Welcher Pflegegrad ist richtig?

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  • Gesetzliche Pflegeleistungen sind meist mit dem Pflegegrad verknüpft, der vom Medizinischen Dienst (MD) begutachtet und festgelegt wird. Dessen Kriterien sind scheinbar objektiv, aber bei Demenzpatienten ist der Schweregrad nicht leicht festzustellen, erst recht nicht, wenn – wie bei der Schwiegermutter – Phasen der Verwirrtheit mit klaren Phasen wechseln. Mein Frau und ich haben nun für sie einen Antrag auf Höherstufung von Pflegegrad 3 auf 4 gestellt, den wir im Folgenden vorstellen:

    ZITAT
    1. Diagnostik:

    a) vaskuläre Demenz (siehe beiliegendes Erstgutachten vom 22.03.2022.

    b) Herz- und Kreislaufprobleme (siehe beiliegendes kardiologisches Gutachten vom 23.02.2023)

    2. Therapeutik:

    a) tägliche Medizinvergabe laut beiliegender Übersicht.

    b) Ergotherapie: eine Stunde wöchentlich (Hausbesuch)

    c)Krankengymnastik (Sturzprävention) zweimal wöchentlich (Hausbesuch)

    d) mobiler Pflegedienst: täglich morgens für Unterstützung bei der Morgentoilette, Frühstück machen und für Medikamentenvergabe.

    zwei Mal wöchentlich: persönliche Betreuung, anfallende Hausarbeiten etc.

    3) Verschlechterung des Zustands von J.

    - Die Demenzsymtome bei J. haben deutlich zugenommen. Fast täglich befindet sich die Patientin in einem Zustand der Verwirrtheit („Was soll ich tun?“, „Was ist heute los?“ „Geht ihr weg?“). Diese Verwirrtheit tritt vor allem morgens auf, dauert aber manchmal bis zum Mittagessen. Am Nachmittag und am Abend scheint sie klarer im Kopf zu sein.

    - Häufige Sprachschwierigkeiten. Kann dann keinen ganzen Satz sagen, macht lange Pausen, verwaschene, undeutliche Aussprache.

    - Kann sich – mit Anleitung bei der Kleiderauswahl – noch selbst anziehen, aber alle Hausarbeiten wie Putzen, Waschen, Essen zubereiten, Bettwäsche wechseln etc. müssen vom Pflegedienst und von mir und meiner Frau erledigt werden.

    - Sie kann keine elektrischen Haushaltsgeräte bedienen (Waschmaschine, Kaffeemaschine etc.)

    Beim (Festnetz)Telefon haben wir Display und diverse Knöpfe abgeklebt. Handy kann sie nicht mehr bedienen.

    Aus diesen Gründen beantragen wir eine Begutachtung durch den MD mit dem Ziel einer Höherstufung von Pflegegrad 3 auf Pflegegrad 4.
    ZITATENDE

    Wir werden sehen, was daraus wird.

    LG Buchenberg

  • Auf der Homepage der Malteser gibt es einen sehr gut ausgearbeiteten Pflegegradrechner wo jeder einzelne Punkt mit den Voraussetzungen genau beschrieben ist (auf rotes i drücken)

    https://www.malteser.de/hausno…e/pflegegrad-rechner.html



    So kann man sich sehr gut auf die Begutachtung vorbereiten und auch im Antrag einige wichtige Phrasen unterbringen.

    Die Höherstufung meines Vaters von 3 auf 4 lief rein telefonisch anhand meiner Angaben. Mit meinem Vater wollten die da schon gar nicht mehr reden. Das war aber auch eine Prüferin vom MD die sich sehr gut mit Demenz auskannte.

  • Hallo Buchenberg, ich kann nur bekräftigen, was Sohn83 schreibt.

    Die Ein- und Höherstufung des Pflegeggrades bis zu PG 2 und dann PG3 habe ich noch begleitet. Dies fand telefonisch statt und konnte von meiner Mutter bereits nicht mehr (bzw. nicht durchgängig) bewältigt werden. Ich hatte vorab einen Brief an den MDK mit meinen Eindrücken geschrieben. Somit stellte die nette Dame gleich die richtigen Fragen, um die kognitiven Einschränkungen zu testen (was sehr auffällig gelang).


