Macht Demenz unglücklich?

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  • Meine Frau und ich pflegen in unserem Haushalt ihre dementen Eltern. Bei ihrer Mutter (88) wurde vaskuläre Demenz vor zwei Jahren diagnostiziert. Sie ist notorisch unzufrieden und depressiv. Bei ihrem Vater (92) wurde 2016 vaskuläre Demenz diagnostiziert. Er ist fast immer ausgeglichen und mit sich und seinem Leben ganz zufrieden. Diese beiden Beispiele zeigen mir: Demenz allein macht nicht unglücklich.

    Die Psychologen sagen: Glück wird im Hirn durch Endorphine erzeugt und diese „Glückshormone“ werden als Belohnung für ein Positiverlebnis ausgeschüttet. Welche Positivfaktoren bestimmten das Leben des Schwiegervaters? Als Jahrgang 1930 entkam er knapp dem Dienst in der Hitlerarmee. Er lernte Schlosser in einer Fabrik, die Gasturbinen produzierte, bildete sich in der Abendschule zum Anlagentechniker weiter und war in ganz Europa, in Afrika und Asien auf Montage und fand in allen Ländern Respekt und sogar Freundschaften. Dabei blieb er Familienmensch und nahm, wann immer es ging, Frau und Kinder mit ins Ausland.


    Schwiegermutter wollte von klein auf Lehrerin werden, ihre Eltern ließen sie aber nicht studieren. Sie lernte das Friseurhandwerk und sollte den Laden ihrer Eltern übernehmen. Sie sagt von sich selbst:

    „Glücklich war ich bis zum achten Lebensjahr. Dann wurde meine nächste Schwester geboren.“ Mit den beiden Schwestern verlor sie ihre Einzigartigkeit. Sie ist eine narzisstische Persönlichkeit, die Zeitlebens mit depressiven Phasen zu kämpfen hatte.

    Demenz ist sicherlich für jeden Betroffenen eine enorme seelische Belastung. Wir können aber annehmen, dass eine narzisstische Persönlichkeit, die sich für etwas „Besseres“ hält, unter Demenz besonders schwer leiden muss.

    Diese Krankheit untergräbt das übersteigerte Selbstbewusstsein und raubt den Narzissten ihren Nimbus der Außergewöhnlichkeit. Demenzkranken mit narzisstischer Persönlichkeit kann man es nie recht machen. Sie wollen immer, was sie gerade nicht haben, und sind unersättlich in ihrem Wunsch nach Aufmerksamkeit und Zuwendung. Die Demenz kehrt alle hässlichen Seiten des Narzissmus hervor, die vorher vielleicht verborgen blieben: Selbstsucht, Selbstmitleid und Missachtung aller anderen bis zu verbaler und körperlicher Aggression.

    Es ist nicht die Demenz, die unglücklich macht. Ich glaube, wer in seinem „Leben vorher“ gelernt hat, Zufriedenheit und Glück zu empfinden, der bewahrt sich diese Fähigkeit auch in den Zeiten der Altersdemenz. Das zeigt mir der demente Schwiegervater. Wer aber sein ganzes Leben notorisch unzufrieden war, der wird noch unglücklicher in der Demenz. Das sehe ich an der dementen Schwiegermutter.


    Liebe Grüße von Buchenberg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Buchenberg, da haben Sie ein interessantes Thema eingebracht und ich bin gespannt, welche Beispiele hier zusammengetragen werden.


    Die eine Seite - ein Mensch der wie Ihr Schwiegervater ein Leben lang ausgeglichen, positiv gestimmt oder offensichtlich glücklich war, bleibt auch in der Demenz oft ein positiv gestimmter Mensch und hat es als "Sympathieträger" einfacher. Dieses Muster habe ich auch schon sehr häufig wahrgenommen.


    Auch das andere Bild bestätigt sich oft, bei Menschen mit Depressionen, "Altersrigidität" und schwierigen Charakteren bestätigt und verschärft sich dieses Bild.


