Mutter wird immer schwieriger und akzeptiert keine Hilfe

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  • Liebe Ute -


    hatte ich - meine ich - noch nicht geschrieben. Meine Mutter lebt alleine. Haushalt usw. macht sie auch noch alles selbst. Diese "mechanischen" Tätigkeiten sind auch nicht das Problem. Wenn sie in einer Einrichtung leben würde, wäre es sicherlich leichter. Bekannte von ihr versuchen sie seit dem Tod meines Vaters davon zu überzeugen, dass sie in betreutes Wohnen umzieht. Die beiden haben sich dafür entschieden und sind total begeistert. Aber meine Mutter meint immer "das ist nichts für mich". Und da endet die Diskussion dann.

    Eine schöne Woche.

    TanjaS

    Liebe Tanja,

    Gehe bitte nicht kaputt an der Situation!


    Wie das geht eine vorläufige Betreuung anzuregen weißt Du? Falls Du keine Vorsorgevollmacht hast.

    Ein Anruf beim Familiengericht hilft da sehr. Die sind sehr lieb da, wenn sie merken wie man in Not ist.


    Ein Nachbar von uns, Anwalt und ehemaliger Krankenpfleger sagte zu mir: vergiss, dass es besser werden könnte: es wird immer noch schlimmer und die meisten regen die Betreuung zu spät an. Falls Du nicht eh die Vorsorgevollmacht von Deiner Mutter hast,


    Alles Gute Ute (schon bei den ganzen Anrufen die Du bekommst würde ich Herzrhythmusstörungen oder so bekommen, ehrlich!)

  • Hallo TanjaS -- das ist ja echt eine schlimme Entwicklung! Auch ich wünsche Dir viel Kraft! Ich habe in den letzten Wochen einige Male an Dich gedacht -- alle Paar Tage, wenn ich mich hinsetze und Dutzende Voicemail Nachrichten lösche.

  • Das, was schwarzerkater schreibt, kann ich nur bestätigen:

    "Ich hätte damals ein Königreich dafür gegeben, nicht in der Nähe meiner Mutter sein zu müssen, um dies aus nächster Nähe nicht erleben zu müssen. Ich war eben auch ihr Mülleimer. Fatal ist auch, dass die oft beschriebene Persönlichkeitsänderung durch Demenz nicht bedeutet, dass ALTE Persönlichkeitseigenschaften weg sind. Nein, gerade die unangenehmen blieben und verstärkten sich. Daher wiegt das doppelt schwer. Meine Mutter hatte neben diesen Eigenschaften ja früher durchaus eine große Hilfsbereitschaft, Tatkraft usw. Sonst hätte ich mit ihr doch nicht jahrelang Haus an Haus wohnen können.

    Im vorigen Jahr ist meine Mutter auch noch zu den Nachbarn gerannt, um mich zu beschuldigen ... Das wäre früher für sie absolut undenkbar gewesen. Mich hat das so in der Seele getroffen, dass ich es nur schwer wieder vergessen kann."


    Meine Mutter wirft mir regelmäßig vor, daß wir sie in unsere Nähe "gelockt" hätten. Abgesehen davon, daß sie die Entscheidungen alle selbst gefällt hat - ich habe ihr nur die Optionen, ohne jegliche Wertung, aufgezeigt - wäre ich aus heutiger Sicht dann ja Masochistin gewesen. Ich sehe sie jeden Tag, sie hat außer mir und meinem Mann ja keine weiteren Bezugspersonen, und könnte nun nicht plötzlich meine Besuche auf einmal in der Woche reduzieren.


    Im Moment trampelt sie wieder stark auf meinen Nerven herum. Mit Ach und Krach haben wir nun eine Essensversorgung im Seniorenhaus nach ihren Wünschen und in direkter Abstimmung mit ihr zusammengestellt. Aber am nächsten Tag hat sie das alles wieder vergessen und rührt nichts an, ist zu dem Personal rüde. Ich kam gestern darauf zu, als eine sehr liebe Mitarbeiterin vor ihrem Sessel kniete und mit Engelszungen auf sie einredete, sie möge doch etwas von dem Angebotenen nehmen. Das ist mir auch den Leuten dort gegenüber peinlich, die alle wirklich sehr lieb und bemüht sind. Meine Mutter verweigert das Essen ja nicht, weil sie nicht essen möchte, sondern aus purer Sturheit. Ihre Hausärztin ist da knallhart: wenn sie das Essen verweigert, wäre es ihre Entscheidung. Ich kann das aber irgendwie nicht mit ansehen.


