Demenz und Alkohol

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo OiOcha,

    Ihre Fragen sind im Prinzip gut und sehr hilfreich, allerdings können Sie nicht alle Eventualitäten vorab klären. Es ist immer möglich, noch Dinge zu bringen und nachzusteuern. Immerhin gibt es viele Patienten, die plötzlich in die Klinik müssen.


    So wie Sie schreiben, haben Sie eine klare Einschätzung, dass es keinen Sinn macht, Ihren Vater von der Klinik zu informieren. Er vergisst es und es schafft neue Konflikte im alten Muster. Vielleicht ist es ausreichend, wenn Sie innerlich ganz klar und entschlossen sind, denn er muss klinisch untersucht werden und braucht Hilfe, das haben Sie oft genug besprochen und es gab klare Momente. Im Notfall hilft eine Notlüge wie das CT oder "Du hast es mir versprochen..."


    Bei der Auswahl der Packliste oder der persönlichen Besonderheiten (ausreichend Süßigkeiten) stehen Sie in einem Dilemma: Auf der einen Seite ist es hilfreich, so viel wie möglich Persönliches mit zugeben, damit er sich seiner Identität versichern kann. Auf der anderen Seite sind genau diese Dinge mit den alten Verhaltensmustern verknüpft, die es zu ändern gilt. Sie kennen ihren Vater in seiner Hilfsbereitschaft und Kontaktfreude, die er in der Klinik besser ausleben kann, als zuhause. Dies spricht für mich dafür, dass der Neubeginn alles neu machen kann und so problematische Muster schneller gelöscht oder ersetzt werden. Ihr Vater kommt so in eine Situation in der er zum "Sympathieträger" werden kann und mit diesen Erfahrungen einen guten Start in einem Heim bekommt.


    Das therapeutische Team in der Klinik wird Ihnen sicher sagen können, was förderlich ist. Es kann gut sein, dass der Kontakt zu Ihnen und Ihrer Mutter erstmal sehr sparsam sein muss... Unter diesem Gesichtspunkt könnte der Zettel mit der Telefonnummer zur Rückfahrkarte werden, die m.E. nicht oder nicht so schnell gelöst werden sollte!

    Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen und die erste Zeit in der Klinik!

    Bis dahin viel Gelassenheit - in der dann auch die Medikamente wirken können. Ihr Martin Hamborg

  • Hallo Herr Hamborg! Vielen Dank für den Rat und Zuspruch!


    Ich habe meinen Vater heute morgen in der Klinik abgeliefert. Es war keine tolle Erfahrung.


    Wir haben es vorab weitgehend verheimlicht, wobei meine Mutter die Untersuchung am Wochenende einige Male angesprochen hat und er nichts dagegen hatte.


    Heute morgen war er sehr misstrauisch und wollte kaum ins Auto einsteigen. Hat dann ständig gefragt (trotz 100mg Quetiapin), wohin und warum. Am Autobahnende hatten sich Klimaprotestler festgeklebt, so dass die Fahrt doppelt so lang wie normal dauerte (quälende 1 1/2 Stunden, dankeschön!). In der Klinik mussten wir uns hinsetzen, und (wiederum quälende) 1 1/2 Stunden auf die Aufnahme warten. Er hat ständig geklagt und wollte wieder gehen, es war schlimm. Dann war er plötzlich müde und ich konnte alleine ins Aufnahmezimmer gehen. Währenddessen ist er kurz eingeschlafen. Danach war er völlig von der Rolle, dachte, ICH sei der Patient und er zur Begleitung dabei.


    Brachte ihn auf die Station, wo ihm das Zimmer gezeigt wurde und Mittagessen angeboten. Ich ging zurück zum Auto, um den Koffer zu holen. Als ich wiederkam, sass er auf dem Bett und meinte, er hätte mal zwei Kartoffeln von "meinem" Mittagessen gegessen. Ich konnte ihn nicht überzeugen, es zu essen.