    Allerdings habe ich manchmal eine Art Kipppunkt erlebt, mit zunehmender Demenz entstand eine unerwartete Altersmilde und eine Zufriedenheit, die für diese Person möglicherweise "glücklich" schien. Ob Jahrzehnte lang gelernte negative Muster vergessen werden, ob kleine Schlaganfälle oder Durchblutungsstörungen bei einer vaskulären Demenz entsprechende Hirnareale veröden lassen oder ob andere Faktoren der Demenz wirken - wer weiß?


    Ganz häufig wirkt es sich positiv aus, wenn wir negative Muster nicht bedienen und verstärken, - da haben wir hier schon sehr oft thematisiert.

    Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen!
    Ihr Martin Hamborg

  • Allerdings habe ich manchmal eine Art Kipppunkt erlebt, mit zunehmender Demenz entstand eine unerwartete Altersmilde und eine Zufriedenheit, die für diese Person möglicherweise "glücklich" schien.

    Diesen Eindruck von "Altersmilde" macht meine Mutter vielfach, wobei ich allerdings auch oft den Eindruck habe, sie ist einfach zu schwach, um noch entsprechende Widerstände zu leisten.

    Allerdings hat sie auch ein Umfeld, das sie komplett so sein lässt, wie sie ist, niemand versucht mehr, ihr Verhalten oder sie zu beeinflussen, dass sie was anders macht, was möglicherweise auch ihrem hohen Alter und ihrer Blindheit geschuldet ist.

    Vor kurzer Zeit gab es da schon noch einige Differenzen mit ihr und auch innerhalb ihres Umfelds, aber es bewährt sich einfach und sorgt für viel Frieden untereinander und mit ihr, sie zu nichts mehr (auch nicht zum Trinken) zu nötigen, sondern einfach ihre Abläufe zu akzeptieren.

    Sie schaut schon noch auf andere runter (war immer "was besseres", wofür niemals eine echte Begründung erkennbar war), aber das geht alles einfach so locker und seicht dahin.

    Sie nimmt offenbar auch ihre Vergesslichkeit friedlich an. Wenn wir miteinander reden, merkt sie selbst manchmal: "ach das hab ich doch vorhin schon gefragt" und dann lacht sie über sich. Allerdings, trotz eines heftigen lebenslangen Egoismus hat sie sich immer untergeordnet: zuerst ihrer herrschenden Mutter, dann ihrem noch mehr herrschenden Ehemann und nach seinem Tod hat sie sich immer "Idole" gesucht, von denen sie sich lenken ließ. Wer sie wirklich ist, weiß niemand, vermutlich sie selbst auch nicht, aber dadurch entwickelt sie auch keinen so ausgeprägten eigenen Willen, dass daraus heftiger Widerstand entstehen könnte.

    Auch in diesem Fall sehe ich es so: im Grunde so, wie sie ihr ganzes Leben lebte, erträgt sie auch ihren dementen Zustand und ist dabei weitgehend friedlich und zufrieden. Die Basis bleibt eben bestehen.

  • Hallo in die Runde, ja das ist ein sehr interessantes Thema. Meines Erachtens wirken hier unterschiedliche Faktoren hinein, u.a. das angeborene und erworbene Persönlichkeitskonstrukt der dementen Person (unglaublich facettenreicher Aspekt), die äußere Situation im Prozess des Dementwerdens, die hirnorganischen Störungen (und die dadurch ausgelösten Kompensationsstrategien) usw. usf.

    Offensichtlich gibt es hier noch wenige Forschungsergebnisse. Aber das ist auch kein Wunder bei all den komplexen Einflussfaktoren.


    Was mir klar zu sein scheint: Eine demente Person mit einer echten narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist M.E. für sich selbst und das Umfeld DIE ultimative Herausforderung.

    Da Defizitäres von Narzissten generell als Kränkung erlebt wird, kann man sich alles Weitere vorstellen.

