Wie geht es Euch? Thread IV

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  • Hallo Ihr Lieben,


    ja, das kenne ich auch von meiner Mutter, sie kennt dauernd Leute "aus dem Bus" (sie ist bis vor der Pandemie fast jeden Tag in die Stadt gefahren) oder "aus dem Garten", das war ihr Liebstes bis vor sieben Jahren. Sie kann ewig darüber grübeln, wo die nette Pflegerin wohl ihren Garten hat, das ist schon sehr süß, darüber kann man sich mit ihr gut unterhalten. Dann mischt sich der Vater ein und herrscht sie an, wie blöd sie sei, bis sie weint ...


    Liebe Grüße

    Nelly

    • Offizieller Beitrag

    Hallo in die Runde, es sind interessante Erfahrungen, die Sie beschreiben. Wir unterscheiden Wahn, Halluzinationen, Trugwahrnehmungen und Verkennungen.

    Für mich ist es immer ein gutes Zeichen für das Einleben im Heim, wenn Menschen mit Demenz alte Bekannte im Heim "wiederkennen oder verkennen".


    Trugwahrnehmungen entstehen gern im Zwielicht und bei nachlassender Sehkraft, auch das Fernsehen/Radio kann dies auslösen und verstärken und wird damit ein Reiz, der zu stark ist und nicht mehr verarbeitet werden kann. Wenn das dann Angst macht, kann eine kurze Zeit zu viel Stunden anhaltende Unruhe auslösen.


    Wir suchen dann nach weniger starken Reizen zur Ablenkung oder nach einer inneren Vertiefung. Sehr bewährt hat sich die Lieblingsmusik oder vertraute Märchen über einen Kopfhörer, eine Puppe, ein Stofftier, Mandalas usw.

    Vielleicht finden Sie, Sohn83 ein Ritual für die notwendigen kurzen Auszeiten. Sie können auch in der Tagespflege nach Ideen fragen!

    Aber eigentlich braucht Ihr Vater den direkten Kontakt wie in der Tagespflege, mit Ihnen oder in einem Heim, in dem es passende Gegenüber gibt. Wenn Sie da etwas finden und selbst den Übergang begleiten ist es nicht mehr das "DAS", wovor Ihr Vater Angst hat.


    Halluzinationen können wir nicht mit Verkennungen oder Trugwahrnehmungen erklären, sie werden als ganz real erlebt und ich lasse mir sie immer genau beschreiben, manchmal verschwinden Sie in der Beschreibung und da wäre es unglücklich, wenn ich so tun würde, als könne ich das auch sehen. Je stärker sie sind, desto mehr liegt der Verdacht einer organischen Ursache oder eines Delirs nahe, manchmal ist das Gift der Alkohol, wie bei Ihrem Vater OiOcha. Je weniger stark die demenzbezogene Vergesslichkeit ist, desto eher entwickeln sich dann auch echte Wahnsymptome.


    Die wahnhafte Erklärung eines Menschen mit Demenz, der oder die die ganze Nacht räumt, das dann vergisst und Fremde verantwortlich macht, ist erstmal ein guter Selbstschutz. Zum Wahn wird es erst, wenn das Verhalten stabil, nicht korrigierbar ist und ängstlich Vorkehrungen getroffen werden.

    Häufig wirbt der oder die Kranke darum, dass wir den Wahn bestätigen und "mitspielen". Das ist keine gute Idee, wir können die Ängste und den Ärger über die Unordnung verstehen und Sätze wie "ich kann mir das auch nicht erklären" schaffen manchmal etwas Luft.