    Dann suchte ich nach den Ärzten und mir wurde ein Gesprächstermin von 14:30 vorgeschlagen. Nachdem mein Vater am Durchdrehen war, wollte ich auf keinen Fall noch 3 Stunden da mit ihm sitzen bleiben. Habe dann kurz mit einer Ärztin gesprochen (der Chefarzt ist ja der Ehemann unserer Psychiaterin, und war eh eingeweiht). Dann kamen zwei Krankenschwestern und wollten wissen, ob ich der Herr OiOcha sei. Sie wollten Blut abnehmen und mein Vater hat sie wieder weggeschickt, ich sei doch der Patient. Bin dann hin und habe versucht es aufzuklären, aber er war völlig durcheinander. Habe dann ihn dann überzeugt, Blut abnehmen zu lassen, und gesagt, ich spreche mit der Ärztin. Nach kurzer Rücksprache bin ich dann gegangen, und zwar natürlich, ohne mich zu verabschieden.


    Ich denke mal, dass er denen heute die Station auseinander nimmt, und dann hoffentlich in den nächsten Tagen diagnostiziert und eingestellt wird. Wir möchten ihn auf keinen Fall zurück nach Hause holen, und auch Entlassung/Transfer in Kurzzeitpflege/Heim möchte ich mir nicht mehr antun. Bin echt gespannt, wie das weitergeht!

  • Hallo OiOcha,

    Das war verständlicherweise alles sehr aufregend.. kann ich mir sehr gut vorstellen. Eine wichtige Hürde ist genommen, für uns ist es etwas sehr besonderes und unangenehmes, für das Personal dort wird es nahezu "täglich Brot" sein und sie wissen zu reagieren und haben den nötigen Abstand.

    Ich würde nun versuchen mich irgendwie positiv abzulenken.

    Du willst deinen Vater wie auch euch Angehörige auf einen der Krankheit entsprechenden guten Weg bringen, nicht mehr und vor allem nicht weniger. Dein Vater wird alles ganz anders wahrnehmen als du mit gesundem Blick.

    Man kann es sich leider nicht alles aussuchen, einen Menschen in einem Hospiz oder auf einer Intensivstation zu lassen mit anderen Krankheiten ist nicht unbedingt leichter, doch wir sind erwachsen und können vieles verarbeiten mit der Zeit.

    Für den Weg in ein potentielles Heim gibt es sicher auch Krankentransport. Dein Vater wird ja sehr vieles vergessen, das ist oft auch gut so..

    Alles Liebe für dich

  • Auch meine Glückwünsche für die Bewältigung diese wichtigen Wegstücks!

    Buchenberg

  • Vielen Dank für die Worte, Rose! Ich bin recht sicher, das Personal wird gedacht haben, ich hätte ihn unter dem Vorwand hingebracht, dass ich der Patient bin. Er war ja plötzlich selbst davon überzeugt und musste nichtmal schauspielern (was er ja auch gut gekonnt hätte). Mittlerweile haben sie es aber wohl mitgekriegt, wie durcheinander er ist. Ich musste gerade nochmal in die Klinik (aber zum Glück nur an die Pforte), um eine Einwilligung für eine Lumbalpunktion zu unterschreiben. Die Stationsärtzin hielt ihn also wohl nicht mehr für in der Lage, da selbst die Zustimmung zu geben.


    Ansonsten werde ich diese Woche schöne Sachen mit meiner Mutter unternehmen -- jetzt geht es gleich an den ..., in traumhaftem Wetter, und ohne, dass wir uns alle 2-3 Minuten fragen, wo laufen wir jetzt hin, wann drehen wir um, wo gibt's jetzt ein Weissbier? Danach zum gemütlichen Mittagessen, und zwar ohne, dass jemand ruft "wir zahlen!" während meine Mutter erst halb fertig ist. Danach Bummeln in ..., wo sie vielleicht mal wieder was für sich selbst einkaufen kann. Sie hat doch glatt die letzten eineinhalb Jahre in keinem "schönen" Schuh-/Bekleidungsladen mehr geshoppt, weil das mit meinem Vater nicht möglich war.


    Morgen werde ich dann selbst zum Augenarzt gehen, wo ich im Sommer blöderweise zum gleichen Zeitpunkt einen Termin für meinen Vater ausgemacht hatte. Nachdem er fertig war, wollte er gehen ("ich lauf mal durch die Stadt, lass dir Zeit") und ich musste meine Behandlung abbrechen.


