Wohin mit der Mutter?

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  • Ihr Lieben,

    ich habe jetzt schon einiges in diesem Forum gelesen. Da war viel dabei, wo ich meine Situation wiedergefunden habe. Deswegen erhoffe ich mir Hilfe bei einigen Fragen.

    Kurz zu mir: ich bin 51 Jahre alt und es geht um meine Mutter, 82, und meinen Vater, 85.

    Es fing damit an, dass die beiden sich zunehmend in ihrer Wohnung gestritten haben. Das war vor ca. 2 Jahren. Ich habe alle möglichen Angebote gemacht: Seniorenbegleitung, einen von ihnen mal für 2 Wochen auszulagern. Nichts wurde angenommen.

    Die Situation eskalierte weiter, schließlich hat meine Mutter sich selbst einen Heimplatz besorgt. Wir haben ihr also beim Umzug geholfen. Dann ging es erst richtig los.

    Im Heim entwickelte sie schwere Wahnvorstellungen. Sie hörte Stimmen (tut sie immer noch) und glaubte, dass vor der Tür lauter Fahrzeuge des BND stehen, um sie zu überwachen etc. etc.

    Ich habe alles in Bewegung gesetzt, dass ein Psychiater und Neurologe sie sich im Heim anschaut. Das ist auch erfolgt. Er hat ihr ein Medikament verschrieben, aber die Lage eskalierte weiter, bis sie schließlich den Heimplatz gekündigt hat und wieder nach Hause ist. Das war Ende April 2022.

    Zu Hause ging das Drama weiter, sie nahm ihre Medikamente (Herz und Niere) nicht und wurde gegenüber meinem Vater immer aggressiver.

    Es eskalierte soweit, dass ich die 112 rufen musste. Sie war dann 6 Wochen per einstweiliger Verfügung in der geschlossenen Gerontopsychiatrie. Nach 6 Wochen sagten die Ärzte, sie wäre soweit stabil, dass sie in eine Tagesklinik wechseln kann. Am ersten Tag in der Tagesklinik bekam ich einen Anruf, dass meine Mutter Rabatz macht und nach Hause will. Also nix mit Tagesklinik.

    Mittlerweile war es Ende Juni. Ich installierte einen Pflegedienst für Anziehen und Waschen.

    Im November dann die nächste Eskalationsstufe: sie griff den Pflegedienst körperlich an. Dieser sagte mir, ich müsse eine andere Lösung suchen.

    Ich habe sie also aus der Not heraus zu mir genommen. Das war Mitte November. Im Dezember hatte ich einen Nervenzusammenbruch, konnte nur noch weinen, war total erschöpft. Mein Bruder, der im Ausland lebt, hat sie dann für 6 Wochen zu sich genommen. Jetzt ist sie wieder bei mir seit ein paar Tagen. Ich habe eine 24 Stunden Pflege organisiert. Aber diese Konstruktion wird nicht lange halten, weil sie extrem aggressiv ist und alle Hilfe ablehnt. Zudem sagt mein Bruder, dass er das 6 Wochen-Wechsel-Modell nicht lange aufrechterhalten kann aus beruflichen Gründen.

    Nach dieser langen Vorgeschichte nun meine eigentliche Frage: wenn meine Mutter nicht in ein Heim will, muss ich dann einen Antrag auf Unterbringung beim Amtsgericht stellen? Oder wie kommen Senioren auf Demenzstationen von Pflegeheimen?

    Bei Anrufen bei geeigneten Heimen wurde mir gesagt, dass die Einrichtung Menschen, die Pflege ablehnen, nicht behalten können, weil die Einrichtung ihren Pflegeauftrag dann nicht erfüllen kann. Wohin also?

    Ich danke jedem, der bis hierhin gelesen hat. <3

  • Hallo Simone,

    Erstmal herzlich willkommen in "unserer" Runde hier. Dein Problem ist leider nicht ganz außergewöhnlich und es gibt durchaus Lösungen. Dass du und dein Bruder das auf Dauer nicht stemmen könnt, ist total verständlich und kein Mensch weiß ja, wie lange das dauert.

    Demenzstation im normalen Pflegeheim bedeutet nicht, dass man Menschen dort festhalten kann gegen ihren Willen , der Großteil der Bewohner dort ist nach meiner Einschätzung dement in verschiedenen Stadien, aber sie müssen natürlich so umgänglich sein, dass es für den normalen Pflegeschlüssel zu handeln ist.


    Ich habe ähnliche Erfahrung mit meinem Vater gemacht, er war auch aggressiv und hatte eine Persönlichkeitsstörung, halluzinierte etc.

