Wie gehts weiter

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  • Hallo in die Runde,

    ich hatte hier schon öfters über meine an FTD Demenz erkrankten Mutter berichtet.

    Sie wohnt trotz meiner Bemühungen immer noch im eigenen Haus, mit allem was für mich dazu gehört. In ein Heim geht sie nicht, egal was ich ihr zu bedenken gebe, zur eigenen Situation. Ja sie ist krank und eigentlich versteht sie die Komplexität ihrer Situation nicht mehr. Ich möchte mich jetzt nicht Details verlieren, weil Jeder der hier liest und schreibt kennt den täglichen Wahnsinn in allen Facetten.

    Jedoch kam heute ein Anruf von ihr, mein Mann hatte mit ihr gesprochen. Das Haus mit Grundstück war vor 25 Jahren ein Bungalow, der als Wochenendhaus genutzt wurde. im Sommer lebte sie dann mit meinem Vater dort und im Winter in der Wohnung in der Stadt.

    Nun meinte sie heute, wir hätten sie jetzt lange genug dort geparkt und sie will jetzt in Ihre Wohnung.

    Mein Mann war so geschockt über die Aussage und ich bin auch grad völlig fertig.

    Hat die Demenz nun einen Schub bekommen.

    Wer hat Erfahrungen, was als Nächstes auf uns zu kommt.


    Danke

  • Hallo Gobis, :)


    schön, wieder etwas von dir zu hören. Wir kennen diese Problematik auch. Obwohl sie in ihrem Haus gewohnt hat, wollte sie wieder in ihre alte Wohnung, schließlich gehöre diese ihr immer noch.

    Wir kennen das als Phasen, die kommen und gehen. Mal glaubt sie, dass sie gestern noch in ihrer Wohnung war, anstelle von dem Haus usw.

    Es ist schwer zu sagen, was jetzt das Beste ist. Ich denke, es ist individuell und Tagesformabhängig.

    Uns hat geholfen zu sagen, dass sie schon länger hier in ihrem Haus wohnt und sie hier zu Hause ist, schon seit Jahren.

    Ein andermal hat man das einfach so stehen lassen. Und wieder ein anderes Mal, habe ich zu ihr gesagt, dass sie jederzeit in ihre Wohnung zurück kann. Sie könne sich doch ein Taxi bestellen ect. Hat sie natürlich nicht gemacht. Alleine die Nummer zu wählen, hätte sie schon überfordert.


    Ich habe immer auf ihr Gefühl und auf ihre Reaktion geachtet und entsprechend habe ich dann auch Antworten gegeben.

    Vielleicht hilft dir das ein wenig weiter. :)


    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gobis,

    auch wenn es für Sie vieleicht ein bißchen zynisch klingt: Dieses Verhalten ist für einen an Demenz erkrankten Menschen "ganz normal" und kein Grund in Panik zu geraten.

    Ihre Mutter hat wahrscheinlich intensive Erinnerungen und Gefühle aus der Zeit, als sie noch zwischen Bungalow und Wohnung gependelt ist. Da gab es ja auch noch den Ehegatten.

    Greifen Sie doch diese wahrscheinlich schönen Gefühle auf und versuchen Sie Ihre Mutter zu animieren, über diese Zeit zu erzählen.

    Menschen mit Demenz wollen häufig "nach Hause", wobei dieses Zuhause für Momente steht, in denen man sich wohl gefühlt hat (mit der Mutter, den Geschwistern oder eben dem Ehemann).

    Wie Sie Ihrer Mutter schonend beibringen können, dass diese Wohnung gar nicht mehr existiert, ist aus der Distanz schwer abzuschätzen. Sie sollten aber vermeiden, ihr das Gefühl zu geben, dass sie eben vergessen hat, dass es diese Wohnung gar nicht mehr gibt.

    Manchmal kann auch helfen, einfach auf ein anderes Thema zu lenken. Sollte der Wunsch in die alte Wohnung zurück zu kehren häufiger auftauchen und zu Konflikten/Problemen führen, so können Sie versuchen, Erinnerungen an die Zeit zu wecken, in der die Eltern den Entschluss gefasst haben, den Bungalow zum Hauptwohnsitz zu machen.

