Das leidige Thema "Essen"

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  • Hallo zusammen,


    ich habe hier ja schon öfter darüber geschrieben, daß meine Mutter sich weigert, das Essen in dem Seniorenhaus, in dem sie lebt, anzunehmen. Teil des Konzepts ist, daß das Mittagessen inkludiert ist (von den Mobilen wird es in einer Art hauseigenem Restaurant eingenommen, auf Wunsch wird es ins Appartement gebracht). Da ich jetzt 2 Wochen in Urlaub war und in letzter Zeit festgestellt habe, daß meine Mutter auch mit dem Zubereiten eines Frühstücks überfordert ist, haben wir veranlaßt, daß sie das Frühstück auch vom Haus bekommt. Kaffee und Brötchen sind ja keine Raketenwissenschaft. Meine Mutter lehnt aber fast alles rundweg ab und wirft das Meiste weg. Es ist definitiv keine Essensverweigerung, weil man des Lebens überdrüssig ist, in Gesellschaft ißt sie immer.


    Nun hat sie sich während meines Urlaubs mit Corona infiziert! Da sie darüber hinaus auch noch im Appartement gestürzt ist, hat man sich entschieden, sie ins Krankenhaus einzuweisen. Ich kann sie wg. Corona nicht besuchen, werde aber vor allem vom sozialen Dienst, dem ihre Demenz natürlich nicht verborgen geblieben ist, auf dem Laufenden gehalten. Dem habe ich auch das "Essensproblem" geschildert. Nun habe ich erfahren, daß meine Mutter dort sehr wohl ißt, aber in erster Linie, wenn jemand bei ihr sitzt.


    Es ist also offensichtlich, daß meine Mutter beim Essen Gesellschaft bräuchte. Da sie sich weigert, in die Cafeteria zu gehen, und das Seniorenhaus natürlich nicht die Kapazitäten hat, ihr bei jedem Essen das Händchen zu halten, frage ich mich nun, was man tun könnte. Ich kann ja nicht jeden Mittag zu ihr laufen und Gesellschaft leisten.


    Habt Ihr aus Eurer Erfahrung evtl. noch eine Idee? Ich zermartere mir ständig das Hirn...


    Vielen Dank und LG, Zimt

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Zimt, wenn Sie Glück im Unglück haben, finden Sie mit Hilfe der Betreuungskräfte oder des Heimbeirates in der Einrichtung eine Mitbewohnerin, die ehrenamtlich diese Aufgabe übernimmt. Ein Ziel der Betreuung könnte auch sein, einen therapeutischen Mittagstisch mit anderen Bewohnern zu inszenieren. Ihre Mutter hat über den Pflegegrad ein Anrecht auf individuelle zusätzliche Betreuungsleistungen.

    Manchmal kommen auch gute Ideen, wenn Sie sich mit andere Angehörigen vor Ort austauschen...

    Ich bin gespannt auf den Erfolg, denn nach der Rückkehr aus der Klinik kann sich durchaus plötzlich etwas ändern, weil ihr "einfach" ein Platz zugewiesen wird...

    Ihr Martin Hamborg

  • Meine Mutter wurde gestern aus dem Krankenhaus entlassen, weil man dort keinen Handlungsbedarf mehr sah. Leider ist die Seniorenanlage ist nun total von Corona gebeutelt, sowohl beim Personal als auch bei den Bewohnern. Das Gemeinschaftsleben wurde komplett zurückgefahren. Es bleibt jetzt wieder jeder in seinem Appartement.

    Meine Mutter ist ziemlich auf den Hund gekommen und völlig von der Rolle. Wir haben ihr heute etwas Essen gebracht und wollten es vor die Tür stellen. Sie stand aber ziemlich verloren auf dem Flur (obwohl sie ja eigentlich immer noch unter Quarantäne ist, aber wer achtet darauf). Sie war ja schon immer zart, aber die sonst passende Hose schlotterte nur so am Körper. Da sie nichts begriff, ist mein Mann (4x geimpft, einmal erkrankt, mit Maske) dann doch zu ihr hereingegangen, hat ihr die Sachen erklärt, die wir mitgebracht haben. Ob sie etwas ißt, ich weiß es nicht. Sie behauptet, nein, ich kann das ja nicht nachprüfen. Und daß eine Windelhose vor der Tür lag, hat mich auch irritiert, so etwas hat sie bis jetzt nicht gebraucht.