    Auf Anraten des sozialpsychiatrischen Dienstes, den es in jeder Stadt gibt und wo du dich auch mit vernetzen kannst, habe ich einen Antrag auf rechtl. Betreuung beim zuständigen Betreuungsgericht gestellt, formlos sogar, meine ich (kann man vermutlich auch downloaden) und einige Sätze dazu geschrieben. Wenn keine Gefahr im Verzug ist, kann das aber einige Wochen dauern. Den Ablauf kann dir der sozialpsychiatrische Dienst entweder ausführen oder ggf googeln.

    Wenn eine untragbare Situation aufkommt, kannst du ggf auch den RTW rufen für die erneute GerontoPsychiatrie oder der Hausarzt schreibt eine Einweisung o.ä. so haarklein weiß ich es auch nicht.

    Mein Vater ist jedenfalls nach sechs Wochen durch die rechtl.Betreuerin(Anwältin) in ein geschlossenes Pflegeheim mit besserem Personalschlüssel und sehr liebevoller Betreuung etwas wohnortfern vermittelt worden. Meine Mutter musste dafür aber auch klar sagen, dass sie es nicht mehr schafft und wir Töchter eh nicht.

    Diese Zeit war schwer und aufreibend, aber nichts gegen das Theater vorher mit immer neuen Aufregungen.

    Je nachdem, wo im Gehirn der Abbau stattfindet, ist eben Impulskontrolle und sonstiges gestört. Das schafft man auf Dauer nicht und das musst du auch nicht, du bist ja kein Profi auf Abstand im Schichtdienst!

    Ich hoffe ich konnte etwas helfen und wünsche von Herzen schnellen Erfolg!

    Liebe Grüße

    Rose 60

  • Hallo Simone, auch von mir ein Willkommen. Rose hat bereits sehr hilfreiche Tipps gegeben.


    Meine Mutter hat den Pflegedienst und selbst uns ebenfalls aggressiv abgelehnt, so dass die Pflegerinnen ihren Dienst weitestgehend einstellen mussten.

    Im Pflegeheim wurde es besser. Wir haben ein kleines privates Pflegeheim, in dem man individuell auf die Patienten eingeht und mithilfe einiger Tricks ist jetzt alles gut.


    Die inzwischen weit fortgeschrittene Demenz meiner Mutter hat dazu geführt, dass sie ihre Abneigung gegen die Pflege vergessen hat.


    Oft (nicht immer) ist die Aggressivität auf dasjenige Stadium der Demenz begrenzt, in dem noch ein gewisses Maß an objektiver Wahrnehmung der Realität möglich ist ... wenn der Abbau weiter voranschreitet, kann sie sich wieder verlieren.


    Der Weg (auch für uns Angehörige) ist nicht einfach, aber zu schaffen. Alles Liebe

  • Vielen Dank Euch beiden. Mir ist eben noch nicht so ganz klar, welche rechtlichen Voraussetzungen ich brauche, um meine Mutter in einem Pflegeheim unterbringen zu können. Eine Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung habe ich ja. Also den Schritt, eine Betreuung zu beantragen, kann ich quasi überspringen, so habe ich es jedenfalls verstanden. Aber wie jetzt weiter, wenn die Mutter nicht will?

  • Hallo Simone, herzlich Willkommen in unserer Runde!


    Zur Unterbringung in einer "beschützten" (=geschlossenen) Einrichtung brauchst Du auf jeden Fall einen Gerichtsbeschluss. Deine Vorsorgevollmacht besagt nur, dass kein Betreuer eingesetzt werden muss. Du kannst die Unterbringung beim Gericht anregen, bist dann als Bevollmächtigter einer der Verfahrensbeteiligten. Für eine längere Unterbringung bis 2 Jahre braucht es ein ausführliches Gutachten (hierfür ist die Gerontopsychiatrie ideal) und Deine Mutter wird von einem Richter angehört. Es gibt auch eine kürzere Unterbringung bis 6 Wochen (maximal 2x in Folge möglich), die etwas weniger schwierig ist.


    Drücke Dir die Daumen, dass Du ein geeignetes Heim findest, was leider auch nicht einfach ist!

  • Aber wie jetzt weiter, wenn die Mutter nicht will?

