Medikamente

  • Hallo,

    ich habe eine Frage.

    Ich bin mit der hausärztlichen Betreuung nicht zufrieden. Der Hausarzt beteiligt sich an der Ausbildung, der fertige Medizinstudent macht dort seine 3-jährige Facharzt Ausbildung, diese betreuen meine Mutter im Hausbesuch.

    Mit der Spezialität der FTD Demenz kennt man sich also „bestens“ aus. Ich stelle Informationen und auch vorliegende Gutachten zur Verfügung, damit man den selben Kenntnisstand hat. Nun gibt es einen neuen Arzt, der Sohn des Praxisinhabers. Nichts gegen junge Ärzte, aber interessiert hat das bisher keinen der Ärzte. Ein Gesprächspartner auf Augenhöhe bin ich nicht. Es wird Blutdruck gemessen und gefragt wie es geht, jetzt hatten wir mal ein Blutbild, und bei der Auswertung hat er mir erzählt was Alles in Ordnung wäre, ohne das die Werte genommen wurden, z.B. B12 oder Kreatinin, weil die Nierenfunktion eingeschränkt ist. Die Werte habe ich mir am Tresen ausdrucken lassen. Einiges kann ich selber erkennen, ansonsten meinen Diabetologen fragen. Er meint auch, bei der Erkrankung und dem Alter (78). Mir geht es hier um ein ehrliches Miteinander.

    Aber, meine Mutter klagt über Müdigkeit und er nimmt eine Risperidon weg und gibt dafür einen Cholesterinsenker, wäre gut bei Demenz 🙄🙄🙄.

    Ich möchte den Blutdrucksenker, der sie müde und fett macht und den Cholesterinsenker weg haben. Ein Gespräch ist darüber nicht möglich.

    Nun waren wir heute beim Neurologen, jetzt hab ich einen Mediplan für die neurologischen Beschwerden (Citalopram und 2xRisperidon) und schmerzpflaster (Fentanyl)und die entsprechenden Rezepte. Der Neurologe würde das auch weiter verordnen. Die Gabe erfolgt über den Pflegedienst. Also organisatorisch kein Problem. Davon abgesehen, sieht der Neurologe auch dringenden Handlungsbedarf in Richtung Pflegeheim, aber meine Mutter will wie immer nicht.


    Nun ist mein Gedankengang, ich kann selber entscheiden, welche Therapie oder Medikamente ich nehme.


    Jetzt meine Frage. Ich habe eine Gesundheitsvollmacht für meine Mutter. Kann ich hier auch entscheiden, den Blutdruck und das Cholesterin nicht senken zu lassen.

    Wenn jetzt jemand fragt warum, dass Ende bei FTD oder Demenz ist aus meiner Sicht nicht ein menschenwürdiges Sein. Wenn man Medikamente weg lässt, die das Leben auf diesen, aus meiner Sicht unwürdigen Zustand, verlängern, macht man sich strafbar? In den Vollmachten hat meine Mutter 2004 gewünscht, nicht länger am Leben erhalten zu werden, auch bei einer unheilbaren Erkrankung.

    Wie kann man den Hausarzt davon überzeugen und wenn das nicht möglich ist, vorerst ohne Hausarzt da stehen.


    Hat dazu jemand Erfahrungen.


    Liebe Grüße

  • Hallo Gobis,


    das ist das Problem, was irgendwann zwangläufig auch auf einen zukommen kann. Es ist zudem eine Grauzone, die noch nicht gut geregelt ist.


    Was der Arzt in deinem Falle macht, das halte ich ehrlich gesagt, für zwiespältig. Cholesterinsenker haben in der Regel mehr Nebenwirkungen als nutzen. Auch meine Schweigermama bekam das ein oder andere Medikament verordnet, was ich in Rücksprache mit ihrer vernünftigen Ärztin weggelassen habe.

    Es kommt immer auf die Ärzte an. Und da kann man wirklich Pech haben. Wir haben mit der Ärztin, die wir im Heim gehabt haben, Glück gehabt.

    Das Risperidon wurde von einem Neurologen verordnet, der nur wenig vom Ist-Zustand meiner Schwiegermama gewusst hat. Sie war danach einfach nur noch am Schlafen. Das wurde dann abgesetzt und es ging ihr eine zeitlang wieder besser.

    Aber aufpäppelnde Mittel haben wir ihr auch nicht mehr gegeben. Wir haben aber Hochkaloriennahrung mit Vitaminen und Mineralstoffen verschrieben bekommen und auch selbst welche gekauft mit ihrem Lieblingspudding. Hätte sie diese gegessen, also auf natürlichem Wege zugeführt, dann wäre das für uns der richtige Weg gewesen, aber keine Spritzen oder Infusionen oder sonstiges in der Art. Auch das fand die Ärztin richtig, weil meine Schwiegermama vieles auch abgelehnt hat und auch Spritzen ect. für sie eine Qual gewesen sind, außer wenn sie subkutan gegeben worden sind.

