Endlich im Wunschheim - und keine Spur von Erleichterung

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  • Guten Abend, ich habe letztes Jahr viel geschrieben, vielleicht erinnert sich noch wer:) Das Forum war mir eine riesige Hilfe in einer Zeit als ich nicht mehr wusste wo oben und unten ist. Ich wohne im Ausland, keine Geschwister, Mutter wahnhaft dement. Nun ist folgendes passiert: Die Corona-Zeit konnte ich fuer die Pflege nutzen, da ich in Deutschland festsass. Zum Glueck! Es war eine Zeit mit vielen auf und abs, innigen Gespraechen, Verzweiflung meinerseits weil "jemand die Katze rasiert hat", "in ihrem Schreibtisch war", "etwas nicht stimmt", "was soll ich jetzt machen", Panik wegen jeder Kleinigkeit. Eben kompletter Verlust der Alltagskompetenz. Parallel dazu homeoffice. Irgendwann kam der erloesende Anruf: ein Einzelzimmer ist frei geworden. Gestern dann der Umzug und mir ging es gut. Heute das komplette Gegenteil. Ich sitze in meinem Elternhaus und vermisse meine Mutter so sehr dass ich sie sofort wieder herausholen wuerde. Am letzten Abend war sie ganz klar und ich fragte sie was fuer sie die schoenste Zeit war. Da erzaehlte sie von meinem Vater, von ihrem Beruf (der eine Berufung war), von ihrer Schwester, mit der sie wohnte, von ihrer Mutter und sagte dann: " Du bist mir das Allerliebste auf der Welt." Rausholen ist natuerlich totaler Quatsch , denn ich waere irgendwann durchgedreht. Auch ging es im Heim schon wieder los dass jemand ihre Tasche vertauscht habe, etwas nicht stimmt etc. Ich war heute nochmals im Heim und bin in die Teekueche gegangen ... und sah dass alle viel aelter sind als meine Mutter und gar nicht sprachen bei der Teerunde. Deprimierend. Das war mir vorher in meiner Verzweiflung gar nicht so aufgefallen. Wie ist es anderen gegangen in dieser Uebergangszeit? Wann hoert es auf so weh zu tun? Wann ist das Heim das neue Normale? Wie ueberlebt man die Aufloesung des Elternhauses? Wie immer freue ich mich von Betroffenen zu lesen.

  • Liebe Sarah,ich habe deinen Artikel gelesen,kann dir leider keinen Rat geben aber vielleicht tröstet es dich,dass es mir ebenso geht.Meine Mutter kam nach einem Krankenhausaufenthalt und Kurzzeitpflege in ein Seniorenheim,ich war so froh,dass ich zu Hause ihre Demenz und schwere Osteoporose nicht mehr ertragen musste alle Verantwortung und der Wahn jeden Tag,haben mein eigenes Leben fast zerstört,jetzt sind in dem Heim viele noch dementer,werden gefüttert,sprechen kein Wort,laufen nicht,sitzen nur da und starren vor sich hin. Sie hat keine Ansprechpartner,ich habe auch überlegt,sie wieder aus dem Heim zu holen,überlege heute noch,komme aber zu keinem Ergebnis.Wenn ich sie hole,muss ich mich Tag und Nacht um sie kümmern,mir ihre dementen Vorwürfe den ganzen Tag anhören,das Essen richten,sie waschen,pflegen das Haus erhalten mit Garten ,alle Angelegenheiten erledigen,die Inkontinent nicht zu vergessen ,Betten abziehen,halt alles,was ich schon so lange gemacht habe,würde von vorne anfangen,das will ich mir nicht mehr antun,weil mein eigenes Leben den Bach runtergeht.Aber das andere,auszuhalten,ist eine Kunst.Jeden Tag denke ich darüber nach,weil meine Mutter nur jammert,sie hält das dort nicht aus.Ich weiß auch nicht,was ich machen könnte,es gibt nur die Lösung,ein anderes Heim,aber ob das dort besser ist?U ND Man bekommt ja keinen Heimplatz.Es ist keine gute Situation,ich habe auch keine Lösung. Aber vielleicht tröstet es dich,dass es mir genau so geht.Gruß Rosina

