Erfolgreiche Widersprüche - Erstattung von Verfahrenskosten

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  • Liebes Forum,


    Ende 2022 habe ich für meine Oma (leider kürzlich verstorben ;() eine Höherstufung beantragt. Dieser wurde entsprochen, sodass statt PG2 nun PG3 festgestellt wurde. Da der Hausarzt meinen Opa aber wohl schon 2021 immer wieder ansprach, er solle sich um eine Höherstufung bemühen und weil meine Pflegeleistungen meiner Meinung nach dem PG4 entsprechen, habe ich widersprochen.


    Ebenso habe ich für meinen Opa einen Erstantrag gestellt, welcher eine Einstufung in PG2 zur Folge hatte. Auch diesem habe ich widersprochen. Bei beiden Widersprüchen habe ich ein systematisches Tagebuch geführt und fristgerecht eingereicht.


    Ende letzter Woche bekam ich nun eine Nachricht für meinen Opa: Dem Widerspruch wurde abgeholfen und rückwirkend der Pflegegrad 3 festgestellt. Natürlich der erhoffte Erfolg. Einen Anwalt oder eine Beratung haben wir nicht eingeschaltet. Nun steht in dem Schreiben auch:


    "Die notwendigen Kosten im Widerspruchsverfahren werden erstattet."


    Frage: Ich möchte nicht gierig rüber kommen, aber ich habe viel Zeit in die Sache gesteckt (auch um der Pflegekasse ein transparentes und klar nachvollziehbares nach Items gegliedertes Pflegetagebuch vorzulegen). Kann ich also als Privatperson hier Kosten erstattet bekommen? Wenn ja, beschränkt sich dies auf Auslagen wie Porto (eventuell auch in Form einer Pauschale) oder kann ich auch die eigene Arbeitszeit in gewisser Weise abrechnen? Natürlich würde ich hier keine Fantasiebeträge ansetzen, aber da ein Anwalt, wie ich hörte, für ein Gerichtsverfahren rund 300-400 € berechnet, frage ich mich ob hier nicht auch für mich was drin ist.


    Hierbei stütze ich mich vor allem auf § 80 Absatz 2 VwVfG der besagt, dass Gebühren und Auslagen eines Anwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten (bin ich das als Pflegeperson? Vorsorgevollmacht ist vorhanden) erstattungsfähig sind, wenn deren Hinzuziehung notwendig war.


    > Da weder Oma und Opa alleine in der Lage gewesen wären, den Widerspruch in die Wege zu leiten, noch angemessen zu kommunizieren, würde ich meine "hinzuziehung" als nötig erachten. Auch wenn es jetzt sicherlich speziell wird: einen Gewerbeschein habe ich, pro forma könnte ich also durchaus eine Rechnung für meine "Leistungen" an meinen Opa stellen...

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    Heute hielt ich nun auch eine Antwort bzgl. meiner lieben Oma in den Händen. Anders als beim Opa wird in dieser aber mit keinem Wort auf meinen Widerspruch eingegangen (welcher inklusive Begründung Ende November eingegangen sein muss). Stattdessen würde man sich freuen dass unser Antrag vom 2. Dezember 2022 geprüft und bei der Begutachtung der PG4 festgestellt wurde. Rückwirkend vom 1.10.22 würden dem PG4 entsprechend Gelder gezahlt.


    > Der Höherstufungsantrag erfolgte im Oktober, der Widerspruch im November. Einen Antrag vom 2.12.22 gibt es meiner Kenntnis nach nicht, ebenso wenig eine Begutachtung. Da sie ab Mitte Januar im Krankenhaus mit anschließender Kurzzeitpflege lag und auch ich als Laie sicher bin, dass ab dann der PG5 bestand, habe ich lediglich im Januar 2023 einen weiteren Höherstufungsantrag gestellt.


    Frage 1: Handelt es sich hier möglicherweise um einen Fehler? Oder ist dies (mittlerweile bin ich sehr misstrauisch ggü den Kostenträgern) vielleicht sogar eine gängige Masche? Im Rahmen des Widerspruchs habe ich beispielsweise auch das Feststellungsdatum moniert, da gemäß den offiziellen Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes bei bereits bestehender Pflegebedürftigkeit nicht das Antragsdatum auf Höherstufung sondern der Eintritt der erhöhten Pflegebedürftigkeit relevant ist.


