Wie geht es Euch? Thread IV

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  • Liebe Elisabetha, ich kann dich gut verstehen, dass du traurig bist. Die Demenz eines Angehörigen gehört zu den Ereignissen im Leben, die alles auf den Kopf stellen und uns meist ins Bodenlose fallen lassen. Da sind Trauer, Angst und weitere schmerzhafte Gefühle mehr als erwartbar. Auch ich kenne das (so wie viele hier).

    Wir haben gar keine andere Wahl, als die Gefühle anzuerkennen ... und sie möglichst auch auszuhalten.


    Aber: Haben sie einen Sinn? Hat Leid überhaupt einen Sinn? Ich denke JA, denn sonst gäbe es das nicht. Mindestens führt uns die Traurigkeit vor Augen, wie wertvoll es ist, glücklich oder einfach nur zufrieden zu sein.


    Aber es ist nicht gut, zu lange NUR darin zu verharren. Wir helfen unseren Angehörigen damit nicht, wir können damit nichts Vergangenes mehr gerade rücken, wir schneiden sogar uns selbst vom Leben ab.


    Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, die Trauer zuzulassen (nicht in den Widerstand zu gehen), sie in mein Leben zu integrieren und dennoch bewusst nach dem Schönen zu suchen. Das ist ein Prozess, der mir mal besser, mal weniger gut gelingt. Aber ich lese bei vielen Betroffenen, dass sie ebenso handeln, selbst wenn sie es vielleicht nicht so nennen.


    Natürlich zwingen uns leidvolle Umstände, über uns hinauszuwachsen. Wenn mich in jungen Jahren jemand gefragt hätte, was ich mir als Schlimmstes für mein Leben im Privaten vorstellen könnte (lassen wir mal so etwas wie Krieg etc. außen vor) ... Die Dramen, die meiner armen Mutter und meiner geliebten Tochter und ihrem kleinen Sohn passiert sind, die hätte ich nicht einmal in meinen Gedanken gehabt, geschweige denn ausgesprochen.

    Doch nun ist es alles passiert und ich versuche, dennoch mutig zu sein und gut zu leben sowie nicht darüber zu verbittern oder an Traurigkeit zugrunde zu gehen.

    Vielleicht sehe ich dadurch die schönen Momente intensiver ...? Vielleicht ist das der Sinn ...


    Liebe Elisabetha, versuche, wieder Freude zu fühlen. Du weißt selbst am besten, wo du sie findest. Vielleicht findest du auf deiner Literaturliste dazu auch ein paar passende Bücher? Etwas, was die wieder Schönheit und Licht zeigt? Das wünsche ich dir sehr.

    ((Ich spreche wirklich sehr aus eigener Erfahrung, denn ich bin durch nicht wenige Täler gegangen und habe auch immer noch meine Traurigkeit, die in Wellen kommt und geht. Aber sie wird schwächer ....)) Alles Liebe für dich!

  • Auch von mir Daumen hoch! Es entspricht auch meiner Erfahrung: eine gewisse Zeit die Trauer leben und dann wieder bewusst ablenken mit schönen Dingen, sich lieben Menschen zuwenden o.ä., denn wir haben alle nur dieses eine Leben.

  • Ein herzliches Hallo an alle hier,


    die letzten drei Wochen habe ich versucht, die Besuche und die zahlreichen Anrufe meiner Mutter stoisch und diszipliniert wie ich bin, hinzunehmen, ohne viel darüber mit anderen zu reden, weil ich mir schon selbst auf die Nerven gegangen bin, mit dem Immergleichen. Ich wollte ausprobieren, ob es mir besser geht, wenn ich weniger darüber rede und damit vielleicht auch weniger grüble.

    Es hilft ja alles nichts, sie steckt in ewigen Wiederholungen, redet ständig von allen, die verstorben sind, ruft bei mir an und meint ihre Mutter, sucht ihren Mann unter einer nicht existierenden Telefonnummer, und natürlich will sie immer noch abgeholt werden, samt Mitbewohnerin.Hinzugekommen ist jetzt noch ihre permanente Sorge um ihre Zimmergenossin, auch das konfus, weil sie sie manchmal mit ihrer Gartennachbarin oder ihrer Schwiegermutter verwechselt. Ich weiß, ich sollte ihr das Telefon abstellen, weil es sie irgendwie ja auch noch zusätzlich verrückt macht (und vor allem mich), andererseits denke ich immer, es ist das Einzige, was ihr geblieben ist. Nachdem sie mich heute mit 21 Anrufen auf die Mailbox weichgekocht hatte, hat sie bei meinem Rückruf dann aufgelegt mit den Worten, sie rufe mich nie mehr an. Haha.

