Meine Mutter, 87, möchte unbedingt wieder in ihre Wohnung und lehnt mich und meine Familie ab

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo UteSchnute, schön zu lesen, wie Sie so humorvoll und pragmatisch die vielen guten Ideen hier aufnehmen und ausprobieren. Respekt bei so viel Verletzungen!


    Bei der "neuen Version in der Begegnung", die Sie SchwarzerKater vorgeschlagen haben, kam mir das Bild: Jetzt kommt die Tochter2.0, die mit Wissen, Witz und Experimentierfreude die Boshaft abperlen lässt und mit viel Geduld die "filiale Reife" übt - diese große Entwicklungsaufgabe, die wir lernen können, wenn unsere Eltern von uns abhängig und dement werden und wir Kinder die elterlichen Funktionen übernehmen.

    Ihr Martin Hamborg

  • Hallo UteSchnute, schön zu lesen, wie Sie so humorvoll und pragmatisch die vielen guten Ideen hier aufnehmen und ausprobieren. Respekt bei so viel Verletzungen!


    Bei der "neuen Version in der Begegnung", die Sie SchwarzerKater vorgeschlagen haben, kam mir das Bild: Jetzt kommt die Tochter2.0, die mit Wissen, Witz und Experimentierfreude die Boshaft abperlen lässt und mit viel Geduld die "filiale Reife" übt - diese große Entwicklungsaufgabe, die wir lernen können, wenn unsere Eltern von uns abhängig und dement werden und wir Kinder die elterlichen Funktionen übernehmen.

    Ihr Martin Hamborg

    Hallo Herr Hamborg,

    Dankeschön 🌸

    Dieses immer mal wieder schlechte Gewissen, meiner Mutter „die Wohnung zu nehmen“, kommt immer mal wieder hoch.

    Immer wieder dieses Thema bei ihr. Wirklich immer wieder. Sie fragt seit November 2021 immer wieder, warum sie nicht in ihre Wohnung zurückkann. Das ist seltene harmlose Version. Wenn ich Ihr dann wieder geduldig erkläre dass wir das mit Pflegedienst und Nachbarn 4x versucht haben, was immer nach 1-2 Wochen im KH endete, tut sie das ab als „so schlimm war das doch garnicht“. Doch. Es war sogar noch schlimmer.


    Kein Anderer existiert mehr für sie. Nur ihre Wohnung.

    Sie steht momentan noch leer aber ich bin gerade dabei, sie auf diesem unangenehmen Wohnungsmarkt zu verkaufen: es ist noch ein sehr hoher Abtrag (meine Eltern haben die Wohnung erst im Rentenalter mit 70 gekauft) vorhanden, die Zinsbindung läuft bald aus etc.


    Aber ich fühle mich natürlich grässlich schuldig Ihre geliebte Wohnung zu verkaufen.


    Ich erinnere mich dann daran dass sie dort jeden Pfleger/ Arzt/ mich übel behandelt hat, keine Medikamente nehmen wollte, nichts getrunken und kaum und schlecht gegessen hat und nur einsamst war, da sie aus diesen 4 Stockwerken ohne Fahrstuhl garnicht mehr raus kam.


    Dieses hartnäckige Schuldgefühl mit dem ich diskutiere und das immer wieder wie eine Blase nach oben pluppt, gerne auch morgens nach dem Aufwachen oder abends statt einzuschlafen.


    Als eine Angehörige habe ich auch eine Form der Demenz: ich drehe mich im Kreis und erzähle immer wieder das Gleiche. Mein Mann guckt mich manchmal schon komisch an🥺Alles Gute Ute

  • usw. Die Schimpferei über meine Person (wie ich aussehe, was ich alles (nicht) mache und (nicht) kann), habe ich einfach so hingenommen und gesagt, dass es mir leid tut, dass ich so bin, es aber leider auch nicht mehr ändern kann



    das widerstrebt mir so! Aber ich werde es versuchen. Danke Dir❤️

  • Hallo Ute, man muss einen Cut machen: Die über die Jahre automatisierte Kommunikation, die zur ehemaligen Beziehung passte, ist jetzt völlig zwecklos, weil unpassend. Die Basis ist nicht mehr da.


