Personalmangel in Pflegeheimen und wie könnte die Lösung aussehen? - Richard David Precht

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  • Hallo in die Runde, :)


    ich lese in der letzten Zeit ja immer wie viel Personal in einem Heim gesucht wird. Da gibt es tatsächlich große Unterschiede.


    Oftmals bin ich aber entsetzt. Wenn bereits sechs Mitarbeiter fehlen, dann kann ich mir schon denken, wie stressig der Arbeitsalltag dann ablaufen wird und wie sich das auf die Pflege selbst auswirkt.


    Bei meiner Schwiegermama war ein Mann, der auch der Stationsleiter gewesen ist. Ihm hat meine Schwiegermama viel zu verdanken gehabt, - die stets ruhige und aufmerksame Zuwendung, das aufmerksame Pflegen usw. Leider ist er nicht immer dagewesen. Und leider gab es nicht immer guten Ersatz. Es gab vor allem jüngeres Personal, das noch die Tatkraft gehabt hat, aber durch den Schichtdienst gab es auch Durststrecken. Und wären meine liebe Seniroenbetreuerin (Freundin) und ich nicht dagewesen, ich will mir das gar nicht erst ausmalen.

    Ich habe hier in so einige abgehetzte überforderte, aber auch abgestumpfte Gesichter geschaut, neben dem, was mal einigermaßen gut bis richtig gut funktioniert hat. Vor allem die Betreuerinnen waren gold wert gewesen. Aber leider war für diese nach acht Stunden kein Ersatz mehr dagewesen. Und leider haben wir Corona und die ehrenamtlichen Helfer fallen seit anderthalb Jahren einfach weg. Es ist nun mal nicht möglich dreißig Personen mit zwei Pflegekräften zu versorgen. Und die Unterhaltung muss einfach länger als acht Stunden betragen.


    Ich habe vor ein paar Tagen erfahren, dass der gute Stationsleiter leider auch gekündigt hat. Und ich habe gelesen, dass im gesamten Heim inzwischen ach sechs Mitarbeiter fehlen, überwiegend in der Pflege. In meinem Umkreis habe ich nur zwei Heime gefunden, die eine einigermaßen gute Besetzung gehabt haben, wo vielleicht mal ein Mitarbeiter, höchstens zwei gesucht werden.


    Ehrlich, das dürfte es in keinem Heim geben. Und hier müsste auch nach Gründen geschaut werden und es müssten Verbesserungen eingeführt werden. Gestern war im Fernsehen noch ein Bericht über neue Wohnmodelle für ältere Personen. Ich habe nur die letzten Minuten zufällig gesehen. Da gab es Beispiele aus Dänemark, sehr modern aber effektiv und im Gegensatz dazu ein Leben auf dem Bauernhof mit Tieren, alles im kleinen familiären Rahmen.


    Das klingt alles gut und schön, aber in der Realität fehlt es einfach an vielem, weil die Basis schon nicht stimmt. In dem Heim, wo meine Schwiegermama zum Schluss gewesen ist, kann man einigermaßen gut leben, wenn man kein echter Pflegefall ist. Aber sobald man das ist, da gibt es dann viel zu krasse Unterschiede und Qualitätsmängel und das seit Jahrzehnten. Als sie im Heim war, hat sie noch einigermaßen Glück gehabt mit der Versorgung. Aber wie schnell kann das kippen. Ich wollte so etwas nicht erleben müssen.


    Richard David Precht, der für ein bedingungsloses Grundeinkommen ist, hat für meine Begriffe eine wirklich guten Vorschlag gemacht, wie man das in der heutigen Zeit tatsächlich finanzieren kann und wie man den Menschen bereits in der Schule ein soziales Bewusstsein erwecken kann.

    Ein solches Einkommen und eine gute Umsetzung in der Berufswelt, das wäre eine enorme Entlastung in allen Lebensbereichen, vor allem in der Pflege.


    Ab Minute 47 spricht er das an in dem Beitrag an, den ich unten verlinkt habe. Finanzieren würde er das über eine Transaktionssteuer. Und ehrlich, es hat für mich Hand und Fuß.


    Richard David Precht über Bildung, Arbeit, Digitalisierung, Grundeinkommen, Pflicht... | 05.07.2021
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    Liebe Grüße in die Runde

  • Teuteburger

    Hat den Titel des Themas von „Personalmangel in Pflegeheimen“ zu „Personalmangel in Pflegeheimen und wie könnte die Lösung aussehen? - Richard David Precht“ geändert.
  • Hallo Sonnenblümchen, :)


    danke für Deine Gedanken und Deine Einschätzung zu der Sache.