    Das kann sich vielleicht dann etwas abmildern, wenn bestimmte Hirnareale nicht mehr funktionieren, die dafür maßgeblich verantwortlich sind.


    Prinzipiell haben wir aber alle verschiedene Persönlichkeitsanteile, die uns teils bewusst, teils unbewusst sind. Manche davon kennen nur wir, nicht aber unser Umfeld ... wir verfügen über gute Strategien, um sie zu verbergen.


    Ich würde für niemanden (auch für mich nicht) meine Hand ins Feuer legen wollen, ob sich mit einer Demenz nicht doch eine Aggressivität (oder andere schwierige Verhaltensweisen) entwickeln können, selbst wenn man sein Leben lang ein netter und umgänglicher Mensch gewesen ist.


    Meine Mutter erkenne ich in der Demenz schon an manchen Persönlichkeitsmerkmalen wieder, manche sind aber komplett verschwunden (und kommen hoffentlich nicht wieder, weil sie ihr in ihrem jetzigen Zustand) eher schaden würden.

    Der Mensch ist halt grundsätzlich eine Wundertüte (das wurde hier schon oft in Bezug auf Demenz gesagt, aber es trifft wohl auf uns alle zu.)

  • Ich würde für niemanden (auch für mich nicht) meine Hand ins Feuer legen wollen, ob sich mit einer Demenz nicht doch eine Aggressivität (oder andere schwierige Verhaltensweisen) entwickeln können, selbst wenn man sein Leben lang ein netter und umgänglicher Mensch gewesen ist.


    Hallo schwarzerkater,


    da sprichst du einen guten Punkt an der mir des öfteren ebenfalls durch den Kopf geistert. Wie wäre ich wohl bei einer Demenz? Klar diesbezügliche Vorhersagen sind sehr schwierig.

    Ich sehe es bei mir selbst, ich kenne meine tiefen Abgründe und bin auch so ein Grübler/eher Depressiv der bis ins letzte alles gedanklich auseinandernimmt. Wenn ich dann ein Thema gedanklich "bearbeite" kann ich mich noch Jahre später innerlich in minutenschnelle in Rage bringen.
    Würden da demenzbedingt meine persönlichen, rationalen und kulturellen Filter wegfallen... ich glaube ich wäre ein sehr unangehmer Demenzpatient.

  • Würden da demenzbedingt meine persönlichen, rationalen und kulturellen Filter wegfallen... ich glaube ich wäre ein sehr unangehmer Demenzpatient.

    Lieber Sohn, ich denke, dass wir es alle nicht wirklich voraussagen können, wie wir uns "dann" verhalten werden. Vielleicht ganz anders als wir uns (und andere Menschen) das vorstellen. Unter den von dir beschriebenen Filtern können ja noch mehrere andere verborgen sein, die momentan nicht bemerkt werden.


    Obwohl ich auch öfter über solche Themen nachdenke (mal allgemein, mal auf mich bezogen), weiß ich doch, dass unsere Möglichkeiten der Erkenntnis und Vorab-Regelung hier begrenzt sind. So tue ich, was ich kann und versuche, den Rest zu verdrängen. Das Wort Verdrängung hört sich ungesund an, ist es aber HIERBEI überhaupt nicht:


    Ich lese heraus, dass du noch ein ganzes Stück Leben vor dir hast. Ich wünsche dir sehr, dass du es (neben der Sorge um deinen Vater) genießen kannst. Und das meine ich ganz ernst :!:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Sohn83, Ihren Gedanken, "Wie wäre ich wohl als Mensch mit Demenz... " kenne ich gut aus den Fortbildungen und Supervisionen, bei denen sich Mitarbeitende in dem einen oder anderen Menschen mit Demenz wiederkennen.

    Manchmal sage ich dann: "Ich kennen alle Tricks, da werden Sie später Ihre Freude mit mir haben... oder die Fehler, die ich bei anderen erkannt habe, muss ich ja nicht dringend wiederholen".