    Ich konnte das auch lange nicht begreifen: da saß meine Mutter ... äußerlich intakt und benahm sich so, wie ich sie durchaus AUCH aus der Vergangenheit kannte. Jedoch schien es so, als habe man ihr die meisten positiven Eigenschaften abgeschaltet und übrig waren nur noch die unangenehmen. (Es ist ja so, dass wir alle solche und solche Eigenschaften haben.) Ich konnte gar nicht anders, als ihre Wut auf mich zu beziehen, denn sie wurde ja auch an mich addressiert.


    Aber je mehr mir klar wurde, dass meine Mutter KRANK ist, umso weniger machte mir das aus. Es war ein Lernprozess zu sehen, dass meine Mutter jetzt die Bedürftige ist und dass es keinen Zweck hat, in den alten Mustern zu bleiben, zu diskutieren, sich zu verteidigen.

    Ohja, ich habe das auch versucht, so ist es nicht. Aber mit NULL Erfolg.


    Liebe Ute, selbst wenn es so aussieht, als wüsste deine Mutter noch genau, was sie tut und sagt ... Ich bin mir absolut sicher, dass es nicht so ist.


    Meine Mutter ist jetzt in einem sehr milden Zustand angekommen. Manchmal denke ich, sie erkennt mich gar nicht immer - meinen Mann dagegen komischerweise schon. Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich nie traurig darüber bin. Aber ich weiß, dass es schon lange nicht mehr um mich geht ... Insofern verblasst auch, was meine Mutter zu mir in früheren Phasen gesagt hat - es spielt einfach keine Rolle mehr.


    Ich denke, liebe Ute, selbst wenn deine Mutter jetzt noch im krassen Widerstand ist, könntest du versuchen, bewusst aus der Diskussion mit den Anschuldigungen gegen dich rauszugehen. Man muss ja nicht unbedingt erfreut reagieren - ein bisschen leise Traurigkeit (die ja echt ist) genügt oft schon.

    Und ich überlege gerade, was mir noch besonders geholfen hat .... Das waren Menschen (mein Mann, meine Tochter), die mich getröstet und meine Tränen ausgehalten haben ... und meine geliebte Arbeit, die mir Struktur gegeben und mich abgelenkt hat.

    Der Weg ist eben schwer, aber es wird wirklich besser ... und das ist kein so dahingesagter Trost. Alles Liebe.

  • Liebe (r) Schwarzerkater,

    Ich bin schon um mein Postfach herumgeschlichen und habe gehofft, dass jemand von Euch antwortet.

    Mir geht es mit lauter Selbstzweifeln, da meine Mutter so unglücklich scheint gepaart mit den Verletzungen, die sie mir wieder zugefügt hat, richtig schlecht. Heute Nachmittag bin ich extra noch mal zu meinem Mann ins Büro gefahren um ihn zu fragen, ob er diese Woche mit zu meiner Mutter kommt: aber sein Schreibtisch quillt wirklich über, Mitarbeiter sind krank und Baustellen machen Probleme. Er hat es einfach nicht verdient, dann auch noch beschimpft zu werden und würde wahrscheinlich auch zu … sauer werden, wenn meine Mutter wieder so böse zu mir würde.


    Aber Schwarzerkater ich hatte Deine Mail erst nur angelesen und dann wirklich genüsslich wie eine Lindtpraline nach dem Abendessen genossen: Du hattet garnicht gesagt dass Du meine Mutter kennst 😉🌸. Du hast mich mit Deinem Schreiben echt wieder zurechtgerückt.


    Mein Mann wird im Büro gelassen und ich werde auch mal wieder etwas Traurigkeit zeigen wenn es zu arg wird.


