Besuche im Pflegeheim

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  • Hallo in die Runde,

    ich wollte mich mal wieder melden, um zu berichten, was Ratschläge und Empfehlungen gebracht haben.

    So schwer es fällt, Nichts. Meine Mutter kann nichts erzählen oder berichten. Also führen wir unsere Unterhaltung fort, wie gehabt. Ich war am 8.3. im Heim und es gab eine Frauentagsfeier. Die Pflegekräfte machten ein bisschen Programm und die Bewohnerinnen saßen unbeteiligt an Tisch, bei Kuchen und Kaffee. Ich bewundere die Pflegekräfte immer für ihre Arbeit, man merkt den meisten wirklich an, dass es für sie eine Lebensaufgabe ist. Ich könnte es nicht. Meine Mutter ist in einem geronto-psychiatrischen Heim. Ich bin nach dem Besuch immer völlig fertig, auch vom Anblick der Bewohner. Ich finde es grausam, was Krankheit aus Menschen machen kann und ich kann jeden verstehen, der sich vor Besuchen „drückt“.


    Normalerweise wäre heute mein Besuchstag, aber ich bin in Quarantäne. Meine Gedanken sind da nicht, oh wie schade, dass ich die Mutti heute nicht besuchen kann. Und da ist es wieder das böse, einen ständig verfolgende schlechte Gewissen. Darf man sowas denken? Darf ich mich fragen, wieviele Jahre ich meiner Mutti noch dabei zusehen muss. Es schmerzt, neben den ganzen Begleitumständen einer Demenzerkrankung, zu sehen, wie ein Mensch sich in seiner Persönlichkeit auflöst. Man denkt an früher und das sich den Lebensabend Alle irgendwie anders vorgestellt haben.


    Für die meisten hat sich ja die Situation mit dem Umzug ins Pflegeheim verbessert. Ich habe weniger Sorgen und die alltägliche Belastung ist weg. Warum geht es mir dann nicht besser? Ich hinterfrage gar nicht meine Entscheidung mit dem Pflegeheim, weil es die richtige Entscheidung, vor allem für die Pflegesituation gewesen ist. Ich fühle mich seit 5 Jahren in Trauer. Erst stirbt mein Vater und dann stellen wir fest, dass mit meiner Mutter irgendwas nicht stimmt. Es hat sich über mein Leben ein grauer Schleier gelegt, den ich nicht abstreifen kann. Es ist jetzt nicht so, dass mich diese Gedanken täglich bedrücken, aber es ist viel Lebensfreude und Leichtigkeit verloren gegangen.


    Liebe Grüße Gobis

  • Und da ist es wieder das böse, einen ständig verfolgende schlechte Gewissen. Darf man sowas denken? Darf ich mich fragen, wieviele Jahre ich meiner Mutti noch dabei zusehen muss. Es schmerzt, neben den ganzen Begleitumständen einer Demenzerkrankung, zu sehen, wie ein Mensch sich in seiner Persönlichkeit auflöst. Man denkt an früher und das sich den Lebensabend Alle irgendwie anders vorgestellt haben.

    Hallo Gobis, Deine Gefühle dürfen ohne schlechtes Gewissen sein.

    Auch sie zeigen Deine Trauer über den Verlust der Mutter, die sie vorher war, sie drücken die früheren positiven Gefühle für sie aus und sind letztlich auch ein Ausdruck von Trauer - auch wenn es eher Erleichterung ist, Dir heute diesen Besuch nicht zumuten zu müssen.

    Es ist einfach unglaublich schwer, unfassbar, zu sehen, wie ein Mensch geistig stirbt und körperlich doch noch lebt. Manchmal glaube ich, der vollständige Tod ist leichter zu ertragen. Aber nahestehende Menschen nur noch als Überreste ihrer selbst erleben zu müssen, keine gemeinsame Basis aus Vertrautheit mehr haben können, obwohl man so viel Leben geteilt, gemeinsam erlebt hat, das kann durchaus den Boden unter den Füßen wegziehen und dann tut die Konfrontation in der Begegnung einfach mehr weh, als wenn man ausweichen kann. Und die Frage, wie lange muss ich das noch mitansehen, mit erleiden, die ist so natürlich (die stelle ich mir sogar bei meinem kranken Sohn immer wieder, bei dem ich auch sehe, wie er leidet. Die (meine) Mutter leidet hingegen anscheinend nicht unter ihrem Zustand), so menschlich - wie sollen wir nicht hoffen, etwas Unterträgliches nicht mehr ertragen zu müssen.

