Geld von der Pflegekasse reicht nicht mehr aus

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  • Hallo liebes Forum,


    ich versuche einmal meine Situation zu schildern und bin für jeden Tipp und Hinweis dankbar.


    Bei meiner Mutter (75) wurde vor ca. 2 Jahren Demenz diagnostiziert. Körperlich ist sie noch recht fit (Treppen steigen ist zum Beispiel kein Problem), allerdings macht ihr geistiger Zustand immer mehr Probleme. Lange Zeit war es "nur" ihr Gedächtnis, sodass wir mit Maßnahmen, die über die Pflegekasse finanziert werden konnten (s.u.), zurechtgekommen sind. Seit einigen Monaten häufen sich bei ihr aber verwirrte Zustände. Besonders deutliche wurde dies, als sie im November einen Krankenhausaufenthalt hatte: Sie wollte bei mehreren Gelegenheiten das Krankenhaus verlassen, weil sie sich "nicht gut fühlt und zu einem Arzt gehen sollte". Sie war dann davon überzeugt, nicht in einem Krankenhaus zu sein, sondern jeweils in einem Hotel, beim Gymnastikkurs, oder zu Besuch bei ihrem Cousin. Einmal ist sie nachts auch tatsächlich "entkommen", woraufhin sie kurze Zeit später von der Polizei bei ihr Zuhause angetroffen wurde. Ihr ging es gut und sie war anscheinend auch wieder "klar", denn sie ist bereitwillig wieder zurück auf die Station gegangen. An den ganzen Vorfall erinnert sie sich nicht mehr.


    Dass ihr Gedächtnis nicht mehr gut funktioniert, ist bekannt, allerdings konnte man sich mit ihr bisher immer normal und rational unterhalten. Seit ihrer Diagnose habe ich sie nie auf diese Weise verwirrt erlebt.


    Nach Ansicht der Ärzte (und meiner Ansicht nach auch) zeigt dies aber, dass ihr Zustand schlimmer ist, als von mir angenommen, und die jetzige Situation nicht mehr haltbar ist: Sie lebt nämlich alleine in einem Haus. Sie hat zwar Pflegegrad 2, wird 3x pro Woche zur (Halb-)Tagesbetreuung abgeholt und erhält 1x pro Woche jeweils Hilfe beim Einkaufen und im Haushalt. Zudem bin ich selbst mindestens einmal die Woche, i.d.R. aber mehrmals (je nach Bedarf), vor Ort bei ihr. Weitere Angehörige gibt es leider nicht, und ich selbst stoße mittlerweile an meine Grenzen, da ich Vollzeit arbeite und selbst eine Familie habe. Das bedeutet, dass sie trotz der Maßnahmen die meiste Zeit über alleine ist.


    Auf Anraten der Ärzte haben wir einen Antrag zur Erhöhung des Pflegegrades gestellt, wobei allerdings fraglich ist, ob sie diesen erhält (da sie ja körperlich noch fit ist, müsste der medizinische Dienst recht großzügig mit der Punktevergabe sein). Selbst wenn sie höher eingestuft werden sollte, sehe ich mittelfristig eigentlich nur zwei Optionen: Ein Pflegeheim oder eine 24-Stunden-Pflegekraft bei ihr zu Hause (weitere Optionen können gerne genannt werden). Bei beiden Optionen ist vor allem das Geld das Problem, denn von ihrer 1000-Euro-Rente ist beides nicht finanzierbar (sie besitzt allerdings ein abbezahltes Haus).


    Das Pflegeheim ist in der Theorie einfach: Meine Mutter ist grundsätzlich willig umzuziehen. Das Haus wird verkauft, das Geld vom Verkauf sollte für mindestens 10 Jahre reichen, um den Eigenanteil zu finanzieren. Wenn das Geld aufgebraucht ist, wird hoffentlich das Sozialamt einspringen (das hoffe ich zumindest). Der Haken ist natürlich, dass es noch einige Zeit dauern kann, bis wir einen Pflegeplatz bekommen (auf diversen Wartelisten stehen wir bereits). Was mir bisher auch nicht klar ist, ist wie man die Zeit zwischen Umzug und Hausverkauf am besten überbrückt. Würde hier das Sozialamt ggf. ein Darlehen geben? Gibt es sonst etwas zu beachten, benötige ich z.B. eine Bescheinigung zur Heimpflegebedürftigkeit?