    Sonntag war mein Kopf seit längerem mal wieder richtig frei: ich hatte mit einem meiner Söhne Unterricht auf 2 von unseren temperamentvollsten Islandpferden bei einer sehr anspruchsvollen Trainerin: nach einer Reitsommerpause war ich schon wieder halb verzagt (jaja Verzagen kann ich gut) ob das mit 56 noch Sinn macht so ganz rasend sportlich zu reiten. Ob ich meine Pferde nicht irgendwann verkaufen sollte und lieber Yoga…so ein Ute-Blabla.

    Naja man hat die Trainerin bis aus der Halle heraus gehört und andere sagten dann: man ihr hattet ja stressigen Unterricht und ich war STOLZ und ZUVERSICHTLICH alles meistern zu können.

    Also das ist mein herzallerliebstes Ablenkungsmanöver. Sorry Vinur und Rán dass ich auch nur mit dem Gedanken…


    Also liebe Schwarzerkater wirklich 1000 Dank dass Du diese tiefen Täler schon durchschritten bist und uns so wirklich anschaulich und helfend daran teilhaben lässt ❤️

    Worte können halt nicht nur Verletzen sondern auch heilen. ❤️‍🩹

    Deine Ute

  • Liebe Ute, um im Bild zu bleiben ...: Auch für mich kommen wahrscheinlich noch viele tiefe Täler, aber die Kondition wird besser, das Rüstzeug ist nun angemessen ausgewählt und ... man lernt, dass auch die Zeiten in Tälern nicht nur grausam sind, weil eben auch der Schatten - als Kontrast zur Sonne - nicht NUR schrecklich, sondern auch manchmal notwendig ist. Aber nun genug der Poesie.


    Ich denke, dass alles gut ist, was uns Struktur in diesen haltlosen Zeiten gibt: Arbeit, Menschen, Hobbys ... Für mich ist die Arbeit (an diversen Büchern) ein Anker, an dem ich mich festmachen kann. Für dich ist es der Reitunterricht mit den Kindern. So bekommt man auch wieder ein Gefühl für Selbstwirksamkeit. Das finde ich sehr wichtig.


    "Familie" (v.a. Eltern) ist halt immer der Ort, an dem in allen Facetten gelebt wurde und wird. Da ist selten alles gut. Das demenzielle Verhalten triggert dann leider oft die nicht so schönen Erinnerungen an die Vergangenheit. Bei mir war es dann auch noch so, dass mein über die Jahrzehnte zusammengebautes Wertekontrukt in die Brüche ging (Helfen bis zur Selbstaufgabe). Prinzipiell hat mein Mann den gleichen Anspruch. Aber wir haben zum Glück noch bemerkt, dass wir kurz vor dem Zusammenbruch standen. Die Heimleiterin sprach uns ins Gewissen. Ihre Worte: "Sie opfern sich auf ohne nennenswerten Erfolg." Ebenso der Stationsarzt, der mich anrief : "Es ist schön, dass Sie es Ihrer Mutter ermöglicht haben, so lange zu Hause zu wohnen. Jetzt allerdings tun Sie ihrer Mutter jetzt keinen Gefallen mehr damit."


    Dies alles solltest du dir so ähnlich auch sagen, wenn dich das schlechte Gewissen quält: "Würdest du deiner Mutter wirklich einen Gefallen damit tun, wenn sie in ihre eigene Wohnung zurück könnte?"


    Ich vergleiche das mit meinem fünfjährigen Enkel, der - anstelle eines Mittagessens - fünf Portionen Eis verzehren möchte ... , der abends nicht ins Bett will ... Er weiß aber nicht, was ich weiß: Nach den fünf Portionen Eis wird im tatsächlich schlecht. Wenn er die halbe Nacht mit uns fernsieht, ist der nächste Tag eine Katastrophe für ihn ... (Alles so ähnlich schon erlebt.)