    Eigentlich müßte ich mit dem Pflegedienst Tacheles reden, aber es ist Wochenende und die Personaldecke wg. Corona dünn. Ich hoffe nur, daß sie bald negativ ist, damit ich nach dem Rechten sehen kann. Denn so fährt das Ganze bald komplett gegen die Wand...

    Einmal editiert, zuletzt von Zimt ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Zimt, das hört sich nicht gut an! Leider müssen wir immer wieder mit diesen Notlagen rechnen - Krankenhäuser können Stationen schließen, Heime nicht. Seit Monaten mahne ich an, dass sich Einrichtungen und Kommunen auf diese Situation einstellen und ein Konzept entwickeln, in dem der Sozialraum und die Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft verbindlich eingebunden werden sollte. Vielleicht gibt es ja noch ein Fünkchen davon aus der ersten Welle, damit Menschen wie Ihre Mutter nicht so abmagern müssen!

    Ihr Martin Hamborg

  • Das Problem ist jetzt, daß meine Mutter immer noch in Quarantäne ist und ich sie somit nicht besuchen darf. Das wird damit begründet, daß sie noch Symptome habe. Auf meine Frage hin, welche Symptome das sind, heißt es, körperliche Schwäche. Hier aber beißt sich die Katze in den Schwanz: meine Mutter ist vor allem körperlich schwach, weil sie kaum etwas ißt; sie kommt m.E. nur auf die Beine, wenn ich ihr Essen bringe und sie zum Essen animiere. Körperliche Schwäche ist für mich kein Symptom, sondern eine Folge der Erkrankung und ihrer mangelhaften Ernährung in den letzten drei Wochen. Sie kann nicht als Grund für die Quarantäne dienen; das ist für mich nur ein weiterhin positiver Test. Ob getestet wird, konnte ich bis jetzt nicht in Erfahrung bringen.


    Die Bestimmungen sagen ja, daß die Quarantäne in jedem Fall nach 10 Tagen endet; allerdings weiß ich nicht, ob das auch für Senioreneinrichtungen gilt.


    Wenn ich mich nicht bald selbst darum kümmern kann, meine Mutter wieder aufzupäppeln, wird sie kurz über lang in sich zusammenfallen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Zimt,

    ich verstehe Ihre Sorge. Ich hatte schon in der ersten Welle wegen einer ähnlichen Konstellation viel Kontakt zu einem Gesundheitsamt in Norddeutschland. Insbesondere wenn es darum geht durch einen / mehrere Besuche mögliche Folgen (wie z.B. einen Krankenhauseinweisung) abzuwenden lohnt vielleicht ein Anruf um das weitere Vorgehen zu besprechen und vor allem, die aktuell gültigen Bestimmungen in Erfahrung zu bringen.
    Es ist maximal schlecht, dass Sie als Angehörige bei dieser Entwicklung so im Unklaren gelassen sind über Testung und Zeitläufe / Bestimmungen.
    Sie finden diese für Ihr Bundesland ansonsten auch hier beim Pflegeschutzbund (letzter Stand 27.09.), wo man sich bemüht das aktuell Gültige nach Bundesländern geordnet abrufbar zu machen.

    Viel Erfolg.

    Es grüßt Sie

    Jochen Gust



  • Hallo Zimt, das leidige Thema "Essen" hatten wir auch als meine Mutter noch zu Hause war. Selbst wenn wir ihr praktisch jeden Bissen durch gutes Zureden einflößen wollten, war kaum etwas zu machen. Sie aß wie ein Spatz (Trinken war noch schlimmer). Mitgebrachtes zubereitetes Essen fand sich im Kühlschrank bzw. stand unberührt, außer Marmelade, Süßigkeiten - die wurden ohne Rücksicht auf Verluste weggeputzt. In der dreiwöchigen Zwischendurch-Kurzpflege aß sie komplett alles auf (O-Ton der dortigen Pflegerinnen: Hier issst selbstverständlich jeder mit Freude mit). Meine Bekannte, die dort als Putzfrau arbeitete, schickte mir täglich Beweisfotos meiner fröhlich am Tisch große Portionen essenden Mutter.

    Auch jetzt im Pflegeheim gibt es keine Probleme - meine Mutter bekommt einfach immer das, was sie mag.

    Ich weiß nicht, was in diesen Pflegeheimen anders gemacht wird - die bekommen das einfach hin.


    Liebe Zimt, ich kann es aus der Ferne nicht beurteilen - aber vielleicht ist die Demenz bei deiner Mutter inzwischen schon so weit fortgeschritten, dass sie insgesamt einen festeren Rahmen braucht. Manchmal meint man, dass es noch geht, aber oft ist vieles, was scheinbar normal wirkt nur noch Fassade.