    Was ich insgesamt besonders traurig finde, ist, daß sich das Verhalten meiner Mutter über die letzten Jahre hinweg so vor ihr ursprüngliches Bild geschoben hat, daß es den ursprünglichen geliebten Menschen überdeckt. Ich finde die Gefühle, die ich einmal für sie hatte, nicht mehr wieder. Ich schäme mich vor mir selbst dafür, aber sie hat auch in mir etwas zerstört, was sich nicht mehr reparieren läßt. Klingt vielleicht hart, aber ich bin da auch zu mir selbst ehrlich und mache aus meinem Herzen keine Mördergrube.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Zimt, die "Ansage" der Hausärztin möchte ich bestätigen. Ich habe jetzt ja viel von den Verhaltensmustern geschrieben, die durch die Demenz immer stabiler werden und sich zu fixen Ideen oder sogar zu Wahnvorstellungen verstärken können.


    Ich erkläre dies gern mit unserem tiefen inneren kindlichen Trotz, den wir erlernen mussten, um unsere Autonomie und Selbstbestimmung durch die Abgrenzung zu entwickeln. Sie folgt dem Glaubenssatz: Ich vergewissere mich Deiner unbedingten Liebe, indem ich Dinge tue, die Du nie akzeptieren kannst und mit denen ich Dich verletze und mir selbst schade.


    Mit der Demenz wird diese unreife Bewältigungsstrategie manchmal wieder stärker. Wenn wir das dann noch verstärken, machen wir einen Fehler oder?


    Mit unseren Angehörigen übe ich dann Sätze wie:

    "Ich habe vollen Respekt vor Deiner Entscheidung nichts zu essen und werde Dich nicht zwingen oder überreden. Aber es tut mir weh und es macht mich sehr traurig, wenn ich sehe, wie Du langsam verhungerst. Ich möchte mit Dir so gerne noch eine schöne Zeit erleben. Es ist Deine Entscheidung. Hier stelle ich noch etwas Nahrhaftes hin. Ich freue mich, wenn Du es irgendwann isst..."


    Wenn wir den passenden Satz gefunden haben, kann der auch 1000mal wiederholt werden, nach dem Motto: Du weißt was ich jetzt sage:...

    In manchen Fällen kann "klare Kante" bis zu einem richtigen kurzen Streit besser sein oder die sogenannten "paradoxen Interventionen", mit dem wir zu dem falschen Verhalten auffordern.


    Es wundert mich nicht, wenn Sie sich bei der liebevollen Zuwendung der Mitarbeiterin fremdschämen, weil Sie das boshafte Spiel ja durchschaut haben.


    In Fallbesprechungen empfehle ich den Kolleginnen, diese Zuwendung eher an andere Themen zu knüpfen, sodass sich eine Beziehung entwickeln kann, in der der verstörte Mensch merkt, da ist jemand, der/die es gut mit mir meint und deshalb nicht bettelt und bittet, sondern klare Botschaften sendet. Dazu übe ich gerne die dazu stimmige Körpersprache, denn eine eindeutige äußere Haltung verstärkt die innere Haltung. Und dann gibt es kleine "Nahrungsinseln mit hohem Aufforderungscharakter", von denen sich diese Person bedienen kann.

    Ihr Martin Hamborg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo TanjaS, bei meiner Antwort an Zimt habe ich auch sehr an Sie gedacht, gerade weil Sie so schlimm in dieser Beziehungsfalle stecken. Ich wünsche Ihnen sehr, dass Sie eine professionelle Begleitung haben oder finden, mit der Sie ähnliche Sätze ausprobieren können. So wie Sie schreiben befindet sich Ihre Mutter auf dem Weg in eine manifeste Wahnerkrankung, bei der manchmal nur noch Neuroleptika helfen, die sie natürlich nicht nehmen wird.