    Und so ist es eben auch bei meiner Mutter. Und bei deiner sicher auch ...

    Wir wissen jetzt besser, was noch machbar ist und was nicht.


    Ich wünsche dir von Herzen, dass mit fortschreitender Demenz eine weichere Seite deiner Mutter zutage tritt. Das versöhnt beide Seiten.



    Einen schönen Tag wünsche ich dir und allen hier (dieses Forum ist wirklich sehr, sehr wichtig!!!!)

  • Liebe Ute,

    Wir müssen vor allem auch Geduld mit uns selbst haben, dass wir eben nicht wie auf Knopfdruck umswitchen können mit dem Rollentausch. Jahrelang waren wir dran gewöhnt, dass unsere Mütter zuerst für uns und später für sich selbst sorgen konnten. Das alles sind Bahnungen im Gehirn, die für eine Veränderung in der Richtung oder Ausprägung o.ä. Zeit brauchen und ebenso brauchen neue Bahnungen, wenn wir unsere Einstellungen und unser Verhalten ändern, Zeit und "Training". Ich habe mal ein sehr interessantes Buch dazu gelesen, falls es jemanden interessiert: G.Hüter "Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn"

    Von daher müssen wir unser anderes Verhalten und Denken einüben, Rückschläge sind damit enthalten 😉

    Liebe Grüße

  • Liebe Rose60, genauso ist es. Alle automatisierten Vorgänge in uns leisten erbitterten Widerstand, wenn wir sie plötzlich (!) ändern wollen. Wir sollten also auch mit unseren Denkmustern im Gehirn gnädig sein, unser Denken immer wieder sanft aber bestimmt an die Hand nehmen und in eine neue Richtung lenken. Freundliche Konsequenz und Zeit hilft. G. Hüter kenne ich (und schätze ihn) - das Buch hab ich aber noch nicht gelesen. Bestimmt interessant. Liebe Grüße an alle Weggefährten

  • Als Ersatz fürs Liken: ich danke Euch für Eure verstehenden, nachdenklichen und so hilfreichen Worte.

    Mir helfen sie nicht nur im Umgang mit meiner dementen Mutter (die für mich derzeit noch der "lockerste Fall") ist, sondern genauso bei meinen kranken Kindern und Enkeln (die teils durch die Borderline-Mama schwer geschädigt sind).

    Es tut einfach gut, sich hier auszutauschen und Menschen zu erleben, die sich und den anderen immer wieder neue Erkenntnisse, Entwicklungen und auch Fehler zugestehen. Niemand kann und muss immer sofort auf jede Situation perfekt reagieren und schnellstens drauf eingestellt sein, alle brauchen dafür Zeit - Zeit, die in unserer Gesellschaft gerne ignoriert und mit Unsinn aufgefüllt wird.

    Danke!

  • Hallo ecia, ich danke dir auch für deine Worte. Ich lese heraus (und erkenne), dass alle noch weitere Päckchen zu tragen haben ... das ist bei mir nicht anders: Tochter und Enkel vom toxischen "Vater" und Co. (der auf Vernichtung aus ist) schwer beeinträchtigt und geschädigt ... und dazu meine demente Mutter. Ich hab manchmal scherzhaft gesagt, dass ich mir jede Nacht einen anderen Albtraum aussuchen kann ... Aber so ist eben das Leben. Danke fürs Unterstützen an euch alle!!!! Es ist wie eine Oase inmitten einer wirren Zeit.

  • Meine Güte, ihr lieben alle, da hat offensichtlich keiner von uns hier nur für sich allein das Unglück gepachtet.. vermutlich sind wir auch deshalb so gnädig miteinander. Den Begriff des "toxischen" Vaters werde ich mir merken, der wirkt auch bei mir noch nach seiner Lebenszeit, aber wenigstens die Angst ist nun mit ü60 weg und ich denke mittlerweile, dafür war es auch für meine Mutter gut, dass sie heimatfern nur einen Pflegeplatz bekommen hat, sie erwähnt meinen Vater max.1mal pro Jahr..