    Übrigens braucht meine Mutter inzwischen auch solche Panties (das sind noch keine richtigen Windelhosen). Damit geht man da aber ziemlich unspektakulär um. Sie und ihr kleines Appartment sind immer picobello - und meine Mutter ist immer gut zurechtgemacht.


    Vielleicht könntest du mal in dieser Einrichtung nachfragen. Wie Herr Hamborg schon sagte: Manchmal hilft es, den "Platz" zu ändern, zumal wenn die Demenz schon weiter fortgeschritten ist und dann ändert sich auch das Verhalten wieder, weil Altes (glücklicherweise vergessen wird). Bei meiner Mutter (schwierige Person zuhause, nix war ihr recht) war es so. Sie wird jetzt zwar meist in Ruhe gelassen, aber man kümmert sich super um sie (alle Gefahren werden ferngehalten, so dass sie eben nicht mutterseelenalleine irgendwo steht). Sie darf immer mittendrin sein, wenn sie mag und ansonsten macht sie "ihr Ding". Laut Pflegerin fühlt sie sich sehr wohl (was ich manchmal nur mit Erstaunen so höre, wenn ich an meine frühere Mutter denke ...). Liebe Grüße.

  • Heute war ich das erste Mal nach 4 Wochen (Urlaub, dann ihre Corona-Quarantäne) bei ihr. Sie hat mächtig Federn gelassen, das Gesicht ist so schmal, daß die Zähne hervortreten, die Hände sehen aus wie die eines Skeletts. Daneben das Chaos in ihrem Appartement. Sachen waren wild verstreut, eine braune Banane lag auf dem Balkon, im Bad lag ein leerer Joghurtbecher, Lebensmittel, die in den Kühlschrank gehören, standen draußen. Meine Mutter war immer äußerst ordentlich, jetzt ist es offensichtlich, daß sie den Anschluß verloren hat. Ich habe ihr ein Stück Kuchen und selbstgekochten Kaffee mitgebracht. Ihre Freude hielt sich in Grenzen. Auf Empfehlung ihrer Hausärztin habe ich einen hochkalorischen Drink gekauft, an dem hat sie nur kurz genippt, dann ihr Kommentar: "Ich kotze gleich über den Tisch." Mein Zureden führte nur dazu, daß sie sich auf das hohe Roß setzte und behauptete, bei ihr sei alles super. Sie kombiniert Überheblichkeit mit Verwahrlosung und negiert all meine Vorschläge.


    Ich bin ziemlich niedergeschlagen nach Hause gegangen und bin aktuell ratlos.

  • Liebe Zimt, das war bei meiner Mutter ähnlich. Sie bekam von mir 4x am Tag Mahlzeiten in unserer Gesellschaft. Selbst wenn ich ihr nur eine halbe kleine Kartoffel auf den Teller legte, aß sie davon ein Viertel. Wortlos, aber demonstrativ spielte sie mit dem Essen, als wäre sie ein bockiges Kleinkind. Wie oft habe ich bitterlich geweint, weil ich mir so eine Mühe gegeben habe. Das ist aber die Demenz!


    Aus meiner Sicht braucht deine Mutter eine Rund-um-die Uhr-Betreuung. Du wirst denken, dass deine Mutter das nicht möchte. Genauso dachte ich bei meiner Mutter auch. Aber jetzt im Pflegeheim funktioniert es - ich habe keine Ahnung, was da anders ist.

    Übrigens war meine Mutter früher ebenfalls so wie deine ... sehr ordentlich. Die Demenz hat davon nichts übrig gelassen.


    Ich hoffe, meine Zeilen sind wenigstens ein Trost, dass es anderen auch so geht. Guten Abend!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Zimt, schön, dass Sie wieder bei Ihrer Mutter sein können, so schlimm ihr Gesundheitszustand auch ist. Es gibt sehr unterschiedliche Geschmacksformen für hochkalorische Kost und Sie sollten die Pflegekräfte ansprechen, welche Ideen sie noch bei diesem so bedeutsamen Gewichtsverlust haben. Vielleicht kann der Arzt zusätzlich Ergotherapie verordnen, mittlerweile gibt es ein großes Wissen und einen Expertenstandard zu diesem Thema, der die Pflege in die Pflicht nimmt, sie als Angehörige entsprechend zu beraten.