    Eine Zwangsbehandlung mit sog. Depotspritzen alle 3-4 Wochen - so wie früher - ist heute nahezu unmöglich, zumal Ihre Mutter wenig direkten Leidensdruck äußert.

    Die richtigen Standardantworten und das Beziehungsangebot sind auch bei der Wahnentwicklung m.E. richtig. Wenn ich klar in der Realität bleibe, kommt es tief im Inneren an, aber ich darf keine Einsicht erwarten. Im Gegenteil, "ich bleibe bei meiner Wahrheit, auch wenn ich weiß, dass ich Deine Wahrheit nicht korrigieren kann".

    Bei den Diebstahlvorwürfen könnten Sie sagen: "Du weißt genau, dass ich das nicht nötig habe".

    Mit professioneller Begleitung ließen sich auch paradoxe Techniken finden, z.B. "Wenn Du das nächste Mal Dinge nicht findest, kannst Du gern X/Y erzählen, dass ich Dich bestohlen habe. Ich habe gelernt, damit umzugehen, dass mich meine Mutter verdächtigt, auch wenn ich hunderte Kilometer weg bin. Ich sehe wie groß Deine Not ist, wenn Du das nötig hast..."

    Ich habe lange überlegt, ob ich Ihnen das schreibe, weil ich nicht in dem therapeutischen Prozess bin und es eben auch richtig falsch sein kann.


    Eindeutig richtig ist das, was Rose60 und die anderen geschrieben haben, z.B. das wunderschöne Zitat von Ihnen, SchwarzerKater:


    Der Mutter kann man stoisch immer wieder erklären: Viel Arbeit, absoluter Stress. Ich ruf dich zweimal täglich an - einmal morgens, einmal abends (oder weniger). Und dann stoisch und ruhig sich verabschieden, wenn es Ärger gibt. ("Ich höre gerade, du bist wütend auf mich. Aber ich tue schon, was ich kann. Mehr kann ich leider, leider momentan nicht machen. Ich muss jetzt auch ... noch das und das machen ...")

    Alles Gute Ihr Martin Hamborg

  • Liebe Mitstreiter,


    ich habe nun die erste Woche hinter mir, in der ich nur einmal bei meiner Mutter im Heim war und ich glaube, es ist genau richtig.

    Dienstag nach der Arbeit war ich bei ihr, da kam sie gerade frisch vom Friseur und war für ihre Verhältnisse richtig gut drauf.

    Sie wollte zwar dann in ihr Zimmer und nicht wie ich mir gedacht hatte noch bissl im Garten gemütlich quatschen, aber was solls, sie ist die Tonangebende im Heim und ich richte mich nach ihr.

    Bin dann mit ihr ins Zimmer, ihre Nachbarin war nicht da, und sie fing wieder an zu jammern, wie langweilig alles ist und wie blöd die Spiele - bis die Tür aufging und die Zimmernachbarin kam. Da änderte sich der Tonfall von einer Sekunde auf die andere und alles war toll. Die Spiele machen so Spaß, das Essen ist toll und und und....

    Sie sagte dann aber, dass sie müde ist vom Friseur, da musste sie ja jetzt eine Stunde sitzen. Also verabschiedete ich mich und ging zum ersten Mal mit gutem Gefühl von dannen.

    Seitdem haben wir jeden Abend kurz telefoniert und ich muss sagen, entweder gewöhnt sie sich wirklich langsam ein, oder ich habe dieses Gejammere tatsächlich durch meine häufige Anwesenheit getriggert.

    Davon gehe ich am ehesten aus, da die Stationsleitung mir versicherte, dass sie eigentlich meist lustig und freundlich wäre.

    Ich bleibe also erstmal bei einmal wöchentlich und hoffe, dass das so positiv weiterläuft.


    Noch mal kurz zu euren Gedanken bezüglich der Beziehung zu eurer Mutter bzw. Vater.