    Zu Ihrer Frage, was Sie denn alles in Zukunft zu erwarten haben:

    Gehen Sie davon aus, dass Ihre Mutter ab und zu in anderen Realitäten lebt. Versuchen Sie, sich in diese Realitäten hinein zu fühlen.

    Wie heftig das auftreten wird, hängt unter anderem von der Art der Demenz ab. Bei einer Alzheimer-Demenz muss man leider davon ausgehen, dass die kognitiven Fähigkeiten kontinuierlich nachlassen. Bei vaskulären Demenzen hingegen kann ein Zustand über längere Zeit stabil bleiben.

    Sie sollten Ihrer Mutter gegenüber aber möglichst Ihren "Schockzustand" nicht zeigen. Sie braucht eine Tochter, die ihr Sicherheit und Geborgenheit vermittelt.

    Alles Gute dafür wünscht Ihnen

    Klaus-W. Pawletko

  • Hallo und Danke,

    der erste Schock ist verdaut. Ich weiß, was bis zum Ende noch Alles kommt. Und man hat vor jeder neuen Etappe Angst. Zuzuschauen wie meine Mutter sich auflöst und es selber gar nicht merkt, ist immer wieder schwer. Alle Hilfe reicht nicht aus und wird das schlechte Gewissen zu keinem Zeitpunkt abschalten. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich fröhlich mit Dementen beschäftigen können, sondern empfinde es als große Last, auch vor dem familiären Hintergrund, dass es halt vorher schon immer schwierig war. Auch weil sämtliche Hilfe abgelehnt wird und nur durch mich zu leisten ist, fühle ich mich komplett überfordert.

    Ich halte die Situation zu Hause allmählich für nicht mehr zu verantworten. Pflegeheim lehnt meine Mutter ab, genauso wie eine Pflegerin die im Haus ist. Der Antrag auf Unterbringung läuft seit Mai letzten Jahres. Und da sie ja nur auf der Couch sitzt, sieht man die Not nicht. Außerdem hält man es in Sachsen, mit dem freiheitlichen Gedanken bis zum Schluss- man hat ein Recht auf Verwahrlosung und Ablehnung von Hilfe.

    Es gibt demnach keine Lösung, die ihr ein angenehmes Leben mit der Erkrankung verschafft. Ich kann nicht den ganzen Tag nur für sie da sein und Haus, Grundstück, Finanzen, Einkäufe ect. regeln und gleichzeitig noch Therapeut und Gesellschafter sein und das alles nach den Regeln wie man mit Dementen umgehen soll. Und ich will das auch nicht, weil ich auch Anspruch auf ein Leben habe.

    Und so drehe ich mich im Kreis und es gibt keine Lösung.

    Schönes Wochenende

  • Hallo Gobis,


    an dem Punkt bin ich auch schon gewesen und ich habe es ganz genauso empfunden wie du, bis auf die paar Male, wo ich mit meiner Schwiegermama in der Stadt gewesen bin. Da war sie oftmals recht vernünftig im Gespräch, während wir in einem Eiskafffee gesessen haben.


    Mir hat es auch immer davor gegraut, dass ich nun für sie alleine zuständig sein soll, da sie ja alles abgelehnt hat.

    Ich habe mich in der Falle ihrer Verweigerung gesehen.


    Ich habe mir dann eine Seniorenberaterin, die von der Stadt bestellt worden ist, kommen lassen. Sie hat mir erste Ansätze gegeben. Dann eine Demenzberatung im Demenzzentrum. Und ab da wurde mir klar, ich muss mir Hilfe ins Haus nehmen, trotz ihrer Verweigerung. Alleine mache ich das nicht! Ich schaffe das auf Dauer nicht! Ich habe in meinem Umfeld auch einiges zu bewältigen und ich konnte das unmöglich wegen ihr alles sein lassen. Ich habe Nächtelang hier über alles nachgedacht, mit entsprechenden Ergebnissen. Ich hätte meine eigenen Eltern im Stich lassen müssen, meine Arbeit, die ich zwar von Zuhause erledigen kann, wo aber auch mehrere Menschen von abhängig sind und auch meinen Mann, ect.