    Leider ist nun die Hauptbezugsperson meiner Mutter im Heim unerwartet verstorben, mit der sie seit 3 Jahren täglich zusammen saß. Das ist sehr sehr schade für sie und nun wird vermutlich wieder der Drang nachhause verstärkt auftreten.. dieses wurde nun gerade aufgelöst. Bin gespannt :|

    Liebe Grüße an euch alle

  • Hallo Ihr alle Schwarzerkaters, Roses und Ericas undsoweiter,

    Dankeschön an Euch von ganzem Herzen!


    Nach Schwarzerkaters 2 letzten Briefen konnte ich mich echt wieder entspannen. Immer wieder dieses: jetzt haben wir im Griff - juhu - Erleichterung - Glück - und dann wieder unzählige offene Wunden - oh nichts ist mehr zu ertragen.


    Cut: werde ich dran denken


    Eis: Du hast Recht Schwarzerkater der Vergleich ist einfach und richtig


    Heimleitung: die Leiterin und die Pflegeleitung schimpfen oft richtig mit mir dass ich selbstbewusster bleiben soll und mir mal vor Augen halten soll, was ich zB für Prachtjungs habe und was für ein emphatischer Mensch ich wäre. Auch die Ärztin unterstützt mich sehr, ihre (verstorbene) Grossmutter könnte eine Zwillingsschwester meiner Mutter sein. Das ist sehr hilfreich.


    Ich hatte Euch doch erzählt dass einer von unseren Drillingen, E, 16, oft mit zu meiner Mutter kam - er wollte auch mit - mein Mann war da eh nicht so begeistert von: E ist sehr introvertiert, schien mit allem umgehen zu können (Drilling O hat bei Besuchen ununterbrochen geweint) - aber nun scheint E einen Burnout zu haben - er kann sich nicht mehr entspannen (er schreibt nur 1er, das hat er nicht von mir) - ob E nicht mal doch zu viel erlitten hat bei meiner Mutter. Ab nächster Woche ist er in Behandlung, wir haben eine Jugend - Psychotherapeutin "ergattert", grosse Erleichterung.


    Tschüss von Ute <3

    Einmal editiert, zuletzt von Alfskjoni ()

  • Liebe Alle,


    gestern bin ich zu meiner Mutter gefahren und hatte schwarzerkaters Worte "auf Abruf gespeichert":

    Eisthema

    Null (keine Diskussionen eingehen)


    Nach dem letzten Besuch ging es mir ja richtig schlecht - nächste Woche habe ich eine Darmspiegelung.


    Um mir mal etwas Abstand zu gönnen habe ich meiner Mutter gesagt, ich hätte heute wenig Zeit, wollte sie aber sehen und ihr erzählen, ich könne erst wieder in 2 Wochen kommen wegen eines kleinen Darmeingriffs (ein Rettungsanker für mich für eine dringend benötigte Miniauszeit).

    Sie hat sich nahezu gefreut mich zu sehen (habe gemerkt es ist eventuell zukünftig besser nicht immer genau zu sagen, wann ich komme: sie scheint sich dann mental sehr negativ darauf vorzubereiten) und ich habe ihr gesagt, dass ich dann erst in 2 Wochen wiederkommen kann und dass sie ja verstünde dass die Gesundheit vorgeht und dass ich dann jetzt auch losmüsse.


    Da blitzte dann meine Ex-Mutter mit ihrem totalen Verständnis für wenig Zeit auf und ich konnte mich freundlich verabschieden.


    Status gestern und heute: mir geht es gut, Entspannung meinerseits.


    Alles Gute Ute

    • Offizieller Beitrag

    Hallo UteSchnute, erstmal bitte schnell den Namen im vorletzten Satz ändern.

    Die Begegnung mit so viel Gift einer geliebten Großmutter kann Einem schon die Füße wegziehen, super dass er so schnell professionelle Hilfe gefunden hat.