    Ich habe schon noch ein schlechtes Gewissen und denke oft, was wird mein Vater gerade machen. Aber wie du oben vielleicht herauslesen kannst, überwiegt die Erleichterung. Es wird jetzt darum gehen, meine Muttter zu unterstützen (die Beiden waren ja über 50 Jahre zusammen) und sie davon abzubringen, ihn wieder nach Hause holen zu wollen. Man weiss nie, wie es mit der Medikation und dem fortschreitenden Vergessen läuft, aber ich denke, zuhause wohnen werde ich nicht mitmachen, und auch beim gelegentlichen oder regelmäßigen für Besuche nach Hause holen wird man sehr vorsichtig sein müssen.

    Einmal editiert, zuletzt von OiOcha ()

  • Hallo OiOcha,


    du hast das ganz toll gemacht. Ich wünsche dir von Herzen das sich die ganze Lage jetzt wieder etwas beruhigt und dein Papa die Hilfe und Medikamente bekommt die er braucht.


    Genieße die Zeit mit deiner Mama und macht euch ein paar schöne Erinnungen.


    Gegen dein schlechtes Gewissen habe ich leider kein Patentrezept (habe ich ja bei mir auch nicht). Du weißt ja selber das es vollkommen unbegründet ist aber Herz und Verstand laufen da oft in verschiedene Richtungen.


    Mein "Mantra" das ich mir immer wieder selbst vorsage wenn das Gewissen zusehr plagt lautet ihm Moment:


    "Ich möchte das bestmögliche für meinen Vater, das bestmögliche kann ich aber zuhause nicht bieten. "

    Vielleicht hilft es dir ja

  • Wie schön, OiOchia, da habt ihr wohl schnellen Zugriff auf eine wunderschöne Gegend. Lass dich halt überraschen, wie es für deine Mutter läuft und bleib klar bei deiner Einschätzung. Ich hatte damals ganz klar mit mehrmaliger Bestätigung den Auftrag von ihr, für die Betreuung und Unterbringung meines Vaters zu sorgen. Als es soweit war, kamen Vorwürfe, so schlimm sei es doch noch nicht gewesen, "achja, die Polizei war da" , aber egal...

    Da kehren sich wirklich die Rollen um, ob man will oder nicht..

    Alles Gute dir/euch

  • Hallo OiOcha, auch von mir (ich hab immer mitgelesen) alles Gute für die weitere Entwicklung, die nun eingeleitet ist. Das war ein entscheidender und großer Schritt und der war und ist schon eine große und gute Leistung von allen Beteiligten. Du darfst dich nicht entmutigen lassen, wenn deine Mutter eventuell zweifelt, ob es richtig war. Wir haben Ähnliches durchgemacht: mein Mann und ich haben meine Mutter mit immer stärker werdender Demenz völlig alleine gepflegt. Die Pflegekräfte hat sie rausgeworfen, ihren Zustand völlig verkannt. Ich konnte nicht mal mehr in Ruhe einkaufen, nur selten und kurz das Haus verlassen, den Ort schon gar nicht, die Tochter und das Enkelkind nicht mehr besuchen. Als meine Mutter dann ins Krankenhaus kam, haben wir uns gefühlt wie im Paradies, haben völlig sebstverständliche Dinge doppelt genossen. Beim ersten Mal habe ich es aber nicht übers Herz gebracht und meine Mutter wieder aus der Kurzzeitpflege geholt. Dann hatte ich sie noch ein halbes Jahr zu Hause, bevor alles völlig eskalierte. Ich bin immer noch nicht völlig im Frieden mit mir selbst, weil meine Mutter jetzt im Pflegeheim ist, aber das muss man einfach in Kauf nehmen:


    Manchmal gibt es einfach nur Alternativen, von denen eine zwar die bessere, aber keineswegs voller Glückseligkeit ist. Die andere aber ist so schlimm, dass sie gar nicht infrage kommt. So muss man sich das sagen und so kannst es vielleicht du dir und v.a. deine Mutter sich immer wieder sagen (wie ein Mantra). Wichtig ist, dass alle (wieder) LEBEN können!!!

  • Ihr Alle! Mir fehlt zwar die Erfahrung mit der Mutter im Heim völlig, aber ich glaube, für ihre Entwicklung war ihre Blindheit tatsächlich ein Segen, so dass sie mit zunehmender Demenz ohnehin schon an eine gewisse Hilfebedürftigkeit gewöhnt war und diese leichter akzeptieren konnte.