    Viel Erfolg, Ihr Martin Hamborg

  • Nachdem wir meine Mutter nun wieder unter die Fittiche nehmen konnten, habe ich festgestellt, daß sie in Gesellschaft zwar ißt, aber zwischendurch aufhört und mit leerem Blick vor sich hin starrt, fast so, als habe sie vergessen, daß ein Teller vor ihr steht. Gestern hat mein Mann ihr dann den Kuchen Stück für Stück auf die Gabel gespießt und ihr die mundfertige Gabel gereicht (von ihm nimmt sie eher etwas an als von mir...). Ich habe Sorge, daß sie allmählich verlernt, wie man ißt.


    Ich vermute, wenn sie allein ihrem Appartement sitzt, rührt sie nichts an, weil die Motivation von außen fehlt. Wir können ja nicht zu jeder Mahlzeit zu ihr und sie quasi "füttern". Da sie nicht in der Pflege ist, ist das Personal auch nicht hinterher, ob sie etwas genommen hat oder nicht. Sie scheint auch vieles wegzuschütten, denn zum wiederholten Mal war das Waschbecken in ihrer Küchenzeile von Essensresten verstopft.


    Von den Ärzten ist auch nichts erwarten. Ich wollte mit ihrer Hausärztin telefonisch über ihren Zustand sprechen, da wurde mir ein Rückruf zugesagt oder, falls sie es nicht schafft, auf die Telefonsprechstunde zwischen 12:00 und 13:00 verwiesen. Nachdem ich mehr als 10 Minuten in der Warteschleife gehangen hatte, hieß es um 12:30, daß die Ärztin schon das Haus in Richtung Urlaub verlassen habe. Da kam ich mir doch ziemlich verschaukelt vor. Man hat fast den Eindruck, als rechneten die Ärzte gerne den Hausbesuch ab, aber wollen sich ansonsten mit den alten Menschen nicht weiter befassen.


    Am Ende steht man allein da und muß selbst entscheiden, was man tun kann. Mir wird immer klarer, daß das betreute Wohnen nicht mehr ausreicht und eine stationäre Pflege besser wäre. Allerdings sehe ich kaum eine Chance, irgendwo schnell einen adäquaten Platz zu finden. Als ersten Schritt habe ich nun die Überprüfung des Pflegegrads angestoßen.

  • Hallo Zimt,


    ich wünsche dir da ganz ganz viel Kraft.


    Zu den hochkalorischen Drinks. Ich weiß noch das meine Mutter diese im Endstadium ihrer Krebserkrankung (vor 27 Jahren) bekommen hat. Ich dürfte die dann auch immer probieren (war ja erst 11) Da waren Geschmacksrichtungen dabei die gingen gar nicht andere schmeckten eher wie ein Milchshake. Ich würde verschiedene Geschmacksrichtungen / Hersteller ausprobieren, vielleicht sagt ihr ja doch noch etwas zu. Manchmal geht auch gekühlt leichter runter, da ändert sich auch der Geschmack nochmals etwas.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Zimt, der höhere Pflegegrad ist sicher eine gute Idee, weil auch der MD Reha-Empfehlungen aussprechen kann, z.B. die von mir angesprochene Ergotherapie. Vielleicht können Sie etwas schreiben, dass als Fremdbefund berücksichtigt werden sollte.


    In jedem Fall sollten Sie schon jetzt Leistungen mit den Pflegekräften vereinbaren, dazu gehören auch Betreuungsleistungen über den Entlastungsbetrag, der ab Pflegegrad 1 zur Verfügung steht. Bei Ihrer Mutter ist das definitiv ein "therapeutischer Mittagstisch" der in Einzel- oder besser Gruppenbetreuung organisiert werden kann. (Grundsätzlich ist die Hilfe zur Nahrungsaufnahme eine Leistung der Pflege).


    Den Vorschlag von Ihnen Sohn83, möchte ich auch noch verstärken: Am besten Sie probieren gemeinsam die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen aus, manchmal stellen Sanitätshäuser diese zur Verfügung, wenn diese dann darüber bestellt werden, privat oder als Verordnung des Arztes.

    Der Zustand Ihrer Mutter kann mit dem Fortschreiten der Demenz erklärt werden, nach schlimmen, vielleicht traumatischen Krankenhauserfahrungen liegt es nahe, dass es auch ein "Hospitalismussymptom" oder eine reaktive Depression (zusätzlich zur Demenz) ist.

    Ihnen viel Erfolg - und weiter so "Torte geht immer!" Ihr Martin Hamborg

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