Wie geht es Euch? Thread IV

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  • Hallo Teuteburger,


    da das Implantat noch fest verankert ist wurde das infizierte Gewerbe entfernt um weiteren knochenschwund zu verhindern. Danach vernäht. Das obere Viertel des implantats wurde so freigelegt und die Gewinderillen abgeschliffen und geglättet damit dort keine Speisereste hängen bleiben. Das geht bei meinem Papa da er eine wirklich phänomenale Wundheilung hat. Bereits nach einem Tag keine Schwellung oder Blutung mehr. Jetzt nach 5 Tagen sieht man nur noch die Fäden der Rest wirkt verheilt. Ich renne Wochen mit dem kleinsten Kratzer rum ....


    Nachts finde ich schlaf, da ist er meist ruhig und schläft durch. Klar gibt es da auch aus2nahmen (z.b letzte nacht ....) wäre das schlafen für mich nicht mehr möglich würde das alles nicht mehr funktionieren

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Sohn83, es ist ein gutes Zeichen, dass die OP-Wunden so schnell verheilen und die Zahnbehandlung so erfolgreich war. Auch kleine Entzündungen haben einen Einfluss auf die Demenz und natürlich den Allgemeinzustand. Oft wird die erforderliche Zahnhygiene abgewehrt und unerkannte Zahnschmerzen haben erheblichen Einfluss auf ein herausforderndes Verhalten.


    Danke für das Zitat des Hausarztes. In Ihren Schilderungen habe schon oft gelesen, wie es Ihnen gelingt, die Spur für Ihren Vater zu halten. Und zwar nicht hupend oder piepende wie eine Spurhalteassistent im Auto, sondern liebevoll anteilnehmend lenkend oder ablenkend.


    Ihnen weiterhin erholsamen Schlaf, Kraft und viele schöne Momente mit Ihrem Vater! Ihr Martin Hamborg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo OiOcha, es wäre bestimmt sehr hilfreich, wenn Ihre Mutter das Kursprogramm nach Frau Prof. Engel mitmachen würde. Das Kursprogramm habe ich mir mal angesehen und es werden die wichtigsten Inhalte behandelt. Die Kursleiter*innen werden sicher den Erfahrungsaustausch untereinander anregen und es wird ihnen hoffentlich gelingen, Ihre Mutter neugierig zu machen.


    Schade, dass Sie in dieser Zeit Ihren Vater nicht besuchen können, aber würde er in dieser Zeit ein anders Betreuungsangebot annehmen, hat die Kursleitung eine Idee?


    Haben Sie schon mal mit der regionalen Alzheimer Gesellschaft gesprochen, ob vielleicht auch andere potenzielle Teilnehmer*innen andere Zeiten besser einrichten können?


    Eine Alternative ist vielleicht, wenn Sie gemeinsam mit Ihrer Mutter eine online-Schulunge z.B. der Deutschen Alzheimer Gesellschaft nutzen.


    Sie könnten auch (mit Ihrer Mutter) mein Arbeitspapier aus meinem Blog zur Krisenintervention bearbeiten. Mit einfachen Fragen lassen sich kritische Situationen gut aufarbeiten.


    Was nimmt Ihr Vater wahr, wenn er hört: "Was erzählst Du denn da wieder für einen Mist", welche Gefühle löst dies aus, wie ordnet er die "Botschaft" seiner Frau ein?

    Und was hat Ihre Mutter gehört/ wahrgenommen, bewertet und gefühlt, bevor Sie Ihrem Vater "über den Mund gefahren ist". Welche Auslöser gibt es dafür?

    Gern können wir hier Situationen gemeinsam aufdröseln, so wie mein Beispiel zu dem Diebstahlvorwurf in der Anlage zum Blog.

    Viel Erfolg, Ihr Martin Hamborg

  • Hallo ihr Lieben,

    aktuell sehe ich mal einen Vorteil in Demenz für die Betroffenen in fortgeschrittener Phase : vom derzeitigen weltpolitischen Geschehen bekommen sie nichts mehr mit, wenn doch, ist es schnell vergessen und man muss sich nicht drüber aufregen. Das macht es tatsächlich einfacher. Habe meiner Mutter beim gestrigen Besuch nur witzige Dinge von ihren Urenkeln erzählt und sie hat viel gelacht.

