Meine Mutter, 87, möchte unbedingt wieder in ihre Wohnung und lehnt mich und meine Familie ab

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  • Guten Morgen Rose60 (und alle anderen),

    so wie du es beschreibst, ist es tatsächlich eine Wende - das "Loslassen" wird endlich sichtbar. Sicher hat das mit der fortschreitenden Demenz zu tun, die diese Schwelle überschreitet. So traurig es ist, kann man sehr dankbar sein dafür.

    Jeder Demente durchläuft offensichtlich diese Phasen anders. So ist meiner Mutter die Gesprächsfähigkeit bereits vor mehr als einem Jahr verloren gegangen, obwohl sie durchaus komplette sinnvolle Sätze bilden kann, die sich immer noch vernünftig anhören (wenngleich sie nicht immer passen). Aber man findet einfach kein einziges Thema mehr, das zu ihr durchdringt. Ein totaler Widerspruch zum früheren Leben - da hat meine Mutter ALLES interessiert und besonders meine Tochter und sie waren die besten Gesprächspartnerinnen und haben stundenlang miteinander telefoniert, mit Gewinn für beide Seiten. (Nun interessiert sie sich für ihre Enkeltochter nicht mehr und für uns ganz sicher auch nicht.)


    Heute ist sie in dem kleinen Pflegeheim ... neben all den anderen Leutchen, die sich alle gegenseitig friedlich leben lassen. Ein Wunder, wie man das dort hinkriegt. Darunter sind auch welche, die - glaube ich - jünger sind als ich: nicht dement, aber nach Schlaganfall und schweren Unfällen, dazu eine 100jährige, ...


    Vorige Woche überreichte mir meine Mutter ein von ihr selbst ausgemaltes Bild als Geschenk - das hat mich sehr berührt.

    Und wenn die Pflegerinnen (die mittendrin sitzen) dann begeistert von ihren Hühnern und Tomaten erzählen, während sie mal eben ein Stück Kuchen auf den Teller der Bewohnerinnen legen, dann könnte ich - ganz ehrlich - einfach da bleiben. Wirklich. Es ist nicht der schlechteste Ort für jemanden wie meine Mutter.


    Liebe Rose60, genauso ein Gefühl hatte ich bei deiner Schilderung. Da müssen wir alle irgendwie innerlich ANKOMMEN: Angehörige und Kranke. Die Traurigkeit und Wehmut geht nicht weg, aber sie ist dann erträglich.

    Hoffen wir, dass die jetzige zufriedene Phase bei unseren Müttern und uns möglichst von entsprechend langer Dauer ist. In diesem Sinne Grüße an alle.

  • Liebe schwarzer Kater,

    es freut mich wirklich sehr, dass es für deine Mutter offensichtlich auch ein angemessen guter Ort ist für die letzte Lebensphase.

    Also momentan bin ich tatsächlich nicht mehr traurig, sondern erleichtert, dass meine Mutter gut versorgt und zufrieden ist. Ich glaube , ich kann mich nun gut auf ihre Ebene begeben so wie ich es in meinem Beruf mit behinderten Kindern sowie bei meinen eigenen Kindern gelernt habe. Das Zauberwort ist hier vermutlich "Akzeptanz", was ja ein verschieden länger Prozess sein kann. Manches kann man sich vllt auch ein bisschen schön reden ;) so finde ich bei meiner Mutter gerade den Vorteil, dass sie sich durch das schnelle Vergessen viel weniger Sorgen macht als früher, weder um Krieg noch Corona, sie fühlt sich jünger als sie ist und hat scheinbar nun auch einige sehr belastende Dinge aus ihrer Vergangenheit vergessen.

    Vllt bin ich auch etwas abgehärtet, da ich meinen Mann ein paar Jahre durch eine sehr schwere, schmerzhafte Krebserkrankung bis zum Tod (mit klarem Kopf ) begleitet habe.

    Ich denke, diese Übergangszeit in der Demenz bis zum vergessen ist vllt die schwierigste..

    Liebe Grüße an alle :)

  • Guten Abend, Rose60, da haben wir einiges gemeinsam: ich habe auch (allerdings vor Jahren) mit behinderten Kindern gearbeitet, auch meinen Vater (der mit uns wohnte) an eine schimme Krebserkrankung verloren. Sehr, sehr schlimm, aber halt mit der Demenz trotzdem nicht zu vergleichen. Andererseits ... wenn die Demenz einen Vorteil hat, dann den, dass an meiner Mutter das Leben mit all seinen Katastrophen vorbeimäandert ... und das, wo ich sie früher kaum zu bremsen vermochte mit all ihren Besorgnissen ... Ich werde dieser Seite ihrer Person von Herzen gern Lebewohl sagen, Hauptsache, es geht IHR gut, da wo sie jetzt ist. Hoffen wir, dass alles mit unseren Müttern weiter einen friedlichen Verlauf nimmt.