    Die letzte Einstufung (PG 4) hat jetzt das Heim veranlasst und begleitet. Auch diese fand telefonisch statt. Meine Mutter wurde gar nicht mehr befragt. Ich habe die Auswertung gelesen. In den Tabellen war bei fast allem, was kognitive Einschränkung betrifft ein Wert angekreuzt, der "schwerste Probleme" bedeutete. Daraus ergab sich PG 4. Meine Mutter hat auch einige körperliche Einschränkungen (Laufen, Umlagerung im Bett etc.). Diese treten aber hinter die kognitiven Einschränkungen zurück.


    Ich denke, dass die oben von dir notierten Punkte einen guten Überblick geben. Jedoch erwecken sie bei mir (aber vielleicht nur bei mir) den Eindruck, als wäre die Demenz bei meiner Mutter schon weiter fortgeschritten. Zum Beispiel kann meine Mutter nicht mehr wirklich ihre Bedürfnisse kundtun (selbst wenn man es auf den ersten Blick meint). Sie spricht fast nicht mehr bzw. nimmt an keinem Gespräch mehr teil, reagiert nur noch auf Ansprache. Sie ist außerdem zeitlich und räumlich fast nicht mehr orientiert. Handlungsabläufe bringt sie durcheinander bzw. hat sie vergessen. Auch Inkontinenz ist ein Thema.


    Dies nur als Anhaltspunkte. Vielleicht schaust du mal kritisch alle Punkte im Fragebogen an. Mir hat das alles geholfen. Und die Damen des MDK beurteilten die kognitiven Leistungen meiner Mutter sogar erheblich schlechter als ich es tat, weil sie ihre erklärenden Fragen auf den Punkt brachten.


    Alles Gute!

  • Hallo Sohn83, hallo Schwarzerkater,

    danke für eure schnelle Rückmeldung!

    Ich denke, meine Frau und ich haben mit dieser Übersicht über den Zustand der Schwiegermutter erst mal genug Vorbereitung geleistet. Jetzt ist der MD dran. Wenn uns sein Gutachten nicht passt, werden wir Widerspruch einlegen.
    Ich habe diese Zustandsbeschreibung hier ins Forum gestellt, dass andere Pflegende einen Vergleich haben, und ich bin sicher, dass die meisten Fälle, über die hier gesprochen wird, schwerer sind. Aber ein Pflegegrad ist kein schmaler Grat, sondern ein ziemlich breites Feld.


    Übrigens machen meiner Frau und mir die schweren Demenzphasen der Schwiegermutter weniger Probleme als ihre klare Phasen. Wenn sie verwirrt ist, ist sie hilfsbedürftig und nimmt auch unsere Hilfe an. Wenn sie "klar" ist, meint sie sie sei gesund und fällt dann in ihr gewohntes Dominanzverhalten und meint, es müsse nach ihrem Kopf gehen. Wir sind dann "ihre Kinder". Hilfe braucht sie immer noch, aber wir müssen erst noch darum kämpfen, dass sie unsere Hilfe auch annimmt. Unsere Hilfe ist oft weniger oder anders als sie möchte.

    Liebe Grüße!
    Buchenberg


    P.S. In einem früheren Post, den ich wieder gelöscht habe, hatte ich gemeint, dass die Schwiegermutter eine Frozen Shoulder habe. Das MRT hat nun gezeigt, dass es sich um eine Kalkschulter handelt. Das ist weniger schlimm und muss nicht operiert werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von Buchenberg ()

  • Jetzt ist der MD dran. Wenn uns sein Gutachten nicht passt, werden wir Widerspruch einlegen.

    Vielleicht ist es besser, die Sache gleich auf den richtigen Weg zu bringen, ein Widerspruch kostet dann wieder Zeit und Nerven. Aber ich bin sicher, dass der med. Dienst Routine darin hat, die richtigen Fragen zustellen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass man möglichst einen niedrigen PG "rausholen" wollte. Im Gegenteil, ich kann nur Lobendes sagen ...

  • Ich habe da ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht, mein Sohn hatte zweieinhalb Jahrzehnte einen Pflegegrad von (damals) Pflegestufe 1 bis zuletzt 3. Und obwohl klar war, dass sich bei seiner Krankheit nichts zum positiven ändern kann, mussten wir alle zwei Jahre eine Wiederholungsbegutachtung über uns ergehen lassen. Jedes Mal waren andere Gutachter/innen da und zwischen 'super' bis 'geht gar nicht' und 'völlig inkompetent' war da alles dabei.

