Demenz-WG; Erstattung von Pflegeleistungen

  • Hallo,


    in der Demenz-WG besteht neben dem Mietvertrag

    - ein Dienstleistungsvertrag mit einem Sozialdienst für die Alltagsbegleitung und Hauswirtschaft und

    - ein Pflegevertrag mit dem gleichen Sozialdienst für die häusliche Krankenpflege.


    Die Pflegeversicherung vergütet an den Dienstleistungsvertrag gar nichts ("Privatleistungen werden nicht vergütet"), ist das in Ordnung?


    An den Pflegevertrag vergütet sie Erstattungsleistungen von aktuell €120. Müsste die Pflegeversicherung hier nicht Kombinationsleistungen vergüten, d.h. auf den dem Pflegegrad 3 entsprechenden Höchstbetrag aufstocken?


    Freundliche Grüsse

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    wenn ich es recht verstehe, lebt eine Angehörige oder ein Angehöriger von Ihnen mit Pflegegrad 3 in einer Pflegewohnwohngemeinschaft für Demenzkranke.


    Das würde bedeuten, es gibt, neben dem Mietvertrag, auch einen Vertrag über die pflegerische Versorgung, einen Vertag über die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen und einen Vertrag über die Höhe und Verwendung des Haushaltsgeldes.


    Für die Finanzierung der Pflegekosten gibt es die Pflegesachleistung des entsprechenden Pflegegrades von der Pflegekasse (Pflegegrad 3 = 1.363 Euro pro Monat). Für die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, auch hauswirtschaftliche Arbeiten, können die Entlastungsleistungen in Höhe von 125 Euro monatlich verwendet werden.


    Die von Ihnen erwähnte Häusliche Krankenpflege (z.B. Wundversorgung, Katheterwechsel oder Verabreichung von Spritzen) wird vom behandelnden Arzt verordnet und über die Krankenkasse abgerechnet. Diese Leistung ist nicht Bestandteil des Pflegevertrages zur häuslichen Versorgung.


    Gibt es in der Pflegewohngemeinschaft eine von der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragte Präsenzkraft, die, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung, für die Allgemeinheit der Bewohner Tätigkeiten übernimmt, wie zum Beispiel Organisation von gemeinsamen Feiern oder Ausflügen, verwaltende Aufgaben, Planung von Einkäufen und Arztterminen, kann dafür von den einzelnen Bewohnern der Wohngruppenzuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich beantragt werden.


    Die von Ihnen angesprochenen Kombinationsleistungen werden angewendet, wenn eine pflegebedürftige Person von einer oder mehreren privaten Pflegepersonen versorgt wird, aber für einzelne Verrichtungen, wie zum Beispiel Körperpflege, ein Pflegedienst beauftragt wird. Die Leistungen des Pflegedienstes werden dann als Sachleistung abgerechnet. Werden die monatlichen Sachleistungen nicht vollständig verbraucht, wird ein Rest an Pflegegeld an die pflegebedürftige Person ausgezahlt. Dies dürfte für eine Pflegewohngemeinschaft nicht zutreffen, da die pflegerische Versorgung in der Regel vollständig von einem Pflegedienst übernommen wird.


    Für eine detaillierte Beratung, die auf Ihre individuelle Situation eingehen kann, empfehle ich eine persönliche Beratung bei einem Pflegestützpunkt oder der Verbraucherzentrale. Dort können Sie die Verträge der Pflegewohngemeinschaft vorlegen und prüfen lassen, ob alles seine Richtigkeit hat.



    Mit freundlichem Gruß


    Birgit Spengemann

  • Sehr geehrte Frau Spengemann


    Vielen Dank für Ihre Auskunft. Wieder ein bisschen mehr Licht im Dunkel. So werde ich mein Glück beim Pflegestützpunkt versuchen.


