Abrechnung von Pflegeleistungen in einer Demenz-WG

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  • Unser Vater lebt seit 10/2020 in einer Wohngemeinschaft für Senioren und demenziell erkrankte Menschen in Sachsen-Anhalt. Seit einem Krankenhausaufenthalt in 08/2021 ist mein Vater bettlägerig. Der Pflegebedarf ist seither immens gestiegen. Der Pflegegrad 5 wurde inzwischen bestätigt. Da mein Vater durch seine Parkinsonerkrankung und fortgeschrittene Demenz zunehmend nicht mehr in der Lage ist, selbständig zu essen und zu trinken wurde uns vor kurzem von dem ambulanten Pflegedienst ein Kostenangebot mit einzelnen Kostenpositionen vorgelegt, dass im Ergebnis einem Eigenanteil für Pflegeleistungen von 2.783,56 € ausweist. Dazu kommen noch 275 € Servicevertrag Pflege, somit ergibt sich ein Eigenanteil für Pflegeleistungen von 3.058,56 € (4.788,56 € - 2.005 € (Pflegekasse PG 5)). Diese sind im Vergleich zu einem einrichtungsbezogenen Eigenanteil (EEE) für Pflegeleistungen eines vergleichbaren Pflegeheimes extrem hoch. Aus unserer Sicht sind die Leistungen und der Standard identisch.

    - Ein Hinweis auf eine derartige Abrechnung gab es seitens des Pflegedienstes beim Einzug meines Vaters nicht, ist sie rechtens? Müssten die Leistungen nicht mit einer dem EEE vergleichbaren Pauschale gefasst werden?

    - Wenn nein, kann die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vom ambulanten Pflegedienst geforderten Eigenanteil für notwendige Pflegeleistungen und einem angemessenen / ortstypischen Eigenanteil für vollstationäre Pflegeleistungen (Begrenzung des Eigenanteils an Pflegekosten) bei der Pflegekasse beantragt werden?

    - Kann die Zahlung des Leistungszuschlages für vollstationäre Pflege ab 01.01.2022 beantragt werden?

    • Offizieller Beitrag

    Sehr geehrte/r Tutti,


    bei der Versorgung und Betreuung in einer Pflegewohngemeinschaft handelt es sich um ambulante Pflege. Daher werden auch verschiedene Verträge abgeschlossen, zum Beispiel Mietvertrag, Pflegevertrag und Vereinbarungen zu Haushalts- und Verpflegungskosten.


    Auch wenn die Außenwirkung mitunter an ein Pflegeheim erinnert, gilt die Pflegewohngemeinschaft als privater Wohnraum. Die Leistungen der Pflegekasse sind daher die gleichen, wie bei einer pflegerischen Versorgung im eigenen Zuhause (Sachleistungen des entsprechenden Pflegegrades).


    Der EinrichtungsEinheitliche Eigenanteil, den Sie ansprechen, wird dagegen ausschließlich bei der stationären Pflege angewandt. Es wird im Pflegeheim auch nur ein Heimvertrag abgeschlossen, in dem die gesamte Versorgung des oder der Pflegebedürftigen geregelt wird.


    Eine Vermischung der Finanzierung von ambulanter und stationärer Pflege ist laut Gesetz nicht vorgesehen. Der EEE ist übrigens von Pflegeheim zu Pflegeheim unterschiedlich, je nach Kostenaufwand für Personal, Instandhaltung und Verpflegung.


    Wenn die Einkünfte Ihres Vaters für die Kosten der Pflege-WG nicht ausreichen und auch keine Ersparnisse über 5.000 Euro vorhanden sind, könnte ein Antrag beim zuständigen Sozialamt für ergänzende Hilfe zur Pflege gestellt werden.


    Da die Ausführungsvorschriften zum Pflegeversicherungsgesetz und auch zu den Sozialhilfen in den einzelnen Bundesländern Unterschiede aufweisen können, würde ich Ihnen eine Beratung in einem Pflegestützpunkt vor Ort empfehlen. In Berlin ist beispielsweise geregelt, dass der WG-Pflegedienst bei Beantragung von ergänzender Hilfe zur Pflege ab einem bestimmten Pflegegrad nur Tagespauschalen für die pflegerische Versorgung abrechnen darf und keine Einzel-Leistungskomplexe. Ob es diese Regelung auch in Sachsen-Anhalt gibt, können Sie in den Beratungsstellen erfragen.


    Mit diesem Link kommen Sie auf die Internetseite der Pflegeberatung Sachsen-Anhalt:


    Pflegeberatung in Sachsen-Anhalt



    Außerdem können Sie unter dem folgenden Link einen Leitfaden zu Pflegewohngemeinschaften in Sachsen-Anhalt herunterladen:


    https://ms.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MS/MS/2_Pflege_2014/07_11_2017_Ambulant_betreute_Wohngemeinschaft_bf.pdf



    Ich hoffe, die Informationen helfen Ihnen weiter. Alles Gute.



    Mit freundlichem Gruß


    Birgit Spengemann

  • Sehr geehrte Frau Sprengemann, vielen Dank für die schnelle und fundierte Antwort. Am Ende geht es ja um die Angemessenheit bei vergleichbarer Leistung. Tagespauschalen für Pflegeleistungen scheint ein Weg zu sein, auch wenn ich eine explizite Regelung dafür nicht finden konnte. Wo beantragt ergänzende Hilfe zur Pflege, bei der Pflegekasse? Halten Sie Einzelfallösungen für denkbar? Mit freundlichen Grüßen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Tutti,

    Hilfe zur Pflege wird nicht bei der Pflegekasse beantragt, sondern beim zuständigen Sozialamt. Es ist eine ergänzende Sozialleistung. Daher wird bei Antragstellung auch geprüft, wie hoch die Einkünfte und gegebenenfalls die Ersparnisse des Antragstellers oder der Antragstellerin sind. In der Regel sind die WG-Pflegedienste bei der Antragstellung behilflich.


    Ob in Sachsen-Anhalt die Abrechnung für die Pflegeleistungen zwingend durch Tagespauschalen im Rahmen der Hilfe zur Pflege erfolgt, können Sie im zuständigen Sozialamt erfragen. Solange die monatliche Pflegerechnung, abzüglich der Sachleistungen der Pflegekasse, privat vom WG-Bewohner bezahlt wird, kann der Pflegedienst auch weiterhin einzelne Leistungskomplexe vereinbaren.


    Inwieweit die Leistungen eines Pflegeheimes und einer Pflegewohngemeinschaft miteinander vergleichbar sind, kann und möchte ich hier nicht beurteilen. Es handelt sich um unterschiedliche Angebote, die unterschiedliche rechtliche Grundlagen haben und daher auch unterschiedliche Verträge erfordern.


    Eine Einzelfallentscheidung durch die Pflegekasse zur Finanzierung von regelmäßig monatlich anfallenden Pflegekosten ist mir persönlich nicht bekannt. Ich denke, dass Sie bei Nachfrage dazu an das Sozialamt verwiesen werden.


    Mit freundlichem Gruß

    Birgit Spengemann

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