    Mit diesem Gedanken möchte ich den Begriff der "toxischen" Mutter auf den einer toxischen Beziehung ändern: So wie Sie schreiben, verteilt Ihre Mutter eine Menge Gift in die Familie und Sie versuchen sich mit dem ein oder anderen Antiserum, um das auszuhalten. Aber auch ein Antiserum hat Nebenwirkungen - Ihr schlechtes Gewissen ist nur eines davon. Es wird auch davon genährt, dass Sie Ihre Mutter lieben und es sich damit verbietet, sie als toxisches Wesen wahrzunehmen. So geraten Sie beide in einen Teufelskreis.


    Um im Bild zu bleiben: Gifte sollten wir meiden oder auf homöopathische Dosierungen verdünnen. Bei einer toxischen Beziehung können wir uns ändern, wenn wir die Muster verändern. Beide Wege sind m.E. richtig, also Sie gehen in die richtige Richtung - wie das Weisheit des Wortes schon sagt.


    Das andere hilfreiche Bild ist das des trotzigen Kindes - in der Demenz verlieren wir unsere kompetenten Bewältigungsmuster und frühere wichtige Bewältigungsformen bekommen wieder Macht.

    Auch Krisen können diese Form der Regression auslösen - die Demenz ist also wie eine chronische Krise, die eine neue Form der Bewäligung braucht.


    In den alten Kulturen und großen Familien übernehmen Peers, also die Gruppe der Mitkinder wichtige Erziehungs- oder Entwicklungsimpulse. So bleibt die Autorität bei den Eltern, ohne dass sie diese beweisen oder erkämpfen müssen. (So wie Lehrer, wenn einige herausfordernde Schüler es schaffen, die Selbstregulation der Klassengemeinschaft aufzulösen)

    Wenn dann die tief in uns verankerten Verhaltensweisen einer Beutetierherde wach werden, weil keine Autorität uns vor dem potenziellen Feinden schützt, wird so wie bei Pferden um eine höhere Rolle gekämpft. Nun sind wir Menschen (eigentlich) keine Beutetiere mehr und wir könnten - so wie Gerald Hüther unermüdlich erzählt - in der Familie und in den Teams jeden Tag bis in das hohe Alter über uns hinauswachsen, getragen von der Geborgenheit unter einer charismatischen Führung.

    In meinem Buch (IQM Demenz in der Altenhilfe, Springer) beschreibe ich, wie wir unter diesem Gedanken seit Jahren mit unseren mittleren Leitungskräften einen Workshop auf einem Pferdhof machen - am ersten Tag üben alle das Führen durch einen schwierigen Parkuhr - ich filme. Am zweiten Tag werten wir die Erfahrungen und Filme aus und übertragen es auf die Führungsaufgaben in den Teams, die im Krisenfall einfach reibungslos funktionieren müssen.


    Warum mache ich diesen Gedankenflug?

    Sie beschreiben wunderbar, wie Sie auf den wilden Ponys reiten und ich dachte, wer so reiten kann, hat die natürliche Autorität, um eine toxische Beziehung zu verändern. Ihre Mutter braucht dringend genau das, was Sie offensichtlich perfekt beherrschen.


    Sie müssen es (einfach) nur übertragen, damit Ihre Mutter sich mit der starken Tochter geborgen fühlen kann und die Sicherheit erfährt, die sie so dringend benötigt, um selbst aus den toxischen Mustern zu kommen.