    Gestern traf ich die Hausärztin, sie sagte mir, seien Sie versichert, Ihrer Mutter geht es viel besser als es bei Ihnen ankommt, laut den Pflegenden. Sie sagte, sie habe immer noch die Kraft der Außenfassade, nur bei mir lasse sie alles los und raus - der berühmte Trigger.

    Wenn ich sie besuche, weiß ich oft einfach gar nicht mehr, wie ich mit ihr kommunizieren soll. Ich versuche immer, sie nicht zu korrigieren, nichts richtigzustellen, nicht zu widersprechen, irgendwas Nettes und Belangloses zu erzählen. Wenn ich mit ihrer Mitbewohnerin spreche, ist sie beleidigt, diese freut sich immer über meine Besuche, meine Mutter nicht. Ich bin so unendlich müde davon. Trotzdem gehe ich weiter tapfer zweimal pro Woche hin, weil ich ihr etwas Abwechslung bieten möchte. Sie sagt oft, es sei ihr so langweilig.

    Ich finde es sehr bedauerlich, dass man sich im Heim - abgesehen von den Angeboten des Sozialdienstes für alle - um den psychischen Zustand der Bewohner*innen gar nicht kümmert. Vielleicht habe ich da auch falsche Vorstellungen? Sicher sind zugewandte Einzelgespräche zeitlich gar nicht machbar.

    Was will ich eigentlich sagen … ich fühle mich allein mit meiner so verwirrten Mutter, und gerade mal wieder wie eine Versagerin, weil ich vorhin einfach nur hilflos verzweifelt war, als sie auflegte. Was für ein ätzender Teufelskreis. Meine Schwester hat seit bestimmt zwei Wochen nicht mehr nach der Mutter gefragt, ich habe es getestet, indem ich ihr keine freiwilligen Bulletins mehr geschrieben habe.

    Immerhin habe ich mich endlich wieder aufgerafft, wie früher regelmäßig ins Kino zu gehen - da kann ich echt abtauchen.


    Danke fürs Loswerden-Können hier.

    Liebe Grüße

    Nelly

  • Hi Nelly ,


    das mit den Telefonanrufen kenne ich nur zu gut. Ich habe mir mittlerweile für den Opa einen eigenen Klingelton hinterlegt, so weiß ich ob es sich ggf. überhaupt lohnt nach dem Telefon zu suchen. Zwischendurch scheint auch eine Erinnerung an den Umstand, dass ein Anruf mit Mailbox 0,19 € (meine ich) kostet - die Verknüpfung zu horrenden Handykosten in den 90ern scheint also noch teils präsent. Bis neulich hatte ich tatsächlich ein paar Wochen ohne aufgesprochene Nachrichten.


    Auch seinem liebsten Argument, warum ich denn mal bitte ans Telefon gehen solle, "Und wenn mal was ist?", entgegne ich mittlerweile recht automatisiert "dann rufste den Notarzt". Im schlimmsten Fall auch nicht optimal, wenn es denn kein Notruf sein sollte, aber bisher war eben auch noch nichts.


    Auch diese Müdigkeit kommt mir bekannt vor, meist denke ich sowas in die Richtung "Bitte, nicht schon wieder", lasse meine Augen gefühlt etwas erschlaffen und atme behäbig, aber irgendwie leise genug, dass es nicht als Affront wahrgenommen werden kann. Ändern kannst du leider nur noch wenig (mein Opa hatte in den letzten Monaten vielleicht so um die drei Momente, in denen er sein Verhalten noch irgendwie halbwegs reflektieren konnte und sich auch mal entschuldigte). Halte dich auf jeden Fall nicht zurück, wenn du mit der Zimmernachbarin ein paar nette Worte wechseln kannst, freundliche Worte sind meiner Meinung nach zumindest fürs Unterbewusstsein sehr gut.


    So richtig abtauchen konnte ich dann vor ein paar Tagen. Nun hatte auch mich Corona erwischt. Es klingt tatsächlich irgendwie ungesund, aber nach einem wirklich üblen ersten Tag, freundete ich mich recht schnell mit dem Gedanken an, mich nun für die nächsten Tage für nichts rechtfertigen zu müssen. Tatsächlich habe ich noch zwei negative Tage drangehängt, bevor ich von meiner Genesung berichtete. So weit ist es also schon gekommen :D


    Seit neuestem sucht er wieder vermehrt Streit. Erst gestern machte er wieder eine Ohrfeigen-Geste ggü meinem Vater, um dann zu behaupten es wäre ja von ihm ausgegangen. Ähnliches bei mir: Ich im Keller beschäftigt, er wollte dass ich endlich gehe und drohte mir die Sicherung rauszunehmen.