    Mir selbst geht es natürlich ganz anders und ich frage mich gerade, was denn noch alles kommt, Corona seit zwei Jahren, Unwetterkatastrophen, nun Krieg in Europa, begleitend Sorgen um teils schwerkranke, wirklich junge Leute in meiner Familie... So geht's mir gerade:(

    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Rose60, ich freue mich mit Ihnen! Wer hätte gedacht, dass Sie (wieder) mit Ihrer Mutter gemeinsam die schweren Zeiten vergessen und entspannt und geborgen gemeinsam lachen können?

    Wir brauchen diese Auszeiten der Resilienz, um große Krisen und das belastende Mitgefühl zu bewältigen. Ohne sie wären wir schutzloser den vielen Triggern der kollektiven Depression ausgeliefert - Corona - Klimakatastrophe und nun auch noch Krieg in Europa. Nur wenn wir auch innerlich Abstand halten und uns stärken können, bleiben wir in unserem kleinen Bereich sinnstiftend handlungsfähig - (fast) egal was um uns herum passiert.


    Ich suche manchmal ganz bewusst den Kontakt zu Menschen mit schwerer Demenz, um gemeinsam in ungezwungener Beziehungsgestaltung Kraft zu tanken, Ihr Martin Hamborg

  • Hallo Rose,


    mir geht es ähnlich. Ich komme mir vor, als bewege ich mich auf lauter Pulverfässern. Teilweise privat und wenn ich in die Welt hineinschaue, da denke ich mir, die werden nie schlauer.


    Ich habe soeben die Biographie von Jane Hawking, der Frau von Stephan Hawking gelesen. Sie hat auch viele Herausforderungen stemmen müssen, die wir auch kennen.


    Ich weiß auch nicht mehr, wie ich hoffnungsvoll in die Zukunft schauen soll, wenn ich an Putins Atomwaffen denke und wenn jetzt so viel Geld für Rüstung ausgegeben wird, was ich für einen Fehler halte in der heutigen Zeit.


    Ich will mich dazu auch nicht weiter äußern.


    Man kann sich einerseits entspannende Nischen suchen, wie Herr Hamborg es richtig und gut beschrieben hat. - optimistisch gesehen.


    Ich hoffe bloß, dass man den Ernst der Lage in der Pflege nicht aus den Augen verliert. Aber genau das befürchte ich.


    Liebe Grüße an alle

    2 Mal editiert, zuletzt von Teuteburger ()

  • Hallo, Ihr alle hier! Die entspannenden Nischen werden zumindest in meinem privaten Umfeld immer weniger, ich finde sie grade nicht wirklich. Mein jüngster Sohn und seine Frau, beide geboostert und von Berufs wegen im Umgang mit Corona erfahren, sind beide mit Symptomen und positiv getestet in Quarantäne - ebenso sein zweitältester, schwerstkranker Bruder, der bei der Feier (im kleinen Familienrahmen) vom 75. Geburstag meines Mannes bei ihnen saß.

    Bei der anderen Schwiegertochter ist noch offen, ob ihre Magen-Darm-Geschichte nicht auch dieselbe Ursache hat, auch sie kommt von Berufs wegen viel mit Coronapatienten in Kontakt.

    Die Schwiegermutter meines jüngsten, derzeit kranken Sohnes, liegt nach Herzinfarkt in der Klinik mit Aussicht auf Pflegefall oder Entscheidung, sie von den Maschinen zu nehmen...

    In der großen Familie ist da viel Bedarf an seelischem Beistand.

    Ich bin dankbar, dass meine Mutter das alles nicht mehr wirklich erfasst, auch wenn sie immer nach allen nachfragt - nach einigen Minuten ist es schon vergessen. So bekommt sie auch nicht mit, womit uns der Irre Putin überzieht, das ist schon fast die entspannende Nische.

    Doch ist es auch gut, es hier einfach von der Seele schreiben zu können, wissend, dass hier alle auch ihre Pakete zu tragen haben und nicht hinterfragen, welches größer, schwerer oder realistischer ist, sondern jede*r darf hier einfach abladen und eben auch die zusätzlichen Lasten neben unseren Demenzangehörigen. Danke Euch allen.