    > Folgender Dinge bin ich mir sehr sicher: PG3 wäre bereits 2021 feststellbar gewesen, der angestrebte PG4 schon Anfang/Mitte 2022 (überzeugende Entlassbriefe etc. liegen vor, sodass ich meine Argumentation auch nachvollziehbar begründen könnte). Versäumt wurde ein entsprechender Antrag vor allem durch die lange unentdeckt gebliebene Demenz meines Opas, sodass zumindest nicht mutwillig auf eine Beantragung verzichtet wurde. Offiziell bin ich erst seit 10/2022 Pflegeperson und umfassender in der Thematik drin. Weiterhin bin ich mir sehr sicher, dass ab dem 17. Januar 2023 der Pflegegrad 5 festgestellt worden wäre (Antrag wurde ja entsprechend gestellt), was meiner Meinung ebenfalls durch Krankenhausberichte hinreichend belegt werden kann.


    Frage 2: Darüber hinaus habe ich zu Lebzeiten einen Antrag auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen gestellt. Diesen sehe ich durch die auf der Webseite des GKV-Spitzenverbandes gelisteten Modellmaßnahmen (Reorganisation des Wohnraums zur Schaffung von Bewegungsflächen) gedeckt und habe entsprechend der Ablehnung widersprochen. Diesbezüglich sollte der MD zeitgleich den Widerspruch wegen des Pflegegrades und der Maßnahme zu einer erneuten Prüfung ins Haus kommen, was aber nun natürlich unmöglich geworden ist.


    > Die Sache ist nun die: Die Umbaumaßnahme hätten wir so oder so durchgeführt, bzw. haben diese auch vor ihrem Tod noch während des Widerspruchsverfahrens gemäß des eingereichten Kostenvoranschlages durchgeführt. Das sie versterben wird, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar. Besteht hier in irgendeiner Form Aussicht auf Erfolg oder ist eine Kostenübernahme ausgeschlossen?


    Ich würde mich sehr freuen, wenn jemand Erfahrungswerte oder Antworten zu diesen doch sehr komplexen Fragen parat hat.


    Sollte wiederum jemand von euch Fragen bzgl. Widerspruch bzw. meinen Erfahrungen dazu haben, so dürft ihr diese natürlich ebenfalls gerne stellen und ich werde versuchen sie zu beantworten.


    Gruß


    D

  • Hallo enh2292


    meine laienhafte Meinung:


    1) Höherstufungen werden nicht einfach wirksam, wenn erhöhter Pflegebedarf entsteht (Einweisung ins Altersheim), sondern nur ab - vom MD genehmigten - Antrag auf Höherstufung. Einen Fehler beim Datum oder gar Betrug würde ich der Pflegekasse nicht unterstellen.


    2) Das Geld der Pflegekasse kommt von uns allen (Beitragszahlern), und die Kasse muss für alle ihre Ausgaben, auch für ihre Erstattungen, Rechenschaft ablegen. Rechne also damit, dass du nur Kosten erstattet bekommst, für die du sachbezogene Ausgabenbelege (Fahrscheine etc.) hast. Deine Arbeitszeiten könntest du allenfalls anrechnen, wenn du Verdienstausfall hattest, was dein Arbeitgeber bescheinigen kann.


    LG Buchenberg

  • Hallo Buchenberg,


    erstmal vielen Dank für deine Antwort. Das was du unter 2) schreibst, entspricht wahrscheinlich auch dem, was ich erwartet habe, allerdings kann es ja nicht schaden nachzufragen.


    Zu 1) möchte ich teilweise widersprechen und korrigieren. Die Grundidee stütze ich ganz allgemein auf das leistungsrechtliche Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes (ein wirklich unangenehm langer und umfangreicher Wälzer: https://www.gkv-spitzenverband…insames_Rundschreiben.pdf - hier unter 2.2 auf Seite 107). Dort wird ganz deutlich geschrieben, dass bei einer Höherstufung nicht das Antragsdatum, sondern eben jener Zeitpunkt an dem eine Änderung der Verhältnisse eintrat...