    Fühle Dich verstanden und sag Deinem Gewissen, dass es hier schweigen darf.

    Denn es drückt durchaus Positives aus, wenn Du Deine Mutter nicht verfallen, evtl. auch leiden sehen willst, weil Du es eben mitleidest.

    Liebe Grüße ecia

  • Ich will mich gerne hier anschließen,


    Jedes Eurer Worte ist auch für mich wahr und ich empfinde es genauso.

    Ich kann zwar mit vielem umgehen, schätze auch gewisse Highlights, die auch mit einer Demenz manchmal noch möglich sind, aber es tut mir trotzdem weh, Menschen in dieser Verfassung zu sehen.


    Bei meiner Mama bemerke ich, neben den seltenen kompletten Gedächtnisstörungen eine zunehmend fortschreitende Demenz. Auch ihre Bewegungsfreiheit ist, wegen Oberschenkelschmerzen eingeschränkt. Da haben wir einen Termin zum Röntgen demnächst.


    Gestern habe ich zum ersten Mal festgestellt, dass ich fürsorgliche Gefühle und Gedanken für sie habe, die mich an eine Mutter-Kindbeziehung erinnern, nur dass ich in die Mutterrolle schlüpfe. Wir stehen so ziemlich am Anfang der fortschreitenden Demenz und ich weiß nicht, wohin es gehen wird.


    So viele Sorgen, die mich zusätzlich drücken, sowohl privat meine Arbeiten, dann der Fachkräftemangel in der Pflege. Wieder muss ich versuchen, etwas Passendes zu finden. Meine Mama möchte so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben. Und ich hoffe, es gelingt ohne Pflegeheim, bis zum Schluss. Bei manchen funktioniert das mit einer Seniorenbetreuerin bis zum Tode. Das wäre ein großer Wunsch von mir. Trotzdem werde ich mich im kommenden Jahr umschauen, um eine Perle unter den Pflegeheimen zu finden, so wie Schwarzer Kater das beschreibt.


    Und dann der Krieg, die Wirtschaft. Alles wird immer unberechenbarer, genauso wie in der Demenz.


    Liebe Grüße an alle

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gobis, hoffentlich konnten Sie sich ein wenig mit der Anteilnahme hier im Forum trösten. Es ist so deutlich, wie sehr viele hier mit Ihrem Thema kämpfen!


    Das langsame Sterben und der lange Abschied bei der Demenz unserer Eltern ist sehr schwer zu verarbeiten. Das "böse, ständig verfolgende schlechte Gewissen" hat eine starke Macht und besiegt das, was wir noch positiv wahrnehmen können. Es kann eine Eigendynamik entfalten, die so sehr unsere Lebensfreude einschränkt und sogar unsere Wahrnehmung verändert, sodass wir nur noch alles negativ betrachten können. Jeder gutgemeinte Tipp kann dann zu einem schmerzhaften Rat-schlag werden.


    Der negative Sog kann sich wie in einer Abwärtsspirale immer weiter nach unten drehen, im wahrsten Sinne des Wortes als Teufelskreis bis hin zur totalen Erschöpfung und dem Burnout. Die lange, schmerzhafte, aber letztlich sinnstiftende Trauer kann so aus dem Ruder laufen.


    Für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz ist die Gefahr für diesen Teufelskreis besonders groß. Anders als bei dem Tod eines geliebten Menschen ist bei einem langsamen Sterben erst der Persönlichkeit und dann der Person die Trauerarbeit ungleich schwerer - und damit die Kraft in einen Sog zu kommen, aus dem ohne fremde Hilfe ein Ausweg schier unmöglich scheint.

    Auch bei der Trauer nach einem Todesfall erleben viele Menschen das, was wir hier im Forum lesen: Freunde und Angehörige ziehen sich zurück, wollen die Probleme nicht mehr hören und ignorieren das Leid oder können es überhaupt nicht ertragen.