    Ihr Martin Hamborg

  • Hallo zusammen,

    Heute klinke ich mich nochmal hier ein. Es fällt mir gerade schwer die Situation meiner Mutter mitauszuhalten.. wie bereits oben geschrieben, ist ihre Freundin im Heim verstorben und meine Mutter muss sich neu orientieren, klagte gestern, dass es so langweilig sei und sie soviel schlafe auch am Tag. Ich besuche sie nun seit drei Jahren mindestens 1mal pro Woche, wozu ich mich jedesmal sehr aufraffen muss. Wie ihr ja vermutlich auch erlebt, zieht es mehr Energie als man zurückbekommen würde - also ich ziehe jedenfalls keinerlei Kraft daraus. Ist auch eigentlich ok... nur geht nun mal das eigene Leben mit Höhen, Tiefen, Anforderungen und eigenen Wehwechen bis Krankheiten weiter parallel und dann kostet es mich noch mehr Kraft mich aufzuraffen zum Pflegeheim. Und es macht mir etwas Angst gerade, wie lange und wie überhaupt das alles noch so weiterläuft. Da fühle ich mich gerade in einer "Sandwichposition". Auf der einen Seite quasi die einzige Besucherin meiner Mutter, die ich meist als fordernd empfinde und deren Wünsche ich natürlich nicht erfüllen kann (gefühlt konnte ich das wohl nie). Auf der anderen Seite ist mein Einsatz als Oma auf ziemliche Entfernung gewünscht, was ich eigentlich auch gerne mache, was aber anstrengt... schon länger kein richtiger Urlaub, dafür seit einigen Wochen mit corona "beschäftigt ", was letztendlich doch viel Kraft gekostet hat, auch wenn ich akut nicht so schwer erkrankt war. Nächste Woche wird im Haus umgebaut und parallel eine kleine OP bei mir als Folge meines Unfalls vor 1 Jahr.

    Sorry, muss heute mal ein bisschen jammern..

    Ich wünsche euch allen einen schönen Sonntag!

    Liebe Grüße

  • Hallo Rose, ich verstehe dich sehr gut, denn mir geht es ähnlich. Auch ich muss mich IMMER aufraffen für den Besuch im Pflegeheim bei meiner Mutter. Das musste ich aber auch schon, als meine Mutter hier zu Hause nebenan wohnte und ich zuletzt mindestens viermal pro Tag alles richten musste und und und ... Da kam nichts mehr zurück - im Gegenteil! Wenn es hoch kommt, kann ich eine gewisse Zufriedenheit daraus ziehen, dass meine Mutter in einem so netten Pflegeheim ist (am Donnerstag kamen wir, als sie grad aus dem Zimmer zum Kaffeetisch geholt wurde - da lag neben ihrem Teller schon die Zeitung, die sie gern liest .... sehr rührend ...).


    Aber wirklich Kraft kann ich daraus nicht schöpfen ... Wir müssen vieles um meine Mutter regeln. Da ich keine Vollmacht von ihr hatte, darf ich mich nun auch noch mit dem Gericht herumplagen und das ist nicht wenig Arbeit ... und es kommt noch vieles hinzu (fachärztliche Betreuung meiner Mutter usw.) ... Ich frag mich manchmal, wie lange ich das alles noch leisten kann. Ich gehe ja auch schon auf die 70 zu und meine sonstige schwierige familiäre Situation (Tochter, Enkel) habe ich anderweitig angedeutet. Auch dort muss ich "liefern" und kann und werde nichts zurückbekommen können, wahrscheinlich nie. Es gibt Tage, da muss ich schon aufpassen, nicht verbittert zu werden.


    Meine eigene Gesundheit ist nicht berühmt (unter anderem in der Bewegung stark eingeschränkt, 2 künstliche Hüften), aber das läuft alles am Rande mit.


    Leider kann ich dir auch nicht sagen, wie man aus dem Dilemma herauskommt. Am besten ist es immer noch, man lässt solche Gedanken gar nicht groß werden (leicht gesagt) und macht einfach weiter, solange es geht. Alles hat einmal ein Ende, es weiß nur keiner wie das aussieht.


    Aber, liebe Rose, vielleicht kannst du dich auch daran aufrichten, dass für deine Mutter gut gesorgt wird dank deiner Hilfe, selbst wenn sie das so nicht sieht. Man muss lernen, Zufriedenheit aus sich selbst heraus zu bekommen .... nicht einfach, aber der einzige Weg wahrscheinlich.