  • Hallo zusammen, ich hab die Stelle noch nicht entdeckt, wo man ein neues Thema anfängt. Ich brauche ganz dringend einen Tipp von euch, die schon so im Thema drin sind. Die Mutter meiner Freundin ist seit ca. 1-2Monaten extrem verwirrt und hält sich nur in der Vergangenheit auf. Fühlt sich betrogen, verdächtigt Mann und Tochter des Diebstals. Sie bekommt aber keinen Platz im Krankenhaus zur Diagnostik. Wo kann ich mich mit ihr akut hinwenden um JETZT Hilfe zu bekommen??? 😭echt schlimm die Mutter so zu sehen. Habt ihr gute Tipps für mich?

    LG Maren

  • Hallo Rhoenkind76,


    ich wünsche dir viel Kraft in dieser Situation.


    Mögliche Anlaufstellen wären z.b. (je nachdem wie es bei euch vor Ort aufgebaut ist)
    - Pflegestützpunkt
    - Gerontopsychiatrischer Dienst

    - Caritas / Malteser / Rotes Kreuz

    - Hausarzt


    Wenn das alles ganz akut, ohne sichtbaren Auslöser, gekommen ist steckt vielleicht auch etwas organisches dahinter. Hier wäre mein erster Anlaufpunkt der Hausarzt, Blutabnahme und Blutbild.

    Einmal editiert, zuletzt von Sohn83 ()

  • Hallo - ich bin zum ersten Mal hier. Ich habe mir einige Beiträge durchgelesen und gesehen, dass es einer Reihe von euch zumindest ähnlich geht wie mir. Meine Mutter hat zumindest aus meiner Sicht beginnende Demenz (sie weigert sich, zum Arzt zu gehen, aus ihrer Sicht fehlt ihr nichts). Sie verändert sich momentan rapide. Erste Anzeichen traten ein paar Monate nach dem Tod meines Vaters auf (er verstarb vor fast einem Jahr). Dass sie in ihrer Trauer Dinge vergaß, fand ich recht normal. Auch, dass sie sich deswegen um Beerdigung und Papierkram nicht kümmern wollte. Aber seitdem wird es täglich schlimmer. Ich wohne 700 km entfernt, besuche sie alle 1,5 oder 2 Wochen für 5-7 Tage. Wenn ich bislang da war, war sie ganz in Ordnung. Sobald ich weg bin, ruft sie mich bis zu 60x am Tag an. Das können kurze Anrufe von 5 Min sein, aber auch von 1 Stunde. Ich arbeite durch die Pandemie im Home Office, habe aber einen Job, bei dem ich viel telefonieren muss. Seit 2 Tagen stelle ich mein Handy bei längeren Telefonkonferenzen auf Flugmodus - und habe nach 1 Stunde dann 20 Nachrichten auf der Mailbox. Mittlerweile beeinträchtigen die ständigen Anrufe meine Arbeit. Sie hat jedes Zeitgefühl verloren, ich habe im Forum gelesen, dass das wohl häufiger vorkommt. Sie ruft mich jederzeit zwischen 3 Uhr morgens und 22 Uhr abends an. Sie erinnert sich zumindest an die sehr frühen Anrufe nie. Tenor ist immer derselbe: Ich war sie besuchen und bin einfach abgehauen, mitten in der Nacht, am Tag, wenn sie sich umgedreht hat etc. Ich kann ich noch so oft sagen, dass ich nicht bei ihr war - sie sagt, ich lüge sie an. Sie schreit mich an, dass ich sie wie ein Stück Dreck behandle, sie ist mir egal, usw. Ich liebe meine Mutter, ich würde die Dinge, die sie mir vorwirft niemals tun. Je nach Tagesform droht sie mit Selbstmord.

