Pflege? - Kein Thema!

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  • Seit meine Frau und ich ihre Eltern pflegen, erfahren wir von immer mehr Kolleginnen und Bekannten, wie es ihnen mit der Pflege von Angehörigen geht oder ergangen ist. Wer selbst keine Erfahrungen mit Pflege hat, für den spielt das Thema keine Rolle. Über Krankheiten wird gerne und viel gesprochen. Aber Pflege? – kein Thema!
    Auch eine neue Befragung (PflegeStudie22) kommt zu dem Ergebnis, dass sich die wenigsten (16 %) mit der Möglichkeit befassen, pflegebedürftig zu werden. Knapp 80 Prozent der über 60jährigen sorgt nicht für den Fall vor, dass sie einmal Pflege bedürfen. Vor allem Frauen unterschätzen häufig ihr eigenes Pflegerisiko.


    Die sich doch mit den „Unwetterwolken am Zukunftshimmel“ befassen, wollen nicht von den eigenen Angehörigen gepflegt werden (85%). Sie setzen nicht auf Familiensolidarität, sondern auf Staatsversorgung (79%).
    Die Realitäten sehen allerdings anders aus. Von den derzeit rund 5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden vier Fünftel zu Hause und überwiegend durch Angehörige gepflegt (3,12 Millionen).
    Das bleibt nicht ohne "Nebenwirkungen": Rund 70% derjenigen, die einen Angehörigen (mit oder ohne Demenz) pflegen oder gepflegt haben, wurden dadurch „bis an die Grenzen“ seelisch und körperlich belastet.


    Frauen wünschen sich häufiger als Männer eine ambulante Pflege zu Hause (42% statt 23%). Aber die Kosten, die eine Pflege – im Heim oder ambulant – verursacht, werden von allen grob unterschätzt. Nur jeder 15. schätzt die anfallenden Pflegekosten einigermaßen richtig ein.
    Professionelle Pflege wird immer mehr zum Luxus, den sich wenige nur leisten können.


    Buchenberg

    2 Mal editiert, zuletzt von Buchenberg ()

  • Macht für mich eigentlich Sinn, dass die meisten Leute keine Ahnung vom Thema Pflege haben -- zum einen hatte ich ja auch keine, zum anderen hört man ja ständig ahnungslose Kommentare von wohlmeinenden Freunden ("könnt ihn ja dann wieder heim holen," "meinen Mann einfach ins Heim abschieben, das könnte ich nie", usw).


    Die Unwissenheit wird man meiner Meinung nach auch nicht ändern können. Was man aber jedoch tun kann ist Leute vorwarnen, damit sie sich ein bisschen vorbereiten. Ich habe z.B. durch meine Horrorstories von Gerichten, Ärzten, Banken, usw. schon drei befreundete Familien dazu gebracht, zum Notar zu gehen und sich gegenseitig General/Vorsorgevollmachten auszustellen.

  • ch habe z.B. durch meine Horrorstories von Gerichten, Ärzten, Banken, usw. schon drei befreundete Familien dazu gebracht, zum Notar zu gehen und sich gegenseitig General/Vorsorgevollmachten auszustellen.


    Das Rate ich auch jedem der es hören will (wollen viele nicht). Dabei sorgt oft der Hinweis für erstaunte Gesichter, das man im Fall der Fälle eben nicht für Elter oder auch Ehepartner einfach so alle Entscheidungen treffen darf.


    Pflege ist in vielen Familien ein Tabuthema. Hier auf dem Land herrscht auch in vielen Familien die einfache Auffassung das Kind welches das Haus bekommt/bekommen hat - hat sich auch um die Pflege zu kümmern - alle anderen sind raus.


    Ich würde mich ja darüber freuen wenn man Pflege noch viel mehr auch als kommunale Aufgabe begreifen würde. So wie sie dort dafür zu sorgen haben das genug Schulplätze vorhanden sind müssten sie auch um Pflegeangebote kämpfen.

    • Offizieller Beitrag

    Danke Buchenberg für Ihre Recherche, es zeigt, wie groß das Dilemma, die Verdrängung und die inneren Widersprüche sind.