    Was mich so stutzig macht ist halt der direkte Vergleich: beim Opa wird dem Widerspruch abgeholfen und der ursprüngliche Bescheid aufgehiben und bei der Oma erhalte ich ein Schreiben das der Antrag vom 2.12.22 sorgfältig geprüft wurde und bei der Begutachtung PG 4 festgestellt wurde. Nur gab es ja weder einen Antrag noch einen weiteren Begutachtungstermin in diesem zeitlichen Zusammenhang...


    Mit PG4 bin ich zufrieden, nicht aber mit dem Zeitpunkt (vgl im obigen Sinne) ab dem eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten sein soll (hier ab 1.10. mit Antragstellung einige Tage später).


    Im Widerspruch habe ich ganz deutlich gesagt, was ich mir hinsichtlich des Veränderungsdatums erhoffe und wie ich dies begründe, darauf wird aber an keiner Stelle eingegangen. Daher die Vermutung, dass nun dieses Vorgehen bei mir zu einer erwünschten "Ach komm. Lass gut sein"-Haltung führen soll, indem ich nun im schlimmsten Fall gezwungen wäre, erneut zu widersprechen. Letztlich hatte ich auch Kompromissbereitschaft signalisiert, da es natürlich im Nachhinein immer schwierig ist so ein Datum festzulegen, sollte dies aber hier ein mieser Versuch sein, Leistungen zurückzuhalten, so hat sich diese Bereitschaft auch schnell erledigt.


    Ich hoffe du verstehst was ich meine.


    LG

    • Offizieller Beitrag

    Sehr geehrter Forum-Nutzer,


    Sie beziehen sich bei Ihrer Überlegung, inwieweit Sie Ihre Tätigkeit als Vertretung Ihrer Großeltern im Widerspruchsverfahren gegenüber der Pflegekasse abrechnen können, auf das Verwaltungsverfahrensgesetz. Dieses gilt aber nur für hoheitliche Aufgaben von Behörden des Bundes. Analoge Regelungen auf Länderebene sind unter anderem im Sozialgesetzbuch X geregelt (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz).


    Nach meinem Verständnis und meinen Erfahrungen werden nur tatsächlich entstandene Kosten erstattet, entweder Anwaltskosten oder Kosten für ärztliche Gutachten. Den von Ihnen erwähnten "sonstigen Bevollmächtigten" würde ich eher einer Person zuordnen, die gewerblich Pflegeberatung und damit verbunden Hilfe bei Widersprüchen anbietet und entsprechend in Rechnung stellt. Inwieweit eine Erstattung Ihrer Tätigkeit als gesetzliche Vertretung für Ihre Großeltern möglich wäre, können Sie gegebenenfalls im Rahmen einer juristischen Beratung durch einen Rechtsanwalt erfahren.


    Was die Antrags- und Widerspruchsverfahren für Ihre Oma betrifft, empfehle ich Ihnen eine persönliche Beratung in einem Pflegestützpunkt oder bei der Pflegeberatung der Verbraucherzentrale vor Ort. Nehmen Sie dazu sämtliche Unterlagen (Antragskopien und Bescheide) mit, damit die Chronologie nachvollzogen und in der Beratung darauf eingegangen werden kann.


    Ansonsten gilt bei den Leistungen der Pflegeversicherung, dass diese auf Antrag und ab dem Datum der Antragstellung gewährt werden. Leider sind viele Angehörige damit überfordert, insbesondere wenn sie selber alters- oder krankheitsbedingt eingeschränkt sind. Es wäre schön, wenn auch die behandelnden Ärzte stärker auf die vorhandenen Beratungs- und Unterstützungsangebote der Pflegestützpunkte oder ähnlicher kostenloser Pflegeberatungen hinweisen würden. Dann wäre oft frühere Hilfe möglich.