    Heute ist alles eskaliert: Ich hatte ihr versucht zu erklären, dass ich während der Arbeitszeit nicht immer ans Telefon gehen kann, wenn sie anruft. Aus ihrer Sicht hat sie maximal 2x angerufen. Ich hatte seit mittags 23x mit ihr telefoniert - und habe ihr das gesagt. Sie ist hat mich sofort angeschrien, dass sie mich nie wieder sehen will, ich mir mein "Zeug" abholen soll, sie nichts mehr mit ihr zu tun haben will usw. Später hat sie mir dann vorgeworfen, dass ich sie aus ihrer Wohnung ekeln will, um selbst dort einzuziehen. Durch die ständigen Anrufe und Angeschrien werden bin ich vollkommen übermüdet und mit den Nerven fertig. Diese Eskalation war nur eine Frage der Zeit. Aber sie selbst realisiert nicht, dass sie viele Dinge vergisst oder verlegt (das war dann auch ich). Ich bin nur noch dafür gut, sie an Termine zu erinnern und mich anpflaumen zu lassen. Ein richtiges Gespräch hatten wir seit Tagen nicht mehr. Ihre heutige Drohung, mich nicht mehr anzurufen, hat bei mir zunächst Erleichterung hervorgerufen - aber sie ist meine Mutter und ich sollte sowas nicht einmal denken. Ich weiß momentan nicht, wie es weitergehen wird.

  • Hallo Tanja,

    Doch, Sie dürfen so etwas denken, denn auch eine Mutter darf nicht dermaßen übergriffig sein und Sie haben ein Recht auf eigene Gesundheit, die draufgeht, wenn es so weitergeht!! Das erstmal aus dem Bauch heraus. Ich kenne solche schlimmen Phasen von meinen Elternteilen und da ist Handlungsbedarf für Sie beide.

    Zunächst meine Idee, dass es evtl auch eine "Pseudodemenz", ausgelöst durch eine Depression infolge der Trauersituation, sein könnte, die man mit Antidepressiva behandeln kann. In meiner Umgebung hier könnte man über den Hausarzt eine Einweisung in die Gerontopsychiatrie zur Diagnostik und Behandlung erwirken, hier ist das eine wirklich sehr empfehlenswerte Einrichtung. Doch ich weiß natürlich nicht, wie es in der Umgebung Ihrer Mutter aussieht. Haben Sie schon mit dem Hausarzt Ihrer Mutter Kontakt aufgenommen? Das würde ich als erstes tun, gleichzeitig überlegen, wie Sie die Anrufe blockieren können. Es führt ja zu nichts, wenn Sie sich diesen Angriffen aussetzen. Das wird nicht von allein besser .

    Sobald man einen Ansprechpartner hat und einen gewissen Plan, sollte es für Ihr Gefühl besser werden.

    So können und müssen Sie es definitiv nicht weiterlaufen lassen.

    Der Verlust des Partners ist keinesfalls eine Entschuldigung dafür, ich habe auch schon meinen Mann verloren und meine Kinder in keinster Weise belästigt, sondern anderweitig Hilfen gesucht.

    Also da läuft etwas nicht auf gesunde Weise, das haben Sie ganz richtig erkannt.

    Außer dem Hausarzt können Sie sich an den sozialpsychiatrischen Dienst des zuständigen Wohnortes Ihrer Mutter wenden, mir wurden dort gute Tipps gegeben .

    Für Sie selbst würde ich mich auch professionell beraten lassen, bei einer Beratungsstelle z.B., damit Sie Tipps bekommen, wie man sich sinnvoll abgrenzen lernt und wie weit man sich wirklich vereinnahmen lassen darf/muss.

    Ich wünsche Ihnen die notwendige Unterstützung, habe selbst dieses Mosaik an Hilfen genutzt um nicht dabei drauf zu gehen.

    Das Ziel ist Hilfe für Sie beide!!

    Liebe Grüße

    Rose60

  • Liebe Rose60 - ganz herzlichen Dank für die lieben Worte. Sie haben mir wirklich geholfen - wie auch Ihre Tipps. Ich wusste beispielsweise nicht, dass ein so etwas wie einen sozialpsychiatrischen Dienst gibt. Das werde ich sofort recherchieren. Da Thema Hausarzt könnte etwas schwierig sein: Meine Mutter war in den letzten 2 Jahren gerade mal 5 Minuten zur Booster-Impfung bei ihrer Hausärztin. Ich weiß also nicht, in wie weit sie den Zustand meiner Mutter beurteilen könnte. Ich habe heute früh zart das Thema Unterstützung für meine Mutter am Telefon angedeutet und sie ist direkt wieder in den "Schreimodus" übergegangen. Eine Bekannte, die sie regelmäßig mit zum Gottesdienst nimmt, hatte mich zuvor angerufen. Auch bei ihr war meine Mutter gestern eskaliert. Die Bekannte wollte mir dazu Bescheid geben und bot auch auch, ein Auge auf sie zu haben, wenn die beiden in der Kirche sind.