    Soweit einige Gedanken oder "Verstehenshypothesen"; Allen ein schönes Wochenende, Ihr Martin Hamborg

  • Ich habe eine lustige Geschichte zum Thema "den kenn' ich." Habe mit einem Freund aus Kindergartentagen gesprochen, der ein bisschen ärgerlich war, dass ich ihn "ignoriert" habe. Er hat mich (mit meinen Eltern) in einem Lokal gesehen, und mein Vater hätte ständig zu ihnen hingeschaut, aber wir hätten nicht Hallo gesagt. Ich habe ihm dann erklärt, dass wir "den kenn' ich" ständig haben, und weil er hinter mir saß, habe ich gar nicht geschaut. Aber es ist wohl so, mein Vater schaut die Leute an, die er meint zu kennen, und dann schauen die zurück (denken wahrscheinlich auch, "den kenn' ich"), was wahrscheinlich auf allen Seiten dazu führt, dass man denkt, ohje, mein Gedächtnis ist nicht mehr das, was es war, wer ist denn das schon wieder.

  • OiOcha

    Das ist wirklich eine lustige Geschichte, danke auch mal dafür :) Man beobachtet sich bei all der Wirrnis um eine herum stärker und zweifelt öfter am eigenen Verstand, gell?

  • Hallo ihr Lieben,


    Am Samstag war mein Vater das erste mal in einer anderen Tagespflege. Das hat alles recht problemlos geklappt. Ich habe ihn um 15:30 Uhr abgeholt und da war er total fröhlich und klar. Zuhause wurde er dann zunehmend verwirrter aber alles noch in verhältnismäßig verträglichem Rahmen. Die Tagespflege möchte am nächsten Samstag einen weiteren Schnuppertag, ein def. Zusage habe ich noch nicht. Leider ist ja auch nur 1 Platz am Samstag verfügbar, Sonntags sind sie voll.


    Gestern, Sonntags war wieder sehr kräftezehrend. Versucht ihn Vormittag aufzumuntern aber er war wieder in seinem depressiven Loch. Mittags sind wir wie jeden Sonntag zum Essen gegangen, danach Mittagsschlaf (für ihn) und später haben wir einen Ausflug gemacht. Da war er dann relativ gut drauf.


    16:00 waren wir wieder zu Hause und keine 5 Minuten später "Wo sind denn all die Menschen die hier noch wohnen, das kann doch nicht sein das hier niemand ist. Wer kommt den noch vorbei etc....."


    Er wurde dann zunehmend verwirrter und schwieriger. Selbst Sachen die früher so toll als Ablenkung funktionert haben (Fußballspiel im TV) funktionieren nicht mehr. Er kann dem Geschehen nicht mehr folgen und wir depressiv.

    Es folgte eine unruhige Nacht, allein bis Mitternacht ist er mehrfach aufgestanden. Ich muss wohl gegen 1 Uhr todmüde irgendwann doch eingeschlafen sein, auf der Überwachungscamera im Flur sehe ich aber das er seit 3:50 Uhr alle 10-15 Minuten rumgewandert ist.


    Mir zerreißt es im Moment echt das Herz aber ich kann nicht mehr. Ich merke langsam bei mir starke körperliche Anzeichen von totaler Überlastung. Ich bin nur noch genervt, fahrig und sofort auf 180. Ich habe bei kleinsten Anstrengungen totale Schweißausbrüche und steure zunehmend selbst wieder in eine Depression.


    Ich werde diese Woche anfangen bei Heimen vorzusprechen und Besichtigungstermine zu vereinbaren. Ich hoffe das ich die Kraft finde das durchzuziehen.

  • Hallo Sohn,

    Du gibst wahrlich ALLES und das schon so lange. Es ist sicher frustrierend, wenn man dann doch quasi aufgeben muss und merkt, man ist keine Maschine, sondern ein Mensch, der eben auch auf Dauer Schlaf und Ruhephasen braucht. Dafür hat jede/r hier absolutes Verständnis, behaupte ich mal.

    Keiner weiß ja, wie lange es sich noch hinziehen kann mit deinem Vater. Ich drücke dir alle Daumen, dass du schnell einen Platz findest!!

    Liebe Grüße

    Rose60

  • Lieber Sohn, ich kann mich Roses Worten nur anschließen: Du bist einfach keine Maschine, niemand von uns.