    Auch bei mir hat sie einiges von diesen guten Gefühlen zerstört und ich denke auch unwiderbringlich......es ist einfach zu viel passiert.

    Am Schlimmsten für mich ist, dass sie überall rumerzählt hat, dass ich sie beklaue....das kann ich nicht vergessen und werde es wohl auch nie.

    Habe nie einen Cent von ihr genommen und selbst das Pflegegeld für PG3, das sie seit Jahren schon bekommt, ging immer voll auf ihr Konto.


    Ich kümmere mich natürlich nach wie vor um sie und kann jetzt auch nicht sagen, dass ich sie hasse oder so, aber Liebe wie sie vielleicht mal da war, ist nicht mehr und ich erwische mich auch dabei, dass ich froh bin, dass ich nicht mehr für sie bzw. ihre tägliche Versorgung verantwortlich bin. Dafür ist zu viel in diesen letzten Jahren passiert.


    Ich hoffe einfach, dass es so ruhig weiterläuft und wünsche ihr noch viele schöne Jahre, die sie hoffentlich immer mehr genießen kann.


    VG

  • Hallo KO72,

    Das klingt wirklich nach einem guten Weg, vor allem, wenn man bedenkt, dass es evtl.wirklich noch ein paar weitere Jahre für deine Mutter sind und du sonst vor die Hunde gehen würdest - was ja weder deiner Mutter noch deinen Angehörigen und schon gar nicht dir helfen würde.

    Es ist doch wirklich beeindruckend, wie sich hier die Muster gleichen oder ähneln, wenn man hier mal eine Zeit lang mit liest. Das kann auch Druck und Schuldgefühl von uns nehmen, dass wir nämlich nichts total falsch gemacht haben, sondern die Persönlichkeitsveränderung das Problem ist.

    Ich würde mir auch eher nicht den Kopf zermartern, dass sich deine Gefühle für deine Mutter geändert haben. Sie ist einfach nicht mehr die Person wie früher und es kann gut sein, dass du irgendwann später wieder mit weniger Abneigung an sie denkst, wenn du das Bild von früher wieder mehr vor Augen haben kannst..

    Alles Liebe für dich

  • Liebe alle -


    ich war die letzte Woche komplett unterwegs, zunächst geschäftlich, dann bis gestern bei meiner Mutter. Daher melde ich mich verspätet zu euren lieben Beiträgen.

    Zimt: ähnlich wie bei Deiner Mutter haben sich auch bei meiner Mutter die schlechten / bösartigen Eigenschaften verstärkt.


    schwarzerkater: Viel Arbeit stimmt sogar, aber guter Punkt. Werde ich häufiger nutzen. :)


    martinhamborg: Als ich bei ihr war, habe ich ihr gesagt, dass ich kein Geld von ihr nehmen würde und das auch nicht nötig habe. Was auch dadurch bestätigt wurde, dass wir das Geld wiedergefunden haben. Und die EC-Karte hatte auch niemand mitgenommen.

    Momentan jammert sie, dass niemand mir ihr spricht, niemand bei ihr ist, usw. 2x pro Woche Gottesdienst und regelmäßig zumindest Kaffeetrinken mit Bekannten zählt sie nicht. Mein Kommentar, dann etwas dagegen zu tun, dass sie keine Beschäftigung hat oder "es nichts Schönes gibt", werden regelmäßig abgetan, dass ich Unsinn rede.

    Stoisch am Telefon verabschieden ist meistens nicht einmal möglich, wenn sie wütend wird - sie legt dann einfach auf. Früher habe ich dann nochmal angerufen, aber das mache ich nicht mehr. Einige Stunden oder einen Tag später hat sie sich häufig weitgehend beruhigt.


    KO72: ich kann Dich wirklich gut verstehen. Als ich gestern im Zug nach Hause saß, war ich auch froh. Froh, dass ich mir die Beschimpfungen nicht mehr anhören muss. Und froh, dass ich Zeit für mich habe, trotz stressigem Job.