    "Feierabend jetzt, sonst kommt hier die Sicherung raus!" (er war recht wütend, weil ich einer erneuten Korrektur einer Zeitschaltuhr keine Priorität eingeräumt hatte)

    "Dann mache ich sie wieder rein."

    "Das möcht ich erleben du!"

    "Okee, naja versuch es..." (in meinem freundlich gelangweiltesten Tonfall)

    "Doo, versuch es?!"

    "Ja?! Versuch es"

    "Versuch es! Bieteste mir schon wieder Schläge an???


    Dass ich lachen musste, trug nicht zur Entspannung bei. Ein paar Minuten später saß er aber schon wieder auf der Couch und notierte mit Hilfe der Auflösung eifrig sein Kreuzworträtsel fertig.


    Was mir tatsächlich Sicherheit gibt, ist es, solche Momente mitzuschneiden. Oben hat die normale Kameraaufnahme ihn entlarvt (was wir ihm aber gar nicht mitteilten), unten im Keller ist keine installiert, sodass ich kurzerhand via Smartphone aufgenommen habe. Ich glaube zwar nicht dass es jemals dazu kommt, aber da er noch durchaus sehr überzeugend auftreten kann (zumindest ggü Dritten für ganz kurze Zeit), möchte ich sowas notfalls entkräften können. Auf der Kamera im EG war vor einiger Zeit zu hören, wie der Nachbar drüben war und er einfach mal sagte: "Der ..., der, der schlägt immer sofort zu!"


    Ich hätte sicherlich schon Material für eine erste Serienstaffel zusammen :)


    Bleib stark und lass von dir hören :)

  • Und noch ein Nachtrag: Du schreibst, du bist es leid, immer auf deine Wortwahl zu achten. Dein Vorgehen ist sicherlich nicht verkehrt, aber zumindest kann ich dir sagen, dass du vielleicht einfach weniger drüber nachdenken solltest (ich weiß, super Tipp! ;)).


    Mein Vater und ich sind sehr unterschiedlich. Während ich eher wie du agiere, korrigiert er doch schon mal recht umfangreich. In der Folge streiten sie sich, andererseits streite ich mit meinem Opa auch und das obwohl ich eben recht erfolgreich auf Korrekturen und kritische Nachfragen verzichte.

  • Ich finde es sehr bedauerlich, dass man sich im Heim - abgesehen von den Angeboten des Sozialdienstes für alle - um den psychischen Zustand der Bewohner*innen gar nicht kümmert.

    Hallo Nelly,

    Meine Schwiegermutter leidet nicht nur an Demenz, sondern auch an Depressionen (und Narzissmus? oder Borderline-Syndrom?). Meine Frau und ich suchten überall für sie nach einer psychotherapeutischen Betreuung. Keine Chance!
    Eine der angesprochenen Ärztinnen antwortete uns:

    Eine psychotherapeutische (Gesprächs)Therapie „erfordert beim Patienten kognitive Kapazitäten, um dem Therapieregime folgen und therapeutische Inhalte behalten und umsetzen zu können. Dies ist bei hirnorganischen Störungen wie einer Demenz nicht mehr möglich."


    Unsere Erfahrung ist: Ein regelmäßig organisierter Alltag stabilisiert die Psyche der Demenzkranken. Alles Neue, alles Ungewohnte macht der Demenzkranken Stress und in der Folge macht sie dann uns als den Pflegenden Stress.

    Es könnte sein, dass auch deine Besuche ("ich möchte ihr etwas Abwechslung bieten") der Mutter Stress machen ("meine Mutter freut sich nicht über meine Besuche.")


    Gruß Buchenberg

    2 Mal editiert, zuletzt von Buchenberg ()

  • enh2292

    Danke Dir für Dein Nachvollziehen und die Tipps!


    Buchenberg

    Ich wollte durchaus keine Therapie für meine Mutter, nur jemanden, der ab und zu mit ihr spricht, wenn sie jeden Tag bitterlich viel weint, weil „alle gestorben sind“, sie „ nichts mehr kann, alles vergisst“, denn von mir nimmt sie keinen Trost an.