    Montag und Donnerstag sind bei uns Pflegeheimtage. Meine Mutter erträgt uns nur eine Viertelstunde. Einerseits gut, andererseits auch eine skurrile Sache, die nicht immer angenehm und schon gar nicht lustig ist.


    Liebe Rose, gut dass wir hier auch mal ungefiltert jammern und klagen dürfen (und es noch können). Ich habe mich da jetzt gleich mal angeschlossen. Vielleicht hilft (dir/uns) das ein bisschen? Würde mich freuen. Alles, alles Liebe!!!!

  • Hallo Rose, ja auch dafür ist dieses Forum gut, sich mal von der Seele zu schreiben, zu jammern, was einen bedrückt.

    Das Gefühl von der dementen Mutter "aufgefressen" zu werden, alles andere nur noch mit schlechtem Gewissen zu tun, obwohl auch das nötig ist, für andere Angehörige wichtig und sinnvoll ist, aber es dann selbst nicht mehr genießen zu können - das kenne ich zu gut.

    Und auch die Dinge, die eigentlich Freude machen würden - die Enkel betreuen z.B. - wird dann zur Anstrengung, weil es ja nur zwischen die anderen Aufgaben und Belastungen eingepfercht werden kann: da kann einem einfach das Jammern kommen. Helfen kann ich Dir nicht, aber Dich verstehen - mir geht es auf meine Weise derzeit ähnlich und auch mir fehlt die Aussicht, wie lange und überhaupt wie alles weitergehen soll, kann, wird...

    Dir und allen anderen auch trotzdem einen schönen Sonntag, irgendein kleiner Lichtstrahl kommt meistens dann doch irgendwann durch, wenn die Wolken gar so dunkel sind!

  • Hallo schwarzerkater, da haben wir ja gleichzeitig geschrieben und ich finde mich auch in Deinen Worten wieder.

    Einfach gut, dass wir dieses Forum haben, in dem wir nicht ausschließlich die Sorgen mit unseren dementen Angehörigen schildern dürfen, sondern auch klagen dürfen, die anderen Belastungen unseres jeweiligen Lebens und Alltags bejammern dürfen und auch daraus Kraft ziehen dürfen.

    Es ist so wichtig, mit all dem nicht allein zu stehen, sondern miterleben zu können, dass es den anderen Betroffenen ähnlich geht, wir keine Versager sind, sondern große Lasten tragen, manchmal zu groß und dann ist das Verständnis der ähnlich Erlebenden schon eine Hilfe beim Tragen.

  • Vielen lieben Dank, schwarzer Kater und ecla, für euer offenes Ohr/Auge. Ja, die Verbundenheit hier ist mir schon sehr hilfreich, sonst würde ich noch mehr an mir zweifeln und schuldig fühlen für mein Genervt-sein..

    Und ecla, was du schreibst, dass man die eigentlich schönen Dinge nicht so genießen kann, das geht mir auch so. Wenn ich z.B.einen schönen Spaziergang hier in der Gegend mache , denke ich, hier sollte ich mal mit Mama herschieben, doch dann fällt mir wieder ein, dass sie bei unseren derartigen Versuchen kaum nach rechts und links geschaut hat, sondern höchstens missmutig sagt "Zuhause ist es aber auch schön". Wenn ich bei meinen Enkeln bin, bedaure ich, dass meine Mutter die jüngsten noch nicht gesehen hat, weil es zu weit weg ist und ihr die zweistündige Fahrt zu anstrengend wäre.. in meinen Gedanken ist sie dann meist dabei und ich sage mir oft, dass sie als Oma bei meinen Kindern wenigstens öfter war und diese Zeit hatte. Trotzdem schwingt das schlechte Gewissen noch meist mit.

    Geht es euch ähnlich?

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