    Momentan will meine Mutter nicht mit mir sprechen und hat auch gesagt / gedroht, dass wenn ich mich "nicht benehme" (was heißt, dass ich ihr widerspreche), mich nicht mehr sehen möchte. Ich habe den nächsten Besuch bei ihr ab Sonntag (für eine komplette Woche) geplant. Mal schauen, wie der wird.

    Liebe Grüße

    TanjaS

  • Lieber schwarzerkater -

    Ihre Nachricht macht mir Hoffnung. Meine Eltern waren fast 61 Jahre verheiratet, da versteht man, wenn der Partner schmerzlich vermisst wird. Mir geht es genauso: Ich tue aus meiner Sicht wirklich alles, was möglich ist - bei 700 km Entfernung hat das sicherlich Einschränkungen. Ich bin Einzelkind, deswegen prallt alles bei mir mit voller Wucht auf. Aber ich werde versuchen, den Tipp, sich nicht zu verteidigen oder zu widersprechen, in die Tat umzusetzen, vielleicht hilft es.

    Ich hoffe, dass meine Mutter mit fortschreitenden Demenz wieder milder wird. In ihrer Nähe gibt es ein sehr gutes Pflegeheim, das ich bereits seit der Kurzzeitpflege meines Vaters kenne. Er hat sich dort sehr wohlgefühlt. Wenn bei meiner Mutter der Fall eintritt, ist es auf jeden Fall eine sehr gute Option. Allerdings reagiert sie auf das Thema "Unterstützung" momentan sehr allergisch.

    Ich danke Ihnen sehr, Ihre Nachricht ist wirklich ein Hoffnungsschimmer für mich.

    Viele Grüße

    TanjaS

  • Liebe Tanja,

    Es freut mich zunächst mal, dass Sie mit unseren Erfahrungen etwas anfangen können.

    Ganz wichtig finde ich, dass Sie keinerlei Schuld bei sich suchen für die Aggressivität Ihrer Mutter. Es ist die Krankheit, bei meiner Mutter wurde im Pflegeheim ein Antidepressivum angesetzt, trotzdem habe ich für lange Zeit bei meinen Besuchen alles abbekommen an Unzufriedenheit und bin oft unter Tränen dort weg gegangen. Ich habe mich beraten lassen, wie ich in schwierigen Situationen bei mir etwas ändern kann und Ärger umschiffen.

    Dafür gibt es zum Beispiel schon die Möglichkeit einer telef. Beratung bei der Dt. Alzheimergesellschaft ( kann man googeln). Das hat mir mehrmals sehr geholfen. Die übrigen Tipps haben Sie ja bereits.

    Ich könnte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, 1 Woche mit meiner Mutter zu verbringen, überlegen Sie wirklich, ob es noch machbar ist oder Sie vllt woanders als Rückzugsort unterkommen können, von wo aus Sie Ihre Mutter besuchen.

    Die Hausärztin könnten Sie sicher um ein Telefonat bitten, eigentlich haben Hausärzte ja Erfahrung mit solche Situationen. Vllt könnte Ihre Mutter unter einem Vorwand dort einbestellt werden und ggf. Medikamente.

    Das Problem bei Demenz ist, dass keine Einsicht auf Unterstützungsbedarf möglich ist, es fehlen nach und nach die Verknüpfungen im Gehirn und ich vermute, es ist auch viel unbewusste Angst bei den alten Menschen im Spiel. Das kann man aber nicht diskutieren und Einsicht erwarten. Allein kommen Sie da nicht raus und man muss das auch nicht alles allein schaffen.

    Oft gibt ein Sturz o.ä.den Auslöser für Veränderung, so war es bei uns auch, dann wegen armbruch kurzzeitpflege und weitere Verletzung stationäre Dauerpflege. Meine Mutter meint immer noch, sie komme zuhause prima allein zurecht, macht aber absolut nichts in Eigeninitiative, jede Blume vertrocknet, die mitgebrachten Äpfel, die sie unbedingt brauchte, verschimmeln etc.