    Freundliche Grüsse

  • Guten Tag, ich habe einen ähnlichen Sachverhalt. Meine Tante (PG4) wohnt derzeit noch alleine im eigenen Haus, ist krankheitsuneinsichtig und lehnt die Hilfe vom Pflegedienst komplett ab. Nun möchten wir, dass sie zum Dezember in eine Demenz-WG einzieht. Nun habe ich die Kostenübersicht erhalten:

    ca. 500,-- Miete, 300,-- Hausgeld und 2.300,-- Betreuungsgeld. Da sieh ja den Pflegedienst bislang abgelehnt hat, brauch sie ja auch in der WG keine Pflege. Die Medikamentengabe wird ja von der Krankenkasse bezahlt. Können wir dann Pflegegeld (€ 728) beantragen plus Entlastungsleistung (€125) und Wohngruppenzuschlag (€ 214) ? D.h. wir hätten einen Eigenanteil von rund € 2000. Oder ist meine Rechnung da falsch an der Stelle? Wäre da nicht eine vollstationäre Versorgung günstiger?

    Danke schonmal vorab für die Tipps.

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,


    der erste Gedanke, den ich beim Lesen Ihres Beitrages hatte, war die Frage, ob Sie oder andere Angehörige berechtigt sind, Ihre Tante in einer Pflege-Wohngemeinschaft oder einem Pflegeheim unterzubringen. Wenn Ihre Tante keine Krankheitseinsicht hat, wird sie wahrscheinlich auch nicht einsehen, warum sie ihr Zuhause verlassen soll. Um einen Umzug und voraussichtlichen Verkauf des Hauses in die Wege zu leiten, sollte ein entsprechender Beschluss beim Betreuungsgericht beantragt werden, auch wenn vielleicht früher einmal eine Vollmacht erteilt wurde. Der zuständige Amtsrichter wird dann prüfen, ob ein Umzug wirklich das Beste für Ihre Tante ist.


    Das Vorliegen des Pflegegrades 4 zeigt zwar, dass eine erhebliche Einschränkung der körperlichen und/oder geistigen Fähigkeiten vorliegen muss und ein umfassender Hilfebedarf von den Gutachterinnen oder Gutachtern des Medizinischen Dienstes anerkannt wurde. Die Notwendigkeit einer Unterbringung in Pflege-WG oder Pflegeheim muss aber trotzdem ausreichend begründet sein und vom Betreuungsgericht anerkannt werden.


    Die Versorgung in einer Pflege-Wohngemeinschaft umfasst, neben der Unterstützung oder Übernahme der Körperpflege (Selbstversorgung), auch die anderen Bereiche des alltäglichen Lebens, die ja auch in den Begutachtungsmodulen abgefragt und berücksichtigt werden, wie zum Beispiel Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Motorik und Psyche. Die "Pflege" beschränkt sich also nicht nur auf die körperliche Reinigung. Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Tante keine Pflege benötigt, auch nicht in der Pflegewohngemeinschaft, stellt sich die Frage, was mit dem Umzug bezweckt werden soll.


    Zudem gibt es in einer Demenz-WG eine 24-Stunden-Präsenz, so dass jederzeit Hilfe, Unterstützung und Beaufsichtigung der Bewohner geleistet werden kann. Dafür stehen bei einem Pflegegrad 4 von der Pflegekasse monatlich 1693 Euro Pflege-Sachleistungen (Pflege durch einen anerkannten Pflegedienst) und 125 Euro monatlich Entlastungs- und Betreuungsleistungen zur Verfügung. Die übrigen Kosten für Miete, Haushaltsgeld und Betreuung werden der Bewohnerin oder dem Bewohner in Rechnung gestellt.


    Ob die Pflegeheime in Ihrer Region günstiger sind oder nicht, kann ich von hier aus nicht beurteilen. Da gibt es sicher auch im nahen Umfeld große Preisunterschiede.


    Für eine detaillierte Beratung zur Zusammensetzung der Kosten für eine Pflegewohngemeinschaft und deren Rechtmäßigkeit empfehle ich Ihnen eine persönliche Beratung in einem Pflegestützpunkt oder einer ähnlichen Beratungsstelle, zum Beispiel Verbraucherzentrale. Nehmen Sie am besten den Kostenvoranschlag der Pflegewohngemeinschaft mit, damit die einzelnen Posten begutachtet und bewertet werden können.