    Als sie dann merkte, dass sie sich geistig verändert (sie sagt es nie, aber zeigt es doch in manchem) war sie mit zusätzlicher Hilfe regelmäßig nicht mehr einverstanden, konnte sich aber letztlich nicht wirklich dagegen wehren.

    Da kommen dann schon so Sachen wie: "da hupfen lauter Fremde (die sie tatsächlich alle seit Jahren kennt) in meinem Haus herum und ich habe keine Ruhe" oder auch mal Wut, ausgedrückt: "ich möchte jetzt was durchs Fenster schmeißen". Allerdings hat sie eine wunderbare Begleiterin (Pflegerin könnte man sie auch fast nennen), die ihr dann regelmäßig ihre Trommel bringt, auf der Mutter sich dann abreagieren kann und das klappt bisher gut.

    Mit ihren 97 Jahren, dick mit Wasser gefüllten Beinen und blind ist sie einfach nicht mehr so aktionsfähig, wie es Eure Eltern zum Teil zu sein scheinen - und wenn ich Eure Berichte so lese, bin ich dafür inzwischen wirklich dankbar. Dieser - sonst gar nicht wünschenswerte Zustand - macht es für alle Beteiligten so unendlich viel leichter, mit ihr umzugehen.


    Ansonsten kann ich nur unterstützen, dass niemand von Euch wirklich ein schlechtes Gewissen haben muss, denn jede*r hat bisher doch mehr als sein Möglichstes getan und sich für die Eltern eingesetzt und nun sind einfach die Fachleute in den entsprechend eingerichteten Häusern die bessere Möglichkeit. Sich das selbst einzugestehen und es den Eltern zu ermöglichen (auch wenn sie diese Notwendigkeit teils nicht einsehen), ist letztlich ein großer Dienst und evtl. sogar Liebesbeweis, auch wenn es sich gegenteilig anfühlt.

    Meine Hochachtung vor jeder und jedem Einzelnen von Euch.

  • Hallo Sohn, Rose, schwarzerkater und ecia25! Vielen Dank für den Zuspruch, es hilft sehr!


    Hatte einen sehr schönen Tag mit meiner Mutter, habe aber zwischendrin zwei Nachrichten bekommen von ihren Freundinnen, die sich "Sorgen" um sie machen. Werde mich häufig um sie kümmern, aber muss irgendwo die Grenze ziehen -- sie hätte bestimmt gerne, dass ich bei ihr einziehe, aber mit Anfang 40 und nachdem ich schon mein eigenes Leben in den USA aufgegeben habe, muss ich irgendwann auch mal an mich selbst denken. Werde ihr auf jeden Fall eine Psychologin beschaffen, mit der sie die Dinge verarbeiten kann. Und ich hoffe ihre (zahlreichen) Freundinnen werden sie auch mit unterstützen.


    Gegen 14 Uhr kam ein Anruf von der Psychiaterin, die von ihrem Mann (dem Chefarzt der Klinik) Infos erhalten hatte. Mein Vater ist ein extrem schwieriger Patient ("schwer führbar," wie sie es nannte). Die Ärzte und Pfleger sind lt. Pflegeberichten alle überrascht, wie schlecht es mit dem Kurzzeitgedächtnis läuft, und verwundert, dass meine Mutter es so lange ausgehalten hat. Sie meint, er ist schwer dement, wird problemlos mindestens Pflegestufe 3 bekommen, und an eine Rückkehr nach Hause ist nicht zu denken. Er muss auf eine beschützende Station.


    Wenige Minuten danach kam ein Anruf vom Sozialdienst der Klinik. Die Dame war sehr nett (und hatte auch schon die Marotten meines Vaters mitbekommen). Sie hat mit mir eine halbe Stunde+ über Pflegegrad u.ä. gesprochen. Ich muss selbst rumtelefonieren, um eine beschützende Station zu finden, das macht die Klinik nicht. Sie meint, es würde nicht leicht werden, und ggf. würde mein Vater für eine Weile in eine Gerontopsychiatrie kommen. Ich habe dann eine lange Liste bekommen, die ich jetzt abtelefonieren muss. Bei den ersten 5 Heimen, wo ich heute jemanden erreicht habe, gab es nur eines, bei dem mir eine Warteliste angeboten wurde. Es wurde gefragt, ob ich schon einen gerichtlichen Beschluss zur Unterbringung habe -- scheint man doch zu brauchen, obwohl ich ja eine notarielle Vollmacht mit Befugnis zur Entscheidung zur Unterbringung habe. Werde wohl mal beim Betreuungsgericht anrufen müssen und mich schlau machen.