    Ich habe dann eine Seniorenbetreuerin engagiert, die ich als meine Freundin und Kollegin ausgegeben habe. Die erste hat sie mir vergrault. Die zweite kam sie dann regelmäßig besuchen. Sie hatte einigen Humor ect. Es gab Begeisterung, dann Proteste, das diese sich wohl bei ihr einnisten wolle und dann wieder ein Froh sein, dass sie da ist. Die ganze Pallette. Als die Dame nicht mehr konnte, wegen privater Probleme, habe ich immer wieder jemanden eingeschleust. Jetzt haben wir seit fast zwei Jahren eine Dame, die sie nach einigen Monaten mit wechselhaften Gefühlen (Widerstand, einnisten, sagt ja nichts ect., froh sein dass sie da ist, man kann gut mit ihr reden) als ihre Freundin ansieht und das dauerhaft. Sie ist für sie jetzt wie ein Familienmitglied. Drei Damen hat sie mir im Laufe der Jahre vergrault, weil die Chemie nicht gestimmt hat. Ich habe aber nicht aufgegeben! Hier habe ich an mich selbst denken müssen. Und ich habe auch an sie gedacht, denn in dem Punkt kenne ich sie besser als sie selbst. Es ist nicht nicht wirklich wichtig für sie, ob derjenige ein echtes Familienmitglied ist oder nicht, wenn die Wellenlänge stimmt und diejenige auf sie eingehen kann. ect.

    Ich habe die Damen immer spielerisch eingeführt.

    Ich habe meine Schwiegermama auch in eine Tagespflege gebracht. Das war, bis auf wenige Ausnahmen, aber nichts für sie. Ich habe sie da auch verstanden. Andere finden das aber ganz gut.

    Kannst du Dich von einer Seniorenbetreuerin mal beraten lassen?

    Mache das auf gar keinen Fall auf Dauer alleine.


    Ich würde mich auch nicht dauernd um sie kümmern. Ich habe das auch mal täglich für meine Schwiegermama gemacht, als ich gedacht habe, sie würde bald sterben, da sie so schlecht aussaht, sie kaum mehr laufen konnte, sie aber alles abgelehnt hat. Aber nach Monaten meiner Betreuung und einem Sturz und einer Kurzzeitpflege, bei der sie sich mit Krankengymnastik wieder recht gut erholt hat, hat sie noch einige Jahre länger gelebt, bis jetzt. Das ist ungefähr vier Jahre her.

    Ab da habe ich gewusst, sie ist ein Stehaufmännchen und ich muss schauen, wie ich mein Leben und die Anforderungen, die ich neben ihr noch habe, unter einen Hut bekomme.

    Gibt es sonst noch jemand in der Familie, der Dich unterstützen kann? Bei mir war es zum Schluss so gewesen, dass ich dreimal die Woche bei ihr gewesen bin, ansonsten habe ich alles im Hintergrund gemanagt und täglich mit ihr telefoniert.

    Dank Corona bin ich im Heim jetzt wieder fünfmal die Woche, aber meist nur für zweieinhalb Stunden und am Wochenende mit Begleitung meines Mannes. Es geht, weil ich sie zumindest einigermaßen versorgt weiß. Es kommt darauf an, wer gerade Dienst hat. Mir es wichtig, dass ich wenigstens nachts etwas Ruhe finden kann.


    Wohnst du in einer Stadt oder in Stadtnähe? Das ist immer hilfreich, da es hier mehr Möglichkeiten und Angebote gibt.


    Liebe Grüße an Dich

  • Hallo Hanne,

    das Schlimme ist, dass bei uns die Katastrophe zwar stattfindet, aber nicht sichtbar ist. Meine Mutter sitzt auf der Couch vorm Fernseher und damit ist laut Gutachten die Möglichkeit, dass sie im Straßenverkehr umkommen würde sehr gering. Und aus diesem Grund wird der Richter den Antrag ablehnen. Das Essen und Trinken kaum klappt, auch vor dem Hintergrund das meine Mutti Größe 50 trägt, wird dort keine Gefahr gesehen.