    Das Gute ist, wir - ohne Demenz - können noch lernen und die Pflege demenzkranker Angehöriger ermöglicht eine hohe Lebens- und Lernerfahrung.

    Meine Beobachtung ist, dass sich - und wir uns mit ihnen - besonders Menschen mit ihrer Demenz schwertun, die die Krankheit nicht wahrhaben können und wollen.

    Wir wissen hier, dass wir eine Demenz bekommen können, allein wenn wir alt genug werden, 100, 110 oder 120 je nachdem wie wir mit den Risikofaktoren umgehen.

    Mit dieser Erkenntnis können wir die ein oder andere Eigenart schon vorab lösen...

    Ihnen ein schönes Wochenende, Ihr Martin Hamborg

  • Hallo in die Runde,


    meine Beobachtungen sind, dass sowohl meinem verstorbenen Vater als auch meiner Mutter nie etwas recht war, recht zu machen war, es immer viel zu meckern und verurteilen gab, so ist es jetzt in der Demenz erst recht komplett unmöglich, etwas richtig zu machen. Ihrer beider Glas, vor allem das meines Vaters, war immer halbleer. Ganz sicher auch biographisch bedingt. Dazu das Ignorieren des Altwerdens, des sich niemals damit Auseinandersetzen-Wollens. Vom Alter beleidigt, sagte mein Vater.

    Meine Mutter sitzt im Speisesaal, flüsternd mit der Hand vor dem Mund, und lästert über alle, die in ihr Blickfeld geraten …

    Ja, mir macht das auch Angst für mich selbst, andererseits denke ich, wir lernen jetzt so viel, wir müssen das doch schaffen, es besser hinzukriegen. Daran möchte ich glauben.


    Liebe Grüße

    Nelly

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Nelly, ich bin guter Hoffnung, dass Sie nicht die Fehler Ihrer Eltern wiederholen müssen!


    Tatsächlich erlebe ich oft, wie alte - auch noch nicht demenzkranke Menschen - voller Inbrunst lästern und andere abwerten und sich subjektiv aufwerten. Vielleicht ist es sogar eine Art Volkssport, der kurzfristig glücklich macht.

    Dies ist leichter als ein konstruktives Gespräch aber hat starke soziale Nebenwirkungen...

    Ihr Martin Hamborg

  • Hallo,

    ich kann eher das Gegenteil von dem berichten. Unsere Mutter, PG 3, auch an Demenz erkrankt, war zu Hause sehr schwierig und oft aggressiv.

    Sie leugnet ihre Demenz bis heute, was wir aber auch nicht thematisieren (wozu auch). Sie ist mittlerweile in einem sehr guten Pflegeheim auf einer geschlossenen Station.

    Sie fühlt sich dort sehr wohl und wenn wir sie besuchen fragt sie jedes Mal wie lange wir noch gebucht hätten. Ich würde schon sagen dass sie zufrieden ist.

    Sie war ihr ganzes Leben lang sozial engagiert und sehr aktiv. Sie hilft dort anderen, beteiligt sich an den vielen Aktivitäten die dort angeboten werden, und animiert auch andere Bewohner.

    Zu Hause hat ihr das zuletzt gefehlt da sie meist alleine war und auch viele Ängste hatte. Sie hat sich dort auch nicht mehr zu Hause gefühlt und wollte ständig weglaufen.

    Sie ist definitiv nicht unglücklich mit ihrer Demenz. Mittlerweile ist sie allerdings auch medikamentös eingestellt, was natürlich auch eine Rolle spielen kann.


    Wir haben in der Zeit als sie noch zu Hause war gemerkt dass sie eigentlich nur dann "schwierig" war wenn es nicht nach ihrem Willen ging. Dann konnte sie regelrecht ausrasten. Das war allerdings auch schon vor ihrer Erkrankung so.