    Wie schwarzer Kater schrieb, die Akzeptanz macht es irgendwann leichter, von dem gewohnten Menschen muss man sich innerlich verabschieden.

    Liebe Grüße;)

  • Liebe Rose60 -


    mittlerweile bin ich mit meinen Recherchen etwas weiter, was den sozialpsychiatrischen Dienst in der Stadt meiner Mutter angeht - es gibt tatsächlich einen. Ich hatte dies in der Kleinstadt meiner Mutter nicht vermutet, umso erfreulicher, als ich dies gesehen habe. Der Dienst und ein Telefonat mit der Hausärztin stehen bereits auf meiner To Do Liste.

    In den täglichen Arbeiten wie Kochen, einkaufen oder Wäsche waschen erledigt sie prima - ab und an kommt der Kommentar, dass niemand hilft.

    Ich schaue jetzt mal, wie es ist, wenn ich bei ihr bin, meistens ist sie dann weniger krawallig. Sollte die Situation eskalieren, kann ich in der Nähe unterkommen, das ist kein Problem. Ich hatte schon nach entsprechenden Alternativen gesucht.

    Ich muss aber sagen, dass sie heute recht umgänglich ist und wir erst 1x telefoniert haben, sie scheint momentan eher gefestigt zu sein bzw. eine gute Phase zu haben. Das ist auch eine Erholung für mich.

    Ich denke tatsächlich, dass eine Untersuchung bei ihr und entsprechende Empfehlungen eines Arztes erst möglich sein werden, wenn sie stürzt oder sich verletzt, auch wenn ich ihr das nicht wünsche.

    Lieben Dank nochmal für die Tipps, die Anteilnahme und die guten Wünsche. Mir hilft das wirklich sehr.

    Liebe Grüße, Tanja

  • Liebe schwarzerkater -

    Auch Ihnen vielen Dank für die lieben Worte. Vielleicht muss ich es wirklich ein bisschen mehr drauf ankommen lassen, wie Sie schreiben. Man sorgt sich dann doch, vor allem, wenn man nicht in der Nähe wohnt. Ich fahre so oft wie möglich zu ihr - mittlerweile bin ich mindestens 10 Tage im Monat bei ihr. Öfter schaffe ich es dann nicht. Da geht dann meistens auch alles einigermaßen gut, auch wenn es für mich anstrengend ist (merke ich, wenn ich wieder zuhause bin). Es ist schon eine wirkliche Unterstützung hier zu lesen, dass man nicht alleine ist. Und dass man es schaffen kann. Das gibt mir Hoffnung und Kraft. Und dafür danke ich Ihnen.

    Liebe Grüße

    Tanja

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Hanne63, Ihre Verzweifelung kann ich so gut nachvollziehen. Auch ich erlebe immer wieder, dass es trotz aller booster-Impfungen zu Infektionen kommt. Ich sehe noch keine Strategie, zudem passt es überhaupt nicht zu der Diskussion um die Impfpflicht und die aktuellen Lockerungen. Eben sehe ich, dass das RKI vor zwei Wochen eine neue Empfehlung für Heime herausgegeben hat, genau so streng und konsequent wie vor den Impfungen. Die resignierte Haltung nach dem Motto "wir werden sowieso alle krank", die Sie aus dem Heim melden steht dort nicht. Aber es gibt leider auch keine Entwarnung:


    "Das Ausmaß von Besuchsrestriktionen orientiert sich am Umfang des Ausbruchsgeschehens (Zahl der Fälle und betroffenen Bereiche), den räumlichen Gegebenheiten (z.B. Möglichkeit der Kohortierung), der Möglichkeit der Isolierung und des Einsatzes der erforderlichen Infektionsschutz-maßnahmen. So können Besuchsrestriktionen je nach Situation in abgestufter Form umgesetzt werden. Sie können sich beispielsweise auf einzelne infizierte Bewohnerinnen und Bewohner bzw. betroffene Wohnbereiche beschränken..." (RKI 14.2.22)


    Immerhin spricht das RKI von "stufenweisen Anpassungen" z.B. bei einer mehr als 90%tigen Durchimpfung und von Ausnahmen in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt für Geboosterte. Ich teile also Ihre Sorgen und hoffe sehr, dass wir pragmatische Wege finden - in einer Zeit in der niemand mehr über Corona im Heim reden will.