    Gerade aus diesem Grund empfinde ich die derzeitige Diskussion um den Schutz der Alten doppelzüngig, weil wir wissen ja, dass sich um den Schutz sonst Keiner kümmert und der Verwandte der nur eine der Krankheit entsprechende Lösung sucht, keine Hilfe findet.

  • Hallo Gobis,


    so wie ich aus deinen Antworten entnehmen kann, kannst du mit dem Einschleusen von Damen im Moment nicht viel anfangen.


    Im Demenzzentrum wurde mir deshalb auch geraten, entweder die Verwahrlosung auszuhalten, wobei man mir schon angesehen hat, dass mir das kaum gelingen wird und ich deshalb selbst Hilfe brauchen würde. Ich konnte das auch deshalb schlecht aushalten, weil meine Schwiegermama mir für ihre eigene Verwahrlosung Vorwürfe gemacht hätte, natürlich durch die Blume. - Es würde sich keiner kümmern. Sie wäre ja doch oft alleine. Keines der Kinder wollte sie. Aber sie sei ja schon immer das letzte Rad am Wagen gewesen. Ich würde sie jeden Abend im Stich lassen, wenn ich gehen würde. usw.

    Das sind völlig andere Umstände, wenn man jeden Tag Kontakt zu jemandem hat, als wenn jemand sagt, ich habe keine Lust auf nichts mehr, ich lasse es drauf ankommen und werde mein Ding durchziehen. Ihr habt damit aber nichts zu tun. Ihr könnt mir helfen, so gut ihr könnt, aber ob ich alles annehmen werde, das entscheide ich. Das wäre für mich eine klare Entscheidung, aber ohne diese Vorwürfe und emotionalen Übergriffigkeiten, die fast täglich auf einen einprasseln würden.


    Den Herd kann man auch demenzsicher hochrüsten. Haben wir auch gemacht.


    Ich fand die Situation damals auch kaum erträglich. Erst nach einem Sturz hat sich das ein oder andere geändert, bis sich die Situation wieder zugespitzt hat. Die Bedürftigkeiten nehmen ja weiter zu, aber die Ressourcen sollen alle so bleiben wie sie sind. Klappt natürlich nicht . . .


    Hast du dir denn schon überlegt, wo deine Grenze liegt und was du frei geben kannst? Hast du schon einmal ernsthaft mit deiner Mama über diese Grenze gesprochen?


    Die Frau von der Seniorenbetreuung hat gesagt, dass sie es oftmals erlebt hat, dass Menschen trotz Demenz, auf ernst gemeinte Worte, die ihre Bedürfnisse betreffen, die aber auch die eigenen Bedürfnisse vernünftig mit einbeziehen, reagiert haben. Sie haben sich dann tatsächlich verändern können. Manche auch erst nach mehreren Anläufen. Ich habe diese Grenze irgendwann, nach langem Nachdenken, für mich definiert und das meiner Schwiegermama auch gesagt. Das erste Mal habe ich ihr das gesagt, als sie mich dermaßen mit ihren Vorwürfen in die Ecke gedrängt hat und ich nicht mehr vor und zurück konnte, dass ich gedacht habe sie schnürt mir die Kehle zu und sie will mein Leben gänzlich ruinieren. Da habe ich laut und mit Bestimmtheit gesagt, wie es mir geht, was ich auch außerhalb von ihr zu leisten habe und was ich gerne und aus vollem Herzen ihr geben kann. Ich habe gesagt, dass sie mich maßlos überfordern würde. Und dann habe ich den Raum verlassen und bin eine Runde spazieren gegangen oder ich habe in der Küche gearbeitet, denn sie hat das natürlich öfters gemacht. Und siehe da, danach war sie - vernünftiger - sie konnte klarer denken ect. und einen Schritt auf mich zukommen. Solange mal als dauerhafte und ständig zur Verfügung stehende Ressourcenquelle betrachtet wird, quasi als wäre man Gott, der alles tun und lassen kann, solange wird man auch missbraucht, unbewusst natürlich, aber doch . . .