    Erschwert würde das allerdings, weil sie sofort aufhört zu weinen, wenn jemand ins Zimmer kommt, siehe Außenfassade, und nur wenn man mit Zeit und geduldigem Nachfragen auf sie eingeht, öffnet sie sich. Das hat mir einmal ein Pfleger geschildert. Nur wie gesagt, keine Zeit dafür.


    Frage: Kann mein Besuch Stress bedeuten, wenn sie gleichzeitig täglich mehrfach danach fragt?

  • Frage: Kann mein Besuch Stress bedeuten, wenn sie gleichzeitig täglich mehrfach danach fragt?

    Ja, das halte ich für möglich. Der Inhalt von Worten hat für Demenzkranke oft nicht die Bedeutung, die er für uns hat. Sie wiederholen dann Sätze, die ihnen durch den Kopf gehen, ohne auf den Inhalt der Sätze zu achten - vielleicht weil sie dann mehr Aufmerksamkeit wollen von den Leuten, mit denen sie gerade sprechen.
    Ich will dir aber keineswegs abraten, deine Mutter zu besuchen. Es genügt doch, wenn dir die Besuche wichtig sind.

    Einmal editiert, zuletzt von Buchenberg ()

  • Vielen Dank für die Empfehlung, Sohn83! Wir werden es diese Woche probieren mit so gegen 16:00 hingehen, damit der Besuch gegen 17:00 ins Abendessen übergeht. Bis jetzt waren wir immer zum Kaffeetrinken da, was das Heim auch toll organisiert (mit Blümchen und Plätzchen auf dem Tisch). In Gegenwart anderer verabschieden ist auch gut, weil ihn das ablenkt. Meine Mutter würde halt gerne eine "richtige" Verabschiedung mit Umarmung usw, aber ich sehe das erstmal nicht.

  • Nachdem es bei meinem Papa jetzt viele Wochen recht gut ihm Heim lief ist seit zwei Wochen der Wurm drin. Es ist manchmal wirklich wie ein Fluch, ich kann mich noch erinnern wie ich letzte Woche Montag mit einen Lächeln aus dem Heim gegangen bin weil Papa so glücklich und ausgeglichen wirkte. Das war für mich seit Monaten der erste Tag an dem ich innerlich so richtig zur Ruhe gekommen bin. Keine Sorge über ihn, kein schlechtes Gewissen. Tja gleich am nächsten Tag war dann wieder alles anders. Ein komplett anderer Mensch.


    Er weint und will mich nicht gehen lassen. Er will nach Hause. Wenn ich sage du bist doch schon zuhause sagt er das kann er nicht akzeptieren. Alles in allem wirkt er sehr verwirrt und gebrechlich. Gestern war es so schlimm das ich wirklich die Fassung verloren habe und sofort wieder in meine überforderte Wut gefallen bin. Erstaunlich, als wären all die körperlichen Entlastungen der letzten Monaten wie weggeblasen. Ich konnte nur gehen weil eine Pflegerin ihn abgelenkt hat.


    Habt ihr auch solche "Phasen". Ich hoffe es ist eine Phase ....


    Ich arbeite mit meiner Psychologin, aber im Moment habe ich das Gefühl das mich selbst das überfordert und mir wieder alles über den Kopf wächst.

  • Ja, ich kenne das auch mit diesen krass wechselnden Phasen. Mir wurde mal gesagt, als meine Mutter stärker verwirrt und gereizt war, das könne einen neuen Schub bedeuten.. medizinisch kenne ich mich da nicht so aus, aber vllt sind sowas Umbauprozesse im Gehirn - ähnlich wie bei Kleinkindern, die oft vor einem Entwicklungssprung quengeliger und weinerlicher sind .

    Da geht dann für dich wohl nur "raus aus der Situation ", wenn du es nicht weiter ruhig aushalten kannst. Es ist nun vermutlich eine Entwicklung, die du nicht wirklich beeinflussen kannst und wieder "nur" aushalten und ggf.ablenken geht. Du hast es nicht in der Hand! Aber du hast für die Versorgung gut gesorgt!!

    Liebe Grüße

  • Hallo Sohn83 ,


    deine Schilderungen kommen mir bekannt vor. Wenn mein Opa allerdings einen guten Tag hat, an dem wir uns regelrecht ekelhaft gut verstehen und alle möglichen Kleinigkeiten machen und erledigen, dann hab ich zwar auch zwischendurch ein breites und zufriedenes Lachen im Gesicht, allerdings kommt dann sogleich auch immer der Gedanke in mir hoch, wann es wohl wieder ins komplette Gegenteil umschlägt.