    Am liebsten würde ich ihr allerdings ermöglichen, zu Hause zu bleiben. Aus der Schilderung oben kann man glaube ich entnehmen, dass sie eine starke Tendenz dazu hat, zu Hause zu sein. Wenn sie in unklaren Momenten aus dem Krankenhaus mit dem Taxi nach Hause fährt, ist es wahrscheinlich, dass dies auch in einem Pflegeheim passieren kann. Obwohl sie grundsätzlich bereit ist, dort zu leben, sagt sie selber, dass sie lieber zu Hause wohnen würde. Für eine 24-Stunden-Pflegekraft fehlt allerdings schlichtweg das Geld, zumindest wenn es aus eigener Tasche finanziert würde, da das Haus in dem Fall natürlich nicht verkauft werden kann. Besteht irgendeine Chance, dass das Sozialamt hier einspringen würde (falls ja, was wären die Voraussetzungen)? Oder wäre die einzige Möglichkeit hier, dies über einen Teilverkauf, Umkehrhypothek etc. zu finanzieren?


    Ich bin für jeden Tipp, Hinweis und jede Erfahrung dankbar.

    Vielen Dank!

  • Liebe/r van gogh,

    zunächst erst mal willkommen hier im Forum.

    Vor drei Jahren habe ich mich intensiv mit dem Thema 24h Pflege beschäftigt. Erst mal zum Thema Finanzen; es gibt die Möglichkeit des Hausverkaufs auf Rentenbasis mit Wohnrecht. D.h. das Haus wird verkauft (meist unter Marktwert, weil der Käufer es ja noch nicht nutzen kann), die Mutter erhält eine monatliche Rente und eine lebenslanges oder vertraglich festgelegtes Wohnrecht. Da gibt es verschiedene Varianten, es wird zu umfangreich, das hier aufzudröseln und ich bin auch kein Fachmann, also einfach mal googeln. Dass Ganze ist natürlich nicht die beste Kapitalanlage, aber eventuell könnte es in dem Fall die Finanzierung absichern.

    Jetzt noch zur 24h-Stunden-Pflege: meine Erfahrung ist; für schwierige Demenzerkrankten nicht geeignet. Kein Mensch kann 24 Stunden Betreuung leisten. Und in Deutschland gibt es Gesetze, die Urlaub, freie Tage und Ruhezeiten vorschreiben (ganz davon abgesehen, dass man niemanden zumuten möchte, rund um die Uhr zu arbeiten). Meine Mutter war in der letzten Zeit zu Hause extrem unruhig (vor allem in der Nacht). Sie hat immer gemacht was ihr gerade einfiel (und sie hatte jede Menge Einfälle), z.B. die Heizung ausschalten, Schlüssel verstecken, die Polizei anrufen, weil bei ihr eingebrochen wurde, Würstchen ohne Wasser kochen u.s.w., u.s.w. Dazu konnte die arme Frau, die ich testweise hatte, meiner Mutter, nichts recht machen (kann niemand). Sie war ihr gegenüber oft sehr böse und handgreiflich. Bei allen Notfällen war mein Einsatz gefragt (ich wohne 70 km enfernt) und das enwaren oft so banale Dinge, wie die Heizung oder der Fernseher gehen nicht.

    Also bei uns ist es das Pflegeheim geworden, zur Überbrückung war meine Mutter in einer Kurzeitpflege. Zu diesem Zeit war meine Mutter allerdings mit ihrer Demenz schon etwas "weiter", ein Taxi anzurufen hätte sie nicht mehr geschafft.

    Das fürs erste, viele Grüße never20

    • Offizieller Beitrag

    Hallo van_gogh,


    zunächst möchte ich auf Ihre Bedenken hinsichtlich einer Höhergruppierung des Pflegegrades eingehen. Seit der Reform des Pflegegesetzes 2017 mit Einführung der Pflegegrade wird dem Unterstützungsbedarf aufgrund von geistigen Einschränkungen, zum Beispiel durch eine dementielle Erkrankung, mehr Gewicht beigemessen. Das heißt, dass nicht ausschließlich die körperliche Verfassung bei der Begutachtung betrachtet und bewertet wird, sondern auch auf die Defizite aufgrund der Demenzerkrankung geachtet wird.


