Der Wahn meiner Mutter lässt mich mal wieder verzweifeln

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  • Hallo Frau Sachweh, Hallo Herr Gust,
    bin gerade wieder etwas ratlos bzgl.des Wahns meiner Mutter.
    Wir haben jeden Tag das gleiche Thema:sie hat einen Termin zur Beendigung ihres Lebens! !!!
    Wir wissen angeblich alle Bescheid und sollen sie dann immer zu Ihrem Termin fahren.
    Heute Na habe ich ihr die Haare gemacht.
    Mi Nachmittag 16 Uhr ist Badetag mit dem Pflegedienst.
    Dann sagte sie mir,Sie habe den Badetermin heute morgen bei der Pflegekraft abgesagt,da sie ja morgen um 16 Uhr einen Termin zum "Ableben "habe und ich sie ja fahren soll.
    Ich sagte ihr,daß mein Mann morgen um 17 Uhr zur Nachtschicht muß und ich kein Auto habe.
    Ich sage ihr dann,daß ich davon nichts weiß und keine Zeit habe.
    Wenn Sie dorthin wolle,müsse sie auch sehen,wie sie dahin kommt.
    Dann versteht sie die Welt nicht mehr und fühlt sich wie immer unverstanden.
    Es tobt dann in ihr,weil sie ja Recht behalten will (Wahn).
    Sie ist dann ganz abweisend und reagiert auf Koerperkontakt überhaupt nicht mehr.
    Im Gegenteil, sie stößt mich dann sogar weg.
    Haben Sie eine bessere Idee,was ich noch zu ihr sagen könnte?
    Soll ich einfach ganz still sein und nicht auf ihre Geschichten antworten?
    Ich bin ratlos!!
    Danke
    LG
    Barbara66

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Barbara66,
    der Wahn Ihrer Mutter ist aber auch wirklich speziell und vertrackt, und in emotionaler Hinsicht sicher sehr schwer für Sie auszuhalten!
    Ich bin absolut keine Expertin für Wahn, aber müsste schon mehr über das Empfinden und Denken Ihrer Mutter wissen, um Ideen für einen erträglich machenden Umgang dafür zu entwickeln...
    Von daher noch ein paar Fragen zu den Hintergründen: Haben Sie den Eindruck, dass sie sterben will, oder dass sie sich selber als Belastung für ihre Familie sieht und der Tod in ihren Augen der einzige Ausweg für sie als pflichtbewusste Staatsbürgerin und liebende Angehörige ist? Wer hat den "Termin" mit ihr ausgemacht? Leidet sie bewusst an ihrer Demenz, oder an körperlichen wie seelischen Medikamenten-Nebenwirkungen (Ich meine mich zu erinnern, dass Sie vor Monaten mal so etwas erwähnten)? Haben Sie damals den Vorschlag von Herrn Gust weiter verfolgt, eine neue oder intensivere Anti-Depressions-Behandlung anzugehen?


    Da Ihre genannten Ausflüchte (keine Zeit/kein Auto etc.), anders als bei vielen Menschen mit Demenz OHNE Wahnproblematik, nicht ziehen, wäre es vielleicht einen Versuch wert, in Momenten, indenen sie noch reagiert bzw. zuhört, gegen jede Intuition MIT, statt gegen den Wahn zu argumentieren: Manche Personen (Achtung: beschrieben ist das vorwiegend für "nur" depressive", nicht aber für wahnhafte Menschen; ich habe keine Ahnung, ob man das 1:1 übertragen kann!) revidieren doch ihren Entschluss, wenn man sie dazu bringt, sich alle Details und Aspekte konkret auszumalen. Sie könnten fragen, ob, und welche wünsche Sie ihr noch erfüllen können vor dem "Termin", also die Gedanken auf Positives lenken. Ob sie ihr noch einmal ein Lieblingsessen kochen sollen. Ob, und von wem sie sich vielleicht noch verabschieden möchte. Ob sie sich vorher noch mit jemandem versöhnen möchte, mit dem sie im Streit liegt. Ob und welche Botschaft sie für ihre Enkel überliefern möchte. Ob es Orte gibt, die sie noch einmal sehen möchte. Sie könnten darauf hinweisen, dass man vor seinem letzten Gang schon gut frisiert und gebadet sein sollte, damit sie sich eventuell eher auf Körperpflege einlässt. Sie könnten sie fragen, wie sie beerdigt werden möchte, und welche Kleidung sie dafür vorgesehen hat. Wie sie sich die Trauerfeierlichkeiten wünscht, und wer was erben soll... Bei leichteren, anders gelagerten Fällen, in denen ein Todeswunsch geäußert wird, führen solche Strategien dazu, dass die betreffende Person irgendwann realisiert, dass das alles anstrengend und viel Aufwand ist, und sie eigentlich doch noch ganz gerne ein paar Tage auf dieser Welt wäre.