    Hallo Simone, die allerwenigsten Dementen sind einsichtig und gehen freiwillig in ein Heim. Meist bringt ein notwendiger Krankenhausaufenthalt (Sturz etc) die Sache ins Rollen. Im Krankenhaus gibt es ein sogen. Entlassungsmanagement, d.h. entsprechende Mitarbeiter erkundigen sich, wie es nach Entlassung weitergeht. In unserem Fall war den Verantwortlichen felsenfest klar, dass meine Mutter nicht mehr alleine leben kann. Somit bereiteten wir alles vor und sie kam vom Krankenhaus in das nette kleine Pflegeheim.


    Wäre dieser Fall (Krankenhaus) nicht eingetreten, hätten wir Plan B in Anwendung gebracht. Die Hausärztin meiner Mutter (mit der wir in Kontakt standen) hatte vor, diese in eine Klinik (ggf. die Gerontopsychiatrie oder andere) zu überweisen. Meine Mutter zeigte aufgrund von Verwahrlosung bereits körperliche Symptome, die man so nicht hinnehmen muss und kann, man ist zur Hilfe verpflichtet.


    Ich hatte nicht einmal eine Vollmacht meiner Mutter und trotzdem ist all das gelungen, bevor das Gericht mir auf Antrag die Betreuung übertragen hat.


    Vielleicht gehst du zuerst mal zur Hausärztin deiner Mutter? Eventuell ist das ein erster Schritt, bei uns war es so.

  • Hallo Simone,

    Der Pflegedienst kann ja schon mal bezeugen, dass deine Mutter sogar das Personal körperlich attackiert, somit gefährdet sie andere. Das wäre schon eine mögliche Voraussetzung für Unterbringung auf richterliche Anordnung.

    Ist dein Zusammenbruch dokumentiert?

    Also soviel wie möglich schriftlich wäre hilfreich.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Simone, willkommen in unserem Forum, auch von meiner Seite!

    Zu den betreuungsrechtlichen Zusammenhängen wurde ja schon viel zusammengetragen.

    Von Bedeutung ist jetzt das genaue Krankheitsbild Ihrer Mutter: So wie Sie schreiben steht eine Wahnerkrankung im Alter im Vordergrund und nicht eine Demenz. Gibt es eine Diagnose aus der Klinik?


    Üblicherweise lassen sich Wahnerkrankungen im Alter mit Neuroleptika ganz gut behandeln. Wenn sie diese Medikamente nicht nimmt, sind natürlich in jeder Versorgungssituation erhebliche Konflikte und die beschriebenen Aggressionen vorprogrammiert. Eine Demenzgruppe oder eine Demenz-WG wäre dann grundsätzlich die falsche Betreuungsform.


    Bitte fragen Sie bitte in der Klinik beim Sozialdienst noch einmal nach. Dort müssten die passenden gerontopsychiatrischen Einrichtungen bekannt sein. Fragen Sie bitte auch, wie Sie sich in den kritischen Situationen am besten verhalten können, um Eskalationen zu Hause möglichst zu vermeiden! Der Weg geht dann vielleicht wieder über eine Einweisung in die Gerontopsychiatrie - die Nachbehandlung war ja nicht erfolgreich und Ihre Mutter braucht psychiatrische Hilfe!

    Ihnen viel Kraft und Klarheit, Ihr Martin Hamborg

  • Guten Abend,

    vielen Dank für Ihre/Eure Antworten.


    Stimmt, bei meiner Mutter sind eindeutig Wahnerkrankungen im Vordergrund. Das steht auch als erste Diagnose im Entlassungsbrief aus der Gerontopsychiatrie. Demenz konnte weder ausgeschlossen noch diagnostiziert werden, weil meine Mutter sich geweigert hat, die Tests zu machen. Ein MRT zeigte eine Atrophie. Die wenigen Tests, die gemacht werden konnten, zeigten eine Einschränkung bei der Neugedächtnisbildung.


    Neuroleptika bekommt sie bereits, ebenso ein leichtes Antidepressivum.


    Aber ob es nun das eine oder das andere ist, sie will ja gar keine Behandlung und lehnt alles ab. Ich kann sie aber auch nicht wieder in ihre Wohnung zu meinem Vater bringen, denn da wird es Mord und Totschlag geben. Außerdem kann sie allein weder aufstehen, noch sich waschen und anziehen, von Kochen oder auch nur Brot schmieren ganz zu schweigen.


    Sie lehnt schon die Wiedervorstellung in der Praxis des Psychiaters ab.

    So wie ich es im Moment verstehe, muss ich warten, bis es wieder eine Selbst- oder Fremdgefährdung gibt, um sie wieder für 6 Wochen einliefern zu lassen. Um danach wieder nicht zu wissen, wohin....


    Das kommt mir vor wie ein nicht enden wollender Alptraum.