    Auf Ihre Frage bezüglich der wohnumfeldverbessernden Maßnahme kann ich hier lediglich sagen, dass in der Regel von Seiten der Pflegekassen in der Eingangsbestätigung des Antrages auf einen Zuschuss darauf hingewiesen wird, dass die Umbaumaßnahmen erst nach Erhalt eines positiven Bescheides erfolgen sollten. Ist der Umbau schon erfolgt, könnte die Erstattung im Rahmen einer Kulanz-Leistung, also einer Einzelfallentscheidung, der Pflegekasse erfolgen. Da Ihre Oma davon nicht mehr profitieren kann, könnte der Zuschuss gegebenenfalls nun für Ihren Opa beantragt werden und um eine Einzelfallentscheidung gebeten werden.


    Auch hier empfehle ich eine persönliche Beratung unter Vorlage der vorhandenen Unterlagen, da ich von hier aus nicht beurteilen kann, ob die von Ihnen durchgeführte Maßnahme zuschussfähig ist und mit welcher Begründung die Pflegekasse abgelehnt hat.



    Mit freundlichem Gruß


    Birgit Spengemann

  • Liebe Frau Spengemann,


    schon mal vielen Dank für Ihre Antwort.


    Ich werde es wohl mit der Geltendmachung einer Portokostenpauschale versuchen und es ansonsten auch dabei belassen.


    Vielleicht könnten Sie mir aber noch bei einer anderen Frage behilflich sein, welche sich erst gestern nach Erhalt des neuen Gutachtens für meinen Opa ergeben hat:


    > So wurde ja wie bereits beschrieben, der erhoffte Pflegegrad 3 im Widerspruchsgutachten auch festgestellt (tatsächlich mit exakt den 47,5 nötigen Punkten).

    > Bei der Durchsicht des Gutachtens und insbesondere der einzelnen Items bin ich aber erneut stutzig geworden, denn ausgerechnet bei Items die im Tagebuch regelmäßig genannt werden, werden 0 Punkte vergeben (Beispiele "Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten", die bereits durch die Anamnese der Gutachterin festgestellt werden und auch "Verbale Aggression" die meinen Aufzeichnungen nach mindestens häufig (also 3 Punkten entsprechend) auftreten


    Der Pflegegrad 4 ist nach derzeitigem Zustand unrealistisch, was aber ja leider nicht unbedingt auch für die Zukunft gilt. Dementsprechend stellt sich mir die Frage, ob es in Anbetracht einer möglichen weiteren Höherstufung in der Zukunft nützlich ist, bereits jetzt auf eine Korrektur zu pochen?


    Schonmal vielen Dank im Voraus

    • Offizieller Beitrag

    Sehr geehrte/r "enh2292",


    es gibt leider viele Missverständnisse beziehungsweise irrtümliche Vorstellungen bezüglich der Begutachtungsrichtlinien des Medizinischen Dienstes, die bei den Antragstellerinnen oder Antragstellern oder ihren Angehörigen oftmals zu Enttäuschungen führen.


    Ein Beispiel wäre, dass bei der Begutachtung nicht die Schwere der Erkrankung oder Behinderung, sondern allein die Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten die Grundlage für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und dem Grad der Pflegebedürftigkeit ist. Daher werden bei der Begutachtung zwar die ärztlich festgestellten Diagnosen (besonders wichtig bei Demenz) berücksichtigt, aber auch geprüft, inwieweit die betroffene Person auf persönliche Unterstützung/Assistenz bzw. das Eingreifen einer Pflegeperson angewiesen ist. Kommt jemand etwa unter Anwendung von Hilfsmitteln ohne Hilfe von Dritten zurecht, gilt der- oder diejenige als selbständig.


    Ein weiteres Beispiel betrifft die Berücksichtigung der Module 2 (kognitive und kommunikative Fähigkeiten) und 3 (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen). Hier wird nur eins der beiden Module bei der Berechnung der Gesamtpunktzahl berücksichtigt, und zwar jenes mit der höheren gewichteten Punktzahl.


    Mit dem folgenden Link können Sie sich die "Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches" im Internet herunterladen:


    https://md-bund.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/SPV/Begutachtungsgrundlagen/_21-05_BRi_Pflege_21_11_18_barrierefrei.pdf


    Informationen zu Ihrer Frage finden Sie in dem Dokument ab der Seite 70. Aber auch die Erläuterungen zu den Bewertungen der einzelnen Module ab Seite 38 sind sicher sehr aufschlussreich.



    Mit freundlichem Gruß


    Birgit Spengemann

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