    Ich sehe das ein bisschen anders, sonst hätte ich die Idee hier nicht niedergeschrieben. ;)


    Drei Tage die Woche, das ist eine gute Einschätzung, Sonnenblümchen.


    Bei einem Grundeinkommen wären Familie und Beruf wieder besser miteinander vereinbar, denke ich. Viele Pflegekräfte leiden, weil sie oftmals zwei Wochen lang keinen einzigen freien Tag haben. Das ist für jede Familie eine kaum zu ertragende Belastung, weshalb viele Halbtags arbeiten. Aber es gibt ja auch Pfleger, die den ganzen Tag gehen müssen.


    Die Pflegekräfte, die ich kennengelernt habe und diejenigen, über die ich nachgelesen und über die ich Filme geschaut habe, fühlen sich permanent überlastet. Das stimmt. Trotzdem halten sie noch durch, weil sie ihre Arbeit im Grunde lieben. Aber die Empathie, die sie gerne aufbringen würden, bleibt im Alltag und in der Hektik unfreiwilligerweise oftmals auf der Strecke. Das wird auch offen zugegeben.


    Junge Pflegekräfte, die eine Ausbildung in der Pflege machen, müssen meist über ihre Belastungsgrenze mitarbeiten, wegen dem Mangel an Personal. Nach der Ausbildung werfen viele bereits das Handtuch, denn dieser Beruf ist eine Knochenarbeit, wenn man Auszubildende zum Beispiel mit schweren älteren Menschen alleine lässt, die sie dann händeln müssen. Das kommt alles leider öfters vor. War im Heim bei meiner Schwiegermama auch der Fall gewesen.


    Wie oft habe ich aber gehört, wenn die Bezahlungen besser und wenn der Personalschlüssel höher wären, würden viele gerne wieder in den Beruf zurückkehren. Gerade der zwischenmenschliche Austausch kann beiden Seiten viel geben, aber nicht, wenn man die Menschen im Akkord wäscht, frischmacht und vielleicht noch füttert.


    Gerade die mehr Freizeit und gerade das wieder Zeit für sich haben dürfen, würde der Pflege wieder mehr Personal bringen, denke ich.


    Herr Precht macht einige passende Vorschläge, so dass in einer gut informierten Gesellschaft sich kaum einer auf die faule Haut legen wird. Die meisten Frauen und Männer wollen einen Beruf, in dem sie einen Sinn sehen. Und die ungeliebten Berufe, wozu ich jetzt nicht die Pflege zähle, können bei einer entsprechenden Arbeitsteilung auch attraktiver sein, als wenn man fünf Tage die Woche eine harte Knochenarbeit machen muss. Manche würden sogar zweiberuflich unterwegs sein können.


    Vorraussetzung ist, dass man in Schulen und auch sonst, soziale Kompetenzen und Reflektion fördert und das ein jeder eine entsprechende Bildung erfahren kann.

    Es gibt Schulen und Gefängnisse, in denen solche Projekte mit dem entsprechenden Personal und mit entsprechender Förderung, umgesetzt werden und das mit beachtlichen Erfolgen.


    Der Arbeitsmarkt wird sich mit Sicherheit verändern. Es werden noch einige Berufe wegfallen, wohingegen andere Bereiche dringend mehr Personal brauchen. Nicht wenige Ärzte verlassen Deutschland, weil sie andernorts besser bezahlt werden und weil sie mehr Freizeit haben. Es gab da mal einen Bericht von einer Arztfamilie, die nach Schweden ausgewandert ist. Es gibt so viele Beispiele. Es fehlt nicht an Arbeit, es fehlt aber an guten Arbeitsbedingungen, so wie du es auch geschrieben hast.


    Und ich sehe das gerade durch das Grundeinkommen gegeben, weil wie gesagt, viele wieder gerne in den Beruf zurückkehren wollen und weil manch einer auch gerne mehr als Halbtags arbeiten will, aber keine zehn/zwölf Stunden Tage und das zwei Wochen am Stück.


    Liebe Grüße an Dich und an alle Mitlesenden

    Einmal editiert, zuletzt von Teuteburger ()

  • Hallo Sonnenblümchen,


    da gibt es in der Tat viele Probleme, auch unabhängig vom Grundeinkommen. 8)

    Kinder kann man sicher nicht um sechs Uhr in eine Fremdbetreuung übergeben, egal in welchem Alter sie sein werden. Das wäre für mich als Kind der absolute Albtraum für meine zukünftige Entwicklung gewesen. Acht Uhr oder später kann man Kindern noch zumuten, ab einem gewissen Alter. Alles andere ist eine Grauzone. Genauso wie das früh Waschen für ältere Personen für mich auch ein Nogo ist, zur Zeit.