    Oder anders: Sie könnten es mit der emotionalen Schiene versuchen und sie fragen, ob sie ihr bei der Heirat gegebenes Versprechen (in guten wie in schlechten Zeiten) brechen, und ihren Mann alleine lassen möchte. Sie könnten ihr sagen, wie traurig Sie über den Tod Ihrer Mutter wären, dass Sie sich nie vergeben könnten, wenn Sie ihr beim Suizid helfen, und wie sehr Sie sie vermissen würden.


    Oder ganz anders, nämlich mit Gesetzen argumentieren: Polizei und Staatsanwälte hätten Ihnen versichert, dass man in Deutschland niemanden erschießen darf - und Sie und Ihre Familie nicht ins Gefängnis wollen, weil sie Behilfe beim Brechen dieser Gesetze einfordert. Dass Sie deshalb auch sofort gehen müssen, weil sie sonst zu viel über ihre Pläne wüssten und man Ihnen eine Mitschuld geben könnte...


    Wenn das derartige Eingehen auf Teile ihres Wahns die Sache nur verschlimmert, würde ich Ihnen tatsächlich raten, den Raum zu verlassen, sobald das Thema aufkommt.


    Den von Ihnen angesprochenen Körperkontakt, also eine Umarmung, oder eine sanfte Massage von Schultern oder Händen etc., würde ich eher in guten Momenten anbieten, keinesfalls, wenn sie aufgewühlt und enttäuscht bzw. verärgert ist, weil Sie sich ihrem Plan widersetzen.


    Vielleicht verändert eine dieser Ideen die Situation ein bisschen...? Ich wünsche es Ihnen von Herzen!


    S. Sachweh

  • Hallo Frau Sachweh,
    danke für Ihre Zeit und die hoffentlich hilfreichen Tips.
    Sie fragen,ob Sie aufgrund der Demenz leidet.
    Meine Mutter hat gearbeitet wie ein Tier und konnte alles.
    Die perfekte Köchin-tapezieren -Haare schneiden....einfach alles.
    Sicherlich merkt sie,daß sie immer weniger kann (vor allem körperlich ).
    Wenn mein Mann und ich unten zum Arbeiten sind und sie zusieht,plagt sie schon ein schlechtes Gewissen und sie sagt dann oft:Könnte ich doch wieder so wie früher! !
    Allerdings bezieht sie das schlechte Befinden überwiegend auf die Vergiftung und ist in keinster Weise davon überzeugt, eine Demenz zu haben.
    Ihre Termine für die "Todesspritze "macht sie mit dem Bürgermeister aus.
    Diese Methode würde vom Staat bezahlt.
    Sterben will Sie aber wohl nur deshalb,weil "DIE"sie ja immer wieder quälen (vergiften,Beine lahmlegen usw.)und sie das nicht mehr erträgt.
    Ihr Krankheitsbild ähnelt schon sehr einer paranoiden Schizophrenie.
    Wenn der Pflegedienst zum Putzen kommt, sagen "DIE":du brauchst doch gar keine Putzfrau, das kannst Du doch alleine!!
    Nebenwirkungen von Medikamenten schließe ich eher aus.
    Antidepressiva haben wir viele ausprobiert, aber sie hat die Einnahme nach 4 Tagen abgebrochen, da sie das Gefühl hatte,davon Depressionen zu bekommen.
    Allerdings werden Sie von einem wahnhaften Demenzkranken keine ehrliche Antwort über die Wirkung von Medikamenten und die Befindlichkeit bekommen.
    Das kann so jemand überhaupt nicht mehr einschätzen.
    Deshalb wollen wir ihr so wenig wie möglich geben,und am liebsten außer den Betablockern alles absetzen.
    Ich kann Sie für gar nichts mehr begeistern,schon gar nicht in den wahnhaften Phasen (und diese haben wir nun täglich ).
    Eigentlich ist Sie nicht mehr gesellschaftsfähig (wenn mehr als 2 Leute mit am Tisch sitzen ,ist sie total überfordert -sie starrt eh nur vor sich hin (leerer Blick)und nicht mehr lebensfähig.
    Es dreht sich alles nur um den Vergiftungswahn und das baldige Ableben!!!!
    Es geht hier NICHT um Suizid, wie sie schreiben.
    Für Sie ist das erlaubte aktive Sterbehilfe -daß das mit Todesspritzen und mit Erschiessen nicht durchführbar ist,begreift sie nicht mehr.
    Das mit Gesetzen argumentieren überzeugt mich am meisten und das werde ich ausprobieren-glaube allerdings,daß Sie auch hier wieder das passende Gegenargument hat,warum ich nicht Recht habe.
    Danke
    Barbara66