    Rose60: ich finde es auch faszinierend, wie die Muster sich ähneln. Meine Mutter wirft mir immer vor, wie sehr ich mich verändert hätte, sie selbst realisiert aber nicht, dass sie sich ebenfalls verändert hat bzw. streitet es ab (und dann bricht der nächste Streit vom Zaun). Sie vergleicht mich teilweise mit meinem 12- oder 14-jährigen Ich. Natürlich habe ich mich seit der Zeit verändert. Ich fürchte am meisten nervt es sie, dass ich seither eine eigene Meinung entwickelt habe und die auch vertrete.


    Ich wünsche euch allen eine schöne Rest-Woche!
    TanjaS

    • Offizieller Beitrag

    Hallo KO72,

    entweder gewöhnt sie sich wirklich langsam ein, oder ich habe dieses Gejammere tatsächlich durch meine häufige Anwesenheit getriggert.

    schön zu lesen, wie sie die Kommunikation mit Ihrer Mutter verändert hat. Ich glaube, beide Aspekte sind gleich bedeutsam. Ihre Mutter wird sich besser einleben, wenn die Trigger nicht mehr da sind. Eine Zeitlang geht das besser bei kurzer Anwesenheit oder Abwesenheit, aber irgendwann können Sie eine förderliche Beziehung üben - wenn Sie wollen.

    Das Heim muss ja das Einleben Ihrer Mutter auswerten - ein Gradmesser wäre aus meiner Sicht, wie häufig Ihre Mutter noch von den vermeintlichen Diebstählen der Tochter spricht. Mich würde das jedenfalls interessieren, wenn jemand nicht mehr so schlecht über mich spricht.

    Ihnen weiterhin einen gesunden Abstand!

    Ihr Martin Hamborg

  • Guten Abend,


    da bin ich mal wieder, leider mit nicht so guten News.


    Meine Mutter kann sich einfach nicht einleben. Bei meinen wöchentlichen Besuchen sitzt sie meist alleine im Esszimmer im Rollstuhl, Kopf hängt nach unten.

    Wenn ich sie dann mit nach draußen in den Garten nehmen will, weigert sie sich meistens und sagt, sie will nur ins Bett, aber die lassen sie nicht schlafen.

    Naja es gibt die Mittagsruhe von 13-15 Uhr und halt Abends so ab 19 Uhr. Das müsste ja reichen, aber sie ist es halt aus den letzten Monaten gewöhnt, quasi rund um die Uhr zu schlafen oder einfach so im Bett zu liegen....deswegen ist sie ja in diesem Zustand.

    Sie sagt auch ständig, dass sie sterben will und ich soll sie in Ruhe lassen.

    Ein Gespräch ist fast nicht möglich, sitze dann da ne Stunde mit ihr und rede einfach was, denn von ihr kommt keinerlei Rückmeldung, auch Fotos ihrer Enkel, die ich ihr auf dem Handy zeige, guckt sie nicht an.


    Letzten Donnerstag nahm mich nach meinem Besuch die Schwester an die Seite und meinte, dass meine Mutter wohl eine sehr starke Persönlichkeit wäre und wenn sie sich etwas in den Kopf setzt, dann klappt das auch irgendwie.....dann sagte sie noch, dass sich das auch auf ihren Todeswunsch bezieht und ich darauf vorbereitet sein soll.

    Sie würden sich wirklich Mühe geben, sie zu irgendwas zu motivieren, aber es wären nur mal einzelne bessere Tage oder eher Stunden, wo sie dann an Aktivitäten im Heim teilnimmt.


    Heute bekam ich mittags einen Anruf, dass sie heute sehr verwirrt wäre, nicht aufstehen könne und über Bauchschmerzen klagen würde, darum hätte der Bereitschaftsarzt, den sie gerufen haben, sie ins Krankenhaus eingewiesen zur Abklärung.

    In den vier Wochen, wo sie jetzt da ist, war schon viermal ein Bereitschaftsarzt da und zweimal ihr Hausarzt. Das Heim sagte, sie kennen sie noch nicht so gut und sie würde halt oft über alles mögliche klagen.