    Wir räumen gerade sukzessive das Haus meiner Mutter aus - 89 Jahre gelebtes Leben ... das ist eine emotionale Achterbahnfahrt und solange wir es finanziell stemmen können, wird dieses Haus einfach leer bleiben, bis uns etwas Vernünftiges einfällt, das uns allen gerecht wird.

    Liebe Grüße

  • Hallo Rose60, hallo schwarzerkater -


    es freut mich so zu lesen, dass euch bei euch besser geht. schwarzerkater: Meine Mutter wohnt "nur" in einer Wohnung, aber ab und an schaue ich mich um und realisiere, was es für eine Arbeit wird, wenn sie nicht mehr dort wohnt. Über 40 Jahre an einem Ort (bei meinen Eltern) - da sammelt sich einiges an.


    Liebe Grüße

    TanjaS

  • Hallo Alle,

    Nach einwöchigem Urlaub war ich heute doch recht nervös bei dem Besuch meiner Mutter.


    Ihr geht es so Lala, sie lag schwach auf dem Bett. (Wem geht es aktuell nicht so😅).

    Zuerst haben wir noch eine nahezu normale Konversation betrieben, nach ca. 1/4 Stunde schleichen sich die ersten Boshaftigkeiten in meine Richtung ein, die ich zuerst noch freundlich abfedern kann.

    Gewohnheitsmäßig ist danach das Gespräch gekippt, ich bleibe freundlich und ruhig und beherzige all Eure Tipps und mein bischen Erfahrung.

    Nach 1/2 Stunde verabschiede ich mich dann wegen meiner zu erhaltenen Spritze ins Knie (Ihr wisst schon)…sie beschwerte sich wie immer dass ich so wenig Zeit hätte…und habe gesagt dass ich dann nächste Woche Freitag wiederkomme (in der Schulzeit ist das der beste Vormittag).

    Natürlich rief sie mir dann noch hinterher hoffentlich würde es noch länger dauern bis ich käme.


    Nunja. Bin auf keine Streitgespräche eingegangen…etwa dass sie uns mit den Drillingsjungs in den letzten 16 Jahren grade 2x besucht hat (mit meinem damals noch lebenden Vater, sonst wäre sie garnicht gekommen)


    Weiiiiil ich ja weiß dass ab der Demenz überhaupt keine guten Situationen für alte Konflikte mehr vorkommen.


    Also ich hatte jedenfalls das Gefühl ihr steht alle hinter mir wie in dieser Auxmoney- Reklame wo auf einem Felsvorsprung die große Menschenkette von Helfern auftaucht❤️ 💁‍♂️ 👩 💁‍♂️💁‍♂️👩👩🤷‍♀️🤷‍♀️🤷‍♀️🌞🌞💁‍♂️👩💁‍♂️👩💁‍♂️🌞❤️

  • Ach, Ute, da bist du deiner Mutter offensichtlich nichts schuldig!! Du hast Drillinge und ich kann erahnen, wie gut du deine Mutter hättest brauchen können, meine Tochter hat Zwillingsbabys und ein weiteres Kind, da helfe ich aktuell öfter aus, jeden Monat ein paar Tage, nicht um die Ecke leider. Also von daher..

    Mach das mit den "Knie-Spritzen" mal weiter;)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo UteSchnute, die 15 Minuten im guten Gespräch sind m.E. das worauf es ankommt. Wenn Sie danach noch üben, die Boshaftigkeiten an sich abperlen zu lassen und sich zu schützen kann das auch sehr wertvoll sein und ich freue mich, dass Sie verschieden Ideen aus unserem Forum ausprobieren.

    Aber Sie können auch nach 15 Minuten gehen, damit sich die eingespielten Muster langsam löschen können. Wenn Ihnen die Zeit zu kurz ist, würde ich mit der ersten Boshaftigkeit eine kleine Auszeit nehmen, zur Toilette, etwas im Heim klären, etwas aus dem Auto holen usw. Wenn Sie dann ganz unvoreingenommen zurückkommen, kann es vielleicht wieder eine kurze gute Zeit geben und Sie geben sich und Ihrer Mutter eine Chance die angemessene Kommunikation selbstverständlich zu "üben".