    Wo liegt denn deine Grenze, Gobis, so dass du auch noch ein Leben haben kannst?


    Liebe Grüße an dich

  • Danke,

    wir führen in größeren Abständen Gespräche mit meiner Mutter, mein Sohn (26) ist dann immer dabei. Die Frontotemperale Demenz hat u.a. als Erscheinung, dass der Kranke die Erkrankung nicht wahrnimmt. Der Psychologe erklärt ihr jedes Mal die Erkrankung und das sie Hilfe zulassen muss und sie auch in die Situation kommt, dass es zu Hause nicht mehr geht. Sie meint, in 10 Jahren könnte man ja mal darüber reden. Wenn wir ihr die Vorschläge, Pflegerin im Haus machen, dass braucht sie nicht. Und wenn es dann aufs Pflegeheim kommt, wirft sie uns vor, wir wollen sie aus ihrem Haus drängen, damit mein Sohn einziehen kann.

    Ich halte schon aus, dass sie am Wochenende so gut wie nichts isst, weil der Essenanbieter nur von Montag- Freitag liefert. Von mir Tellerfertig vorbereitetes Essen bleibt im Kühlschrank stehen. Sie trinkt ca. 500 ml am Tag, Zettel mit Erinnerungen völlig sinnlos. Es tut weh zuzuschauen, wie ein Mensch sich auflöst. Zu sehen, dass sie gar nicht mehr die Schlafsachen auszieht, die Körperhygiene aus läst, sie und die Sachen stark riechen und auch kein Austausch mehr möglich ist, bringen mich schon zur Verzweiflung.

    Die Gutachterin vom Gericht meinte, die Wohnung sieht ja auch picobello aus. Aber wenn man aus dem Bett auf die Couch fällt, wird halt nichts dreckig. Die Ärztin hat viel Verständnis für unsere Situation, aber die Gesetze sind halt so.

    Das ich selber krank bin, weiß meine Mutter, aber ehrlich ich hab keine Lust mit ihr über meine Autoimmunerkrankungen zu sprechen. Und die Einsicht, dass wir viel Zeit für sie aufbringen und auch viel bei ihr arbeiten ist ab und an da, aber das es eine Lösung geben muss, ist krankheitsbedingt nicht mehr drin.

    Die Frage was ich selber noch leisten kann und will , stelle ich mir selber. In diesem Jahr fällt die Gartenpflege aus und ich fahre auch nicht mehr sooft hin. Der Pflegedienst 2x am Tag ist da, also wenn irgendwas ist, werden wir ja informiert. Das Dauertelefonieren hat zum Glück aufgehört.


    Und so gehört dazu es auszuhalten und warten, dass etwas passiert.

    Das gelingt halt an manchen Tagen weniger.


    Ich glaube das schlechte Gewissen kommt auch davon, weil man sich vorstellt selber so zu verfallen und man dann ganz alleine ist. Ich hoffe, dass man selber wenigstens noch erkennt, so kann es nicht weitergehen und sein Kind nicht zwingt, Alles tun zu müssen.


    Pflegeheime sind ja trotz der Kosten gut gefüllt, ich frag mich immer, wie es andere schaffen, ihre Angehörigen dort unterzubringen.


    Euch eine schöne Woche.

  • Hallo Gobis,


    ja, im Großen und Ganzen, läuft es so, wie du es geschrieben hast. Dann ist es für deine Mama gefühlt noch nicht so ernst und deshalb lenkt sie auch nirgendwo ein. Einsicht hat meine Schwiegermama auch nie gehabt, wie gesagt, bis auf die Augenblicke, wo ich nicht mehr gekonnt habe. Bei uns waren ein Pflegeheim oder eine Person im Haus auch nicht denkbar. Alles andere habe ich schon geschrieben.