  • Hallo,


    auch ich musste ja bekanntlich nach jahrelangem Kampf aufgeben und meine Mutter in ein Heim geben. Es gab für mich keine andere Lösung mehr.
    Ich hatte auch in der ersten Zeit ein schlechtes Gewissen deswegen, da ich mir auch vorgenommen bis zum Ende durchzuhalten, so dass sie zu Hause friedlich sterben könne, aber das sie die Nahrungsaufnahme völlig eingestellt hatte und auch kaum noch trank wurde mir die Verantwortung zu groß.
    Der Weg ging über das Krankenhaus in ein Heim in der Nähe.
    Plötzlich war alles ganz einfach. Es wurde in kürzester Zeit eine entsprechende Einrichtung gefunden.
    Meine Mutter kann das Bett kaum noch verlassen. Sie hat auch keinerlei Kontakt zu anderen Bewohnern. Sie spricht fast nicht mehr, verweigert weiterhin jede Nahrungsaufnahme und trinkt auch zu wenig.
    Ich besuche sie jeden Sonntag Nachmittag für eine gute Stunde. Sie nimmt mich kaum noch wahr und zeigt mir die kalte Schulter. Beim letzten Besuch hat sie sich offensichtlich schlafend gestellt um nicht mit mir reden zu müssen.
    Finde ich auch sehr bedrückend. Aber wichtig ist mir, dass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, weil ich mir sagen kann, dass ich sehr viel für sie getan habe. Durch die Aufnahme im Heim ist mir eine gewisse Abnabelung gelungen, die eigentlich schon vor etlichen Jahren hätte stattfinden müssen.
    Nichtsdestotrotz werde ich sie auch weiterhin im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützen. Ich weiß sie versorgt. Auch medizinisch wird sie beobachtet, da die Einrichtung mit einer Arztpraxis zusammen arbeitet, die sich in diesem Bereich auskennt. Was mich bedrückt ist also nicht das schlechte Gewissen, sondern das unendliche Mitgefühl mit meiner Mutter, die so ein schweres Leben ertragen musste und jetzt alleine ihren letzten Kampf mit sich selber ausfechten muss. Sie wird nicht künstlich ernährt werden, da das in einer Patientenverfügung so festgehalten wurde. Also Lulu auch ich vermisse meine Mutter sehr, kann aber wirklich nichts mehr für sie tun. Nur noch im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützen. 'Wichtig ist die eigene Gewissheit alles getan zu haben was ging.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo sarahf, natürlich wünsche ich Ihnen, dass Ihre Mutter neue Kontakte im Heim findet und sich gut einlebt und Sie wieder mit einem guten Gefühl in Ihre zweite Heimat gehen können.
    Aber - in Anlehnung an Rosina würde ich sagen - auch Trauern ist eine Kunst, da gehören Zweifel und Gefühlschaos dazu. Das tröstet nicht, aber es ist leider "normal".


    Vielleicht können Sie häufiger an diesen wunderbaren letzten Abend denken und in diesem Sinne Ihre Besuche gestalten?


    Fragen Sie bitte im Heim nach dem Eingewöhnungskonzept für Ihre Mutter und stimmen Sie Ihren möglichen Beitrag ab! Ansonsten finden Sie in diesem Forum ganz viele Erfahrungen für diesen schweren Weg. Alles Gute, Ihr Martin Hamborg

  • Liebe alle,


    ja, die erste Zeit, wenn der Angehörige im Heim ist, ist schwer. Ich fand die Situation am Anfang auch sehr gewöhnungsbedürftig. Man wünscht sich, das die Angehörigen im Heim irgendwie glücklich oder zumindest zufrieden sind. Die Realität ist leider eine andere. Meine Mutter hatte es mit ihrem Heim gut getroffen, nette Pfleger, großes Einzelzimmer, gutes Betreuungskonzept,... Ich hatte wirklich wenig zu bemängeln und wenn, dann wurde freundlich darauf eingegangen.
    Am Anfang habe ich sie sehr oft, meistens täglich, besucht. Sie fragte immer nur, ach, wo bin ich hier nur gelandet. Und die anderen Bewohner empfand ich auch als viel stärker betroffen, als es meine Mutter war. Am Anfang! In den letzten Jahren im Endstadium der Demenz war dann meine Mutter völlig apathisch, sprach nicht mehr, reagierte nicht mehr, erkannte mich nicht mehr. Diese Krankheit ist so schrecklich!
    Deshalb bitte kein schlechtes Gewissen haben! Gelassen bleiben, sich selbst stärken. Wir können unseren Angehörigen nur beistehen, ihnen die Last nicht abnehmen. Wenn wir trösten, haben sie es nach einigen Minuten wieder vergessen, wenn wir mit ihnen lachen, ebenso.
    Die Wohnungsauflösung bei meiner Mutter, liebe sarahf, war unproblematisch. Das haben die an ihrem Wonort lebenden Verwandten (die sich dann auch gleich das Haus unter den Nagel gerissen hatten) übernommen. Ich habe noch einige für sie wertvolle Erinnerungsstücke retten können. Bei Schwiemu hat mein Mann, der mit seinem Elernhaus noch sehr verwachsen war, ein ganzes Jahr gebraucht. Mittlerweile ist das Haus verkauft, um ihr Pflegeheim zu finanzieren. Wann hört es auf, fragen Sie? Bei mir jetzt ganz langsam, nachdem meine Mutter über ein Jahr schon tot ist. Auch andere können davon berichten (Hanne, Andydreas).
    Ich verabschiede mich in den Sommerurlaub und wünsche allen viel Kraft und Durchhaltevermögen.

