Heute komme ich mit einem eigenen Problem daher, das vermutlich für die Erfahreneren hier kein wirklich großes ist. Der Einfachheit halber stelle ich einfach meine E-Mail hier ein, die ich an meine Schwester und meine ältere Tochter geschrieben habe, die beide am meisten in die Fernbetreuung meiner Mutter eingebunden sind:
"Mir machen die letzten Gespräche mit Mutter Gedanken.
Sie wirkt auf mich allmählich, wie ein trotziges Kind, das nicht einschätzen kann, welchen Gefahren es sich aussetzt und sich nur der Kontrolle entziehen will.
Mehrfach erzählte und betonte sie inzwischen von ihren „Träumen“ – mir scheinen es doch eher Gedanken zu sein – dass sie die Treppe hinaufgeht und sich zum Fenster am Speicher hinausfallen lässt. Immer wieder überträgt sie das gedanklich auf die Burgmauer, wobei ihr wohl noch klar ist, dass sie die nicht erreichen kann. Aber ihre Treppe zum Speicher scheint ihr kein unüberwindbares Hindernis zu sein.
Gestern versuchte sie mich auch in aller Ausführlichkeit davon zu überzeugen, dass sie genug trinkt, erzählte mir dazu tausend Einzelsituationen, in denen sie trinkt. Stellte auch fest, dass ihr P. an ihren Telefonplatz ein Glas Wasser gestellt hat, trank aber, allem akustischen Anschein nach, nichts davon. Sie fühlt sich wegen des Trinkens von allen Seiten kontrolliert (da lässt sie den Gedanken der Fürsorge überhaupt nicht an sich ran) und schließt nicht aus, dass sie irgendwann mal jemandem, der sie zum Trinken nötigt, das Glas über den Kopf kippt. (Die technische Machbarkeit lassen wir mal dahingestellt)
Zwar zieht sie alles sofort ins Lächerliche, wenn ich fragend reagiere, aber diese Gedanken beherrschen sie offenbar massiv.
Wegen des eingekochten Wassertopfes regte sie sich mir gegenüber maßlos auf, dass P. das (an meine Schwester) weitererzählt hat, von wegen: „Wem ist noch nie ein Wassertopf eingekocht“ u.ä. Auch da passt ihr der Gedanke an Für-Sorge überhaupt nicht, auch das empfindet sie nur als ungerechtfertigte Kontrolle.
Ich für mich stehe vor der Frage, ob wir ihr zu weniges Trinken nicht einfach hinnehmen sollten, weil das ständige Ermahnen in ihr immer mehr Widerstand erweckt und möglicherweise zur Verweigerung aus Trotz führt.
Ich stehe persönlich auch vor der Frage, weil sie mir fast täglich erzählt: „Ich stehe morgens aus einem trockenen Bett auf, ich mache mir mein Frühstück, ich mache mir mein Mittagessen“, ob sich da was geändert hat und P. ihr wirklich nur noch ganz ab und zu etwas bringt, wie Mutter sagt?
Andernteils weiß ich, dass eben die Gehirnveränderungen auch eine Phase der totalen Realitätsverzerrung mit sich bringen können und die Betroffenen dann wirklich glauben, all diese Dinge zu können und auch zu tun, von denen sie reden. Wie seht Ihr das? Was können wir aus der Ferne überhaupt tun?"
Vielleicht hat hier jemand von der Erfahreneren Ideen und Anregungen, ich für mich sehe im Grunde schon, die Mutter nach ihren Vorstellungen gewähren zu lassen, wenn sie nur widerständig wird, denn bisher schließen alle Beteiligten aus, dass sie aus ihrem zu Hause raus muss und die bisherige Betreuung - die ihr tatsächlich immer wieder sehr lästig ist, die sie wohl manchmal nur zu unserer Beruhigung duldet - ausreichen kann.
Natürlich hab ich schon dran gedacht, wenn solche Kochaktivitäten mit leerem Topf sich häufen (möglicherweise ist sie auch nur zwischenrein eingeschlafen), die Sicherungen vom Herd rauszunehmen u.ä. Aber nun bin ich auf Tipps gespannt.
Sohn83, ich habe voller Mitempfinden Deinen Bericht gelesen, weiß aber im Moment keine sinnvolle Antwort, bin vielleicht mit eigenen Gedanken zu sehr belegt, will Dich dennoch nicht ignorieren.