    Gesellschaftlich haben wir schon längst erkannt, dass die Herausforderung Pflege nicht individualisiert und auf die nächsten Angehörigen abgeschoben werden kann, auch aus diesen Gründen beteilige ich mich an der Entwicklung und Gestaltung des Wegweisers.


    Es gibt viele Netzwerke und Unterstützungsmöglichkeiten, wenig Wissen und viel Nichtwahrhabenwollen...

    Umso wichtiger ist, dass wir alle offen und mutig über das Thema sprechen und so zum positiven Schnellballeffekt beitragen!
    Ihnen schöne Ostern, Ihr Martin Hamborg

  • Ein sehr wichtiges Thema.


    Ich sehe das Problem auch darinnen, dass im allgemeinen Gesundheitswesen Mängel seit Jahren ein Thema sind - Personalmangel - jetzt auch Medikamentenmangel - Überforderungen sind inzwischen überall sichtbar, sowohl beim Personal als auch bei den Angehörigen . . .

    Und wenn seit Jahren keine Lösungen gefunden werden, die gesellschaftlich durchschlagend sind und wo man sich auch aufgehoben fühlt, dann ist es allzu menschlich, den eigenen gesundheitlichen Verfall zu verdrängen, so lange es irgendwie geht.

    Es kostet alles Geld. Der Kuchen, der staatlich verteilt wird, reicht aber nicht aus, um allen gerecht zu werden. Es werden, so mein Eindruck, überall immer nur Löcher gestopft, anstatt zu reparieren oder neu zu bauen . . . Wobei auch der Staat wohl nichts dafür kann. Allerdings fehlen mir da die nötigen Kenntnisse, um Genaueres wirklich zu wissen.


    Umso wichtiger wäre es, sich selbst mit dem Alter und der Pflege auseinanderzusetzen und die Nischen zu finden, die einigermaßen funktionieren und die zu einem passen. Das machen die wenigsten, aus den oben genannten Gründen.


    Zudem wird die Gesellschaft immer älter und die Demenzerkrankungen nehmen zu. Es ist ein großer Unterschied, ob man jemanden versorgt, der noch mitdenken kann oder jemanden, der nicht mehr weiß, dass er einen bereits sieben Mal in der Nacht rausgeklingelt hat, weil er glaubt, auf die Toilette zu müssen, so wie meine Mutter das erlebt hat.


    Mit dem Thema Demenz setzt man sich ungern auseinander. Die Lösungen für Demenzerkrankungen sind bisher eher symptombezogen. Alle Themen, bei denen man die Selbstständigkeit verliert, machen den Menschen Angst. Ich bemerke bei meinen Nachbarn auch ein innerliches zurückschrecken, wenn das Thema Demenz mal angesprochen wird, weil sie jetzt selbst langsam alt werden.


    Und so geht es wohl vielen. Das aber alles noch viel Schlimmer wird, wenn man sich gar nicht kümmert und wenn kein Plan B vorhanden ist, dass wird auch viel zu wenig publiziert.

    • Offizieller Beitrag

    ....es erklärt zumindest etwas, wie schwierig die "Lobbyarbeit" für die Pflege ist: das Thema besorgt Menschen häufig erst, wenn sie wenigstens mittelbar betroffen sind. Vorsorge wie Prävention sind eher weniger Thema. Möglicherweise wird sich das verändern, schlicht durch den schieren Anstieg der Bedarfslagen und der Not, diese auch zu decken.
    Gerade erst sind Zahlen erschienen die zeigen, dass sich wieder weniger junge Menschen für eine Ausbildung im Pflegebereich entscheiden.

    Ihnen allen schöne Ostertage.

    Es grüßt Sie

    Jochen Gust

  • Laut einer neuen Studie leben derzeit von knapp 3 Millionen Senioren-Haushalten nur ein Fünftel in einer altersgerechten und barrierefreien Wohnung. Da die Altersbevölkerung viel schneller wächst als die Versorgung mit altersgerechtem Wohnraum, droht auf der einen Seite, dass immer mehr Ältere in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt sind, und dass andererseits barrierefreies Wohnen zum unbezahlbaren Luxus wird.

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