    Meine Mutter hat auch immer gearbeitet, aber auf Minijob-Basis. So konnte sie den großen Haushalt und die Kinder unter einen Hut bekommen. Schichtdienste sind immer schwierig. Ich habe auch eine zeitlang um 6.30 Uhr zu arbeiten angefangen, mehrere Jahre lang. Kinder wären für mich da undenkbar gewesen. Bei meinem Partner das Gleiche.

    Ich denke, da müssen sich noch viele die Köpfe zerbrechen, wie man Familie und Beruf unter einen Hut bekommen kann und wie flexibel man hier werden kann.


    Du bist streng, Sonnenblümchen, was die Kindergärtnerin angeht. ;) Bei solchen Worten, weiß ich was gemeint ist. Das Wort Kindergärtnerin ist kein Schimpfwort und wurde in Prechts Zeit gängig benutzt. Das sehe ich ihm großzügig nach. 8)


    Liebe Grüße an Dich

  • Liebes Sonnenblümchen,


    ja das stimmt, man kann versuchen, die gesellschaftliche Umgangssprache und die heutige Definition zu treffen.

    Jetzt habe ich extra mal nachgesehen wie alt er ist. Zu der Zeit haben die Personen in meinem Umfeld alle noch Kindergärtnerin gesagt. Habe vorhin mit meiner Mama telefoniert und sie meinte auch ja die Kindergärtnerin/Erzieherin ist bis weit in die Siebziger noch so bezeichnet worden.


    Aber auch heutzutage gibt es diesen Begriff durchaus noch:


    Kindergärtnerinnen : Einstieg, Aufstieg, Einkommen
    Berufsbild Kindergärtnerinnen : Erfahren Sie alle wichtigen Details über das Berufsbild: Einstieg, Aufstieg, Einkommen/Gehalt, Chancen sowie Bewerbung & Jobs.
    www.karrieresprung.de


    Das man auf die korrekte Berufsbezeichnung wert legt, dass kann ich einerseits verstehen. Auch in meinem damaligen Beruf gibt es da solche Fallstricke. Den hat er nämlich auch genannt. Was er gesagt hat, ist schon lange nicht mehr aktuell. Und ich sehe es ihm wirklich nach. Wenn jemand soviel zu denken hat wie er, dann ist man trotz allen Bemühens, in manchen Themen nicht auf dem neuesten Stand.


    Das Wort Erzieherin wird auch in so manchen Kreisen als eher nicht gut angesehen, weil hier die bedürfnisorientierte Kindbegleitung eher als richtig verstanden wird. Beim Wort Erziehung bekommen so einige dann einen Anfall, wohingegen ich wiederum sage, es ist eine gängige Definition, die man aber durchaus auch anders interpretieren kann, als das heutzutage üblich ist. Und vielleicht ändert sich die Bezeichnung Erzieherin eines Tages wieder.


    Mir kommt es immer auf die Inhalte an, die derjenige weitergeben will. Wenn ich den Begriff gut zuordnen kann und wenn es kein Schimpfwort ist, dann ist es für mich in Ordnung.

    Wenn jemand alleine wegen dem Begriff, die Inhalte, die derjenige vermitteln will wütend beiseite schiebt, das fände ich wiederum schade.


    Man könnte ihm das ja mal sagen, dass er hier hinterherhinkt in seinen Vorträgen. 8o


    Liebe Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Teuteburger ()

  • Liebes Sonnenblümchen,


    es macht nichts, wenn wir mal vom Weg abkommen. Ich empfinde das ebenfalls als bereichernd, mal über den Tellerrand hinauszuschauen. :)


    Sonnenblümchen, du kennst dich am besten. - Aber wie lange hält man es durch, nichts zu tun? Vielleicht ein Jahr/zwei, was auch mal ganz gut sein kann. Aber irgendwann meldet sich doch, so wäre es zumindest bei mir, das Leben selbst und ich würde mir etwas Neues aneignen. 8)

    Alleine schon der Umstand, was wir uns über die Demenzkrankheiten angeeignet haben, das ist ein großer Erfahrungsschatz. Ich gebe mich auch nie mit den gängigen bisherigen Aussagen zufrieden, sondern versuche selbst zu kausalen Zusammenhängen zu kommen. Und das ist sehr arbeitsintensiv . . .