    Wir sind Menschen mit Gefühlen und auch die können ganz heftig an uns zehren, wenn wir uns für einen geliebten Menschen aufopfern, wie Du es für Deinen Vater zu tun scheinst. Da lassen irgendwann die Kräfte massiv nach, v.a. wenn ja kein Ende, keine Besserung möglich ist und kein echter Erfolg.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass es für Euch beide hilfreich ist, wenn Du doch schnell einen Platz findest und stimme daher vollumfänglich bei Rose zu. Viel Erfolg und Dir gute Besserung oder wenigstens Linderung.

  • Hallo Sohn,


    ich schließe mich hier an.


    Bei mir gab es immer die Grenze - wenn ich nachts keine Erholung mehr finden kann, dann wird es nicht weiter funktionieren können. Mein sonstiges Leben ist anstrengend und ich muss auch nachts im Bett noch einiges gedanklich durchgehen, bis ich dann einschlafe.


    Du bist auch selbstständig und musst deinen Vater nebenbei betreuen. Jeder, der hier den Wunsch gehabt hatte, den Demenzkranken bis zum Ende zu begleiten, hat irgendwann aufgeben müssen und es hat sich meistens als gut herausgestellt, dass ein Umzug ins Heim stattgefunden hat. Bei mir war das eher zweischneidig, weil wir uns das Heim nicht mehr haben aussuchen können. Wir mussten nehmen, was da war, nach dem Krankenhausaufenthalt. Mit Erstaunen und Freude lese ich hier mit, wie gut es bei anderen doch funktionieren kann.


    Um nicht wieder in eine so zweischneidige Lage zu kommen, gehe ich mir in den kommenden Monaten auch noch einige Heime in der Umgebung ansehen. Bei uns eilt es nicht, denn meine Mutter ist noch am Anfang der Demenz. Das sie auch mal schwere Einbrüche hat, was mich anfangs noch sehr erschreckt hat, das ist jetzt so, dass sie sich immer wieder davon erholt hat. Ich hoffe, das bleibt auch weiterhin so.


    Da du dir das Heim aussuchen kannst, da kann ich einige Kriterien nennen, die wichtig sein können. Der erste ist, dass ich immer auf die Jobgesuche des Heimes schaue. Diese findet man auf deren Internetseite. In den Heimen, in denen nur wenig Personal gesucht wird, da ist eine bessere Betreuung meist gegeben. Leider haben Heime oftmals nur wenige Bewertungen, aber die, die es gibt, sagen manchmal schon etwas aus, vor allem, wenn sie vom letzten Jahr sind. . .


    Zudem habe ich einige hilfreiche Tipps aus der Sendung Nachtcafé gesehen, in der ein Heimleiter sehr ehrlich über die Führung des Heimes gesprochen hat, das er in einem maroden Zustand übernommen hatte. Er hat es dann geschafft, dies in einen guten Zustand zu überführen.


    Da waren drei wesentliche Kriterien dabei: Natürlich die Pflegebesetzung des Heimes, zweitens, dass eine eigene Küche im Heim vorhanden ist und dass es eine eigene Wäscherei hat und dass sie eigenes Küchenpersonal und Reinigungspersonal haben, so dass nicht die Pfleger*innen diese Aufgabe noch zusätzlich übernehmen müssen.


    Das haut nicht immer in allen Punkten so hin. In dem letzten Heim, das ich mir angesehen habe, da gab es keine eigene Großküche mehr, dafür aber auf jeder Station eine anständige Küche mit Personal, die das Frühstück und das Abendessen selbst zubereitet haben. Nur das Mittagessen wurde angeliefert, aber in der besagten Küche dann auch warm gemacht. Das war ein guter Kompromiss, wie ich fand. Ich durfte mir auch alles ansehen, sogar die Kühlschränke hat man mir, ohne, dass ich gefragt habe, gezeigt. Das fand ich richtig gut. Leider hat dieses Heim keine eigene Wäscherei mehr. Das außerhalb waschen, so sagte mir die Heimleitung ehrlich, sei eine Katastrophe. Es verschwindet einiges, laut eigener Aussage. Hier müsse dringend nachgebessert werden. Diese Ehrlichkeit fand ich auch gut.