    Ihr Martin Hamborg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Rhoenkind, eine so plötzliche und extreme Verwirrtheit mit wahnhaften Symtomen hat nach meiner Erfahrung zumeist eine oranische Ursache, die als "Delir" oder "organische Psychose" bezeichnet wird.


    Deshalt ist die gründliche ärztliche Untersuchung oder eine stationäre Diagnostik der zweite Schritt. Der erste Schritt ist: Vermeiden Sie Diskussionen und jede Form der Eskalation und strahlen Sie so gut es geht Ruhe und Zuversicht aus. Dies klingt bei so extremen Situationen fast wie Hohn, aber es hilft vielleicht, dass die akuten Symptome ein Hilfeschrei sind, um eine schnelle Behandlung einer schweren organischen Erkrankung zu bekommen! Der sozialpychiatrische Dienst sollte Ihnen da helfen.

    Ihnen und Ihrer Freundin viel Kraft! Ihr Martin Hamborg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo TanjaS, zunächst möchte ich mich für die sehr kompetenten Antworten bedanken. Ich weiß dass die Tipps und das Mitgefühl derer, die das alles schon durchgemacht haben, wertvoller sind als der professionelle Rat.


    Wenn Sie bei Ihrer Mutter sind, können Sie üben, auf jede Form der Eskalation und Diskussion zu verzichten und es ist doppelt gut, dass Sie sich rausziehen können. Sie können Kraft tanken, Ihre Mutter kann sich aus einem fatalen Muster befreien und Sie bekommen einen Eindruck, wann sie wieder in das stereotype oder zwanghafte Muster fällt. Das alles ist schwieriger, wenn der Kontakt nur über das Telefon möglich ist.


    Sind Sie eigentlich auch wütend auf Ihre Mutter? Für mich wäre das ein Zeichen, noch einmal in Richtung Depression zu blicken. (Wir übernehmen in engen Bindungen manchmal den "aggressiven" Anteil der Depression). Bei Männern erleben wir übrigens häufiger, dass sich Depressionen und so ungebändigter Wut zeigen, wie bei Iher Mutter. Auch wenn Sie die Anrufe eher zwanghaft wahrnehmen, würde dies dafür sprechen. Aber wie gesagt, dann müssten Sie eigentlich ärgerlicher sein.


    Wenn Sie jetzt bei Ihrer Mutter sind, können Sie hoffentlich eine gründliche Untersuchung bei der Hausärztin veranlassen, - eine sorgende Tochter erhöht manchmal die Bereitschaft für einen Hausbesuch. Der erste Schritt bei diesen demenzbedingten Veränderungen ist die diagnostische Abklärung anderer Ursachen!


    Da Sie so weit weg wohnen, braucht Ihre Mutter vor Ort ein stabiles und robustes Netz und ich hoffe sehr, dass sich die Bekannte nicht von den Veränderungen abschrecken lässt.


    Bei demenzbedingtem "Telefonterror" empfehle ich oft das, was Sie schon machen: Konsequent Abschalten, mit guter Laune zurückrufen und Gelassenheit üben. Damit unterbrechen Sie das Muster - langfristig, denn es ist ja schon fest in das Gehirn eingebrannt.


    Sie können sich auch um einen Pflegegrad kümmern, so wie Sie Ihre Mutter beschreiben, wird es oft nur der Pflegegrad 1, der immerhin mit den 125€ Entlastungsleistungen und vielleicht den Besuch einer Betreuungsgruppe möglich macht.


    Ihnen wünsche ich viel Kraft und inneren Schutz! Als Prellbock für die Vergesslichkeit und Wut Ihrer Mutter können Sie "eigentlich nur alles falsch machen" - deshalb ist es richtig, dass Sie sich schützen und auf jede Form eines schlechten Gewissens verzichten. Es freut mich, dass Sie von und mit so viel Liebe zu Ihrer Mutter schreiben, dass dieser Weg möglich scheint.


    Uns allen wünsche ich viel Kraft in einer schrecklichen Zeit mit so ungewissem Ausgang. Da unser Handeln sehr eingeschränkt ist, brauchen wir die positiven Nischen und tatsächlich können uns alte Menschen mit Demenz dabei etwas trösten. Ihr Martin Hamborg

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