    Darüber hinaus gibt so viele Interessen und Möglichkeiten, was man auch ohne bezahlte Arbeit tun kann. Eine Sprache lernen, über das Leben recherchieren, etwas machen, was man schon immer hat tun wollen. So manch einer hat durch eine Auszeit viel hinzugewonnen, manche auch einen neuen Beruf ergriffen, den er vielleicht von zu Hause aus ausüben kann. usw.


    Eine Bekannte von mir, die vor Jahren in Rente gegangen ist, ist immer ausgelastet. Sie geht normalerweise in ein Altenheim, um sich ehrenamtlich hier einzubringen. Sie macht Sport. Sie liest, sie schreibt selbst Geschichten usw.


    Aber jeder ist anders. Ich weiß von meinem Umfeld, dass die meisten einer Beschäftigung nachgehen würden und sich auch gesellschaftlich einbringen wollten.


    Liebes Sonnenblümchen, wie es auch immer kommen mag, von mir die besten Wünsche für Dich, egal, wie du deinen Tag gestalten magst . . . :love:

    Einmal editiert, zuletzt von Teuteburger ()

  • Liebes Sonnenblümchen.


    Ich musste so lachen - Dicker Käfer auf dem Rücken. - 8o


    Das habe ich mir schon gedacht, dass du so bist.


    Ich erlebe es auch jetzt wieder live und in Farbe, dass dieses durchgetaktete Leben, welches man den jungen Menschen gerne als allgemeingültig und emanzipiert verkaufen will, dass es eben doch nicht reibungslos funktioniert, wenn beide Vollzeit arbeiten gehen müssen und wenn Kinder da sind.


    An gesundheitliche Probleme von Kindern, die über ein bestimmtes Maß hinausgehen und welches doch ein Elternteil zu einer Auszeit zwingen, das wird hier nicht wirklich berücksichtigt, vor allem, wenn im Beruf des Elternteils Personalmangel herrscht. Ohne ins Detail gehen zu wollen. Es ist eine extrem schwierige und belastende Situation.


    Ich habe zwei Erzieherinnen in meiner Familie. Kinder werden manchmal in einem Zustand gebracht, wo sie dringend zu Hause bleiben müssten, aber es geht nicht, denn der Arbeitgeber hat hier keine Kapazitäten frei und der eigene Beruf steht bei einer längeren Auszeit sehr wohl auf der Kippe.


    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Teuteburger und Sonnenblümchen, in Ihre lebendige Diskussion möchte ich nur in soweit einsteigen, dass wir in alle Richtungen denken müssen, wenn wir die Pflege familienfreundlich gestalten wollen.


    Viel gewonnen wäre schon der verlässliche Dienstplan, den viele "meiner" IQM Demenz-Einrichtungen in Ihrem Qualtitätsverbesserungsprojekt mit der Bereitschaft zu vielen individuellen kreativen Einzellösungen umgesetzt haben. So gibt es das 12-Stunden-Modell mit langer verbindlicher Pause und eine 7-Tage-Arbeit-7-Tage-frei-Regel in der Mutter und Schwiegermutter abwechselnd vollzeitig um Arbeit und Kind kümmern konnten.

    Eine andere Eirnrichtung hat mit der Winterzeit die Dienstzeiten nach hinten verlegt und so konnten die Kinder der Pflegekräfte entspannt in die Kitas gebracht werden. Oder es gibt "Mutti-Touren" mit festen Diensten oder Mitarbeiterpools, wo die Flexibilität auch wertgeschätzt wird.


    Das alles setzt eine bestimmte Personaldecke voraus, und ist gleichzeitig die Grundlage dafür. Es geht nicht ohne eine hohe Identifikation mit der Arbeit und wir dürfen uns nichts vormachen: Je mehr der Dienstplan die Bedürfnisse und die familiengerechte Planung erfüllen muss, umso mehr treten die Bedürfnisse der zu Pflegenden in den Hintergrund. Die Wunschzeit der Vorsorgung überschneidet sich oft.


    Ich persönlich habe große Zweifel, dass ein Grundeinkommen die enormen Probleme der Pflege löst und die Menschheit schon so weit ist, wo wir noch immer über den Mindestlohn sprechen müssen und eine Rente die oft nicht mal über der Grundsicherung liegt.

    Ihr Martin Hamborg

  • Hallo Herr Hamborg,


    schön, dass Sie etwas mitdiskutieren. :)


    Die Lösungen, die Sie erarbeitet haben, klingen für mich auf den ersten Blick gut. Über solche Lösungen kann ein etwas entspannteres Arbeiten stattfinden und damit werden auch die Krankheitszahlen weniger werden. Dies haben Sie in Ihrem Buch auch beschrieben.

