Widerspruch gegen MDK Gutachten zurücknehmen?

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  • Guten Tag in die Runde,


    bei meiner allein lebenden Schwester (Alzheimer-Demenz, Pflegegrad 1) wurde im Rahmen eines Wiederholungsgutachtens 15 Monate nach dem ersten Gutachten "nach Aktenlage" ohne jeden Kontakt mit uns erneut der Pflegegrad 1 festgestellt. Dagegen habe ich als Bevollmächtigte (leider verspätet) Widerspruch eingelegt und schriftlich begründet, sowie vorsorglich gleichzeitig einen Neuantrag gestellt, da die Widerspruchsfrist ja schon abgelaufen war.

    Mein Schreiben wurde aber als Widerspruch gewertet/ akzeptiert. Das Widerspruchs-Gutachten kommt nun von der Gesamtzahl der Punkte (20) zum gleichen Ergebnis; interessanterweise haben sich laut Gutachten die "örtliche Orientierung" und "Steuerung mehrschrittiger Handlungen" verbessert. (Ich weiß gar nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll) Das Gutachten fand telefonisch statt.

    Die Gutachterin hatte auf meine Bitte hin zunächst allein mit mir telefoniert, danach gemeinsam mit meiner Schwester und mir (über Lautsprecher). Ich hatte der Gutachterin gesagt, dass ich meine Schwester im Gespräch nicht korrigieren möchte; das finde ich demütigend. Außerdem ist das Verhältnis zwischen meiner Schwester und mir zum Thema "Selbsteinschätzung" sehr angespannt. Deshalb habe ich auch den Ausführungen meiner Schwester darüber, was sie alles alleine könne, nicht widersprochen, was wohl ein Fehler war. Ich hatte allerdings angenommen, dass es beim Medizinischen Dienst berücksichtigt wird, dass an Demenz erkrankte Menschen ihre Situation häufig unrealistisch beurteilen und hatte auch in meiner Widerspruchsbegründung darauf schon hingewiesen.


    Meine Schwester empfand das Telefongespräch im Nachhinein als extrem belastend und lehnt eine weitere Begutachtung erstmal ab. Ich überlege nun, ob ich den Widerspruch zurücknehme und in einem halben Jahr einen Neuantrag stelle. Oder ist das taktisch unklug?


    Für Einschätzungen und Tipps bin ich dankbar.


    Herzliche Grüße

    Sabida

    • Offizieller Beitrag

    Sehr geehrte Sabida,


    dadurch, dass die Pflegekasse Ihr Schreiben als Widerspruch anerkannt hat, wäre der daraufhin erteilte Bescheid ein Widerspruchsbescheid. Dagegen kann man keinen weiteren Widerspruch einlegen, sondern nur noch Klage beim Sozialgericht einreichen. Darauf wird man in dem Widerspruchsbescheid hingewiesen. Das Verfahren würde sicher mehrere Monate oder Jahre dauern. Ein Vorteil könnte sein, dass das Gericht ein ausführliches Gutachten zu dem Gesundheitszustand Ihrer Schwester anfertigen lässt, das gegebenenfalls die von Ihnen genannten Einschränkungen bestätigt.


    Unabhängig davon könnten Sie, auch im Falle eines Klageverfahrens, einen Antrag auf Höherstufung stellen. Dieser würde die aktuelle Situation berücksichtigen. Wohingegen ein Widerspruch oder eine Klage beim Sozialgericht die Situation zu Zeiten der ersten Wiederholungsbegutachtung nachvollziehen und klarlegen soll.


    Sie könnten also abwarten, bis ein rechtsgültiger Bescheid zum Widerspruch ergeht. Das weitere Vorgehen können Sie dann, vielleicht auch in Rücksprache mit dem behandelnden Facharzt, entscheiden. Wenn keine Klage eingereicht wird, gilt der Bescheid als akzeptiert.


    Einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrades kann man jederzeit stellen, wenn die Situation der betroffenen Person sich verändert und der Hilfe- und Unterstützungsbedarf sich erhöht. Hier empfehle ich eine vorherige persönliche Beratung, zum Beispiel in einem Pflegestützpunkt, zur Vorbereitung auf die Begutachtung und zur Klärung der einzelnen Prüfkriterien. Nach meiner Erfahrung werden die im Gutachten genannten Unterpunkte zu den einzelnen Bereichen oder Modulen (Mobilität, Selbstversorgung usw.) häufig von den Betroffenen oder Angehörigen anders interpretiert als vom Gesetzgeber vorgesehen. Eine gute Vorbereitung kann auch helfen, dass bestimmte Fragen zum Beispiel im Modul 6 (Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte), ausführlicher besprochen und stärker berücksichtigt werden.


    Das Ihre Schwester eine weitere Begutachtung in nächster Zeit ablehnt, kann ich nachvollziehen. Es ist leider keine gute Voraussetzung, die Begutachtung telefonisch durchführen zu müssen. Darunter leiden wohl alle Beteiligten. Man kann nur hoffen, dass diese Situation sich bald verändert.


    Alles Gute.



    Mit freundlichem Gruß


    Birgit Spengemann

  • Sehr geehrte Frau Spengemann,


    vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Nach Rücksprache mit einem Pflegestützpunkt habe ich den Widerspruch nun zurückgenommen. Dort wurde mir gesagt, dass sie davon ausgehen, dass in einigen Wochen wieder Hausbesuche des Medizinischen Dienstes stattfinden werden und dass eine Begutachtung mit Hausbesuch in diesem Fall wohl erfolgversprechender wäre.


    Freundliche Grüße

    Sabida

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