    Grüße an Dich und an alle anderen, die hier mitlesen

  • Hallo


    danke für deinen hilfreichen Beitrag. Das deckt sich auch weitgehendst mit meinen Punkten.


    Mein Vater baut im Moment schnell ab, das merkt jeder der mit ihm zu tun hat. Sorgen macht mir sein Gewicht, in den letzten 4 Wochen hat er 4,5 kg verloren (jetzt 73,8kg). Bei einem Mann der zu seinen "besten" Zeiten mal 140kg hatte..

    Ich habe ein wenig das Gefühl das dass ganze "Kartenhaus" im Moment Stück für Stück zusammenbricht. Ist müsste lügen wenn ich aktuell nicht jeden morgen eigentlich auf das schlimmste vorbereitet bin ...


    Ich habe im Moment einen Satz der mir hilft mit meinem "Dämonen" besser klar zu kommen. "Ich will das beste für ihn, das kann ich ihm aber zu Hause nicht mehr bieten".


    Einen Besichtigungstermin in einem Heim (20km entfernt) haben wir am Donnerstag. Voll scheinen sie überall zu sein, also Warteliste.



    Bei einem Heim in unserer Stadt (4km) warte ich noch auf Rückmeldung. Das Heim hat einen guten Ruf wird aber von einer städtischen Bürgerstiftung betrieben. Die müssen erst abklären ob meine Vater da überhaupt rein könnte weil wir zur Nachbargemeinde gehören.

  • Hallo Sohn83 -- Du hast echt übermenschliches geleistet für Deinen Vater, und ich hoffe, dass Du ein geeignetes Heim findest! Ziehe den Hut für alles, was Du gemacht hast -- ich hätte das NIE so lange durchgehalten!

  • Hallo Sohn, auch ich kann den 'Vorschreibern' nur zustimmen und habe den größten Respekt vor dem, was du geleistet hast. Vielleicht noch ein Überlegung für den Weg, den du jetzt gerade gehst: du bist nicht nur für das Wohlergehen deines Vaters zuständig, sondern auch für dein eigenes! Es ist absehbar, dass du so nicht weiter machen kannst und was würde aus deinem Vater, wenn du ihm nicht mehr zur Seite stehen kannst???

    Ich denke, wenn dein Vater sich in der Tagespflege ganz wohl gefühlt hat, gelingt das in einem gutem Pflegeheim hoffentlich auch.

    Alles Gute!

  • Hallo Sohn, auch ich möchte mich den anderen anschließen (schreibe vom anderen Ende der Welt, wo mein Mann und ich mal von all den Sorgen Urlaub machen). Aber dein Bericht hat mich sehr berührt. Du bist mit deinen Bemühungen an einem Punkt angelangt, wo äußere Umstände eine neue Justierung der Laufrichtung erforderlich machen. Wichtig ist es,einen Platz für deinen Vater zu finden,an dem es ihm gut geht. Dann wird es auch dir gut gehen. Wenn er die Tagespflege mag, weißt du ja schon,wo er sich wohlfühlen könnte. Es kann für deinen Vater wirklich wieder bergauf gehen. Es gibt übrigens auch ganz kleine private Einrichtungen, in denen es entspannt und trotzdem professionell zugeht. Ich spreche aus Erfahrung mit meiner Mutter... Wichtig ist. die nächsten Schritte gut zu planen und dann wird es gut gehen und für dich richtig anfühlen. weil auch darin die Liebe zu deinem Vater deutlich wird. Also alles Liebe weiterhin. Viele Väter würden sich einen Sohn wie dich wünschen. Sehr, sehr viele!!

  • Für eure Zusprache möchte ich Euch allen ganz herzlich danken. Es tut mir so gut und ich lese es öfter wenn sich wieder meine Zweifel melden.