  • Hallo sarahf,
    wir beide haben uns ja auch schon des öfteren ausgetauscht, da unsere Mütter ja beide wahnhaft dement sind.
    Nun hat sich der Zustand weiter verschlechtert und die bösen Unterstellungen ihrerseits (ich habe das und das gesagt usw......)nehmen immer mehr zu.
    Mein Bruder wohnt ja 320 km weit weg und war von Mi bis heute mit seiner Frau und Wohnmobil hier und ist heute weiter in den Urlaub nach Frankreich.
    Ich bin froh,daß sie 2 katastrophale Tage hatte und mein Bruder nun endlich mal sehen konnte,was mein Mann und ich tagtäglich aushalten müssen.
    Ich habe heute mit dem behandelnden Arzt telefoniert und mein Bruder und ich wollten alle Neuroleptika ,Antiepileptika und das Levodopa absetzen,da wir keinen Sinn mehr in diesen Medikamenten, die überhaupt nichts bringen,sehen.
    Wir könnten das ambulant ausschleichen-besser wäre jedoch ein stationärer Aufenthalt in der Gerontopsychiatrie.
    Alles das lehnt sie vehement ab.
    Sei froh,daß Deine Mutter im Heim ist.
    Bei einer fortgeschrittenen Demenz kann man das nicht mehr alleine bewältigen.
    Hinzu kommt,daß auch mein Vater nicht mehr in der Lage ist,sein Leben selbst zu gestalten.
    Das muss nun auch ich übernehmen.
    Bei jedem Piep, den er spürt oder Anschuldigungen, die meine Mutter gegen ihn vorbringt ,ruft er mich sofort an und ich soll dann Abhilfe schaffen.
    Eigentlich gehörten beide in die Psychiatrie! !!
    Ich sehe kein Licht mehr am Ende des Tunnels und weiß nicht,was das noch mit beiden werden soll.
    Ich wünschte, ich hätte schon heute eine Zusage für 2 Heimplaetze.
    Bisher ist nur meine Mutter auf der Warteliste zweier Heime in der näheren Umgebung.
    Ich kann aber Dein Hin-und Hergerissensein trotzdem verstehen.
    Heute ist bei mir so ein Tag,an dem ich sie lieber heute als morgen im Heim abgeben würde.
    Morgen kann wieder ein recht guter Tag sein,an dem ich dann denke,es geht ja doch noch ganz gut mit ihr zu Hause.
    Gerade bei der Lewykörper Demenz wechselt ja die Befindlichkeit Dutzende Male am Tag.
    Mach Dir ganz einfach immer wieder klar,daß die Krankheit ja nicht aufzuhalten ist und Du sie irgendwann doch ins Heim hättest geben müssen.
    Alles Gute
    Barbara66

  • Guten Morgen,


    Ich moechte Euch danken, dass ihr Euch die Zeit genommen habt, mit mir Eure Erfahrung zu teilen.