  • Hallo Buchenberg,

    ich habe auch diese Erfahrung machen können. Mein Mann war stets ein zufriedener, humorvoller Zeitgenosse. Es gab nichts was ihn aus der Ruhe bringen konnte, er konnte sich nicht einmal ,,streiten‘‘. Diese Charaktereigenschaft hat er sich irgendwie bewahren können. Er befindet sich in der mittleren Stufe der Demenz, kommt ohne Medikamente zurecht u. ist alles in allem ein pflegeleichter Patient. Ich möchte hinzu fügen, das er nach einer Corona Erkrankung u. zusätzlichen Influenza im Dez. vom KH in ein Heim gezogen. Er hat sich sehr gut eingelebt, die vergangenen 2 Wochenenden habe ich ihn nach Hause geholt, mit Übernachtung. Jetzt frage ich mich, ob ich ihn ganz zurück hole. Das Pflegepersonal rät ab, die Demenz bleibt nicht so wie sie im Moment ist. Ich bin hin u. her gerissen, frage mich ob ich es mental verkrafte. Vor dem Einzug war ich bereits psychisch angeschlagen, im Moment etwas besser u. zum Glück auch körperlich etwas erholt (1,00 kg an Gewicht gewonnen). Was habt Ihr für eine Meinung….

  • Liebe Glueck55,

    in unserer Bekanntschaft gibt es solche Fälle, wo Demenzkranke zufrieden und bis zum letzten Atemzug zu Hause versorgt und gepflegt wurden. Es waren aber Paare, die ein Elternteil versorgten. Ob du allein mit dieser Aufgabe fertig wirst, ist schwer zu sagen.


    Es müssen ja auch einige äußere Bedingungen erfüllt sein: eine barrierefreie Wohnung, ein behindertengerechtes Bad, vielleicht eine Duschtoilette, Rollstuhl, Rollator usw. Wie kommst du mit deinem Mann zu Ärzten, zur Fußpflege, zum Friseur usw?


    Wie weit hast du es denn bis ins Heim, in dem dein Mann lebt? Kannst du ihn nicht jeden Tag dort besuchen kommen?

    LG Buchenberg

  • Vielen Dank für Deine Meinung Buchenberg,


    ins Heim habe ich knappe 15 Minuten mit dem Auto, meist bin ich 3 x i.d. Woche bei ihm. Da puzzle ich mit ihm o spielen Mensch ärgere….Das Akkordeon habe ich mit genommen, da spielt er mir manchmal noch ein paar Lieder, welche aus seiner Jugend, aber nur die, die ich ihm vorschlage.

    Zum Glück kann ich noch alle notwendigen Arztbesuche mit ihm bewerkstelligen, Hausarzt, Podologe gleich neben dem Heim, da sind wir schon länger Patienten.

    Tja und zu Hause, ebenerdige Dusche haben wir schon lange, Türenbreite wegen Rollator, Rollo ist ausreichend. Problem ist die Treppe, weil Schlafzimmer oben. Wegen Treppenlift habe ich mir bereits Angebote eingeholt, eigene Zuzahlung ca. 5 T €. Was für mich auch so anstrengend ist sind die Nächte, er muss meist 2 x in der Nacht aufs WC (Ente nimmt er nicht an ) u. ich bin dann immer hell wach u. brauch ewig wieder zum einschlafen, der ewige Schlafentzug hat mich im vergangenen Jahr schon einmal an die Grenze gebracht, dann gehen auch mal die Nerven durch, was man überhaupt nicht will.

    Man möchte ja nur das Beste für seine Lieben. Die Kinder sagen immer zu mir, Mutti Du musst auch auf Dich aufpassen, denke auch an dein Leben…..

