Hallo,
hier mal kurz - oder auch länger eine Schilderung der Situation meiner Mutter (82 Jahre).
Seit ca. 5 Jahren bemerke ich bei ihr zunehmend Auffälligkeiten, die ich am Anfang halt auf eine gewisse altersbedingte Problematik schob. Sie behauptete Sachen, die überhaupt nicht sein konnten, wollte nicht zum Arzt, sah es nicht ein, dass ich nicht gleich zu ihr kommen kann, wenn sie anruft - ich bin Vollzeit berufstätig - und so allerhand anderes.
Es lief aber so weit noch alles einigermaßen, sie lebt allein in einer großen Wohnung und kam mit meiner Hilfe bei Haushalt, Einkaufen, etc ganz gut zurecht. Ihren Papierkram und alles Administrative mache ich schon, seit mein Vater vor 20 Jahren gestorben ist, das ist aber nie ein Problem gewesen.
Naja seit ihrem letzten Krankenhausaufenthalt 04/21 wegen eines häuslichen Sturzes geht es rapide bergab. Sie ist zwar körperlich für ihr Alter noch relativ gut in Schuss, außer Diabetes Typ 2 keine weiteren Erkrankungen, aber der Kopf lässt rapide nach. Im KH wurde auch eine Art Demenztest mit ihr gemacht, da hat sie von 10 Punkten 3 erreicht, was genau müsste ich nochmal im Arztbrief nachlesen. Aber eine Demenz-Diagnose haben wir nicht, denn sie geht ja nicht zum Arzt.
Mit dem Diabetes ist sie auch nie klargekommen. Sie hat einen Sensor am Arm, ich rufe dreimal täglich an, dann messen wir und ich sage ihr, wie viele Einheiten Insulin sie spritzen soll. Bisher auch okay, auch wenn ich dabei ein zunehmend schlechtes Gefühl habe. Wir hatten mal für 6 Wochen einen Dienst, der das übernommen hat, aber damit konnte sie gar nicht umgehen, weil der halt nicht wie ich zu ihren bevorzugten Zeiten verfügbar war sondern immer unterschiedlich. Dann hat sie mich ständig im Büro weinend angerufen und mir Vorwürfe gemacht, warum ich ihr das antue.
Naja also Dienst wieder weg und wieder unser altes System
Seit einigen Wochen nimmt die Verwirrtheit aber Fahrt auf. Sie behauptet, während sie letztes Jahr im KH war hätte jemand ihre Wohnung durchwühlt....dieser Jemand hat aber nichts gestohlen sondern ihr Müll in den Keller gestellt, an ihre Halsketten andere Verschlüsse gemacht, irgendwelche Zettel mit geheimen Botschaften hinterlassen und so einiges anderes. Sie findet quasi täglich neue "Beweise" und ruft mich dann zu jeder Tages- und Nachtzeit an, um mir ihre neuen Entdeckungen zu schildern.
Mittlerweile ist es so schlimm dass sie sogar bei der Hausverwaltung den Einbau eines neuen Schlosses veranlasst hat und niemandem mehr einen Schlüssel gibt - mir nicht und auch dem Hausnotruf nicht. Und trotzdem behauptet sie weiterhin dass dieser Jemand regelmäßig ihre Wohnung durchwühlt. Sie ist keinerlei logischen Argumenten zugänglich. Dabei räumt sie den ganzen Tag rum, sie ist extrem aktiv, unruhig, rennt ständig in der Wohnung hin und her und kann nicht mal 5 Minuten in Ruhe sich irgendwo hinsetzen.
Im Moment verweigert sie auch z.B. dass ich für sie einkaufe, dabei geht sie selber nicht mal mehr zu Briefkasten, mit der Begründung, dass in dieser Zeit (Aufzugfahrt innerhalb eines Mietshauses) der berühmte Jemand ihre Wohnung durchwühlen würde.
Bisher habe ich trotzdem immer noch für sie eingekauft und sie hat es auch dann nach Diskusssionen akzeptiert. Gestern jedoch gab es eine Eskalation. Habe eingekauft, fahre zu ihr, sie macht die Tür nur einen Spalt auf, schreit mich an, dass sie nichts bestellt hätte und ich das wieder mitnehmen soll. Habe es ihr einfach durch den Türspalt in die Wohnung gestellt und bin kommentarlos wieder gegangen.
Naja heute war ich wieder bei ihr, da stand die Einkaufstasche von gestern immer noch unangetastet da...wunderbar, denn es sind Joghurt, Milch, Obst, Salat etc drin. Also reif für den Müll.
Habe in ihren Kühlschrank geguckt, leeeeeer.....frage, was das soll, sagt sie: Das könnte mir egal sein, sie lässt sich von mir nicht mehr bevormunden.
Ich bin so hilflos und weiß nicht, was ich machen soll. Habe eine Schwester, die hat aber seit einigen Monaten wegen ihrer "Verrücktheiten" jeglichen Kontakt zu ihr eingestellt. Das oben geschilderte ist auch nur die Spitze des Eisbergs.
Am schlimmsten für mich ist, dass sie keinerlei Hilfe annimmt und sich total in ihren Fantasien verliert. Sie sagt auch ständig, dass sie Angst hat. Vor allem und jedem, vor dem Telefon, vor der Türklingel, vor Corona, vor dem Krieg, einfach alles.
Wenn ich mir vorstelle in welcher psychischen Not sie sein muss, dass sie so um sich "schlägt" kommen mir die Tränen, gleichzeitig bin ich manchmal - wie gerade heute wieder - total wütend auf sie, weil sie mir seit Jahren das Leben zur Hölle macht. Ich weiß, dass klingt hart, aber ich bin echt am Ende, denn alles was ich mache ist falsch.
Jetzt habe ich für nächsten Donnerstag hier der Nähe in einem Seniorenwohnheim einen Besichtigungstermin vereinbart, dorthin könnte sie sogar ihren Kater mitnehmen und es wäre direkt in der Nähe, aber sie zickt rum und will da nicht mitgehen, obwohl ich ihr schon zig Mal gesagt habe, dass wir uns das nur mal anschauen wollen, ob sowas evtl. was für sie wäre.
Sorry für den langen Text, aber es tut gut, sich das mal von der Seele zu schreiben.
Vielleicht - oder ganz sicher - hat ja jemand schon Ähnliches erlebt und hat ein paar hilfreiche Tipps für mich.
Danke