Beginnende Demenz?

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  • Hallo an Alle,


    ich hoffe, hier kann mir jemand mit einer ähnlichen Erfahrung einen Rat geben:


    mein Vater (bald 80) baut seit ein, zwei Jahren sehr ab. Bisher hielt sich das im normalem, altersentsprechendem Rahmen, was auch Untersuchungen der Neurologin, MRT etc. bestätigt haben. Er ist schwerhörig, sitzt eigentlich den ganzen Tag auf der Couch und benötigt auch in der Wohnung einen Rollator. Inzwischen versorgt meine Mutter den ganzen Haushalt alleine.

    Seit einigen Wochen wird er allerdings zunehmend aggressiv gegenüber meiner Mutter, verbal ausfallend, er quält sie regelrecht mit Vorkommnissen von vor 60 Jahren, als sie sich noch garnicht gekannt haben. Meine Mutter ist gesundheitlich auch nicht auf der Höhe und inzwischen mit den Nerven am Ende.

    Er verweigert sogar das Essen, weil er sich „mit ihr nicht an einen Tisch setzen will“.

    Das er sie häufig „zur Schnecke macht“ und generell an ihr rum motzt und sie schikaniert habe ich schon mitbekommen, aber dass es diese Ausmaße angenommen hat, hat mir meine Mutter erst am Sonntag (heimlich) berichtet. Ist das schon ein Anzeichen von Demenz? Zu mir verhält er sich normal.

    Was kann man hier tun, wie eingreifen, dass es nicht für meine Mutter noch schlimmer kommt und sieben ihm auch noch als Petze dasteht.

    An wen kann man sich hier wenden um Hilfe zu bekommen.

    Wäre toll, wenn Ihr einen Rat für mich hättet.

    DANKE

  • Hallo Havanna07


    Das klingt ja nicht schön, vor allem für deine Mutter. Ich habe leider aus dem Stand keinen Rat und möchte dir nur wünschen, dass unsere Experten oder andere hier gute Tipps für dich haben.


    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Havanna07,

    die von Ihnen beschriebene Aggression kann durch einen demenziellen Prozess, aber auch durch andere psychiatrische Erkrankungen ausgelöst sein. Letztere können bildgebende Verfahren wie das von Ihnen genannte MRT aber leider meines Wissens nicht abbilden.

    Falls Ihr Vater eine Demenz entwickelt, wäre es prinzipiell wichtig, die Schwerhörigkeit möglichst optimal zu therapieren (Ist er mit Hörgeräten versorgt, und wenn ja, sind die funktionsfähig, und sind sie gut eingestellt?) - denn je weniger akustische Reize das Gehirn zu verarbeiten hat, desto schneller baut es ab.

    Auch das bewegungslose Sitzen auf der Couch führt nicht nur zu einem Abbau von Muskeln, sondern schlimmstenfalls auch zu einer Minderdurchblutung des Gehirns. Könnten Sie oder jemand anders regelmäßig mit ihm Spaziergänge mit dem Rollator machen, um das Laufen zu trainieren, oder würde der Hausarzt ihm Physiotherapie verschreiben? Wenn er dadurch öfter für eine Weile aus dem Haus wäre, hätte auch Ihre Mutter für diese Zeitspanne Ruhe und könnte sich ein wenig von der Belastung erholen.

    Und wie sieht es mit dem Trinken aus, nimmt Ihr Vater nach Ihrer Einschätzung genügend Flüssigkeit zu sich? Auch das Austrocknen wirkt sich verstärkend auf demenzielle Symptome aus. Ich würde Ihnen also unbedingt raten, Ihren Vater nochmals neurologisch bzw. gerontopsychiatrisch abklären zu lassen, falls die von Ihnen genannten Untersuchungen schon Jahre zurücklegen, und nicht eben erst durchgeführt wurden. Und der Hausarzt sollte ihn auf akuten Vitaminmangel und Stoffwechselstörungen hin untersuchen (vielleicht unter dem Vorwand eines allgemeinen regelmäßigen Check-Ups) - auch das kann nämlich zu demenzähnlichen Symptomen führen.

    Was die Aggressionen und Beschuldigungen oder Vorwürfe angeht: Kommen die zu jeder Tages- oder Nachtzeit vor, oder eher gegen Abend? Letzteres wäre eher typisch für Menschen mit Demenz. Und was konkret hat Ihre Mutter in seinen Augen "verbrochen" (wenn das nicht zu persönlich ist, um es hier zu teilen)? Sieht er in Ihr eine andere Person, mit der er als junger Mann Ärger hatte...?

    Grundsätzlich wäre es wohl gut, wenn er regelmäßige Termine "außer Haus" hätte, um Ihre Mutter zu entlasten: Gibt es kein Hobby, oder Freunde, mit denen er sich regelmäßig treffen könnte? Eine Aufgabe, die ihm ermöglichen würde, sich als hilfreich und sein Leben als sinnvoll zu empfinden? Falls Ihr Vater mindestens die Pflegestufe 2 hat, könnten Sie sich zudem erkundigen, ob Ihrer Mutter eine Verhinderungspflege zusteht - also eine Auszeit, in der sich jemand anderes um Ihren Vater kümmert. Sollte er noch keinen Pflegegrad haben, wäre es sicher anzuraten, eine Einstufung bei der Pflegekasse zu beantragen...