    Heute Nachmittag haben wir die erste Besichtigung am Montag die nächste.


    Wie es halt so ist im Leben waren die letzten Tage ein Großteil aller Verschlechterungen wie weggezaubert. Er war bis zum schlafen gehen orientiert, nicht depressiv, nicht inkontinent, hat wieder 1kg zugenommen. ....
    Dienstag abends sind wir noch 90 Minuten auf unserer Terasse gesessen und haben und gut unterhalten. .... Ich weiß natürlich das sind nur Momentaufnahmen und das Pendel geht schnell wieder in die andere Richtung. So war es dann auch heute morgen ...

  • Hallo ihr Lieben,


    seit meinem letzten Eintrag hat sich viel getan. Ich hab hier fleißig mitgelesen, hatte aber leider nicht unbedingt die nötige Muße, mich zu beteiligen. Sorry dafür und mal wieder Hut ab für eure Geduld und unglaubliche Einsatzbereitschaft.


    Eigentlich hatte ich für meine Eltern 2x/Woche eine warme Essenslieferung organisiert. Die kleine Küche aus dem Nachbardorf ging wirklich auf die Extra-Wünsche meines Vaters ein und doch… eines Tages bekam ich eine E-Mail von dort, meine Eltern haben das Essen endgültig abbestellt. Als ich sie drauf ansprach, konnte sich keiner der beiden daran erinnern. Für mich sieht's so aus: Mom hat's abbestellt und weiß es nicht mehr und Dad hat's nicht mitbekommen.


    Ich schrieb also die Küche an und bat sie zum einen, die Lieferungen wieder aufzunehmen und zum anderen eine Kündigung von meiner Mutter (wg. Demenz) nicht anzunehmen und sich ggf. bei mir zu melden. Ich bekam weder eine Antwort noch wurde die Essenslieferung weitergeführt.


    Seit Anfang 2021 bekam meine Mutter für ca. 30-45 Minuten täglich Besuch von der Caritas. Das lief mehr oder weniger gut - seitens meiner Mutter. Da konnte es schon vorkommen, dass sie die Dame mit 'blöde Kuh, lass mir meine Ruhe' beschimpfte, sie rausschmiss oder erst gar nicht rein ließ. Kein Problem für die Dame, sie setzte sich ein paar Minuten ins Auto, klingelte nochmal und dann gab's ein großes Hallo. Gelegentlich telefonierte ich mit ihr und da erzählte sie mir dann lachend von den 'Anekdoten' meiner Mutter.


    Auf vielfachen Rat haben wir mal eine 24-Std.-Betreuung ins Auge gefasst. Der eigentliche Anstoß kam erstaunlicherweise von meinem Vater. Und hier stießen wir auf einen massiven Fehler in unserem System. Bisher hat die Caritas direkt mit der Pflegekasse abgerechnet. Mit Pflegegrad 3 sind das +/- 1.300€ Sachleistung oder +/-500€ Geldleistung. In unserem Fall ersteres.


    Über eine Empfehlung kam ich auf einen Augsburger Pflegedienst, der osteuropäische Pflegekräfte vermittelt, die sich alle 2-3 Monate ablösten, keine 'halblegale Sache', die uns schon öfter empfohlen wurde. Die Kosten würden sich auf ca. 2.800€ aufwärts bewegen, je nachdem, welche Ansprüche man an die Damen oder Herren hat (z.B. Sprachkenntnisse). Für meine Eltern hätte das bedeutet, dass sie ca. 1.500€ draufzahlen müssten - sofern es bei den 1.300€ Sachleistung bliebe. Dem gegenüber gestellt, was meine Eltern im Durchschnitt monatlich verbrauchen, hätte das locker gepasst.