    Ich habe keine Angst so zu enden, aber ich habe noch eine Mutter bei der es ähnlich laufen könnte. Das hieße, alles noch mal von vorne.


    Ein Umbruch kommt dann erst, wenn etwas passiert, so wie Hanne es beschreibt. Das ist bei uns auch so gewesen.


    Das Aushalten hat bei mir, mal mehr, mal weniger gut funktioniert. Ich habe mir hier im Forum oft Unterstützung und Rat geben lassen, denn leider ist es so, das die Bedürftigkeit trotzdem weiter zunimmt und das es nicht bei den Defiziten bleiben wird. Das fand ich auch immer schwierig für mich.


    Liebe Grüße an Dich

  • Hallo Gobis,


    jetzt habe ich auch Ihre Situation ein wenig kennengelernt und staune über die Parallelen. Mir geht es mit dem schlechten Gewissen ja genauso, da kann man sich noch so oft sagen, dass man auch ohne die Krankheit des Angehörigen schon ausgelastet genug ist und dass man die Mutter / den Vater auch mit noch so großem Aufwand nicht retten kann. Das Zuhause, das vermisst wird, ist ja eigentlich eine Sehnsucht nach Geborgenheit, die man, wenn überhaupt, nur herstellen könnte, wenn man den kranken Angehörigen rund um die Uhr liebevoll, geduldig, und wie Sie sagen, nach dem komplexen Regeln für den Umgang mit Dementen umsorgt.

    Und auch ich stelle mir vor, dass mich diese Misere später ja auch treffen kann. Vielleicht werde ich auch dement, kann ja sein, und dann sitze ich da, traurig über meinen eigenen Verfall und die Flüchtigkeit aller Ereignisse. Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, mich meinen (noch sehr jungen) Kindern derart zuzumuten, wie es doch die meisten hier beschriebenen Kranken tun. Wahrscheinlich geht die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, durch die Demenz dann einfach verloren und man würde von seinen Kindern auch den Verzicht auf ihr eigenes Leben zumindest indirekt verlangen... Was ich sagen wollte: Ich kann Ihr schlechtes Gewissen verstehen und ich kann verstehen, dass Ihnen das Elend vor Ihren Augen zu schaffen macht. Ich hoffe für Sie, dass es mit einem Pflegeheim bald klappt!

    Liebe Grüße

  • Hallo Gobis,

    Bei uns haben auch erst Stürze zur Unterbringung im Pflegeheim geführt, keine Einsicht, auch nach über 1 jahr noch nicht. Das gehört zu Demenz dazu. Man muss sich jedenfalls selbst schützen, soweit es geht, der demente Elternteil tut es nicht.

    Ich denke auch oft mit Schrecken daran, ob es mir selbst mal so geht später, aber das muss man wegschicken.

    Liebe Grüße

    Rose60

  • Vielen Dank für all die netten Worte,


    Schlaflose Nächte haben manchmal den Vorteil, dass man eine Idee hat.

    Ich habe heute die Abendessen Problematik vorerst gelöst. Leider war es ja nicht möglich, dass der Pflegedienst Abendbrot macht. Nun hab ich einen Bäckerstand beauftragt am Abend Brötchen zu belegen und der Pflegedienst bringt die dann zur abendlichen Medigabe mit. Damit muss ich nicht einkaufen und mich anschließend ärgern, dass sie Nichts gegessen hat. Sie kann es halt nicht mehr alleine.

    Damit bin ich zumindest für heute froh, wieder was geschafft zu haben.

    Mir tut die Situation meiner Mutter unheimlich weh. Zu registrieren, dass sie nun nicht mal mehr aus dem Schlafanzug kommt, von Waschen reden wir gar nicht und alleine vorm Fernseher sitzt, ist einfach furchtbar. Aber sie ist wenigstens nicht böse.

    Eigentlich wünsche ich ihr immer, dass sie friedlich einschläft, damit ihr Leiden ein Ende hat.

    Eine Psychologin hat mir an der Stelle erklärt, dass dies ein Erlösungswunsch ist, damit das Leid ein Ende hat und nicht das man jemanden den Tod wünscht.