    Alles nicht so einfach das Thema PFLEGE

  • Liebe Glück 55,

    Diesen Zwiespalt kann ich total gut verstehen, aber eigentlich weißt du es im Innersten sicher schon..als ich meinen Mann gepflegt habe) allerdings wegen Krebs) habe ich auch gesagt, auf Dauer noch nachts nicht zur Ruhe kommen, schaffe ich nicht, war dann auch so und er ist freiwillig ins Hospiz die letzten Monate. Das war dann entgegen meiner Erwartung für uns noch eine phasenweise bereichernde Zeit, denn wenn ich (täglich) da war, musste ich nicht noch Haushaltstätigkeiten und Telefonate u.ä.erledigen, sondern konnte einige Stunden ganz dort sein, manchmal auch lesen, während er geschlafen hat. Aber ich habe diese Zeit im Nachhinein in sehr dankbarer Erinnerung, es war soviel entspannter, auch 15 min. Anfahrt. Und du kannst dich Zuhause schon auf ein Leben ohne ihn einstellen, so traurig es ist. Mein Mann konnte auch noch vereinzelt nachhause geholt werden, das wurde aber dann immer schwieriger.

    Also überlege gut, ob du auf Dauer 24/7 zuständig sein kannst - Demenz kann sich ja über Jahre ziehen...

    Es gibt ein Leben danach, wie ich zuverlässig weiß ;)

    Liebe Grüße

  • Hallo Glueck55,


    im Grunde hast du Dir dein Frage bereits selbst beantwortet. Ich bin ja auch so, stelle mir ganz ähnliche Fragen. Bei anderen sieht man da schnell klarer, deshalb in ich für dieses Forum so dankbar weil meine Sicht so manchmal wieder etwas zurückgerückt wurde.


    Der Schlafentzug hat dich an die Grenze gebracht. Wie lange brauchst du bist du wieder an diesem Punkt bist? Oder die nächste Erkrankung deinen Mann wieder aus der Bahn wirft, oder der nächste Demenzschub kommt?


    Du schreibst dein Mann hat sich gut eingelebt. Mit dem Heim seid ihr zufrieden? Dann besteht eigentlich kein Grund an dieser Situation etwas zu ändern. Es gibt bei der Demenz leider nur eine Richtung. Wenn dein Mann sich im Heim zurechtfindet und vielleicht noch in der Lage ist neue Kontakte zu knüpfen ist das für seine Gesundheit nur positiv.


    So sehr ich mit der Entscheidung Heim für meinen Vater anfänglich gehadert habe (und auch jetzt noch oft tue) ganz rational war es die Richtige Entscheidung. Rational haben wir mit diesem Schritt zu lange gewartet. 6 Monate früher und er hätte es vielleicht noch geschaft dort auf andere Leute zuzugehen und sich wirklich (aktiv) zu intigrieren. Dazu ist es jetzt leider zu spät.

    Einmal editiert, zuletzt von Sohn83 ()

  • Ich weiß nicht wie es in eurer Gegend aussieht, aber hier bei uns sind gute Heimplätze absolute Mangelware und es werden sehr lange Wartelisten geführt. Daher würde ich mir gut überlegen einen solchen Platz wieder aufzugeben.


    I.d.R. kann das Pflegepersonal auch recht gut einschätzen wann eine Pflege zu Hause anzuraten ist. Wenn du dich schon selbst fragst ob du das mental schaffst, dann würde ich mir so einen Schritt sehr gut überlegen.


    Ich denke dein Mann hat mehr davon wenn du ihn ausgeruht und gut gelaunt im Heim besuchst; zumal sich sein Zustand evt. ja auch sehr schnell ändern kann.

  • Ihr Lieben die mir Ihre Meinung haben wissen lassen, habt herzlichen Dank dafür.


    Es ist ein angenehmes Gefühl verstanden zu werden, besonders von selbst Betroffenen. Wir sind mit dem Heim zufrieden, sind dort alle sehr bemüht, fragen auch mal nach mir wie es mir geht. Das kommt eigentlich selten vor, nach meinem Mann wird sich stets erkundigt, jedoch keiner fragt mal nach mir. Ich möchte mich nicht in den Mittelpunkt rücken, aber als Partner muss man so vieles stemmen, sei es die Frage nach der Zukunft, das nagende Schuldgefühl ob man alles richtig macht, letztendlich auch die Frage nach der eIgenen finanziellen Zukunft. Aber ich glaube diese Situation wird wohl überall Innentaschen sein.

