Meinen letzten Beitrag beendete ich mit den Worten, dass bereits drei Mal das Telefon schellte. Eigentlich frohen Mutes kurz darauf gen Opa aufzubrechen, nahm ich den nächsten Versuch entgegen. Ich hatte mir fest vorgenommen, mal deutlich mehr zu schaffen, um das Chaos aus ungetragener Kleidung, Seifen und anderen Produkten, dass uns meine Oma hinterlassen hat, spürbar zu verringern (spürbar im Sinne von weg oder verwerten). Kaum abgenommen, überrumpelte er mich regelrecht und verkaufte mir seinen "Vorschlag" sogar noch mit netten Worten.
Kurzum: Zur Sparkasse sollte es gehen, seine Kontoauszüge findet er eh nicht mehr. Er bräuchte ein wenig Geld.
Mit den Worten mich dann gleich irgendwann auf den Weg zu machen, endete das Gespräch und ich hab mich direkt für drei weitere Stunden ins Bett gelegt. Erst am Montag führte das Thema Geld zu einer so nie geführten, heftigen Diskussion v.a. zwischen meinem Vater und ihm. Problem ist: er hat genügend Geld griffbereit (wir halten nicht auf den Euro genau nach, aber versuchen es mehr oder weniger - Ausgaben hat er keine, die nicht via Karte beglichen werden).
Da am Montag auch wieder Streitthema war, dass er entfernten Bekannten oder Nachbarn gerne mal EC-Karte mit Pin aushändigt, hatte ich mich sodann entschlossen, seine Karte kurz in der Mikrowelle anzudünsten. Auf der Fahrt zum Friedhof stoppten sie (Edit: Er und mein Vater) also doch noch und natürlich funktionierte die Karte nicht.
Geregelt werden sollte dies bei einem Termin, der eh nächste Woche stattfindet. Zu meiner Überraschung kam am späten Nachmittag noch eine Nachbarin auf die Einfahrt. Sie überreichte mir seine kaputte EC-Karte, erklärte mir, dass Opa sie darum gebeten hätte ihm Kontoauszüge zu holen, ihr das aber irgendwie komisch vorkommt und irgendwie auch unangenehm wäre.
Eine sehr ehrliche Antwort, die auch von einer gewissen Fürsorge zeugt, denn sie hatte sich zurecht gewundert.
Was er sich dabei gedacht hat? Keine Ahnung! Was er dachte, als er kurz darauf im Pulli wieder in deren Einfahrt rumlungerte? Ich weiß es nicht!
Da ich nachmittags weg musste, versuchte er sodann mich zu einem Umweg zu bewegen, was ich jedoch vehement ablehnte. Sein Versuch mir ein schlechtes Gewissen einzureden scheiterte zwar, dennoch war ich in gewisser Weise wütend ( Sohn83 ). Mein Termin dauerte viel viel länger als erwartet, da ich allerdings Laptop und Co dort gelassen hatte, war klar, dass ich definitiv nochmal vorbei schauen werde.
Dies konnte er zu späterer Stunde dann kaum abwarten. Seine Kontoauszüge hätte er gefunden, allerdings sei nun seine Lupe weg, er wäre ganz heiser vom ganzen Suchen. (diese Infos erhielt ich insgesamt drei Mal).
Als ich ankam schlief er schon (oder lag im Bett), stand dann aber auf und ich kam herein um nach der Lupe zu suchen. Hinterm Radio fand ich sie auch recht schnell und gab ihm noch eine freundliche Vorlage um sein Gesicht zu wahren, wie die denn dahin gekommen sein könnte.
"Hier kommt so vieles in letzter Zeit weg", sagte er. "Das kleine Buch ist auch nie wieder aufgetaucht". Bei dem Buch handelt es sich um die Anleitung der elektrischen Rollläden, welche zu meiner Überraschung auf dem Tisch hinter ihm lag - ich ließ es aber unkommentiert.
Am Nachmittag noch der nörgelnde Macker, war er jetzt eindeutig ein etwas verwirrt und auch hilflos wirkender Mann, der sich definitiv dankbar zeigte. Ich versuche meine Wut in solchen Momenten zu unterdrücken, denn ich weiß, er kann nichts dafür. In meinem Kopf hämmert es: "Weißt du denn eigentlich gar nicht mehr was heute ....????" Ich hielt es zurück, er ging zeitnah wieder ins Bett - ein sehr friedlicher Tagesausklang und doch alles andere als ein zufriedenstellender Tag.
Besonders wurde mir heute klar, dass Pflege eben nicht immer nur Versorgung (dies gelang ihm heute mal wieder sehr selbstständig, nach zwei bettlägerigen Tagen) ist, sondern auch einfach eine gewisse Form von Aufsicht...