  • Liebe OiOchia,

    Erstmal schön, dass du etwas schönes mit deiner Mutter unternehmen kannst und sie noch Freundinnen hat. Hoffentlich halten sie zu ihr..

    Bzgl. Unterbringung ist es m.W.n. so, dass ohne gerichtlichen Beschluss einerseits der Wunsch deines Vaters zählt, solange er ihn sprachlich äußern kann. Wenn er sich von sich aus nicht auf den Weg macht, kann dich wiederum niemand zwingen ihn abzuholen. Vermutlich kann dir bei einem Anruf beim zuständigen Betreuungsgericht aber Auskunft über das Prozedere gegeben werden, sie haben jedenfalls täglich damit zu tun. Für eine offizielle rechtliche Betreuung müsstest du deine Vollmacht offiziell abgeben und es kostet monatliche Gebühren.. wir hätten meinen Vater anders nicht unterbringen können, ohne dass er noch abgehauen wäre. Das ist alles sehr nervenaufreibend, ich wünsche dir gutes Gelingen!! Halte durch! Schlimm wenn ein Leben so dem Ende zugeht, aber nun seid ihr schon so weit gekommen, da wirst du den Rest auch noch bestehen. ;)

    Herzliche Grüße

  • Ich habe gerade einen Anruf von der Stationsärztin aus der Klinik erhalten. Mein Vater ist ihnen zu viel, und er wird noch heute in eine Gerontopsychiatrie verlegt. Er ist dreimal aus der Station abgehauen und hat es einmal sogar bis in den Garten geschafft. Echt unglaublich, dass er das trotz Demenz geschafft hat -- er versucht manchmal, den Fernseher mit dem Telefon zu bedienen, aber hier kriegt er die Stationstüre auf, während ich mir den Mechanismus von einem Pfleger erklären lassen musste.


    Ansonsten hat mir die Ärztin nicht viel gesagt, aber genug, um mir ein schechtes Gewissen zu machen. Er sei freundlich und kooperativ gewesen und überhaupt nicht aggressiv. Und er hätte ständig nach mir und meiner Mutter gefragt, wo wir sind, und uns anrufen wollen. Sie (die Stationsärztin) sei pro-Besuch, obwohl mir die Psychiaterin gesagt hatte, man solle das lassen. Man wollte mir ja nicht mal eine Telefonnummer mitgeben, ich weiss also gar nicht, wie ich einen Besuch hätte anmelden sollen. Fühle mich jetzt sehr schuldig und habe so eine schlimme TV-Show vor Augen, wo irgendjemand im Ausland ins Gefängnis geworfen wird und wochenlang in der Zelle sitzt, und hofft, dass sich ein Verwandter meldet und ihn rausholt.

    Bzgl. Unterbringung ist es m.W.n. so, dass ohne gerichtlichen Beschluss einerseits der Wunsch deines Vaters zählt, solange er ihn sprachlich äußern kann. Wenn er sich von sich aus nicht auf den Weg macht, kann dich wiederum niemand zwingen ihn abzuholen. Vermutlich kann dir bei einem Anruf beim zuständigen Betreuungsgericht aber Auskunft über das Prozedere gegeben werden, sie haben jedenfalls täglich damit zu tun. Für eine offizielle rechtliche Betreuung müsstest du deine Vollmacht offiziell abgeben und es kostet monatliche Gebühren.. wir hätten meinen Vater anders nicht unterbringen können, ohne dass er noch abgehauen wäre. Das ist alles sehr nervenaufreibend, ich wünsche dir gutes Gelingen!! Halte durch! Schlimm wenn ein Leben so dem Ende zugeht, aber nun seid ihr schon so weit gekommen, da wirst du den Rest auch noch bestehen. ;)

    Herzliche Grüße

    Zum Thema Unterbringung und Heim: Ich habe ausführlich mit drei Heimen gesprochen, die alle meinten, die gerichtliche Genehmigung wird in der Regel von der Klinik eingeleitet. Und auf der Seite des Gerichts habe ich gelesen, dass die Genehmigung einer Unterbringung nach §1906 Abs 1-3 BGB sonst keine Auswirkungen hat -- man also weiter mit der notariellen Generalvollmacht alles machen kann und keine Betreuung eingeleitet werden muss. Ich denke mal, die Leute in der Psychiatrie werden mit dieser Materie mehr vertraut sein als die Sozialarbeiterin der kleinen Klinik, und dementsprechend warte ich mal bis morgen oder nächste Woche ab.