    Habe gesagt, dass sie jederzeit den Arzt holen dürfen. Finde das gut, dass die sich so um sie kümmern, obwohl von ihr so überhaupt nichts zurückkommt.


    Bin nach wie vor von dem Heim überzeugt, sind alle lieb, kümmern sich und versuchen sie halt irgendwie zu motivieren.


    Heute habe ich wieder mal einen Tiefpunkt, denn ich denke nicht, dass das noch was wird. Dafür lässt sie sich zu sehr hängen.


    Naja mein Besuch morgen fällt erstmal aus. Könnte jetzt auch nicht sagen, dass ich sehr traurig darüber bin, auch wenn ich bei diesem Satz ein schlechtes Gewissen habe, aber es ist unheimlich anstrengend, mit jemanden da ne längere Zeit zu sitzen, der keinerlei Reaktion zeigt und nur vor sich hin leidet....am Anfang ihrer Heimzeit hatte ich mir ja gewünscht, dass sie dort noch einige schöne Jahre hat, mittlerweile muss ich sagen, dass meine Wünsche eher in eine andere Richtung gehen, so hart es klingt.


    In diesem Sinne......Kopf hoch und weiterkämpfen......

  • Hallo KO72, jetzt schreibe hier mal meine spontane Überlegung auf, wohl wissend, dass ich mich selber damit schwer tue hinsichtlich meiner dementen Mutter. Aber wir haben ein ähnliches Thema momentan mit meinem Schwager, der mit Pflegestufe 5 schwerst pflegebedürftig (nicht dement, jedoch psychisch völlig aus dem Gleis und eben auch nicht mehr geschäftsfähig) in einem Pflegeheim liegt. Er hat beschlossen "zu gehen", verweigert alles und reagiert auf nichts und niemanden mehr .... Das müssen wir bis zum gewissen Grad zulassen, so unglaublich es ist.


    Vielleicht, liebe KO, muss man sensibel beobachten, wie es um die Mutter wirklich steht, denn es ist IHR eigener Weg, auf dem man sie nur sanft und liebevoll begleiten kann, aber sie kann ihn gehen ... Ganz sicher wird man aber im Heim (wenn es so liebevoll ist) auf so etwas achten, sie motivieren oder einfach nur für sie da sein.


    Aber vielleicht hilft es, wenn du ihr sagst: "Ich verstehe dich gut, dass es schwer ist für dich. Ich bin für dich da, wenn du mich irgendwie brauchst. ... Ich tue, was ich kann." Und dann braucht es nicht immer viele Worte. Ich weiß, dass das schwer ist. Aber ich musste schon meinen Vater so auf dem letzten Weg begleiten und jetzt meinen Schwager ...

    Meine demente Mutter lebt momentan selig im Vergessen ... und ich hoffe, diese Gnade bleibt ihr und uns bis zuletzt erhalten.


    Alles Liebe!!! <3

  • denn es ist IHR eigener Weg, auf dem man sie nur sanft und liebevoll begleiten kann, aber sie kann ihn gehen ...

    Das zu lernen, ist für uns Angehörige ein ganz schwerer Weg, denn wir nehmen damit ja doch auch Abschied von Menschen, die wir früher ganz anders kannten. Da fällt es schwer, sich vorzustellen, dass sie auf IHREM Weg plötzlich ganz anders sein sollen (wollen?) als bisher.

    Dass es ihr Weg sein soll, von allem, was bisher war, was gesellschaftlich gültig ist, abzuweichen und damit vielleicht sogar innen drin glücklich zu sein, wenn niemand sie versucht, von diesem Weg abzubringen.

    Meine demente Mutter lebt momentan selig im Vergessen ... und ich hoffe, diese Gnade bleibt ihr und uns bis zuletzt erhalten.

    Diesen Satz kann ich nur unterstreichen!