    Aber ist das auch überall umsetzbar und wie störanfällig ist es, am ganzen System gemessen.


    Das alles setzt eine bestimmte Personaldecke voraus, und ist gleichzeitig die Grundlage dafür. Es geht nicht ohne eine hohe Identifikation mit der Arbeit und wir dürfen uns nichts vormachen: Je mehr der Dienstplan die Bedürfnisse und die familiengerechte Planung erfüllen muss, umso mehr treten die Bedürfnisse der zu Pflegenden in den Hintergrund. Die Wunschzeit der Vorsorgung überschneidet sich oft.


    Der Vorletzte Satz, indem es um die familiengerechte Planung geht und das die Bedürfnisse, der zu Pflegenden dadurch in den Hintergrund treten, liest sich für mich erschreckend. Sobald solches tatsächlich der Fall ist, da klingeln bei mir die Alarmglocken.

    Wenn eins gegen das andere gestellt werden muss, dann ist grundsätzlich etwas im System faul und das gilt es für mich herauszufinden.


    Ich persönlich habe große Zweifel, dass ein Grundeinkommen die enormen Probleme der Pflege löst und die Menschheit schon so weit ist, wo wir noch immer über den Mindestlohn sprechen müssen und eine Rente die oft nicht mal über der Grundsicherung liegt.


    Ich habe diese Zweifel nicht. wenn es richtig gemacht wird. ;)

    Mindestlohn und Rente gehören zur Grundversorgung des Menschen. Vor dem ersten Weltkrieg aber auch danach, mussten immer die Kinder für die Eltern aufkommen, anstelle der Rente. Großfamilien in beengten Verhältnissen waren die Regel, genauso wie Kinderarbeit. Erst nach dem zweiten Weltkrieg konnten Bismarcks soziale Ideen für alle umgesetzt werden. Vollbeschäftigung gab es nur bis in die 70er Jahre hinein. Danach musste man dann wieder schauen, wie man Arbeit überhaupt finanziert bekommt, wenn man weiterhin Wohlstand für alle haben will. Egal, welches System man hernimmt, schon immer mussten viele Menschen, die in sklavenähnlichen Verhältnissen gelebt haben, anderen zuarbeiten, um wenigstens einem Teil der Menschen Wohlstand zu gewähren. Wir hier haben, die damalige offensichtliche Leibeigenschaft und die schlechten Arbeitsverhältnisse nur nach Südostasien outgesourct. Unser System kann nicht autark funktionieren, weil immer wieder das erwirtschaftet werden muss, was man ausgeben will. Das Geld- und Wirtschaftssystem und der Handel bestimmen, wie die Menschen leben können und wie nicht. Auch das ehemalige Billiglohnland China sourct inzwischen aus. Der schwarze Peter, der modernen Sklavenhaltung wird immer wieder weitergegeben, wenn der eigene Wohlstand für alle erreicht werden soll.


    Was ich damit sagen will. Es gibt in Deutschland einen Kuchen, eine Masse, die man unter den Menschen aufteilen muss. Und nur der, der arbeiten geht, bekommt von diesem Kuchen ein Stückchen ab. Alle anderen müssen mitfinanziert werden. Der Kuchen wird niemals dafür reichen, dass alle Menschen Wohlstand haben können, da wir uns an der Masse, aber nicht an den Bedürfnissen der einzelnen Mitglieder orientieren müssen, zumindest jetzt noch. Obwohl unsere Verhältnisse wesentlich besser sind, als in den unteren Kasten Indiens, Chinas usw. sind sie bei weitem nicht so gut, wie manch einer das glauben will, wenn jedes fünfte Kind in Armut lebt. Leid wird nicht geringer durch noch größeres Leid.

    Rentner erwirtschaften nichts mehr und sie werden immer älter und es werden immer mehr werden in den nächsten Jahren.

    Auch Kinder erwirtschaften noch nichts. Und diejenigen, die dazwischenliegen, die sollen all das stemmen? Die Versorgungslage durch das eigene Land ist seit den 70er Jahren immer schiefer geworden. Die Sozialsysteme haben sich aber trotzdem enorm verbessert, auch für alte Menschen.