  • Hallo OiOcha -


    oh nein. Ich hatte wirklich gehofft, dass Du ein wenig zur Ruhe kommen könntest. Bitte fühl Dich nicht schuldig - ich weiß, wir sagen uns das immer gegenseitig und trotzdem hat man ein schlechtes Gewissen (geht mir genauso). Ich sende Dir alle lieben Wünsche.

    Liebe Grüße

    Tanja

  • Hallo OiOcha,


    das tut mir so leid für dich. Fühle Dich nicht schuldig. Du hast genau das gemacht was dein Vater braucht.


    Sieh es mal von der Seite, nicht mal in einer professionellen Einrichtung mit viel viel mehr Pflegekräften als zu Hause konnte dein Vater "gebändigt" werden. Nur noch viel mehr ein Beweis dafür das ihr genau den richtigen Schritt gemacht habt. Ich wünsche dir so sehr das es in der Gerontopsychatrie besser läuft.

  • Liebe OiOchia,

    Das ist richtig blöd von der Ärztin dir gegenüber !! Da hat sie ihre Hilflosigkeit an dir ausgelassen, würde ich mal sagen, vllt noch eine unerfahrene Assistenzärztin?

    Und ich kann sohn83 voll zustimmen. Es zeigt, wie richtig dein Handeln war und umso besser, wenn dein Vater in die GerontoPsychiatrie kommt, da gehört er aktuell hin.

    Versuche dich zu beruhigen, ich kann dich so gut verstehen.

    Bei mir rief auch mal bzgl.meinem Vater ein Pfleger aus der Psychiatrie an, ich müsse meinem Vater Zigaretten bringen (200 km von mir weg). Er sei so nett - der Pfleger kannte die ganze Vorgeschichte mit Mordversuch nicht. Ich hatte danach Panik, mein Vater nimmt sich ein Taxi und steht bei mir vor der Tür. Das letzte, was ich von ihm gehört hatte, war, dass er mich und meine Familie vernichten will - so nett war er uns gegenüber oft...

    Also, du weißt, was wirklich dahinter steckt und alles wird gut!! Ich wünsche es dir sobald wie möglich..

    (Hoffe ich habe hier niemanden erschreckt, aber so kann Demenz auch sein, besonders wenn jemand schon vorher Psychopath war. Anders als ein Demenzchor im TV)


    Alles Gute euch allen <3

  • Lieber OiOcha, ich möchte mein Mitgefühl ausdrücken - es ist einfach furchtbar, was die Demenz aus einem Menschen macht. Und leider sind auch Ärzte nicht durchweg kompetent, weder fachlich noch menschlich. Ich selbst komme aus dem akademischen Bereich und habe damit Erfahrungen, dass nicht jede/r mit einem Titel vertrauenswürdig ist. Schlimm, wenn damit solche Verantwortlichkeiten verbunden sind. Aber so ist die Realität.


    Mir geht gerade durch den Kopf, wie du deinem schlechten Gewissen etwas beikommen kannst: Mir fiel deine Mutter ein, die auch sehr stark auf Hilfe und Beistand angewiesen ist (neben deinem Vater). Und du bist auch nicht schuldig an all dem Schlimmen, was dein vater durchmachen muss. Es ist einzig und allein diese schlimme Krankheit, die niemand ausgesucht hat, du auch nicht. Ich wünsche dir Kraft, Stärke, Mut und Tapferkeit (gerade die braucht man in solchen Situationen)

  • Hallo ihr Lieben! Vielen Dank für den Zuspruch! Auch in den anderen Threads habe ich einige tolle Posts gelesen ... bei der "Universalnummer der Welt" musste ich sehr schmunzeln. Bin echt froh, dass ich euch habe!