  • Liebe KO,

    Ich verstehe sehr gut, dass die Situation schwer und sehr traurig für dich ist. Ich finde aber, jeder Mensch hat das Recht zu entscheiden, wann es genug ist mit dem Leben und ich verstehe, dass es für deine Mutter so keinen Spaß mehr macht. Es kann auch gut sein, dass dieser fehlende Lebenswille in ihren Zellen überall ankommt und sie deswegen alle möglichen Beschwerden entwickelt, die dann auch entsprechend behandelt werden sollten. Und dafür ist es gut, dass sie im Heim versorgt ist, sie sich um Arzt oder nun sogar Krankenhaus kümmern. Da geht wohl leider aktuell nur es zu akzeptieren und auszuhalten. Manchmal geht nicht mehr im Leben, wie ich sicher weiß.. mir hilft es dann, es als eine Phase zu betrachten, die vorübergeht, wo auch immer es hingeht. Nichts ist so sicher wie die Veränderung.

    Ich wünsche dir liebe Menschen in deiner Nähe!

    Liebe Grüße

  • ... und ecia25 ... auch deine Worte sind mir wertvoll ... hatte es vorhin nur so eilig und musste weg ...

    Es ist schön, dass wir uns gegenseitig helfen können. Auch für mich ist der Weg noch lange nicht zu Ende gegangen ..., aber das ist kein Wunder, denn es ist einer der schwersten Wege ... so wie du sagst.

    Einen schönen guten Abend!!!!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo KO72, auch ich möchte Sie darin unterstützen, die Todessehnsucht Ihrer Mutter zuzulassen, aus einer doppelten und scheinbar widersprechenden Motivation heraus:


    Ich erlebe oft, wie sich der Wunsch zu leben und die Todessehnsucht wie in einer Wippe hin und herbewegen. Und paradoxerweise, je mehr wir das Loslassen zulassen, um so stärker wird die Lebenskraft und umgekehrt. Wie oft müssen Schwerkranke und Sterbende darum kämpfen, dass Sie auch gehen dürfen?

    Das erlebe ich auch bei Menschen mit Demenz, die plötzlich wieder mit Genuss essen, weil Pflegende den verschlossenen Mund und damit die Selbstbestimmung für den Moment akzeptieren.


    Die berühmten Sterbephasen von Elisabeth Kübler Ross sind bei Menschen mit Demenz nicht so offensichtlich, aber rückwirkend können wir gut ein besonders aggressives oder depressives Verhalten in die Phase der Emotionen einordnen und ein scheinbares Ausspielen der Familien oder häufige Notarzteinsätze in die Phase des Verhandelns.


    Dieser Blickwinkel schafft Pflegenden mehr Verständnis und führt in die so wertvolle Trauerarbeit. Er ermöglicht gleichzeitig eine Stärkung der Lebensenergie. Eben weil es nicht entweder-oder sondern eher sowohl-als-auch ist, wird es für alle Beteiligten leichter.

    Übrigens, das Einleben in die letzte Lebensphase ist oft mit der Trauerarbeit verbunden, die in den gleichen Phasen verläuft, wie die Auseinandersetzung mit dem nahenden Tod. Es kann also gut sein, dass sich Ihr Wunsch erfüllt und sie endlich noch eine gute gemeinsame Zeit erleben.

    Ihnen also viel Kraft, Ihr Martin Hamborg

  • So mal wieder etwas Zeit, die aktuellen Entwicklungen zu schildern.


    Meine Mutter war jetzt zwei Wochen im KH nachdem sie eine dicke Blasenentzündung hatte. Das zog sich ewig hin und vorletzte Woche Montag wurde ich ins KH gerufen, da sie alles verweigerte, Infusionen, Essen, Trinken und dort sagte, sie will sterben und sie sollen sie in Ruhe lassen.


    Der Arzt war sehr nett und meinte, einerseits muss heutzutage niemand mehr an einer Blasenentzündung sterben, andererseits muss man auch die Wünsche des Patienten berücksichtigen.


    Naja wir vereinbarten dann, dass ich ins KH komme und versuche, sie nochmal zu überreden, sich behandeln zu lassen und wenn das nicht klappt, das weitere Vorgehen zu besprechen, hierbei war von einer Palliativstation die Rede.