    Aber wenn ich daran denke, wie das in der Pflege gelaufen ist in dem Heim indem meine Schwiegermama gewesen ist, dann kann ich sagen, das eine Hälfte am Tag gut gelaufen ist und die andere mittelmäßig bis schlecht. Ich habe Situationen erlebt, die jenseits von Gut gewesen sind, wo ich absolut hilflos gewesen bin und wo ich mit Ach und Krach irgendetwas versucht habe hinzubiegen, dabei hätte ich nur zwei Pfleger gebraucht, die die nötige Empathie und die nötige Zeit gehabt hätten und die gut ausgebildet gewesen wären, denn leider waren die wenigen, die all diese Kriterien erfüllt haben, nicht immer dagewesen. Der Tag hat in der Pflege 24 Stunden.


    Und wenn es ein Grundeinkommen geben würde und die Grundversorgung der Menschen damit gesichert wäre, so haben mir doch inzwischen viele Menschen versichert, würden sie wieder gerne in den Beruf zurückkehren, würden sie gerne flexibel arbeiten, immer in dem Wissen, sie werden rechtzeitig von jemand anderem abgelöst und es wäre auch noch genügen Puffer da, wenn jemand mal krank wird. Wenn bei der Personalknappheit heute jemand krank wird, dann ist das direkt ein Verrat an den Kollegen. Das sind schlimme Zustände und ein unmenschlicher Druck, der auf jedem Einzelnen lastet.


    Die eigene Grundversorgung und die Sicherheit, die man durch ein Grundeinkommen gewinnen kann, gibt viel mehr Raum, als wenn der Kuchen immer wieder anders verteilt werden muss. Die Masse des Kuchens, sind praktisch die Steuereinnahmen. Die Stellschrauben sind inzwischen so ausgereizt, so dass der schwarze Peter nur noch hin- und hergeschoben wird. Die einen jubeln dann kurzfristig und die anderen beschweren sich.

    Und es gibt ja nicht nur die Pflege, es gibt zum Beispiel auch Bauern, die immer mehr am Existenzminimum leben, weil sie für ihre Milch keine höheren Preise bekommen können, weil sie an den Welthandel gebunden sind. Deutschland ist hier nicht mehr entscheidungsfähig, egal, was sie hier machen. Es gibt so viele Beispiele, dass das Geld- und Wirtschaftssystem, das an den weltweiten Handel gebunden ist, einfach nur krank ist an verschiedenen Stellen. Natürlich findet man auch hier und da mal eine Nische, wo etwas gut funktionieren kann für eine gewisse Zeit. Aber ich bezweifle, dass es auf Dauer mit dem jetzigen System funktionieren wird, wenn die Menschen nicht eine Grundversorgung und Sicherheit bekommen und wenn sie nicht die nötige soziale Bildung erhalten, dass sie ein Teil des Ganzen sind und das man für das Ganze gerne arbeitet, ohne sich überarbeiten zu müssen.

    Und da die Pflege nicht abgetrennt von anderen Arbeitsbereichen betrachtet werden kann, so denke ich, muss sich im Ganzen gewaltig etwas verändern, damit einfach mehr Arbeitskräfte vorhanden sind. Der Personalschlüssel müsste im Grunde mindestens doppelt so hoch sein, wie er jetzt ist. Und es dürfte eben nicht am Geld scheitern.



    Sie sehen Herr Hamborg, ich stimme Ihnen nicht ganz zu. Aber das macht auch nichts. Das ganze Weltgeschehen ist so komplex, so dass ich denke, alles wird seine Vor- und Nachteile haben. Das Grundeinkommen alleine, wird nicht alle Probleme lösen können, da stimme ich Ihnen zu. Aber vielleicht würde es besser als jetzt sein. Wenn es viel besser wäre, das wäre . . .


    Liebe Grüße

  • Hallo Herr Hamborg,


    ich hoffe, Sie lesen meine letzte Fassung. Ich musste sie mehrmals editieren, da ich sie während anderer Arbeiten geschrieben habe.


    Grüße

  • Ich sehe zum Beispiel auch, dass in Heimen, die vor der Corona-Pandemie noch einigermaßen mit dem Personalschlüssel hingekommen sind und wo doch viele ehrenamtliche Helfer ein- und ausgegangen sind, dass da inzwischen doch starker Personalmangel herrscht. Was vorher noch einigermaßen über die ehrenamtlichen Helfer aufgefangen worden ist, das ist mit einem Mal weggebrochen. Das eine Haus, das ich besucht habe, hat 120 ehrenamtliche Helfer gehabt. Und jetzt nichts mehr.


    Und dann mussten alle Pflegekräfte das alleine stemmen. Das hat zu noch mehr Pflegeflucht geführt, weil der Belastung immer weniger standgehalten wird. Da reicht es schon, wenn nur drei Stellen nicht besetzt sind.