    Habe gerade mit der Stationsärztin der Gerontopsychiatrie telefoniert, die sehr nett war. Mein Vater war gestern nicht zu bändigen und musste fixiert werden. Die vorige Klinik hat ihn verlegt, weil er zweimal abgehauen ist, und es einmal leicht bekleidet auf die Strasse geschafft hat. Die Polizei hat ihn dann gesucht. Verstehe also überhaupt nicht, wieso die Stationsärztin der Klinik mir gestern ein schlechtes Gewissen gemacht hat -- das klingt doch nicht wirklich nach kooperativ und freundlich?


    Zum Thema Besuchen meint die Psychiaterin meines Vaters "bloss nicht" und die Stationsärztin der Gerontopsychiatrie sagt, sie hätte nichts dagegen. So wie ich meinen Vater (und mich selbst) kenne, mache ich das lieber erstmal nicht.


    Diagnose lautet wohl auf Korsakow (also Alkohol-bedingt), wobei viele Testergebnisse noch ausstehen.


    Meine Mutter wollte ihn gestern unbedingt besuchen und am liebsten wieder nach Hause holen. Fühlt sich wohl sehr einsam. Ich erzähle ihr natürlich viele Details nicht.


    Es war wohl heute früh eine Richterin bei ihm wg. Unterbringung und Fixierung. Die Gerontopsychiatrie hat alles erledigt und ich muss angeblich nur unter Vorlage meiner notariellen Vollmacht ans Gericht schreiben, dass ich zustimme. Werde das nächste Woche mal mit der Dame vom Sozialdienst klären.

  • Hallo OiOcha,


    gut das es sich voran bewegt. Denke nicht zuviel darüber nach was die Stationsärztin gestern gesagt hat, dem was Rose60 dazu gesagt hat ist eigentlich nicht hinzuzufügen.


    So schlimm das alles im Moment für deinen Papa sein mag, auch das wird alles wieder vergessen. Ich glaube manchmal die Gnade die wir mit der Demenz haben, ist die Situation noch so schimm, der Tag noch so schlecht auch diese Erinnungen lösen sich in Luft auf.


    (Leider bei uns nicht ...)

  • Ich fühle mit dir, liebe OiOchia, das ist schlimm vom eigenen Vater zu erfahren. Mein Vater hat auch mal schreiend auf der Straße gelegen, als er abgehauen war und es war sehr gut, dass er ein ganzes Stück vom Wohnort weg untergebracht war . Aus einem Heim zur Kurzzeitpflege vorher im Nachbarort ist er nämlich morgens um 5 Uhr per Anhalter nachhause gefahren und stand mit riesigem Stock vor der Haustür.

    Wer weiß, was deiner Mutter noch passiert wäre.. ich kann wirklich empfehlen Abstand zu halten, jeder Kontakt kann das Heimweh deines Vaters momentan schüren und er braucht nun diese spezielle Behandlung, muss sicher medikamentös erstmal eingestellt werden. Es wird auch wieder ruhigere Zeiten geben und deine Mutter braucht sicher Zuspruch, dass es so nun richtig ist aktuell.. eine schwere Zeit.

    Herzliche Grüße

  • Hallo OiOchia, auch ich fühle mit dir. Ich weiß aber auch, dass es schwer ist, daraufhin Trost zu empfinden.

    Was ich ganz sicher weiß: Auch diese schlimme Situation wird nicht so bleiben.


    Wir haben uns damals auf der höchsten Eskalationsstufe in der Kleinstfamilie aneinander festgehalten und das half uns. Sicher wird jetzt vor allem deine Mutter dich erst mal brauchen. Vielleicht könnt ihr zusammen etwas besonders Schönes machen, etwas, dass lange Zeit nicht ging oder etwas neues Neues Gutes ... um sozusagen das Problem zu "überschreiben".


    Besuchen würde ich den Vater auch erst einmal nicht. Zeit hat für ihn ohnehin nicht mehr dieselbe Bedeutung wie für uns. (Meine Mutter behauptete damals, ich sei ewig nicht bei ihr gewesen ... dabei war ich mehr bei ihr als bei mir im Haus.) Auf jeden Fall wird er - wie Rose sagt - dies alles wieder vergessen. Und das ist mal eine positive Facette der Demenz. Alles, alles Gute!!!!

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