    Ich musste mehrfach Widerspruch einlegen, der dann auch jedes Mal erfolgreich war. Das hat mich jedoch immer Zeit und Nerven gekostet und davon hatte ich ohnehin immer zu wenig. Nach meiner Erfahrung lohnt sich eine gute Vorbereitung auf jeden Fall, ich habe z.B. immer mal wieder ein Pflegetagebuch geführt.

    Meine Mutter war bei der Einstufung zu den Pflegestufen 2 bis 3 noch zu Hause, die Höherstufung auf Pflegegrad 4 war dann vergangenes Jahr im Pflegeheim und wurde telefonisch durchgeführt. Hier verliefen die Begutachtungen ohne größere Probleme, ich vermute, die Gutachter haben mit Demenzpatienten einfach mehr Erfahrung.

    VG never20

  • Ich hatte nicht den Eindruck, dass man möglichst einen niedrigen PG "rausholen" wollte. Im Gegenteil, ich kann nur Lobendes sagen ...


    Wenn ich zurück denke war die allererste Einstufung die schwierigste.

    Das ist es auch was ich im Umfeld erlebe. Meine Tante (83) im Haus nebenan ist wirklich nicht fit. Blutdruck geht mehrfach täglich komplett durch die Decke um danach recht tief zu fallen. Bewegt sich nur mit Rollator. Kein Pflegegrad nicht mal den kleinsten. Ihr Sohneman der das beantragt hat (und sich gut um seine Mutter kümmert) ist Anwalt, also niemand der da eine Auseinandersetzung scheuen würde. Aber keine Chance.

    Ich hatte auf anraten des Neurologen einen Pflegegrad für meinen Vater beantragt "Damit dieser im System ist" weil im Fall der Fälle die Höherstufung schneller und problemloser geht.

    Zu diesem Zeitpunkt war mein Vater aber eigentlich noch voll selbstständig, allenfalls kaum merkliche kognitive Einschränkungen und arbeitete noch täglich 4-5 Stunden im Betrieb mit.


    Wie richtig der Rat des Neurologen war mussten wir leider gleich am ersten Tag sehen. An einem Samstag Vormittag erhielt ich dann die Einstufung Pflegestufe 1, während mein Vater gerade seinen üblichen Spaziergang über mehrere KM machte. -> Ein paar Stunden später: Herzrythmusstörungen, Wiederbelebung, mehrere Synkopen über 1 Woche verteilt, Delir, Herzschrittmacher. Von praktisch voll selbstständig und geistig klar zum echten schwer dementen Pflegefall innerhalb eines halben Tages.
    Die Höherstufung auf PG 3 war dann wiederum gar kein Problem

  • Nach meiner Erfahrung lohnt sich eine gute Vorbereitung auf jeden Fall, ich habe z.B. immer mal wieder ein Pflegetagebuch geführt.

    Liebe never20,

    Schwiegermutter ist ein gebrechlicher Körper mit den Fähigkeiten eines fünfjährigen Kindes und dem Bewusstsein einer pubertären 14jährigen, die den ganzen Tag (und manchmal auch Nachts) um- und versorgt wird.
    Was kann ich da in ein Pflegetagebuch schreiben?
    Was meine Frau und ich gemacht haben: wir haben die Stunden aufgeschrieben, die wir durchschnittlich pro Woche für einzelne Tätigkeitsfelder aufwenden müssen (Arztbesuche, Bankgeschäfte, Einkaufen, Kochen, Putzen, Waschen, Bügeln, Termine mit Pflegediensten und Therapeuten machen, Schriftverkehr mit Pflegekasse und Behörden, Steuererklärung, Medikamente sortieren, Bestellung und Abrechnung von Pflegemitteln usw.)
    Es sind wöchentlich ungefähr 25 Stunden für jeden von uns. (wir haben ja zwei Pflegefälle zu versorgen). Die genaue Zahl weiß meine Frau. ;)
    LG Buchenberg

    2 Mal editiert, zuletzt von Buchenberg ()

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