    Ich kenne dich nicht, daher kann ich nur versuchen, herauszulesen was du denkst und fühlst. Bei mir ist es eben so, dass ich solche negativen Situationen wie du sie beschreibst irgendwie sehr gefasst aufnehme, denn leider muss man ja vom schlimmsten ausgehen. Natürlich hatte und habe ich ab und zu mal diese Wut, das ist wohl absolut menschlich. Da bist du also keine Ausnahme.


    Ich habe bisher leider zu wenig von dir gelesen, als dass ich wirklich Ahnung hätte, wie sich die Situation bei dir im Detail darstellt. Sollte meine Antwort also unpassend sein, liegt das an mir. Intuitiv würde ich sagen, vor allem weil du schreibst wie sehr es dich belastet, dass du dir eine Auszeit von den Besuchen nimmst. Er ist im Heim allgemein gut umsorgt und viel mehr kannst du in solchen Zeiten leider nicht tun (man will, aber man kann nicht). Ich möchte nicht jammern, aber da bei uns Betreuung oder gar Heim noch nicht zur Verfügung stehen, kann ich dies zZt nicht ohne weiteres tun. Ich merke allerdings auch, dass es so nicht weiter gehen kann und spüre den Druck mich um Alternativen zu bemühen.


    Wenn du dich wieder einigermaßen gefestigt fühlst, kannst du auch wieder deinem Vater besser beistehen. Nicht immer aber manchmal hat bei meinem Opa an schlechten Tagen beispielsweise ein großes Stück Erdbeertorte, ein ausgeliehener Hund als Gast oder etwas klassische Musik (er war als Kind im Chor) geholfen - ein Garant war es aber auch nicht. Du kannst nur versuchen ihm beizustehen und für eine Besserung zu sorgen, du bist aber nicht verpflichtet es zu schaffen.


    Naja, während des Schreibens hat mein Telefon schon wieder drei mal geklingelt, ich werde mal hören (die letzten zwei Tage waren bettlägerig/kränklich, aber ansonsten ruhig - gestern Nachmittag hat die Erdbeertorte immerhin etwas geholfen; als er zumindest einmal kurz mit irgendetwas weniger wichtigem in Richtung meinem Vater und mir raunzte, sagte der nur "da ist wohl jemand auf dem Wege der Besserung"...)

  • Hallo Rose und enh2292,


    danke für euren Zuspruch. Ja einen Schub habe ich auch schon vermutet. Würde auch passen weil das rechte Auge wieder nur halb offen ist. .....


    Wie ich diese Krankheit doch hasse. Meine Psychologin ist da ganz schnell bei der Sache und sagt mein Vater hat seinen Zustand zu einem großen Teil selbst verursacht. Sie sagt auch er hat die Diagnose schon so lange (ca 8 Jahre) er hätte selbst vorsorgen müssen und nicht alles auf mich abschieben dürfen.


    Aber diese Abgrenzung schaffe ich einfach nicht. Ich spiegle weiterhin sein Befinden wie schon die letzten Jahre während der Pflege daheim.

    Besuche reduzieren, ja darauf wird es wohl hinauslaufen müssen. Heute bin ich eigentlich sowieso nicht drin aber natürlich läuft das Kopfkino seit gestern.

  • Hallo in diese Runde,


    diese Wechselbäder kenne ich von meiner Mutter genauso wie Ihr, ich kann es sehr gut nachfühlen, man braucht dafür manchmal gar keine individuellen Details.

    Meine Mutter wechselt im Laufe eines Tages x-mal die Stimmungslage, in ihren Anrufen und auch während einer Stunde Besuch. Hinterher fühle ich mich immer, als hätte man mir den Stecker gezogen. Bin jedes Mal dankbar dafür, dass meine Fahrtzeit mit fem Auto nur wenige Minuten beträgt …

    Ganz viel StärkStärk für Euch alle!

    Nelly

  • Nachdem es bei meinem Papa jetzt viele Wochen recht gut ihm Heim lief ist seit zwei Wochen der Wurm drin.

    Hallo Sohn83,

    Es lief bei euch viele Wochen gut, und seit zwei Wochen gibt es diesen Wurm. Bei uns wechselt die Stimmung von Tag zu Tag.