  • Und darum würde ich die genannten Stellen wie Klinik, Psychiater oder wenigstens sozialpsychiatrischer Dienst befragen. Wenn du es selbst nicht leisten kannst, was keiner auf Dauer verlangen kann, muss es eine Einweisung geben, denn irgendwo muss deine Mutter versorgt werden. Da würde ich nicht den nächsten Zusammenbruch abwarten, sondern klar signalisieren, dass du das gesundheitlich nicht schaffst.

    Für die Klinik gilt doch offensichtlich, dass die ambulante Versorgung nicht funktioniert hat.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Simone, nun endlich möchte ich auch noch mal antworten und den Rat von Rose60 bestärken.

    Leider ist und bleibt es ein Albtraum, weil das Selbstbestimmungsrecht auch bei Menschen mit Wahnerkrankungen mit beginnender Demenz oft weiter geht, als es Angehörige ertragen können.


    Bitte lassen Sie sich bei sozialpsychiatrischen Dienst beraten, sodass zumindest alle eingebunden sind, die Verantwortung tragen. Oft gibt es für Menschen wie Ihre Mutter nicht die erforderlichen Hilfen vor Ort, sodass nur die Einweisung in die Psychiatrie bleibt, deshalb warten Sie bitte nicht zulange damit, bis irgendwann das Hilfesystem greift ("weil das Kind in den Brunnen gefallen ist"). Das ist zynisch aber leider zu oft die Realität! Ihnen viel Kraft, Ihr Martin Hamborg

  • Ihr Lieben,

    vorweg möchte ich erstmal sagen: ich lese hier viele Beiträge und bin jedes Mal schockiert, was viele durchmachen. Und ich würde so gerne auch etwas Hilfreiches beitragen. Nur weiß ich nicht was, ich blicke ja selbst nicht durch. Es tut mir so leid, wenn ich nur um Hilfe bitte, aber nicht selbst helfen kann.


    Ich habe mittlerweile Kontakt aufgenommen mit dem sozialpsychiatrischen Dienst, mit der Betreuungsstelle vom Amtsgericht und einer Beratungsstelle bei der Stadt.

    Alle sagen, dass ich meine Mutter bei dem geringsten Anzeichen von Selbst- oder Fremdgefährdung in die Psychiatrie einweisen lassen soll und parallel bei Gericht eine Unterbringung beantragen soll. Ich warte jetzt auf das Attest vom Psychiater, dann werde ich eine solche Unterbringung beantragen.


    Ich habe aber eine Sache immer noch nicht kapiert: ich verfüge ja über eine Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung. Darf ich dann den Aufenthaltsort meiner Mutter bestimmen und sie ggf. gegen ihren Willen in ein Heim einweisen lassen? Oder muss ich dazu erst offiziell eine Betreuung beim Amtsgericht beantragen? Und wie mache ich das dann: die Polizei rufen und sie gewaltsam hinbringen lassen oder wie?

    Kurz gesagt: ich verstehe noch nicht so wirklich, wie ein Betreuer, sei er bezahlt oder Angehöriger, ganz praktisch seinen Willen durchsetzt.

    Meine Mutter will zum Beispiel ihre Medikamente nicht nehmen. Ich darf sie ja nicht dazu zwingen, oder? Was würde denn ein Betreuer machen? Und darf ich das gleiche mit Vorsorgevollmacht auch machen?

    Fragen über Fragen....


    Liebe Grüße

    Simone

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Simone, danke, dass Sie sich mit Ihren Erfahrungen und Fragen einbringen.

    Der sozialpsychiatrische Dienst hat verstanden worum es geht und wird Sie im Notfall unterstützen und schnell handeln. Dafür war Ihr Gespräch sehr wichtig!

    Aus guten Gründen stoßen die Vollmachten immer dann an eine Grenze wenn es um unmittelbaren Zwang geht. Bei der Zwangseinweisung und der Zwangsmedikation gibt es enge gesetzliche Rahmenbedingungen und eine Art Richtervorbehalt.

    Wenn Ihre Mutter in die Klinik freiwillig mitgeht, reicht das was Sie veranlasst haben. Lehnt sie es ab, kommt der sozialpsychiatrische Dienst, sodass zunächst Ihre Mutter die psychiatrische Hilfe erhält, die sie braucht. In der Klinik würde ggf. ein Richter hinzugezogen. Ihre Vollmacht wird sozusagen professionell gestärkt, um sicherzugehen, dass die Freiheitseinschränkungen grundgesetzlich geschützt sind.

    Ihr Martin Hamborg

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