    Deshalb auch mein Appell, den Personalschlüssel mindestens zu verdoppeln. Alles andere ist eine Mindestbesetzung, die sehr störanfällig ist.

  • Liebe Sonnenblümchen,


    Ja, die Ehrenamtler sind wichtige Unterstützung, aber sie sollten nicht als Ersatz für die gelernten Pflegekräfte hergenommen werden und sie sollten, wie Du richtig schreibst, nicht den zwischenmenschlichen Beistand ersetzen müssen, den die total überlasteten ausgebildeten Pflegekräfte nicht mehr schaffen. Denen wird damit tatsächlich ein wesentlicher Faktor ihres Berufes genommen: Zeit haben für den Menschen, dem sie auch medizinisch und pflegend beistehen. Ich habe in der Familie eine solche Pflegekraft, die wegen massiver Überlastung auf dem Zahnfleisch unterwegs ist.

    Das wirkt sich dann nicht nur in der Arbeit aus, das geht zuallererst an ihre eigene Gesundheit (und die Krankmeldungen in ihrem Kollegenkreis steigen, neue Kräfte gehen noch in der Probezeit wieder...) und dann aber auch v.a. an die psychische Gesundheit der Familie, voran die der Kinder!

    Dadurch ist eine Pflegekraft dann wieder noch unglücklicher, weil sie das ja überhaupt nicht will - und sie kann nirgends mehr mit ihrer Arbeit zufrieden sein, weil sie überall nur noch auf dem Zahnfleisch den Anforderungen hinterherrobbt.


    Es müsste ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen (ausreichend) professionellen Kräften und ebenso ausreichend vielen Ehrenamtlern stattfinden, damit dieser Zustand wieder beseitigt wird und dazu müsste tatsächlich auch einmal eine Regierung stark sein für diese Berufe.

    Ich möchte jetzt keine Details aufzählen, die kennen wir wohl alle. Aber jede und jeder von uns kann vielleicht auch im eigenen Umfeld versuchen, die Augen für diese Not zu öffnen und ich hoffe immer noch, dass alle gemeinsam etwas erreichen können. Pflegebedürftige können wir alle jederzeit sein, selbst wenn es nur vorübergehend ist - und ich möchte dann kein schlechtes Gewissen gegenüber den Pflegekräften haben, weil ich nun auch noch an ihnen zerren muss.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo in die Runde, Ihre Beiträge habe ich aufmerksam studiert und kann der Argumentationslienie und dem großen Wurf für eine bessere Gesellschaft gut folgen. Dieser Diskus gehört in die Öffentlichkeit und es sind so viele Dinge zu berücksichtigen, dass ich an dieser Stelle die gesellschaftlspolitischen Fragen nicht aufgreifen möchte.


    Es ist gut, dass Sie mein Satz empört hat: "Je mehr der Dienstplan die Bedürfnisse und die familiengerechte Planung erfüllen muss, umso mehr treten die Bedürfnisse der zu Pflegenden in den Hintergrund"

    Auch mich und viel Einsatzleitungen belastet und empört dieses Problem der Arbeitsorganisation sehr. Wir stehen in diesem ethischen Spagat und zum Glück geht es oft nicht um existenzielle Bedürfnisse, sondern um die Frage, wann und wie lange die Versorgung möglich ist.

    Aber es ist noch nicht so lange her, dass ich in ambulanten Supervisionen die Not der Pflegekräfte besprochen habe, weil sie beschimpft wurden, wenn sie nicht pünktlich um 12:00Uhr, sondern einige Minuten früher oder später kamen. In Zukunft müssen wir immer mehr ethische Fallbesprechungen machen, wie wir gemeinsam mit allen Beteiligten eine würdige Lösung finden.


    Vor Corona gab es viele gute Beispiele für nachbarschaftlich Hilfe und Ehrenamt und ich hoffe, wir können jetzt wieder schnell an das anknüpfen, was uns verboten wurde. Ich kann jetzt gerade wieder dafür Fortbildungen planen, damit auch in nachbarschaftlicher Hilfe eine Aufwandsentschädigung durch den Entlastungsbetrag von 125€ abgerechnet werden kann. Ich persönlich setze meine Kraft in diese kleinen Schritte im Blick auf das große Ganze.

    Ihr Martin Hamborg

  • Liebe Sonnenblümchen,


    Ja, die Ehrenamtler sind wichtige Unterstützung, aber sie sollten nicht als Ersatz für die gelernten Pflegekräfte hergenommen werden und sie sollten, wie Du richtig schreibst, nicht den zwischenmenschlichen Beistand ersetzen müssen, den die total überlasteten ausgebildeten Pflegekräfte nicht mehr schaffen.