    An diesem Mittwoch verabschiedeten meine Frau und ich uns nach dem gemeinsamen Abendessen von den Schwiegereltern, um zum Tanzkurs zu gehen, der jeden Mittwoch stattfindet. Schwiegermutter machte großes Theater: „Was ist, wenn mir oder meinem Mann etwas zustößt? An wen kann ich mich wenden?“ Sie wollte erreichen, dass wir bei ihr bleiben.
    Genervt antwortete ich: „Ruf den Notruf an, 110!“ und wir waren weg. Das Drama hatte dann noch ein Nachspiel, als wir wieder zu Hause waren und – wie üblich – in der Seniorenwohnung noch einmal nach dem Rechten schauten. Schwiegermutter hatte offenbar darauf gewartet und begann mit tränenreichen Vorwürfen, auf die ich wenig Lust hatte einzugehen. Wir zogen uns in unsere Wohnung zurück. Eine halbe Stunde später - wir lagen schon im Bett - kam ein Anruf von der „lieben Verwandtschaft“, was denn bei uns los sei. Schwiegermutter sei völlig aufgelöst und hatte sich dort per Telefon beklagt.

    Zweiter Akt: Gestern Abend wollten meine Frau und ich in den neuen Film von Zhang Yimou. Wir verabschiedeten uns wie am Vortag, und Schwiegermutter wünschte uns „Viel Spaß!“.


    Was ist nun die „wahre Schwiegermutter“? Das panisch-egozentrische Nervenbündel von Mittwoch oder die gelassen-höfliche Dame von Donnerstag?
    Es ist wie mit Mondphasen, nur dass bei ihr der Wechsel viel schneller kommt als beim Mond.
    Kann man sich an sowas gewöhnen? Nein. Kann man es ändern? Noch weniger.

    Liebe Grüße von Buchenberg und Frau

  • Hallo.

    Ich gehe nicht oft zu Mutter ins Heim.

    Möchte sie nicht aufwühlen.

    Hinterher kann ich nämlich auch nicht mehr schlafen.


    Gestern sagte sie am Telefon sie hätte ihren Frieden gefunden.

    Sie spricht aber auch viel wirres Zeug.

    Sie meinte noch sie bräuchte nichts.

    Also bringe ich auch nichts.

    Es gibt Menschen, die sich um sie kümmern.

    Ich muss das nicht mehr tun, muss los lassen lernen.

    Besser für alle Beteiligten.

    LG

  • Lieber sohn83,

    ich glaube dieses auf und ab gehört leider dazu. Bei meiner Mutter war das ganz genau so. Und ich war, ähnlich wie du, völlig am Ende. Ich habe damals hier im Forum Hilfe gesucht, und einige Ratschläge haben mir echt weitergeholfen, deshalb gebe ich sie jetzt mal weiter:

    1. Besuche einschränken


    2. Konsequent bleiben und mantramäßig die gleichen Sätze wiederholen. z.B.: Du weißt ich schaff das mit der Pflege nicht mehr, ich bin darüber krank geworden und wenn ich gar nicht mehr kann, hast du überhaupt niemanden mehr. Hier sind Schwestern u. Pfleger, die immer für dich da sind u.s.w.


    3. Gehen, wenn gar nichts mehr geht! Ich habe dann z.B. gesagt; Du hast aber heute schlechte Laune, ich komme wieder, wenn du besser drauf bist.


    4. Bei den Besuchen im Pflegeheim habe ich, wenn möglich, die Zeit nicht allein mit meiner Mutter verbracht, sondern andere Bewohner mit einbezogen. Das funktioniert bei uns im Sommer besser, als im Winter; Spaziergang um das Haus und dann mal hier, mal da ein Schwätzchen halten.


    5. Wenn der Abschied schwierig wurde, habe ich eine Schwester oder einen Pfleger um Hilfe gebeten, das hat immer Wunder gewirkt. Meine Mutter war dann immer wie ausgewechselt und hatte mich meist sofort vergessen.


    Die unter Punkt 2 genannte Konsequenz finde ich am Wichtigsten. Irgendwie sind unsere Oldies wie Kinder, die merken auch genau wenn man unsicher ist und nutzen das dann gnadenlos aus.

    Ja und dann hat dir ja deine Psychologin auch noch einige ganz wichtige Dinge gesagt!

    Last but not least: es wird besser! Meine Mutter freut sich heute, wenn ich komme und schickt mich nach spätestens einer Stunde wieder weg, weil sie so viel zu tun hat.


    Also halte durch, ich denke dein Vater wird dich noch einige Zeit brauchen und dazu brauchst du noch ganz viel Kraft und gute Nerven.


    LG never20

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