    Blutdruckmedikamente hat meine Schwiegermama mal genommen und mal nicht. Und auch damit ist sie hingekommen. Hier haben wir sie nicht gezwungen oder sonstiges gemacht, sondern einfach nur angeboten und erklärt.

    Ich finde es auch schlimm, wenn man hier nicht die richtige Unterstützung hat. Dein Gefühl halte ich für richtig, sie nicht unnötig mit Medikamenten zu belasten. Blutdruckmedikamente sind aber noch eine Stütze bis zum Sterbeprozess. Meine Schwiegermama hat davon gegen Ende immer weniger gebraucht. Der Cholesterinsenker ist wie gesagt sehr umstritten. Da würde ich auch schauen, dass ich noch eine Zweitmeinung dazubekomme, wenn das irgendwie geht.

    Ich würde da durchaus auch in einem Hospiz oder Demenzzentrum mal anrufen und fragen, wie hier die Erfahrungswerte sind oder einfach fragen, wer dir sonst noch weiterhelfen kann.


    Noch ein Nachtrag von mir:


    Wie Sonnenblümchen unten richtig schreibt, würde ich aber auch erst das Gespräch mit dem Hausarzt selbst suchen.


    Liebe Grüße an Dich

  • Danke für eure Antworten.


    Zum besseren Verständnis, der Neurologe betreut meine Mutter seit 06/2017 und kennt sie recht gut. So ist die Müdigkeit, kein neu aufgetretenes Symptom. Mir würden sozusagen die Medikamente reichen, die der Neurologe verschreibt.

    Da ich die Medikamente nicht selber gebe, sondern der Pflegedienst, benötige ich einen Medikamentenplan, den ich nun vom Neurologen habe.

    Ich warte jetzt ab, ob sich der Hausarzt telefonisch meldet und werde dann weiter entscheiden.


    Nichts gegen unseren Meinungsaustausch, ich hatte gehofft, dass sich ein Moderator zu Wort meldet.

  • Hallo Gobis,


    zum Thema Lipidsenker: man dachte früher, dass insbesondere Statine einen günstigen Einfluss auf die Entwicklung einer Demenz haben. In der Leitlinie Vaskuläre Demenzen kann man lesen:

    "Nachdem ursprünglich davon ausgegangen worden war, dass eine Lipidsenkung insbesondere mit Statinen kognitive Funktionen günstig beeinflussen kann, legen neuere Studien und Metaanalysen nahe, dass eine Statintherapie keinen günstigen Effekt auf die Demenzentwicklung hat (weder auf eine VaD noch auf eine Alzheimer Demenz) (Miida et al.,

    2007; Burns et al., 2006; McGuinness et al., 2016). Dies wird auch durch eine CochraneAnalyse bestätigt, die zeigt, dass eine Statintherapie weder eine kognitive Verschlechterung noch eine Demenz verhindern kann (McGuinness et al., 2016). Gleichzeitig zeigt eine Metaanalyse aber auch, dass es zu keiner Verschlechterung der kognitiven Funktion unter

    einer Statintherapie kommt."


    Vielleicht möchte der Arzt Ihrer Mutter die Leitlinie gerne lesen. Er findet sie hier: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-038.html


    Ob Ihre Mutter von der Einnahme einen Nutzen hat, müsste man anhand der verfügbaren Scores, z.B. Procam, abschätzen. Ein Nutzen könnte darin bestehen, dass so genannte kardiovaskuläre Erkrankungen, wie z.B. Herzinfarkte oder Schlaganfälle verhindert werden könnten. Wirklich nachgewiesen ist ein Nutzen aber nur bei Patienten, die bereits so eine Erkrankung haben (Sekundärprävention). Ein Nutzen in der Primärprävention existiert nur dann, wenn das persönliche Risiko hoch ist. Und dieses kann man eben abschätzen mit den genannten Scores.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gobis, hoffentlich haben Sie noch ein paar gute Anregungen im Forum von den medizinischen Kollegen bekommen.


    Wir haben uns hier ja auch schon häufiger ausgetauscht und ich weiß Sie durch Ihren Neurologen gut unterstützt werden. Vor schwierigen Fallbesprechungen schaue ich mir die Diagnosen und Medikamente auch genau an und schule die Pflegekräfte entsprechend. Körperliche Symptome triggern natürlich das Erleben und Verhalten. Sie müssen besonders bei einer FTD sehr ernst genommen werden, weil in der FTD die kognitiven Steuerungsmechanismen extrem beeinträchtigt sind und der Kranke den Impulsen ausgeliefert ist. Deshalb ist die hausärtzliche Behandlung so wichtig und ich hoffe, dass Sie da mit dem neuen Arzt irgendwann einen guten Helfer bekommen und er sich mit dem Neurologen abstimmt.


    Wenn Sie meinen Blogbeitrag zu Corona lesen: Dort habe ich die wichtigsten Fragen zusammengestellt, zu denen Informationen an den Arzt weitergegeben werden sollten, damit er besser entscheiden kann. Ihr Martin Hamborg

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