Und täglich grüßt das Murmeltier ...

  • Liebe Julia,

    Das ist natürlich krass in solch jungem Alter diese Diagnose und du als Tochter in der "rushhour" des Lebens..

    Die Sache mit dem schlechten Gewissen teilen wir ja fast alle hier, soweit tickst du quasi völlig normal.

    Aber ich sage dir nun mal als Mutter von Erwachsenen Kindern, auch Tochter mit Kleinkindern: ich würde definitiv nicht verlangen, dass meine Kinder diese Pflege übernehmen, wenn ich mich querstelle mit den von dir genannten Maßnahmen.

    Es ist nun eine schwere Phase, doch es wird sicher bald immer offensichtlicher, dass du nicht das leisten kannst, was notwendig ist und deiner Mutter aus menschlicher Sicht zusteht für einen würdevollen Ablauf. Ich kenne eine Frau, die ebenso jung an Demenz erkrankte, das zieht sich schon über 10 Jahre, sie ist schon länger im Rollstuhl und alles nimmt seinen Lauf.

    Das soll dir keine Angst machen, aber man muss realistisch herangehen, es nutzt nix, Gewissen hin oder her.

    Du hast nun Verantwortung übernommen und kannst sicher noch deine Mutter besuchen, damit ihr in Kontakt bleibt. Alles andere kommt wie es kommen soll.

    Deine Kinder brauchen doch auch eine Mutter, die Nerven und Liebe für sie übrig hat und nicht immer gestresst ist. Denn dann bekommen sie das Gefühl, sie sind nicht wichtig genug.

    Ich wünsche euch von Herzen einen erträglichen Verlauf!

    Liebe Grüße

  • Liebe Julia,


    da kann ich Rose nur zustimmen. Deine Kinder brauchen Dich, ganz dringend.

    Du hättest auch ihnen gegenüber ein schlechtes Gewissen, wenn Du Dich aus Fürsorge für Deine Mutter nicht ausreichend um die Kinder kümmern könntest. Deine Kinder haben noch eine möglichst gesunde Entwicklung vor sich, die soll nicht durch eine überlastete Mama gefährdet werden.

    Deine Mutter ist im Heim betreut von Fachleuten, die spezialisiert sind auf ihre Erkrankung und können Dinge leisten, die Du gar nicht leisten könntest.

    Sie haben die Ausbildung dafür und das Wissen und Können.

    Ich erlebe grade bei meiner Mutter (sie lebt nicht im Heim, wird aber auch nicht von uns Töchtern betreut), die derzeit offenbar wieder einen Stadiumswechsel vollzieht, wie sehr das belasten kann und Energie zieht, die dann für die anderen alltäglichen Aufgaben fehlt. Wenn ich nun noch kleine Kinder hätte, würde mich das völlig überfordern!

    Schlechtes Gewissen ist wahrscheinlich etwas, das immer kommt, wenn wir unsere Grenzen heftig spüren müssen und eigentlich selbst von uns erwarten würden, mehr Aufgabe bewältigen zu müssen.

    Die eigenen Anforderungen herunterfahren kann dagegen helfen.

    Ich wünsche Dir viel Erfolg dabei.

  • Liebe Julia,

    Ich fühle mich so schlecht, das ich sie ins Heim gebracht habe. Zweifel ganz oft, ob es das richtige für Sie ist. Sie tut mir einfach Leid und ich weiß nicht was für sie besser ist.

    Diese Zweifel kenne ich sehr gut ... ich habe nächtelang wach gelegen und meine Entscheidungen hinterfragt. Habe alles hin und her gewendet, nach Alternativen gesucht und bin am Ende doch immer wieder bei derselben Lösung gelandet: für meine Mutter war und ist das Pflegeheim der beste Platz.

    Eine wichtige Überlegung war z.B. dass ich mir gesagt habe: Du musst eine Lösung finden, mit der alle leben können und zwar nicht nur kurzfristig sondern - und dass weiß man ja vorher nicht - eventuell auch für einen sehr langen Zeitraum. Und "alle" bedeutet eben Deine Mutter, Du, Dein Mann, Deine Kinder, etc. ... Und es bedeutet, dass man Kompromisse machen muss, auch Deine Mutter ...

    Heute ist es so: wenn ich meine Mutter besuche oder sie für einen Besuch bei uns abhole, dann bin ich entspannt und kann mich ihr "ganz" widmen, diese Zeit ist eingeplant und ich versuche oft, ihr was Schönes zu bieten und das nimmt sie dann wieder mit ins Heim. Die tägliche Pflege und Bespaßung ist nicht mehr meine Aufgabe, dafür bin ich dem Pflegepersonal unendlich dankbar. Ich kümmere mich um die finanziellen Angelegenheiten meiner Mutter, das ist auch noch Arbeit.

    Mein Therapeut hat mich mal auf den Unterschied zwischen "Mit-Leiden" und "Mit-Gefühl" hingewiesen. Beim "Mit-Leiden" leidet man, man fühlt sich schlecht und das ist keine gute Grundlage, um wirklich zu helfen. Beim "Mit-Gefühl" erkennt man an, dass es der anderen Person nicht gut geht, bewahrt aber eine gesunde Distanz und ist so eher in der Lage zu helfen. Fand ich als Konzept ganz interessant und hat mir persönlich geholfen.