    Liebe Grüße

  • @ Sonnenblümchen,


    das, was du geschrieben hast, das freut mich sehr. Es beweist wieder einmal mehr, dass Demenzkranke, sehr wohl noch denken können, wenn ein Thema angesprochen wird, zu dem sie sich früher sehr wohl Gedanken gemacht haben.


    Habe ich das richtig verstanden, das deine Mama durch die Sterbefälle, jetzt mehr Aufmerksamkeit und mehr Zeit bekommt? Das wäre, so hart das klingt, einerseits schön, auf der anderen Seite zeigt es wiederum, wo Pflege steht.


    Gobis,


    so kenne ich das auch mit den halb schlaflosen Nächten. Mir hat das auch immer ein Stück weit weitergeholfen.

    Bei meiner Schwiegermama hätte ich aber null Chance gehabt, sie früher in ein Heim zu geben, dafür war sie im Kopf noch zu fit und zu wehrhaft. Wir haben das Wehrhafte nach der OP im Krankenhaus und später im Heim öfters erfahren.

    Aber jeder Demenzkranke ist anders. Da deine Mama eher ruhiger ist und sie vielleicht auch nur vor der Veränderung Angst hat, könnte das durchaus funktionieren, so wie Sonnenblümchen es sagt.


    Vielleicht hilft es dir selbst, wenn du dir einige Heime anschauen gehst, falls du dafür etwas Zeit hast. Und wenn dir eines zusagt, kannst du deine Mama auf eine Liste setzen lassen. Absagen kann man immer, denn Heimplätze sind begehrt. Ich habe mir auch einige Heime angesehen und gewusst, dass ich sie hier nicht hingeben will und bei anderen habe ich gedacht, ja, das könnte funktionieren.


    Liebe Grüße an alle

  • Danke für eure Zuschriften,

    Ich habe mir Pflegeheime angeschaut und auch zwei, die ich favorisiere. Eins ist, das Einzige im Raum Leipzig, welches auf Gerontopsych. Patienten ausgelegt ist. Die Sozialarbeiterin sagte mir aber ganz klar, gegen den Willen meiner Mutter erfolgt keine Aufnahme.

    Es wird solange zu Hause gehen müssen, bis sie den Umzug nicht mehr verweigern kann. Daher hatte ich ja auch die gerichtlich angeordnete Unterbringung angeregt. Für die Unterbringung in eine geschlossene Einrichtung, die es in Sachsen außerhalb von Kliniken nicht gibt, reicht ihr Zustand nicht aus. Das endgültige Ergebnis steht aber noch aus.

    Meine Mutter lehnt es ab sich überhaupt ein Heim anzuschauen, Tagespflege und Kurzzeitpflege wird auch abgelehnt. Sie sagt dann, lasst mich doch einfach auf meiner Couch sitzen. Dann tut sie mir wieder unendlich leid. Ich will aber auch nicht bei jeden Besuch mit ihr darüber reden, auch weil sie das Thema quält.

    Wir probieren jetzt erstmal die Abendversorgung und werden sehen.


    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gobis, die Pflege oder Begleitung von Menschen mit frontotemporaler Demenz (FTD) stellen extreme Herausforderungen an die Angehörige und Pflegekräte und es ist schwer zu ertragen, dass erst eine lebensbedrohlicher Zustand erreicht werden muss, damit eine zielführende Behandlung möglich ist.


    Als erstes möchte ich auf das "Politikum" hinweisen. Das Bundesland Sachsen hat das hohe Ziel, auf geschlossene Pflegeheime zu verzichten. Damit ist es m.E. in der Pflicht, gut zu beraten und Alternativen zu unterstützen, damit unwürdige und lebensbedrohliche Zustände vermieden werden.

