Alles anzeigenDas Schlimmste ist jetzt, dass sie so furchtbar schreit. Ich habe so etwas noch nie gehört, wußte bis dato nicht einmal, dass das im Laufe der Demenz auch eintreten kann. Man hört sie im Heim in weit entfernten Zimmern. Leider haben wir ja nur ein Doppelzimmer bekommen können, und ihre Mitbewohnerin hat schon Angst vor ihr. Ihr Geschrei belastet die ganze Wohngruppe, man muss sie auch öfter separieren, weil da auch eine Bewohnerin mit Epilepsie ist, die von dem Geschrei getriggert wird. Sie kann ja nichts dafür, aber mir ist das auch unangenehm.
Ich habe gelesen, dass man das Schreien wie bei Säuglingen interpretieren muss, auf dessen Stand der demente Mensch wieder zurückfällt, und durch "Trial and Error" Lösungsmöglichkeiten suchen muss.
Aber das ist eine schreckliche Belastung - für alle Seiten.
LG ZImt
Hallo Zimt,
solche Schreiphänomene, wenn sie anhalten, belasten die Situation extrem. Und es ist auch meine berufliche Erfahrung, dass bei allem Wissen rund ums Thema, es eine Suchbewegung bleibt.
Auch Spezialisten wie ein Hans-Werner Urselmann kennen die Grenzen:
"Was machen nun Pflegende, wenn ein Mensch mit Demenz schreit oder ruft? Die Aktivitäten richten sich zunächst direkt auf das Verhalten des schreienden Menschen und auf die Schreisituation, die es zu befriedigen und/oder zu befrieden gilt. Der Versuch und Irrtum steht dabei zuerst im Vordergrund der unterschiedlichen Strategien. Pflegende wollen wissen, warum schreit der Mensch mit Demenz und sie wollen zielgenau intervenieren können, wobei allen nonverbalen Signalen besondere Bedeutung zukommt. Eine Pflegende sagte mir, wir agieren geradezu in einem „Klima des detektivischen Wissenwollens“. Wir versuchen ein Schreimuster zu erkennen, wir achten auf die Tageszeit, die Schreidauer, Intensität, den Schreibeginn und z.B. auch auf das Schreiende. Wohlwissend, dass der Schrei- und Rufanlass nicht immer gefunden werden kann. Es werden die intrinischen und die extrinischen Faktoren, also die von innen bzw. außen wirkenden Einflussfaktoren analysiert und in ein Gesamtbild platziert. Die wahrscheinlichste Schreiursache tritt in den Mittelpunkt und der Versuch- und Irrtumsablauf folgt. Hierbei kommt dem Fachwissen und der Erfahrung der Pflegenden besondere Bedeutung zu.".
Ich habe das selbst eine handvoll Mal erlebt und kann Ihnen aus meiner Perspektive sagen: es gilt, Ihre Frau Mutter zu unterstützen und zugleich die Bedürfnisse der Umgebung zu berücksichtigen: nichts daran muss Ihnen unangenehm sein - niemand kann was dafür.
Es grüßt Sie
Jochen Gust