    Alles Gute für Dich, liebe Grüße, SunnyBee

  • Danke dir SunnyBee für deine Antwort. Ich weiß auch insgeheim, das es die Beste Lösung für uns alle ist. Ich denke,es ist dieses Mitleiden,was bei mir noch vorherrscht. Diese besondere Zeit zusammen nutzt man auch intensiver, als vorher. Werde mich mal mit dem Distankonzept beschäftigen. Wünsche einen schönen Tag :)

  • Hallo Buchenberg, danke dir erstmal für deine schnelle Antwort :) Also die Fachkräfte haben schon lange das Heim geraten. Der Ambulante Dienst hat es geraten und auch die Neurologin. Meine Schwester, die etwas entfernt von uns wohnt, sagt mir das auch jedes mal. Andersrum haben wir auch richtig Glück gehabt mit dem Heim. Denn wir haben durch Bekannte den Platz bekommen und haben immer eine Ansprechperson, die da ist und eine Auge mehr auf meine Mama hat. Sie lässt auch mittlerweile sich von allen Pflegern betreuen nicht wie zu Beginn. Die Räumlichkeiten habe ich leider nicht mehr, wir haben die Wohnung nun fremd vermietet. Aber in einer Wohnung würde sie alleine es auch nicht mehr schaffen. Sie war schon die letzten Monate sauer auf mich, das ich sie in Ihre Wohnung bringe und nicht bei uns lasse. Dachte,dass ich ihr ein Zimmer bei uns frei gebe, das die Kinder sich eins teilen. Ehrlich gesagt habe ich wenig Zeit, am Tag steht so viel an, das ich oft einfach nur ins Bett Falle und mir denke, wo die Zeit hin ist. Nervlich kann ich es nicht einschätzen. Ich habe viel recherchiert und Bücher gelesen auch das von Sarah Straub, fand ich sehr interessant über den Verlauf und die Methoden. Ich leide einfach mit meiner Mutter und das ist es, ich versetzte mich immer in Ihre Situation und denke mir, wie alleine sie ist. Im Grunde genommen geht es ihr gut da. Die haben viel an Programm und sind relativ viele Pfleger für die Station. Das Problem ist auch, daß sie stur ist und sich dort nicht sieht aufgrund ihres Alters, deshalb möchte sie mit den anderen gar keine Kontakte knüpfen und fragt immer: wann holt ihr mich nach Hause? Die Krankheit ist wirklich sehr herausfordernd für alle Beteiligten. Lg Julia

  • Liebe Rose,

    Danke dir für deine Worte und du hast ja Recht man muss irgendwie realistisch denken und der Wahrheit ins Gesicht sehen. Ich bin so ein Harmonietyp, hätte am liebsten das es allen gut geht. Und meine Kinder sind mir auch besonders wichtig, zumal meine Kindheit nicht so rosig war und man das besser machen möchte als man es hatte. Es ist nur schwer diese Krankheit zu akzeptieren und diesen schnellen Verlauf. Seitdem die Krankheit da ist, denke ich mir ist die Zeit noch schneller am rennen wie vorher, diese rasche Entwicklung und Veränderung des Menschen, den man so gut kennt. Ich danke dir vielmals für deine Antwort und drücke dir auch die Daumen für die weitere Zukunft. <3

    PS:Muss ehrlich sagen, das mir die ganzen Antworten und dieser Forum gut tun, weil man sich so verstanden fühlt.

  • Hallo Julia,

    Da haben wir mit der nicht-rosigen Kindheit noch etwas gemeinsam, vllt fällt es dir auch daher nochmal schwerer, dass du es deiner Mutter nicht auf die Weise schön machen kannst, wie sie sich das aktuell wünscht mit Kinderzimmer freiräumen.. ich kann's mir lebhaft vorstellen. Das ist auch schwer die Mutter so jung dort im Heim zu sehen und es ist richtig und legitim darum traurig zu sein.

    Hier kannst du vllt was davon wegschreiben.


    Also meine Mutter meint ja auch, alle im Heim seien alt, sie ist 92, weiß sie aber schon länger nicht mehr..und manches kann auch leichter werden mit fortschreitender Demenz, so wie akutell meine Mutter meint, ihr Bruder und ihre Mama seien dort gewesen, sie "erkennt" nun Mitbewohner als frühere Spielkameraden oder meint sie aus der Heimat zu kennen(was alles nur in ihrer Vorstellung ist natürlich). Ich habe aber nun ein besseres Gefühl, weil sie oft zufriedener ist in ihrer derzeitigen Welt.

    Sie bekommt weder von Krieg noch Corona (nie gehört) noch vom Tod ihres Sohnes vor drei Tagen etwas mit, manchmal ist es traurig weil sie "gerade" den Tod ihrer Mama erlebt hat (statt 1978).

    Die Pfleger sowie ich spielen das alles so mit - und dann wird es leichter und eben nicht immer trauriger 😉

    Liebe Grüße

  • Man muss weder alt noch dement sein, um in einem Pflegeheim zu leben ... z.B. gibt es in der Hausgemeinschaft meiner Mutter einen "jungen" (ich schätze, er ist in meinem Alter, wenn nicht sogar jünger ...) Mann, der wartet auf ein Lungentransplantat. Ich kenne die Details nicht, aber er kann wohl nicht alleine leben und hat vielleicht keine Familie und lebt deswegen nun im Pflegeheim.

    Julia567 Ich habe mich auch sehr schwer getan, diese Krankheit zu akzeptieren, weil sie mit dem Verstand nicht zu erfassen ist ... Mein Verhältnis zu meiner Mutter ist ... nun ja, sagen wir mal "komplex" ... mir hat die Erkenntnis, dass ich mir die Liebe meiner Mutter nicht mehr "erarbeiten" muss, sehr geholfen. Ich tue mein Bestes, damit es ihr gut geht - mehr kann ich nicht geben.

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