leben. Am Montag soll eine geriatrische Einschätzung erfolgen. Vielleicht geht es von dort in die Kurzzeitpflege. Sehen konnte ich meine Mutter heute nicht, wegen Corona ist natürlich strenges Besuchsverbot und das befeuert mein schlechtes Gewissen, da sie sicher große Angst hat. Auch das Telefongespräch mit der Ärztin war ehr schockierend, da sie sehr schlecht Deutsch sprach und die Namen der drei - durchaus gängigen - Medikamente (Blutdruck/Wasser) mehrfach nicht verstanden hatte. Über die Betreuerin habe ich die Medikation dann schriftlich weitergegeben. Aber es ist, wie es ist.....

    Dem ‚Freund‘ konnte ich heute wenigstens in aller Deutlichkeit sagen, was ich von ihm halte - und hierdurch lang aufgestaute Aggressionen - ziemlich laut - los werden. Ich kann zwar seine Besorgnis und Überforderung verstehen, wäre meine Mutter aber auf seine Hilfe angewiesen gewesen (sie waren mehr als 10 Jahre zusammen), wäre sie schon lange verhungert und verdurstet. Er hat ja sogar Verpflegungsgeld und Fahrgeld von ihr genommen, wenn sie kurz bei ihm war, oder er sie mal die 10 km gefahren hat. Dann habe ich in rausgeschmissen.

  • Liebe Hanne63,

    Vielen Dank für Ihre Zeilen. Ja, das neue Jahr hat schon mit einem Paukenschlag begonnen und ich hoffe dass es besser wird als der Start. Auch Ihnen wünsche ich ein gutes neues Jahr. Das mit dem Krankenhausaufenthalt während Corona ist ein komisches Gefühl - man ist als Angehörige quasi zur Untätigkeit gezwungen. Mich macht es komischerweise im Moment ruhig - ich kann nur darauf vertrauen, dass sie in der Geriatrie wissen was sie tun. Nachher werde ich mal anrufen - ich hoffe nur, dass nicht die Ärztin mit den gravierenden Problemen mit der deutschen Sprache am Telefon ist. Das würde mein Vertrauen doch wieder ein wenig erschüttern....

  • So schnell ändert sich alles. Meine Mutter wurde bereits Samstagabend vom Krankenhaus in die Psychiatrie verlegt. Keiner wusste warum und die Betreuerin und ich wurden auch nicht informiert. Es wurden noch nicht einmal die Kontaktdaten an die Psychatrie weitergeleitet...:/. Auch hier sind keine Besuche möglich, allerdings fragt sie noch nicht einmal nach mir. Lt. Pfleger ist sie nett und freundlich, meint nur regelmäßig, dass sie jetzt ja zur Arbeit gehen zu müsse. Die Demenz wäre nur auf dem 2.Blick erkennbar, da sie es noch immer schafft für eine sehr kurze Zeit die Fassade aufrechtzuerhalten. Es hört sich jetzt vielleicht blöd an, ich fühle mich aber wie im Urlaub....

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