    Ein weiterer Tipp kann noch - die nachlassende Merkfähigkeit Ihrer Mutter - zu früh sein, Sie können - wenn Sie wollen und das innerlich o.k. ist - den Ärger auch validieren und damit von sich selbst ablenken, z.B. "es ist wirklich ärgerlich, wenn die eigenen Kinder so selten kommen (können), da kann man richtig sauer werden..."

    Letztlich kommt es auf die "Milieutherapie" an, die unvoreingenommen jeden Ausdruck der Demenz akzeptiert und einen Raum zum Wohlbefinden schafft. So wie SchwarzerKater schreibt, eine familiäre Atmosphäre ...


    neben all den anderen Leutchen, die sich alle gegenseitig friedlich leben lassen

    Ihr Martin Hamborg

  • Morgen ist wieder Besuchsfreitag. Die Nervosität steigt, das schlechte Gewissen klopft an.

    Hab grad noch mal Herr Hamborgs letzte tolle Mail gelesen. 15 Minuten gute Atmosphäre sind das Ziel. Wenn die Stimmung kippt werde ich meine Mutter fragen ob ich noch schnell etwas für sie einkaufen soll: ach ja und mein Knie bekommt wieder eine 💉 zum Ende 😉 alles Gute Ute (bitte denkt an mich ab 10.30)

  • Naturlich werde ich an Dich denken, schick das schlechte Gewissen weit weg oder überleg Dir, ob es eine bessere Lösung gäbe: Du wirst kaum eine finden!

    Halt gut durch, wird schon! ;)

  • Hallo Ute, auch von mir alles Gute für den morgigen Besuch im Pflegeheim.


    Auch ich gehe immer noch mit einer gewissen Beklemmung ins Pflegeheim. Aber so langsam wird es besser. Meine Mutter scheint in einer zufriedenen Phase angekommen zu sein. Und heute sprach mich eine der Pflegerinnen explizit darauf an, dass meine Mutter sehr zufrieden in ihrer heilen kleinen Welt lebt und ich mir bitte keine Gedanken mehr machen möge. Ich selbst bin begeistert von dem dort gehandhabten Konzept, das jeden Menschen (auch mit Demenz) voll und ganz hinsichtlich seiner Individualität "abholt", wobei darum herum kein großes Thema gemacht wird. Die Menschen sind einfach da und werden mit einer Selbstverständlichkein voll integriert, wobei niemand zu irgendwas gedrängt wird: Zum Beispiel geht meine Mutter manchmal mit zum spazieren, manchmal nicht ...., wenn sie keine Lust hat. Sie mag Zeitungen und Papier ... also kriegt sie genau das. So haben wir es wohl geschafft, dass meine Mutter "angekommen" ist. Ich habe jetzt einfach eine neue Version meiner Mutter - und ehrlich gesagt, kann ich mit dieser Version gut leben, wenn ich sehe, dass sie auch zufrieden ist.


    Übrigens hat eine der Bewohnerinnen (sie ist ein wenig länger als meine Mutter da) anfangs erbitterten Widerstand geleistet - aber auch diese Frau sieht mittlerweise ganz zufrieden aus.


    Vielleicht macht das den anderen etwas Mut, dass es wirklich eine gute Entwicklung nehmen kann, selbst wenn es erst nicht so aussieht.


    Liebe Grüße

  • Dankeschön Schwarzerkater 🌸, die Einrichtung, in der meine Mutter wohnt lässt auch „jedem Jeck sein Käppchen“- so macht meine Mutter halt keine Aktivitäten mit: alle anderen sind dementer, niveauloser, irgendwas.

    Was sie an guten Tagen gerne macht ist ein bisschen shoppen gehen.


    Also denke ich einfach auch an mich und sehe dem morgigen Tag entgegen.


    Gute Nacht von Ute🌸

  • Hallo Ute, das liest sich doch sehr gut bezüglich Pflegeheim - das nimmt bestimmt eine gute Entwicklung. Es gibt die unterschiedlichsten Ansätze. In einem anderen (größeren) Pflegeheim war meine Mutter zur Kurzzeitpflege. Eigentlich war auch das ein sehr schönes Pflegeheim, aber so richtig entsprach es meiner Mutter in ihrer Persönlichkeit nicht, weswegen sie immer nach Hause wollte. Jetzt ist aber auch die Demenz weiter fortgeschritten und meiner Mutter geht es damit (paradoxerweise) viel besser (viel, viel besser). Und das allein zählt und macht mich ehlich gesagt, richtig glücklich. Hätte das gerade bei meiner Mutter nie (!!!) gedacht ... Ich drücke also die Daumen, dass es bei den anderen auch besser wird.

