Schwerhörig, demenzkrank, früherer Chorsänger...Tipps???

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo hanne63,

    ich würde es auf jeden Fall ausprobieren, ihm die Stücke vorzuspielen oder besser noch vorzusingen! Mein Schwager wurde quasi taub geboren - er nimmt (lautere) Musik tatsächlich über die Schwingungen war (und hat Freude daran). Grundsätzlich sagen Musikwissenschaftler zudem, dass Menschen mit fortgeschrittenerer Demenz oft besser auf a cappella Musik reagieren, weil das geschädigte Gehirn (mal ganz unabhängig von dem Problem Alterssschwerhörigkeit) nur noch das dominanteste Instrument (beispielsweise ein Bass oder Schlagzeug) verarbeitet, wenn eine Begleitung mit Instrumenten zu hören ist - im schlimmsten Fall "hören" sie von einem flotten Schlager oder Volkslied nur den Beat, und der kann sie im dümmsten Fall ähnlich stressen wie ein Presslufthammer. Von daher würde ich vermuten, dass Ihr Vater von einem reinen Gesangsvortrag am meisten hätte. Ob ihm die Noten als Stütze helfen, müsste man ausprobieren... die Krankheit nimmt den Betroffenen ja leider früher oder später auch die Fähigkeit, mit Verstand zu lesen, und das trifft vermutlich nicht nur auf Schrift, sondern auch auf Notensysteme zu.

    Musik ist die Schnellstraße zum Herzen von Menschen mit Demenz, denn die Bereiche des Gehirns, die für die Wahrnehmung von Musik zuständig sind, sind auch eng mit den Emotionen und emotionalen Erinnerungen verknüpft. Deshalb vermute ich, dass Ihr Vater positiv angerührt reagieren wird, ihre gute Absicht erkennt - selbst, wenn es akustisch kein Genuss mehr für ihn ist.


    Ich drücke Ihnen fest die Daumen, dass es gelingt...


    S. Sachweh

  • Hallo Hanne,


    das ist ja toll, dass du so etwas singen kannst. Ich würde es dann auch lieber Aufnehmen, wegen der jetzigen Zeit.

    Ansonsten hat Frau Sachweh alles Wesentliche schon gut erklärt.

    Man kann aber nie wissen, wie jemand darauf reagiert. Meine Erfahrung ist die, dass sich je nach Gemütszustand jetzt manches richtig anfühlen kann und ein andermal dann wiederum gar nicht.

    Deshalb würde ich es auch einfach mal versuchen und hören, was er dazu sagt.


    Liebe Grüße an Dich

  • Hallo Hanne


    Für meine Mum war es das Highlight, als ich ihr kurz vor dem Einzug ins Heim Kinderlieder vorgesungen hab, sie hat auch sofort mitgesungen. Das ist natürlich viel zugewandter und lebendiger als unflexible Konservenmusik. Ich glaube, selbst wenn das Singen oder Spielen manche an verlorene Fähigkeiten erinnert, überwiegt meistens die Freude am echten Musikhören und -machen.


    Ich bin kein Experte, aber ein bisschen erfahren im Musizieren mit behinderten und traumatisierten Menschen. Nicht zu viel wollen, offen für die Reaktionen sein, also z. B. öfter innehalten, neu anzusetzen, Tempo oder Melodie wechseln usw. – mehr braucht es nicht (meine wackelige Stimme hab ich mit einer kleinen Zupffiedel unterstützt). Ich würde es mit und ohne Noten probieren, manche Musikveteranen finden es einfach schön, wieder mal wie gewohnt Noten in der Hand zu haben.


    Nun die Einwände in deiner jetzigen Situation: Vielleicht geht es einfach im Garten des Pflegeheimes, à deux ganz nah unterm Sonnenschirm oder auf einer Parkbank? Das könnte für deinen Vater schon sehr viel sein. Oder allein im Zimmer, in Absprache mit dem Heim? Ich würde dich gern ermutigen, selbst wenn fast nichts mehr im Gehör ankommt. Teile der Tonschwingungen und rhythmischen Impulse fühlt der Körper auf vielen Wegen, und oft sind gerade bei langjährigen Chor- oder Ensemblemusikern auch Gesichter und Bewegungen, Erinnerungen und das eigene Mitschwingen stark am inneren Musikerleben beteiligt. Vielleicht hilft's, wenn ihr Hand in Hand singt.


    Was ich noch nicht probiert habe, aber man hört manchmal davon bei Schwerhörigen: Vertraute Melodien z. B. auf dem Klavier spielen (wenn es im Heim eines gibt) und einen direkten Körperkontakt zum schwingenden Holz herstellen, Kopf vorsichtig anlehnen oder so.


    Ich wünsche euch von Herzen einen schönen Geburtstag, und wenn du dich zu dem Versuch entschließt, viel Glück dabei!

  • Musik ist die Schnellstraße zum Herzen von Menschen mit Demenz, denn die Bereiche des Gehirns, die für die Wahrnehmung von Musik zuständig sind, sind auch eng mit den Emotionen und emotionalen Erinnerungen verknüpft. Deshalb vermute ich, dass Ihr Vater positiv angerührt reagieren wird, ihre gute Absicht erkennt - selbst, wenn es akustisch kein Genuss mehr für ihn ist.

    Das empfinde ich auch so!

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