    Tat es nicht. Meine Mutter würde mit diesem Pflegedienst in die Geldleistung 'rutschen' und somit ist das Ganze nicht mehr finanzierbar. Sie haben zwar zusammen eine ganz passable Rente, aber nach Abzug von 2.300€ blieben nur noch ein paar hundert Euro übrig. Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben, wie man so schön sagt…


    Auf meine Frage, was die Leistung der osteuropäischen Kräfte unterscheidet, dass sie nicht als 'Sachleistung' anerkannt werden, meinte sie, zum einen würden sie bei uns (Deutschland) nicht in die SV einzahlen, wohl aber in ihrem eigenen Land; Zum anderen würden sie bei uns (auf dem Papier) den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen. Ein Irrwitz!! Genau diese Kräfte fehlen an allen Ecken und Enden und werden immer weniger. Die Augsburger Dame meine, Jens Spahn hätte diese Änderung auch schon auf seiner Agenda gehabt, aber wie wir wissen, ist er nicht mehr an seiner Position. Sie sieht zwar schon über kurz oder lang eine Änderung der Situation, nicht aber in einem Zeitrahmen, dass er meinen Eltern helfen könnte. Somit hat sich das Thema 24-Std.-Betreuung erledigt - was bei meinem Vater zu heftigstem Aufatmen führte. Ihm lag 'eine fremde Person im Haus' sehr im Magen.


    Ganz nebenbei: war nicht der Sinn und Zweck der EU, dass jeder in jedem EU-Ausland problemlos arbeiten könne? Tja, Ziel nicht erreicht.


    Plan B: Eben diese Dame aus Augsburg erzählte mir von ihrer Schwiegermutter, deren Pflegedienst 3x3 Std./Woche kommt. Was genau zu tun ist, ist dann zu vereinbaren. Abgerechnet werden Sachleistungen direkt mit der Pflegekasse. Der Rest wird meinen Eltern in Rechnung gestellt. Geschätzt zwischen 10€ und 20€. Passt!


    Seit zwei Wochen wechseln sich wg. Personalmangel zwei (deutsche*) Damen ab. Beide leben im Umkreis von ca. 15 km. Von einer Dame war mein Vater so begeistert, dass er mich gleich nach ihrem ersten Einsatz anrief und sagte, ich solle beim Pflegedienst Bescheid sagen, dass nur noch diese Dame kommen soll. Das habe ich auch getan, aber man sagte zu mir, dass sich das langfristig schon einrichten ließe, momentan eben wg. Personalmangels nicht zu 100% umzusetzen ist.

    *Nicht, dass ich missverstanden werde. Ich habe überhaupt nichts gegen die o.g. osteuropäischen Pflegekräfte. Es hat mich nur gewundert, dass ohne Rückfragen oder 'Aufpreis' Damen quasi aus der Nachbarschaft kamen und bei der Augsburger Agentur schon die Sprachqualität eine Preisfrage war.


    Im November hat meine Mutter ihren 85. Geburtstag. Da sie immer schon sehr leicht friert und sie sich regelmäßig beschwert, wenn mein Bruder und/oder ich gleich nach unserem Eintreffen die Terrassentür aufreißen, bekommt sie von mir eine Kuscheldecke mit Ärmel - farblich passend zur Couch :D


    Es stehen mir (wieder) div. Behördenaktionen bevor:


    - Nach Absprache mit dem VdK sollte ich Mitte Oktober (also jetzt) einen neuen Pflegegrad-Antrag für meinen Vater stellen.


    - In eigener Sache falle ich selbst immer wieder hinterm Tisch runter. Mein Führerschein muss ausgetauscht werden. Wohlgemerkt, wir reden hier vom 'grauen Lappen', ausgestellt 1979. Bis 19.01.2023 hab ich noch Zeit.


    - Mein Behinderten-Parkausweis ist seit 2019 abgelaufen (mir will nicht in den Sinn, warum er überhaupt ein Ablaufdatum hat. Glaubt das Versorgungsamt an die wundersame Heilung nach 40 Jahren inkomplettem Querschnitt??).