    Bei der Selbstversorgung, wie zum Beispiel der Körperpflege, kann es durchaus sein, dass die zu pflegende Person sich noch selbständig waschen oder duschen könnte, es aber schlichtweg vergisst oder den Ablauf der Verrichtung nicht mehr erinnert (sich nicht aus- oder danach anzieht, das Wasser laufen lässt usw.) und deshalb eine Anleitung, Assistenz und Beaufsichtigung benötigt. Dies gilt auch für andere Bereiche des täglichen Lebens.


    Wichtig für die Begutachtung ist, dass die behandelnden Ärzte, insbesondere der Neurologe, die Verschlimmerung der Erkrankung dokumentieren, so dass die Gutachterin oder der Gutachter des Medizinischen Dienstes das berücksichtigen kann.


    Wenn ich Sie recht verstehe, kommt lediglich 1 x wöchentlich eine Einkaufs- und Haushaltshilfe zu Ihrer Mutter. Wird dafür die monatliche Entlastungsleistung verwendet oder wird der Betrag für den Eigenanteil der Tagespflege verwendet? Für die Tagespflege steht ja ein zusätzliches Budget in Höhe der Sachleistungen des jeweiligen Pflegegrades zur Verfügung. So müsste noch ein Teil der Sachleistungen für professionelle Pflege zu Hause übrig sein. Eventuell könnten dafür zusätzliche Pflegeeinsätze gebucht werden.


    Informationen zur sogenannten 24-Stunden-Pflege und deren Finanzierung gibt es auf zahlreichen Internetseiten von verschiedenen Beratungsnetzwerken und Vermittlungsfirmen. Auch die Verbraucherzentrale bietet Informationen dazu an.


    Ausländische Betreuungskräfte - wie geht das legal? | Verbraucherzentrale.de
    Im eigenen Haushalt rund um die Uhr versorgt zu werden - das wünschen sich viele pflegebedürftige Menschen. Weil Angehörige dies allein zumeist nicht leisten…
    www.verbraucherzentrale.de


    Ich möchte hier keine weitere Seite nennen, da nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich ist, ob es sich um eine neutrale Beratungsplattform oder einen gewerblichen Anbieter handelt.


    Bei einem Umzug in ein Pflegeheim, wird in der Regel eine Bescheinigung, ausgefüllt vom Hausarzt oder Neurologen, verlangt, in der bestätigt wird, dass die Pflege in der Häuslichkeit nicht mehr möglich ist. Diese Heimnotwendigkeitsbescheinigung verlangen die Pflegeheime, um sicherzugehen, dass die Pflegekasse die Pflegekosten im Rahmen des vorliegenden Pflegegrades übernimmt.


    Bezüglich der Finanzierung der Pflegeheimkosten empfehle ich Ihnen, sich zunächst beim zuständigen Sozialamt beraten zu lassen. Vielleicht können die Kosten bis zum Verkauf des Hauses Ihrer Mutter auf Darlehensbasis vom Sozialamt übernommen werden. Dafür gibt es vielleicht die Möglichkeit von individuellen Vereinbarungen. Ich kann von hier aus nicht beurteilen, ob das für Ihre Mutter zuständige Sozialamt dies anbietet.


    Es gäbe außerdem noch die Möglichkeit, das Haus an Dritte zu vermieten und die Mieteinnahme für die Pflegeheimkosten zu verwenden. Das wäre eine Option, wenn die Höhe der Miete für die Heimkosten ausreicht.


    Im Rahmen von Verhinderungspflege gäbe es eventuell die Möglichkeit für Ihre Mutter, sich in einem Pflegeheim einzugewöhnen und erst wenn es gut funktioniert, die nächsten Schritte zu unternehmen (Auflösung des Haushaltes, Vermietung oder Verkauf des Hauses).


    Für die Übergangszeit, in der Ihre Mutter noch allein in dem Haus lebt, könnten Sie versuchen, eventuelle Gefahrenquellen ausfindig zu machen und möglichst zu neutralisieren, zum Beispiel eine Herdsicherung anbringen, für ausreichend Beleuchtung sorgen und Stolperfallen beseitigen.


    Ich wünsche Ihnen alles Gute.


    Mit freundlichem Gruß


    Birgit Spengemann

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