    • Offizieller Beitrag

    Hallo noch einmal,
    ich habe auch nochmal einen befreundeten Gerontopsychiater befragt: Er meint, man solle auf alle Fälle undramatisch, beruhigend, und ohne reflexartig zu korrigieren auf das Gesagte reagieren - etwa, in dem man fragt, ob sie sich sicher sei, dass der Termin wirklich heute/morgen ist, und wo das Ganze stattfinden soll, und wer denn die Sterbehilfe durchführen solle. Auch könnte es einen Versuch wert sein, sie einfach ins Auto zu setzen und den vermeintlichen Ort der "Exekution" zu suchen - und wenn der naturgemäß nicht zu finden wäre, zum Trost ein Eis mit ihr essen.
    Sowohl Ignorieren, als auch zu emotionale Reaktionen (wie ich sie teilweise ausgesponnen hatte) hält er für wenig zielführend.


    Und medikamentös (wovon ich selber null Ahnung habe, anders als Sie) könnte vielleicht Quetiapin helfen.


    Laienhaft frage ich mich, ob Ihre Mutter den noch verstehend lesen, und die Beipackzettel von Tabletten "verarbeiten" kann - Erkennt sie ein Anti-Depressivum als solches? Wäre es andernfalls denkbar, noch einen Versuch zu unternehmen, ihr noch eines als Vitaminpräparat, oder Stärkungsmittel für die Nerven/für Herz und Kreislauf "unterzujubeln"? Oder bezieht sich der Vergiftungswahn auf Medikamente jeder Farbe, Form und Größe?


    Einen trotz allem schönen Feierabend wünscht Ihnen
    S. Sachweh

  • Hallo Frau Sachweh,
    danke,daß Sie noch jemanden Kompetenten hinzugezogen haben.
    Sie ins Auto zu packen und so zu tun,als wolle ich mit ihr zu Ihrem Termin fahren,ist in der Realität ja nicht immer durchführbar.
    Mein Mann hat Schichtdienst -das heißt, das Essen gibt's mal mittags und mal erst am Abend.
    Bei Frühschicht (12 Std.6 Uhr -18 Uhr)habe ich überhaupt kein Auto und die Zeit,das mit meiner Mutter durchzuführen, auch nicht immer.
    Bin ich ehrlich gesagt auch nicht bereit zu.
    Da wir diesen Wahn ja tagtäglich haben,wäre ich ja nur noch unterwegs.
    Meiner Mutter irgendwas an Medikamenten unterzujubeln funktioniert sicher nicht-auch wenn der Pflegedienst die Medikation übernimmt.
    Sie kennt ihre Tabletten ganz genau und ist durch die LBD auch sehr misstrauisch.
    Auch wenn ich sagen würde, es handle sich um Vitaminpraeparate, würde sie das nicht glauben oder behaupten,ihr ginge es so schlecht von den neuen Mitteln.
    Sie hat mir vor ca.2 Monaten gesagt,daß sie sich wünscht, daß es schnell geht mit dem sterben.
    Aus diesem Grund würde Sie gerne alle Medikamente einschließlich der Betablocker absetzen.
    Aber ich versuche beim naechsten mal, mir von ihr erklären zu lassen,wie das stattfinden soll usw.
    Danke
    Barbara66

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