    Bei mir geht es auf und ab. Das Zimmer haben wir gut eingerichtet, es sieht sehr gemuetlich aus mit alten Moebeln und Wandteppichen. Schockierend waren fuer mich die Diskussionen mit der Waescherei, von wegen: Wollpullover? Gehen nicht! (Obwohl das im Vertrag steht dass sie mit Mehrkosten gereinigt werden.) Eigene Bettwaesche? Braucht sie nicht! Bettueberwurf? Wieso? Da muss ich auf alle Faelle ein Auge drauf haben. Leider gibt es auch ganz wenig Obst zu essen, viel zu viel Suesses. Kann man so etwas ansprechen? Meine Mutter hat ihr Leben lang mit Silberbesteck gegessen, sich schoen gekleidet (wegen Arthrose mit Wolle) und sich gesund ernaehrt. Dass das nicht so weiter geht ist mir klar, aber irgendeinen Kompromiss muss man ja finden? Was meint ihr? Wieso soll ich ihre Wollpullover wegnehmen?


    Der Heimleiter meinte, dass es schwierig werden wird weil andere Bewohner geistig und koerperlich angegriffen sind, meine Mutter im Moment nur geistig und auch einen hoeheren Bildungshintergrund und sozialen Hintergrund hat als die anderen Heimbewohner. Sie sagte mir gestern selbst, dass sie Angst habe niemanden zum Reden zu finden. Sie meint, sie fuehle sich wie in einem Ferienheim und hat noch nicht realisiert dass sie da bleiben wird. Im Moment ist sie noch in der Quarantaene.


    Natuerlich nagt das schlechte Gewissen. Nachbarn (sehr hilfsbereit) sagen, und das nicht mal vorwurfsvoll: "Sie waren ihr ein und alles." "Es war so schwer fuer sie dass sie so jung so weit weg gegangen sind." "Ihre Mutter war viel zu viel alleine." Seitdem habe ich ein Maennchen auf meiner Schulter sitzen, das sagt: "Du haettest sie ja noch vor Jahren zu Euch nehmen koennen, so wie sie das mit ihrer eigenen Mutter gemacht hat. Dann waere es nicht so gekommen." "Warum bist du so weit weggegangen, und nun gefaellt es dir hier und heulst weil du nun endgueltig gehen musst." Das Maennchen werde ich im Moment nicht los. Man weiss es halt nicht. Im Demenztest schneidet sie regelmaessig sehr gut ab, 29/30 Punkten, konnte aber schon vor 2 Jahren nicht den Uhrtest (wusste nicht wo die Zeiger sind bzw. was von ihr gefordert ist). Natuerlich habe ich in den letzten Monaten gemerkt - Demenztest hin oder her - dass sie komplett verwirrt ist. Keine Waesche konnte ich ohne endlose Diskussionen waschen. Jede Rechnung war ein Drama. Jedes Werbeprospekt war ein Problem. Komische Dinge passierten in der Wohnung. Geister standen nachts im Raum. Das Telefon wurde abgehoert. Leute ausgetauscht. etc etc etc


    Das Buch zur Wohnungsaufloesung habe ich mir gleich bestellt! Leider ist es noch nicht da. Ich werde Dinge einlagern, Dinge mitnehmen, und Dinge, die mich nicht gut fuehlen lassen, entsorgen. Ich habe eine kleine Kiste gemacht, wo ich zB. ihre Naturaufzeichnungen aufbewahre und Gedichte, die sie ausgeschnitten hat.


    Ich bin ueberrascht, wie Verwandte von ihrer ploetzlichen Amnesie erloest sind und nun ploetzlich Dinge haben wollen. Ich habe gleich 2 Erinnerungsstuecke zu einem Freund von mir geschafft, der mir die letzten Jahre stets seine Couch, sein Essen und sein Ohr zur Verfuegung gestellt hat und sich ruehrend um mich gekuemmert hat, waehrend ich von meiner Verwandtschaft sehr allein gelassen wurde ("sie war wie eine Mutter fuer uns", "es ist so traurig", "was du Arme alles erledigen musst", "selbst Schuld, Du wolltest ja so weit weg", "und das obwohl sie sich immer um andere gekuemmert hat, wie unfair", "also wenn ich du waere wuerde ich ihr einen anderen Arzt/ein anderes Bett/einen anderen Pflegedienst etc etc etc besorgen").


    In diesem Sinne: vielen Dank fuer den Austausch und viel Kraft an alle!!!