  • Ach Schwarzerkater das ist wirklich schön bei Euch geworden.


    Heute war leider wieder ein maximal schrecklicher Tag.

    Meine Mutter lag auf dem Bett, es geht ihr mit ihrem Herzen bei dem schwülen Wetter nicht gut.


    Aber böse zu mir sein ging. Resümiert: alles ist schrecklich und ich bin oberschrecklich. Ach ja und wie eine Landpommeranze kleide ich mich (also sooooo hässlich bin ich garnicht und sooo hässlich kleide ich mich auch nicht, und wenn dem auch so wäre…)


    Ich hab dann versucht alle Eure Tipps einzuhalten und bin zwischendurch für sie Obst kaufen gegangen.


    Danach wurde es nur noch mal richtig schrecklich, wieder der Tenor dass ich sie nicht in ihre 430 km entfernte Wohnung im 4. Stock liesse.


    Also : ich bleibe dran und verbuche den Tag unter „negativst“


    Alles Gute Ute

  • Oh wie schade, Ute! Trotzdem ist es wohl ihre Art zu zeigen, dass sie Dir nahe steht, weil sie bei Dir "die Sau rauslassen" kann. Anders kann sie vermutlich gar nicht mehr, wie "liebevoll" ging, weiß sie wohl auch nicht mehr annähernd (wenn sie es je wusste, ich weiß ja nicht, wie sie früher war).

    Dir hilft jetzt wohl einfach am ehesten: aufstehen, Krönchen richten und Dein Leben weiterleben - bis zum nächsten Mal. Aber dann bist Du vielleicht innerlich schon wieder etwas mehr gewappnet. :)

  • Hallo Ute, ecia, Rose .... usw.


    Im Prinzip wäre es ein Wunder, wenn das von heute auf morgen klappt.

    ecia25 hat recht ..., da hilft nur Geduld.

    Im Nachhinein waren es bei uns viele Jahre. Meine Mutter konnte mindestens einmal genauso schimpfen und ICH konnte ihr absolut nichts recht machen. Das verliert sich aber meistens mit der Zeit.


    Wahrscheinlich ist das ein verbitterter Kampf gegen das Schwinden der Kräfte. Erst wenn dieses Schwinden nicht mehr bewusst ist, wird es besser.


    Die Zwischenzeit gilt es zu überbrücken oder auch auszuhalten. Vielleicht trotzdem stoisch freundlich bleiben, immer wiederholen, dass man schon alles Menschenmögliche macht, dann gerne auch mal daran erinnern, dass es einem selbst nicht immer gut geht, man zum Arzt muss usw. Die Schimpferei über meine Person (wie ich aussehe, was ich alles (nicht) mache und (nicht) kann), habe ich einfach so hingenommen und gesagt, dass es mir leid tut, dass ich so bin, es aber leider auch nicht mehr ändern kann. Ich will nicht sagen, dass es mir leichtgefallen ist, aber eine andere Option hatte ich nicht und Diskutieren hat alles nur viel schlimmer gemacht. Ein Sieg oder Konsens war da nicht zu erreichen.


    Also, so gut es geht, die Beschimpfungen "vorbeilaufen" lassen, die haben mit dir als Person nichts zu tun, sondern nur mit der Demenz. Alles Liebe.

  • Ach Ute, wie blöd für dich.. anfangs fühlte ich mich auch immer persönlich angegriffen, irgendwann sagte ich an einem "bösen Tag" mal "also heute hast du aber schlechte Laune" . Da war meine Mutter ganz erstaunt und sagte nach einer Weile ganz nachdenklich "ja ...stimmt, ich weiß auch nicht". Dann habe ich irgendwas erzählt und konnte sie etwas umstimmen. Jedenfalls habe ich es nicht für mich angenommen und litt hinterher nicht so.. klingt sicher profan und jede Situation ist ja wieder anders, aber so habe ich halt langsam die Kurve bekommen, mich nicht persönlich für ihre Laune verantwortlich zu fühlen..

    Liebe Grüße an euch alle

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