    Haben Sie schon mit der Landesinitiative Demenz Kontakt aufgenommen, einen Link zu Ihrem Problem habe ich gefunden:


    https://www.google.com/url?sa=…Vaw2EN_BjVqeqJzzXTajfbzef


    Die Diskussion um die Selbstbestimmung und ein Recht auf Verwahrlosung stellt sich bei der FTD aus meiner Sicht anders, als bei einer "einfachen" Alzheimererkrankung, in der Ablenkung und der richtige Moment für die Versorgung entscheidend ist.


    Aus meiner Erfahrung kommt es bei der FTD viel mehr auf eine stabile Beziehung im Aushandlungsprozess einer Versorung und einer Begrenzung von Verhaltensweisen an. Wie gut haben Sie sich mit dem Krankheitsbild beschäftigt?


    Vielleicht können Sie meine erste "Verstehenshypothese" einer FTD des Verhaltens mit dem Psychologen besprechen: "Die FTD zerstört die Steuerungsfunktionen, den Charakter, den Antrieb, das "Über-ich" oder "Erwachsenen-Ich" und die Sprache, während andere kognitive Fähigkeiten noch lange erhalten bleiben. Die Preisfrage ist, wie es Pflegenden gelingt, diese fehlenden Fähigkeiten auszugleichen, also als Kind das "Eltern-Ich" zu übernehmen. Wie bekommen wir so viel Vertrauen? Wenn Angehörige diesbezüglich keine Möglichkeiten haben, - was müssten Mitarbeiter*innen in einer stationäre Unterbringung oder Tagespflege machen, damit so viel Vertrauen entsteht: "Da ist ein Mensch, die oder der meint es so gut mit mir, dass ich das übertragen kann, was ich nicht mehr steuern kann..."


    Bei Kindern und Jugendlichen in den Trotzphasen ist dies schon sehr schwer, bei den eigenen Eltern noch viel schwerer. Aber vielleicht können Sie ein Auftreten erarbeiten, dass ein solches Ergebnis wahrscheinlicher macht.


    Ob dies gelingt, hing in den mir bekannten "Fällen" von ganz viel Glück ab, und das wünsche ich Ihnen! Ich hoffe Sie wissen es: Ein schlechtes Gewissen ist in diesem Fall überhaupt kein guter Ratgeber, Ihr Martin Hamborg

  • Hallo Herr Hamborg,

    ich denke, dass ich mich bereits sehr gut mit der FTD Erkrankung meiner Mutter auskenne. Mit dem Neurologen, der auch Psychologe ist, habe ich einen guten Austausch, aber auch er ist an seiner Grenze. Meine Mutter bekommt Mitrazepan und Risperidon, damit ist zumindest möglich die Versorgung im Alltag zu lösen.

    Bei der Ergo, die ins Haus kommt, macht sie mit. Die private Demenzbetreuerin unterhält sie mit spielen und Unterhaltungen. Wenn ich frage was sie denn heute gemacht haben, es war keiner da. Alle, die ich eingeschaltet habe, sehen ihren Zustand, aber es gibt keine Hilfe. Ich warte jetzt auf den abschließenden Bescheid vom Gericht und werde ihren Link nutzen. Auch der psychosoziale Dienst war schon da. Es gibt keine normale Lösung, die beinhaltet, dass meine Mutter einsehen wird, dass es zu Hause nicht mehr geht und sie freiwillig ins Heim geht. Und so machen wir weiter und warten das was passiert.

    Ich selber bin in einer Selbsthilfegruppe für Angehörige von FTD Patienten und habe immer den Eindruck, dass ich noch am besten mit der Sache klar komme, einerseits weil meine Mutter nicht bei mir wohnt und ich keine Probleme habe, mir Unterstützung von Ärzten zu holen. Ich habe sie auf Risperidon einstellen lassen, damit es mit ihr irgendwie geht. Und nun bekommt sie auch endlich die richtige Schmerztherapie für ihren Rücken. Damit ist sie insgesamt ruhiger.

    Das schlechte Gewissen, nicht genug zu tuen, warum man sie nicht liebevoll pflegen kann, dass mir das Alles Zuviel ist, ich Anspruch auf ein eigenes Leben habe, dass kann man nicht einfach ausschalten. Man macht irgendwie immer weiter, wie Alle hier.

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