  • Die Idee mit dem Engelchen auf der anderen Schulter als Ausgleich finde ich total schön und hilfreich!!
    Bei mir ist es mit dem schlechten Gewissen nach über einem halben Jahr weniger geworden, was natürlich bei jedem anders sein wird. Doch ich will sagen, es ist ein Prozess, in dem ich mir immer wieder sage, ich habe aus Verantwortung gehandelt, es darf auch mir wieder besser gehen u.v.m. Dazu haben mir außer diesem Forum (!!) auch mehrere Gespräche mit den Pflegern, der Heimleitung etc.geholfen, die mir dies mehrmals angeboten haben. Vllt ist dies nicht überall so, aber sowas gibts auf jeden Fall.


    Die ersten Monate hat meine Mutter auch immer wieder darauf hingewiesen, dass sie kaum einen zum reden habe, sich unter lauter "Verrückten" befinde, bis ich mitbekam, dass sehr wohl einige noch orientierte Bewohner in ihrer Gruppe sind, die aufgrund körperlicher Behinderungen dort wohnen. Mittlerweile hat meine Mutter also Gesprächspartner, beim Essen, beim Sitzen im Garten, also mehr als vorher zuhause. Die Demenz schreitet bei ihr relativ langsam fort, letztes Jahr war sie mehrmals zuhause heftig gestürzt und mehrmals in der Notaufnahme gelandet, seitdem sie im Heim einen regelmäßigeren Alltag hat, nicht mehr. Lange hat sie sich gesträubt die Angebote im Heim anzunehmen, heute hat sie erstmals nach 10 Monaten gesagt "Ach...ich bin ja jetzt hierher gewöhnt"...


    Es war oft schwer hartzubleiben und es war sicher für uns ein Vorteil, dass sie sich nicht selbst auf den Weg nachhause machen konnte, weil es zu weit weg ist, dafür in meinem Nachbarort, weil eben im akutfall nur hier ein Platz frei war. Doch mich kann ja niemand zwingen, sie wegzubringen. Und nun hat meine Mutter eine deutlich jüngere Freundin gefunden, die körperlich schwer pflegebedürftig ist sowie einen netten Tischnachbarn, der sie sehr mag und sie beide gelegentlich lachen, weil sie mal wieder den Wochentag nicht wissen...
    Also, wie gesagt, es war oft sehr schwer und hat mich viele Tränen gekostet, aber nun scheint es gut zu sein. Die ersten Wochen konnte ich an fast nichts anderes denken und habe mit gelitten.


    Bin gespannt, wie es weitergeht und danke euch allen für den wertvollen Austausch hier.


    Rose60

    • Offizieller Beitrag

    Hallo sarahf, auch von meiner Seite noch ein paar ergänzende Gedanken zu den wunderbaren Beiträgen:


    Die Vorstellungen mit dem Männchen und dem Engelchen helfen sehr, einen inneren Abstand zu halten. Wenn nötig können Sie noch weitere Akteure aus ihrem "inneren Team" hinzuziehen, so wie es z.B. Friedemann Schulz von Thun in seinen Standardwerken zur Kommunikation ausführt.
    Aber Sie haben auch ganz praktische Probleme:
    Die Wäscherei ist eine schier endlose Herausforderung, wenn es gute Gründe für Wolle, Seide und den persönlichen Stil gibt. Es ist oft kein böser Wille, sondern immer und immer wieder erstaunliche Unwissenheit und fehlende Zeit für Sorgfalt und Ausnahmeregeln. Selbst beste Beschriftungen, ständige Erinnerungen, Ermahnungen wegen der Versicherungsfälle usw. helfen nur ganz langsam... Gut ist, wenn sich jemand darum richtig kümmert und nicht daran verzweifelt!


    Genau das ist das nächste große Problem: Ihre Möglichkeiten sind begrenzt, selbst wenn Sie Ihr Leben für Ihre Mutter total verändern würden. Deshalb wünsche ich Ihnen sehr, dass es ganz viele Menschen gibt, die den Kontakt zu Ihrer Mutter halten wollen und einen Beitrag für ihren letzten Lebensabschnitt leisten können und nur ganz wenige, denen es nur um Erwartungen an die Tochter geht. An einem solchen Netzwerk können von überall auf der Welt teilnehmen!