    Bei Fragen zu Vollmacht oder gesetzlicher Betreuung können Sie sich Beratung und Unterstützung bei einem Betreuungsverein einholen.


    Mit freundlichem Gruß

    Birgit Spengemann

  • Hallo Frau Spengemann,


    vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Das war bislang auch immer mein Ansatz, das ich nicht über den Kopf meiner Tante hinweg entscheiden will. Ich habe zwar eine Vollmacht, die die Unterbringung einschließt. Aber letztendlich kann sie ja immer noch ihren Willen äußern. Nun wächst in der letzten Zeit der Druck seitens Nachbarn und Freunde, sowie meiner Cousinen immer mehr, dass es unverantwortlich sei meine Tante alleine in ihrem Haus zu lassen, da sie ja fremde Hilfe ablehnt und somit auch die Haushaltshilfe. Sie geht tagsüber 5 x die Woche (mittlerweile) mit Freude in die Tagespflege und hatte auch einen Schnuppertag in der WG der sehr schön war. Wobei kurz darauf die Erinnerung daran auch schon wieder verschwunden ist. Wenn aber die Entscheidung ansteht, in die WG einzuziehen kommt immer das Argument, sie könne ihr Haus nicht alleine lassen. Mir lastet jetzt der Druck auf den Schulter, wenn ihr Nachts im Haus was passiert, bin ich schuld, weil ich nicht rechtzeitig vorgesorgt habe.

    • Offizieller Beitrag

    Sehr geehrte oder geehrter FPrior,


    ich verstehe, dass Sie unter großem Druck stehen und wollte Ihnen ganz bestimmt keine bösen Absichten unterstellen. Mir ist die Situation aus Beratungen mit pflegenden oder betreuenden Angehörigen bestens bekannt. Nachbarn, Bekannte und auch weitere Angehörige sind häufig mit damit überfordert, wenn eine dementiell erkrankte Person sich verändert und womöglich auffällig wird. Aber solange die Person sich und andere nicht gefährdet, müssen die Menschen das ein Stück weit aushalten.


    Sie als Bevollmächtigte oder Bevollmächtigter sind übrigens nicht verpflichtet, ihre Tante rund um die Uhr zu beaufsichtigen. Es reicht aus, wenn Sie alles Zumutbare tun, um Ihrer Tante Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen. Die Selbstbestimmung jedes einzelnen ist ein hohes Gut in unserer Gesellschaft und soll auch für Demenzkranke so lange wie möglich erhalten bleiben. Wenn Sie allerdings den Eindruck haben, dass Ihre Tante völlig verwahrlost und sich gesundheitsgefährdend verhält, müssten Sie etwas unternehmen.


    Positiv ist schon mal, dass Ihre Tante regelmäßig in eine Tagespflege-Einrichtung geht und sich dort wohl fühlt. Das zeigt doch, dass sie Hilfe annehmen und sich in eine Gemeinschaft einfügen kann.


    Eine Möglichkeit, Ihre Tante in einer Pflege-Wohngemeinschaft einzubinden beziehungsweise einzugewöhnen, wäre vielleicht ein Probewohnen über mehrere Wochen im Rahmen einer Verhinderungspflege. Manche Wohngemeinschaften bieten dies an. In Pflegeheimen ist dies schon länger üblich.


    Wie schon in meinem ersten Beitrag erwähnt, muss vor Auflösung der bestehenden Wohnung beziehungsweise Verkauf des Hauses eine richterliche Genehmigung vom Betreuungsgericht eingeholt werden. Übrigens auch vor risikoreichen medizinischen Eingriffen oder freiheitseinschränkenden Maßnahmen. Dies gilt auch für gesetzliche Vertreter, die vom Betreuungsgericht bestellt wurden.



    Mit freundlichem Gruß


    Birgit Spengemann

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