    Ich kann dem aus meiner Perspektive nur zustimmen. Schon vor Jahren wurden "Ehrenamtler" sozusagen als "Ersatzkräfte" entdeckt wenn es um die Versorgung von Menschen mit Demenz in Pflegeheimen oder Krankenhäusern geht. Das kann nur bedingt funktionieren, angesichts der Aufgabenstellungen. Mancherorts kommen die Ehrenamtler nicht "on Top", sondern sind die einzigen die neben der reinen pflegerischen Verrichtung noch etwas tun und bieten können, was über Verrichtungen hinausgeht. Ein Trauerspiel - mit handfesten, problematischen Folgen (die den Rahmen hier sprengen würden). Damit kein Missverständnis entsteht: nichts gegen Ehrenämter. Gar nichts. Aber notwendige und wichtige Prozesse im stationären Bereich dürfen und können sie nicht abdecken.
    Im ambulanten Bereich sind die Bedingungen zum Teil natürlich andere und gerade dort greift das Ehrenamt und nachbarschaftliches Engagement in meinen Augen viel mehr und besser. Nicht umsonst hat das Land Niedersachsen sich gerade entsprechend entschlossen, dies zu fördern (vielleicht den Erfolg in NRW gesehen).

    Pflegebedürftige können wir alle jederzeit sein, selbst wenn es nur vorübergehend ist - und ich möchte dann kein schlechtes Gewissen gegenüber den Pflegekräften haben, weil ich nun auch noch an ihnen zerren muss.

    Kürzlich gab es auf einem anderen Medium (Vögelchen) vielerlei Berichte von Pflegefachleuten wie von Angehörigen, die im Rahmen eines Klinikaufenthaltes den noch kränkeren Patienten geholfen haben, diese quasi mitversorgten. Weil nicht genug Pflegekräfte da waren.... .

    "Die" Lösung für den Kräftemangel wird es wohl auf die Schnelle nicht geben. Nicht unumstritten sagt Thomas Kalwitzki, dass vor allen Dingen mehr qualifizierte Hilfskräfte gebraucht werden.
    Der Mangel an qualifizierten Kräften ist sicher auch eine Ursache dafür, dass Menschen mit Demenz nicht selten zuviel Medikamente erhalten.


    Ein System, welches so auf die Hilfe von ehrenamtlichen Helfern aufgebaut ist, kann nur scheitern !

    Ja.

    Es grüßt Sie

    Jochen Gust

  • Hallo Sonnenblümchen,

    ich stimme mit Ihnen in soweit überein, dass es keine (weitere) Deprofessionalisierung geben darf im Bereich der Pflege. Ohne bessere Arbeitsbedingungen wird man keine Kräfte gewinnen können bzw. nicht in dem Maß, in dem es notwendig ist. Um die Probleme in der Pflege zu lösen, muss es viele Ansätze geben die auch noch in ein Zusammenspiel gebracht werden müssen. Da sind viele dicke Bretter zu bohren. Es tut sich ja auch da und dort was, auch wenn ich persönlich Schwierigkeiten habe, die "Siebenmeilenstiefel" zu sehen. Dennoch machen mehr und mehr Pflegefachleute sich auch berufspolitisch stark und engagieren sich. Und auch pflegende Angehörige schließen sich in Vereinen und Vereinigungen zusammen, um gemeinsam auf ihre Probleme und Bedarfe aufmerksam zu machen.
    Ich denke aber, ich verstehe Ihren Punkt im Sinne der erforderlichen Qualifikation. Die sprachliche Anforderung ist in Deutschland B1 od. B2 m.W. . Meiner Erfahrung nach sind Kolleginnen und Kollegen mit mehrheimischem Hintergrund nachgerade nicht das Problem sondern diejenigen, ohne die viele, viele Stationen bereits dicht wären. Sprache kann man ja lernen. Und ja, fordern darf man das auch in sensiblen Bereichen, meiner Meinung nach.

    Den Beitrag den Sie nannten habe ich mir angeschaut. Schade, aber auch nicht ganz untypisch, dass er so kurz war. Leider klingt die Geschichte nicht "exotisch"..... . Ich habe nicht wenige (Ex-)Kolleginnen und Kollegen, die nur noch dabei sind weil sie zur Leiharbeit / Leasingfirma wechseln konnten. Sonst wären sie ganz ausgestiegen.


    Es grüßt Sie


    Jochen Gust

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