    Ich danke Euch fürs lesen 🙏

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Glueck55, der Einschätzung der Runde kann ich mich nur anschließen. Solange es Ihnen nur „etwas“ besser geht, ist die Gefahr der Überforderung für Beide hoch. Deshalb wünsche ich Ihnen ein richtig gutes Gewissen und ganz viel gemeinsame Freude bei den Besuchen Ihres Mannes.

    Können Sie mit Freunden, Verwandten, Nachbarn und Bekannten über Ihre Gefühle reden, die vielen Herausforderungen, die Sie jetzt zu bestehen haben? Verstärken Menschen aus Ihrem Kreis das schlechte Gewissen? Manchmal denken die Partner, dass die anderen das denken und ziehen sich in die Einsamkeit zurück.

    Von Außen betrachtet hat Ihr Mann mit dem Heim und seiner Frau richtig Glück!

    Die Entscheidung, Ihren Mann - auch aus finanziellen Gründen - zurückzuholen können Sie auch noch viel später treffen.

    Ihnen wünsche ich schöne Zeiten mit Ihrem Mann und alles Gute, Ihr Martin Hamborg

  • Guten Abend,

    hallo Sohn83 u. ja Du hast völlig recht in Bezug mit der Möglichkeit im Heim neue Kontakte zu knüpfen. So wie Du es von Deinem Vater berichtest ist es bei meinem Mann auch, eigentlich zu spät sich auf andere Personen einzulassen. Wobei er sich nicht in der geschlossenen Demenzstation befindet, es sind auch Bewohner darunter ohne neurologische Erkrankungen, trotzdem ist die Unterhaltung untereinander nicht gerade rege. Und ja, rational betrachtet ist es die richtige Entscheidung aber psychisch komme ich an manchen Tagen nicht damit klar. Dann muss ich mich der Worte erinnern die mein Mann mal in einem Gespräch indem es ums alt werden ging zu mir sagte: ,,80 Jahre werden u. niemanden zur Last fallen‘‘, das hilft mir dann einen dieser Tage zu stemmen.


    Auch Dir Ellie,

    danke, ja es ist so wie Du schreibst, ich komme ausgeruht und mit guter Laune ins Heim und habe Kraft ihn zu motivieren, manchmal schaffe ich es ihn zu überzeugen u. er spielt mir mit dem Arkordeon ,,Junge komm bald wieder‘‘ :thumbup:


    Hallo Herr Hamborg,

    ich vermute fundiertes Wissen hinter Ihrer Person.

    Ihre Frage ob ich mit meinem Umfeld über meine Gefühle, Herausforderungen reden kann, muss ich verneinen. Mittlerweile gehe ich den Nachbarn aus dem Weg weil ich es nicht mehr ertragene, die Anteilnahme an der Gesundheit meines Mannes. Alles gut gemeint aber keiner fragt mal….und wie kommst du zu recht. Leider ist es innerhalb unserer Familie nicht anderes, die Sorge um den Vater, Opa ist groß, er wird gern besucht aber mehr kommt leider nicht. Selbst wenn ich mal vorsichtig das Gespräch dahin lenke u. erzähle das ich meinen moralischen hatte u. den ganzen Tag hätte weinen können, wird das Thema immer abgetan, so ungefähr wie, ach Mutti was Du nur hast. Nein in die Einsamkeit zieh ich mich nicht zurück, ich such den Kontakt zu Menschen, einfach weil es mir auch gut tun. Ein schlechtes Gewissen hat mit bis jetzt nur eine Person gemacht (diese hat ihren Partner zu Hause gepflegt) das hat mich sehr verletzt.


    Eine gute Karwoche Euch allen u. eine gute Zeit

    Elke

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