    Ich wünsche Ihnen, dass Sie einen guten Weg finden, um Ihrer Mutter beizustehen!


    S. Sachweh

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Havanna07,

    Ferndiagnosen sind immer problematisch, aber nach Ihren Schilderungen würde ich auch eher auf eine Altersdepression oder ähnliche (psychiatrische) Erkrankungen schliessen. Hirnorganisch scheint ja beim Vater alles in Ordnung zu sein. Die gute Nachricht: Psychiatrische Syndrome lassen sich medikamentös behandeln. Schwierig ist es wahrscheinlich mit der Krankheitseinsicht. Für Ihren Vater scheinen die Vorwürfe ja alle einen realen Hintergrund zu haben. Die Ehe-Erfahrungen Ihrer Eltern lassen sich in diesem Alter leider nicht mehr aufarbeiten. Im schlimmsten Fall ist eine räumliche Trennung der letzte Ausweg - vor allem dann, wenn Ihr Vater handgreiflich werden sollte.

    Klaus Pawletko

  • Danke Ihnen allen für Ihre Antworten!

    Die neurologischen Untersuchungen liegen erst ca. 1 Jahr zurück, zum Teil auch weniger. Beim Hausarzt ist er alle drei Monate zur Kontrolle der Blutwerte und er nimmt auch entsprechend eine ganze Reihe von Medikamenten. Leider darf der HausArzt mit mir alleine kein Gespräch führen, aber ich konnte ihn zumindest auf das Thema per Telefon sensibilisieren, so dass wir vielleicht von dieser Seiten Unterstützung bekommen.

    Einen Pflegegrad haben wir noch nicht, da meine Eltern hierzu noch keinen Bedarf gesehen haben, aber darauf werde ich jetzt drängen und hoffe auf ein Einsehen von beiden.


    Hobbys und Freunde haben meine Eltern leider nicht (mehr). Mit dem Tod des Hundes hat mein Vater leider auch jegliche Motivation, sich zu bewegen, verloren. Vor ein paar Monaten musste er dann auch noch den Führerschein abgeben und ja, das alles zusammen genommen kommt mir eher auch wie eine Art Depression vor. Er brauch für alles jetzt die Hilfe meiner Mutter. Sicher ist das schwierig zu ertragen.

    Vielleicht richtet sich seine Wut deshalb auch ausschließlich auf sie. Die Ehe meiner Eltern war an sich gut, aus traditioneller Sicht. Mein Vater war der Chef, meine Mutter hat sich gefügt, aber ohne, dass regelmäßig die Fetzen flogen. Sogar die Vorwürfe, die er ihr macht beziehen sich auf ein Ereignis, bevor sie sich überhaupt kennengelernt haben.


    Wäre bei Einstufung in einen Pflegegrad auch solche Unterstützung zu erhalten, dass zB. jemand kommt und mit ihm spazieren geht, oder zum Physiotherapeut?


    Besten Dank auf jeden Fall, es tut mir gut mich hier auszutauschen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nochmal,

    Ihre letzte Frage sollten Sie am besten den Expertinnen hier im Forum "Gesetzliche Leistungen" stellen, oder eventuell auch bei der Pflegekasse nachfragen, die für Ihren Vater zuständig ist - damit kenne zumindest ich mich nicht wirklich aus.

    Alles, was Sie jetzt schildern, klingt wirklich eher nach einer Depression, und die kann man behandeln!

    Gäbe es eine Möglichkeit, einen Hund von Freunden oder Bekannten "gassi" zu führen, oder mit einen Hund aus dem Tierheim regelmäßig spazieren zu gehen - um Ihren Vater vom Sofa wegzulocken?


    Freundliche Grüße,

    S. Sachweh

  • Hallo Frau Sachweh,

    vielen Dank nochmal für Ihre Einschätzung.

    Nein, leider haben wir keinen Hund im näheren Umfeld. Meine Mutter hätte damals (vor ca. 4 Jahren) gerne nochmal einen gehabt, aber mein Vater war genau aus dem Grund dagegen, da das Laufen ihm damals schon Schmerzen bereitet hat.

    Woher diese Schmerzen kommen weiß ich nicht genau. Jedenfalls nichts, was durch eine OP zu beheben gewesen wäre und konsequente Übungen und mehr Bewegung zum Muskelaufbau hat er auch nicht machen wollen.

    Mittlerweile ist er nicht in der Lage längere Strecken zu gehen, auch nicht mit Rollator.

    Am Dienstag gehe ich mit ihm zum Hausarzt. Ich werde versuchen, das Gespräch in die Richtung Depression zu lenken und auch das Thema Pflegegrad nochmal anschubsen.

    Ganz herzlichen Dank für Ihre Hilfe bis hierhin!


    Beste Grüße, einen schönen Abend und einen schönen Feiertag für Sie!

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