    Wir haben uns hier immer wieder über den steinigen Weg in dieser schier endlosen Trauerphase ausgetauscht und ich habe versucht, Hoffnung zu machen. Da ist der kleine Trost, dass diese lange Trauerzeit nicht umsonst ist und ganz oft die Trauer nach dem Tod vorwegnimmt. Dies ist ein kleiner Schutz, nach dem Tod des geliebten Menschen nicht in einer schweren Depression zu versinken. Es war für mich ein Aha-Erlebnis, als ein Klinikchef in einem Vortrag berichtete, dass fast alle Patienten mit schweren Depressionen in seiner Klinik unter einem schweren Todesfall litten, der zwei Jahre oder länger zurück lag.


    Dieser Gedanke wird dann vielleicht hilfreich, wenn wir erkennen, dass die Dauerbelastung mit allem Recht der Welt professionelle Hilfe zulassen darf und diese erfordert.


    Liebe Gobis, ich weiß, wie viel Sie über so lange Zeit mit Ihrer Mutter durchgemacht haben und wünsche Ihnen sehr, dass Sie rechtzeitig Hilfe finden, wenn die Zeichen eines Burnouts zunehmen.

    Der große Vorteil ist, je früher wir die Gefahr der Negativspirale entdecken und die möglichen Hilfen annehmen, umso leichter können wir uns aus ihr befreien und vermeiden den Punkt, an es erstmal nicht mehr zurückgeht - jedenfalls nicht ohne eine lange Behandlung.

    Ihr Martin Hamborg

  • Vielen Dank für Eure Anteilnahme und die Schilderungen der eigenen Gedanken. Es tröstet einen schon, dass Menschen, die in der gleichen Situation sind, dass nachvollziehen können oder sogar ähnlich denken.

    Wie Herr Hamborg schrieb, ist es oft ein Problem, dass Freunde und Bekannte, es einfach nicht mehr hören können. Ich habe mir schon vor langer Zeit abgewöhnt, dass mit Menschen, die nicht in der Situation sind zu besprechen. Man darf aber gegenüber Anderen auch keinen Groll hegen, weil es glaube ich sehr menschlich ist, sich nicht mit negativen Dingen auseinanderzusetzen zu wollen.

    Burnout oder Depri Gefahr sehe ich bei mir nicht, auch wenn es diese Trauerphasen gibt. Ich habe mehrere Bekannte, die an Depressionen leiden. Diese haben aus meiner Sicht ein schönes Sorgenfreies Leben. Ich bin selber mit mehreren Erkrankungen gestraft und dann die Erkrankung meiner Mutter und bin stark. Seit letzten August, habe ich Haus und Hof entrümpelt. Jetzt läuft der Umbau und ohne Architekt ist es mir gelungen, dass Haus, welches ich immer als düster und schwer empfunden habe, in eine Quelle des Lichts zu verwandeln. Das gibt mir Kraft.

    Wir versuchen auch immer raus zu kommen, ein schöner Spaziergang oder letzte Woche Ostsee geben Kraft und wir verbieten uns dann auch die Probleme mitzunehmen.


    Vielen Dank für die vielen lieben Worte und Gedanken.


    Schönen Sonntag wünscht Euch Gobis

  • Hallo Gobis -


    ich weiß genau, was Du meinst. Ich bin gerade auch dabei, den Keller meiner Eltern zu entrümpeln und stelle fest, dass es kein Werkzeug gibt, dass er nicht mindestens doppelt hatte. Beschäftigung hilft mir oftmals auch - und in 40 Jahren in einer Wohnung hat sich bei meinen Eltern einiges angesammelt. Ich wünsche ganz viel Kraft.

    Liebe Grüße

    TanjaS

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gobis, so wie Sie schreiben sind Sie trotz allem vor einem Burnout gut geschützt. Dabei hilft es die Mechanismen zu erkennen - bei sich und anderen.


    Eine Bild hat mir sehr gut gefallen: Sie entrümpeln und verwandeln das Alte in eine "Quelle es Lichts". Besser lässt sich eine gelingende Trauerarbeit kaum beschreiben! Es klingt so schön, wie Sie die Spaziergänge und andere wunderbare Auszeiten genießen, in denen Sie alle Sorgen draußen lassen, trotz oder gerade der extremen Situation! Ihr Martin Hamborg

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