    Es ist ja nicht mal so, dass ich von einer Behörde zur nächsten rennen müsste. Alles geht inzwischen online - und trotzdem, ich krieg den Hintern bzw. die Tastatur einfach nicht hoch. Prokrastination (ugs. Aufschieberitis) schimpft sich das und ich bin Voll-Profi darin.


    Ganz lieben Dank an alle, die durchgehalten haben.


    Weiterhin Kopf hoch und tut euch was Gutes.


    LG Zebulon

    2 Mal editiert, zuletzt von Zebulon () aus folgendem Grund: Stilkorrekturen; Ergänzung

  • Hallo Zebulon,


    schönm von Dir etwas zu hören. Ich habe mich hin und wieder gefragt, wie es Dir geht.

    Da hast du einiges erlebt und in Angriff genommen.


    Das hier klingt ja schon mal erfreulich, nachdem du da so einige Versuche unternommen hast, die behördlicherseits leider ins Leere gelaufen sind. Darf ich mal fragen, ob die Damen auch nur stundenweise, dreimal die Woche kommen?


    Seit zwei Wochen wechseln sich wg. Personalmangel zwei (deutsche*) Damen ab. Beide leben im Umkreis von ca. 15 km. Von einer Dame war mein Vater so begeistert, dass er mich gleich nach ihrem ersten Einsatz anrief und sagte, ich solle beim Pflegedienst Bescheid sagen, dass nur noch diese Dame kommen soll. Das habe ich auch getan, aber man sagte zu mir, dass sich das langfristig schon einrichten ließe, momentan eben wg. Personalmangels nicht zu 100% umzusetzen ist.

    Das ist ja ein Glückgriff, wenn auf Anhieb jemand dabei ist, wo zumindest ein Elternteil mit zurecht kommt. :)


    Es ist ja nicht mal so, dass ich von einer Behörde zur nächsten rennen müsste. Alles geht inzwischen online - und trotzdem, ich krieg den Hintern bzw. die Tastatur einfach nicht hoch. Prokrastination (ugs. Aufschieberitis) schimpft sich das und ich bin Voll-Profi darin.

    Da musste ich aber lachen. Kann ich verstehen. Mein Führerschein muss demnächst auch neu beantragt werden. Danke für die Erinnerung.


    Liebe Grüße und gutes Gelingen mit den Eltern

    Einmal editiert, zuletzt von Teuteburger ()

  • Hallo Ihr Lieben,


    wir haben jetzt zwei Heime besichtigt (Do und Heute). Der Kontrast könnte nicht größer sein. In Heim A etwa 20 km entfernt hatte ich eigentlich große Hoffnungen gelegt. Der Besuchstermin war meiner Ansicht nach aber einfach nur Mist.

    Gleich in den ersten 30 Sekunden wurde mir die Preisliste in die Hände gedrückt. Meinen Vater hat der Herr während der gesamten halben Stunde komplett ignoriert. Auf Nachfrage wurde uns dann doch noch ein Zimmer (Doppelzimmer) gezeigt und in ein zweites konnte ich beim vorbeigehen einen Blick werfen. Die (bewohnten) Zimmer waren sehr spartanisch eingerichtet. Keine spur von persönlichen Sachen. Außenbereiche wurden uns gar nicht gezeigt. Mein Vater musste dann auf Toilette, diese war dreckig und unmöglich mit dem Rollator zu befahren. Mein Vater war nach dem Besuch eher verstört.

    Für mich fällt dieses Heim schonmal raus.


    Heute haben wir unser städtisches Heim (4km entfernt) besucht. Von diesem hört man nur sehr sehr wenig, aber halt auch nichts schlechtes. Neulich war ihm Lokal-TV ein Bericht über das Heim das dort aktuell Exosklette für die Pflegerinnen und Küchenpersonal getestet werden. Die Chefin ist sehr auf meinen Vater eingegangen. Als mein Vater dann anfing mit "Ich kann ja nichts mehr ... ich kann mir ja nichts merken ..." hat sie gleich abgewiegelt. Hr. X bei uns geht es vielen Leuten so, bei uns sind sie ganz normal" Das hat meinen Vater sofort gefallen (und mir). Das Heim ist zwar schon älter, etwas makaber direk zwischen Friedhof und Stadtpark gelegen. Nebenan entsteht gerade ein Neubau dann (voraussichtlich 2025) zieht das Heim in den Neubau, das alte Gebäude muss dann einem zweiten Neubau weichen. Trotzdem ist alles erkennbar gepflegt und sauber.