    Vielleicht würde Ihre Mutter besser in eine (teure) Seniorenresidenz passen, aber dort ist manchmal die Ausgrenzung größer für alle, die sich nicht mehr an Normen halten können.
    Mich würde noch interessieren: Wie weit ist Ihre Mutter nervenärztlich diagnostiziert? Die Teilleistungsstörungen, die Halluzinationen u.a. könnten auch für eine andere Form der Demenz sprechen, die dann entsprechend behandelt werden kann.
    Ihnen viel Kraft, Ihr Martin Hamborg

  • Liebe alle, vielen Dank dass Ihr Eure Erfahrungen mit mir teilt. Ich habe sehr oft an das liebe Engelchen auf der Schulter gedacht. Wegen der Waesche: ich versuche darauf zu bestehen. Die Damen in der Waescherei sagten mir manche wuerden sich halt beschweren wenn die Wollpullis eingehen. Ich habe nix dazu gesagt und gedacht … ja logisch. Werde das dem Heimleiter nochmals erklaeren. Ich verstehe nicht ganz wie Sie das mit dem Netzwerk weltweit meinen? Ich fuerchte wenn keiner vor Ort ist und draufschaut…
    Nun zur Diagnose meiner Mutter:
    • Gemischte kortikale und subkortikale vaskulaere Demenz, vorwiegend halluzinatorisch, leicht
    • Subkortikale vaskulaere Enzephalopathie (MRT 2019)
    • Arterielle Hypertonie
    • Morbus Parkinson
    Soweit ich verstehe ist es schwer Halluzinationen und beginnenden Parkinson gleichzeitig zu behandeln. Gerne Tipps! Meine Mutter wohnt allerdings in den neuen Bundeslaendern auf dem Land, da ist man froh wenn man irgendeinen Arzt findet!
    Von Seniorenresidenz wurde mir abgeraten, da mit der Diagnose Demenz und Pflegegrad 3 nochmals ein Wechsel in ein Pflegeheim anstehen wuerde.
    Danke auch nochmals fuer den Tipp mit dem Buch Uschmann/Witt. Ich musste seit langem wieder sehr lachen. Ich war auch so wie der Mann der von Mamas Teebeuteln zu Akten stuerzt und alles anfaengt und nix richtig hinkriegt. Und natuerlich die lieben Verwandten parallel dazu, die ihre Besitzansprueche anmelden. Habe stattdessen Freunde hier, die im Turnus fuer mich kochen, denn Nahrungsaufnahme hatte ich vor Trauer ganz vergessen.
    Es ist leider tatsaechlich so, dass meine Mutter nur mit den Pflegern sprechen kann. Ihre Freundin ist im gleichen Heim, geistig sehr fit, nur coronabedingt getrennt. Das Heim arbeitet an Treffen fuer beide, die momentan draussen stattfinden. Einer ist besser als keiner! Ich finde weiterhin deprimierend, dass ich das einzige Kind einer Heimbewohnerin zu sein scheine welches unter 40 ist. Naja.
    Einen schoenen Sommertag allen!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Sarahf, zunächst wünsche ich Ihnen weiterhin viele Menschen, die ehrlichen Anteil an der Situation nehmen und ihren Betrag der Unterstützung leisten.
    Die Doppeldiagnose Demenz mit Halluzinationen und Parkinson ist in der Tat sehr schwierig.
    Zumeist infolge der Parkinsonmedikation entstehen Halluzinationen, die durch die Demenz weiter "verarbeitet" und manchmal in ein Wahnsystem eingearbeitet werden. Wird das Dopamin reduziert, sollten die Halluzinationen weniger werden - aber leider auch die Mobilität und die geistige Beweglichkeit.


    In Schulungen erzähle ich gern von drei Patienten aus Amerika, die sich durch eine syntherische Droge alle dopanimergen Zellen zerstört hatten. Als dies endlich erkannt wurde, blieb nur das schwere Dilemma: Mobilität und Sprache aber wahnsinnige Halluzinationen oder Freiheit von Halluzinationen auf Kosten einer vollständigen Lähmung... Zum Glück ist es bei den meisten Menschen nicht so schlimm.


    Ich versuche in den Gesprächen die Einsicht zu fördern: Ich weiß dass Sie das alles wirklich sehen und erleben - das ist leider eine Nebenwirkung der Medikamente. Können Sie mir das glauben? Darf ich Sie immer daran erinnern, wenn es gerade ganz schlimm ist?
    Würde so etwas bei Iher Mutter funktionieren, wie stark ist der Leidensdruck?


    Gibt es andere Erfahrungen mit dieser Problematik bei den Leser*innen?
    Ihr Martin Hamborg

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