    Ich ging also hin und versuchte sie zu überreden, ihre Reaktion war: Ich dachte du hilfst mir.....das hat mich echt getroffen, denn es kam so hilflos rüber, wie ein kleines Kind, dass sich ausgeliefert fühlt und alle Hoffnung auf mich gesetzt hatte.


    Naja der Doc kam dazu und sagte ihr ganz klar, dass sie sterben wird, wenn sie sich nicht behandeln lässt, weil die Entzündung schon im Blut wäre.......da guckte sie nur und sagte: Ich verstehe das nicht.

    Sie hat das aber ganz genau verstanden, es war wohl nur ihre Art, aus dieser unangenehmen Situation zu flüchten.


    Naja habe dann weiter mit ihr gesprochen und konnte tatsächlich erreichen, dass sie sich behandeln lässt. Man war ich froh.....zwei Tage später ging es ihr dann schon viel besser und das setzte sich so fort, sie hatte plötzlich wieder Appetit und konnte dann letzten Dienstag wieder ins Heim verlegt werden und was soll ich sagen, als ich Mittwoch da war, war sie nicht wiederzuerkennen, sie saß draußen im Garten in der Sonne und hatte zwei Damen um sich rum, mit denen sie sich nett unterhielt.

    Mich nahm sie kaum war, ich setzte mich dann einfach dazu und ratschte ein bisschen mit einer der Pflegerinnen, die mir auch nur positives über sie berichten konnte.

    Am Donnerstag fand dann im Heim ein Oktoberfest statt, mit Hendl, Blasmusik und Bier vom Faß, da freute sich sich Mittwoch schon total drauf.

    Da ich jetzt ein paar Tage kein Auto hatte, war ich dann erst heute wieder bei ihr und sie war weiterhin gut drauf, erzählte begeistert vom Oktoberfest, wo sie beim Dosen werfen eine kleine Plüscheule gewonnen hatte.


    Morgen hat sie Friseurtermin und es ist alles toll, das Essen schmeckt und sie darf auch mehr schlafen, wenn sie will (das hatte ich während ihres KH-Aufenthaltes im Heim veranlasst, dass sie nicht auf Gedeih und Verderb bespaßt wird, wenn sie lieber schlafen will).

    Heute als ich da war, haben wir über mein Handy etwas auf Amazon geshoppt und ne kuschelige Strickjacke und ein Paar Schuhe bestellt, sie war voller Energie dabei.


    Kaum zu glauben von so gut wie im Grab Anfang vorletzter Woche zu zufrieden und entspannt heute.


    Hoffe dieser Zustand hält lange an, so wie es aktuell ist, kann ich gut damit leben und ich glaube sie auch.

    Und das ist das Wichtigste.


    VG und durchhalten

    2 Mal editiert, zuletzt von KO72 () aus folgendem Grund: Tippfehler korrigiert

  • Liebe KO72, das ist toll. Ich habe mich immer mal gefragt, wie es bei dir weitergegangen ist. Diese Entwicklung macht auch allen anderen Mut, dass es tatsächlich nach einer gewissen Zeit wirklich besser wird. Haben auch wir erlebt. Wichtig ist, dass der Widerstand zurückgeht - das ist bei fortschreitender Demenz wahrscheinlich der Fall. Und dann kommt eine Zeit, in der das Leben für die demente Person gar nicht mehr so furchtbar ist (Im gegenteil!) - und für uns dann auch nicht. Alles Liebe.

  • Liebe KO72,

    Das hast Du alles meisterhaft gemacht❤️.


    Ein bisschen …neidisch bin ich, dass Deine Mutter den Kontakt zu anderen im Heim genießen kann!!!


    Für meine Mutter sind alle im Heim dumm, krank, einfach, husten zu viel, so dumm norddeutsch….

    Nun aber ganz ehrlich hat sie immer schon auf jeden herabgeblickt und fand jeden geschmacklos oder so.

    Ganz ohne Grund: sie kann sich zwar gut pflegen und anziehen, aber der hellste Stern ist sie nun wahrlich nicht und nicht gerade gebildet. Was ja bestens ist, aber andere sind das für sie nie.


    Lg Ute


    Freu Dich!!!!!

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