    Die kleinsten Zimmer (nur Einzelzimmer) sind mit 22m² doch recht geräumig, die größeren haben 28m².

    Mein Vater war zum Beginn recht ängstlich dann aber sichtbar gelöst. Er kann sich vorstellen dort zu wohnen. So sind wir auch verblieben, die Heimleiterin meinte es war gut das sie sich ein Bild machen konnte und sobald etwas auf einer Etage frei wird wo mein Vater gut reinpassen könnte wird sie sich melden. Sie rechnet noch dieses Jahr.

  • Das freut mich zu lesen, Sohn.


    Vor allem freut es mich für Dich, dass Dein Vater im zweiten Heim einen persönlichen Kontakt herstellen konnte. Auch die Zimmergröße liest sich gut.

    Ich habe schon so schön persönlich eingerichtete Zimmer gesehen, da hätte auch ich mich wohlgefühlt. Man kann da viel draus machen, wenn nur etwas Platz vorhanden ist und das scheint ja hier der Fall zu sein.

    Wenn es irgendwann so weit ist, dann braucht man natürlich auch Zeit für die Eingewöhnung. Und vielleicht wird der Vater hin und wieder etwas wankelmütig, was seine eigene Entscheidung angeht.

    Wir haben zum Beispiel einen Tischkühlschrank für den Demenzkranken gekauft. So waren immer Lieblingsspeisen vorhanden gewesen. Essen und Trinken helfen beim heimisch fühlen, auch wenn es nur gewohnte Kleinigkeiten sind.

    Positiv empfinde ich deshalb die Tatsache, dass Dein Vater gerne in die Tagespflege geht. Wenn das Heim eine gute Betreuung hat, dann wird es dem Vater leichter fallen, sich einzugewöhnen.


    Ich wünsche es Dir jedenfalls von Herzen, dass alles gut geht.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Sohn83, es freut mich sehr, dass Sie mit dem zweiten Heim eine gute Alternative gefunden haben. Natürlich könnten Sie noch abwarten, bis die Tagespflege auch sonntags einen Platz anbieten kann.


    Aber Sie haben schon lange erkannt, wie wichtig die Tagesstruktur und Ansprache der Tagespflege für Ihren Vater ist. Offensichtlich braucht er das jetzt mehr, als die eigentlich so vertraute Häuslichkeit, die ihn trotzdem überfordert.

    Alle haben Ihnen hier bescheinigt: Sie haben alles gegeben, was möglich ist und sogar noch viel mehr! Dem kann ich mich nur anschließen!


    Ihre Erschöpfung zeigt, dass Ihr Vater jetzt etwas anderes braucht. Damit sind Sie nicht gescheitert, im Gegenteil, Sie haben Ihrem Vater eine wunderbare Zeit geschenkt. Und Sie bleiben wichtig für Ihren Vater, Sie werden ihn beim Einleben begleiten, gemeinsame Kontakte im Heim aufbauen, Spaziergänge im Stadtpark machen und vieles mehr. Ich bin sicher, dass Sie viele gute "Momentaufnahmen" mit Ihrem Vater haben werden.


    Ich wünsche Ihnen sehr, dass es klappt und Sie Kraft finden, auch wieder ein eigenes Privatleben aufzubauen.

    So wie Sie schreiben, kennen Sie die negative Kraft der Erschöpfungsdepression und können sich davor schützen, wenn all die Belastung jetzt langsam von Ihnen abfällt.

    Alles Gute, Ihr Martin Hamborg

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