Hallo alle,
meine letzten Wochen waren sehr anstrengend, weshalb ich dieser Zeit einen eigenen Thread widmen möchte.
Für die, die nicht wissen, was bei mir los ist: Bis Februar 2023 pflegte ich Oma und Opa Zuhause. Ab Februar 2023 nur noch Opa (z.Zt. PG 3). Während er, von Sturzrisiken abgesehen, noch recht mobil ist, ist sein Verhalten immer wieder ein Problem. Wahnvorstellungen, Wutanfälle und Agitiertheit wechseln sich ab mit absoluter Bettlägerigkeit und Hilfsbedürftigkeit. Zuletzt trocknete er nach einem extrem agitierten Tag und trotz des Versuchs ihn engmaschig zum Trinken zu bewegen aus und wurde mit Verdacht auf Anämie und Harnwegsinfekt neben Exikose in ein geriatrisches Krankenhaus zur Komplexbehandlung eingeliefert.
Dort blieb er auch für knapp drei Wochen, fühlte sich recht wohl und auch wir hatten und haben einen sehr guten Eindruck gehabt. Da ich seine Abwesenheit zum Anlass genommen habe, bei ihm Zuhause mal so richtig für Ordnung zu sorgen, besuchte ich ihn nur sporadisch, was mein Vater jedoch ausgleichen konnte. Im letzten Drittel schrieb ich ihm doch noch meine Handynummer auf, was zu insgesamt 47 Mailboxnachhrichten führte. Da diese jedoch vergleichsweise freundlich ausfielen, tolerierte ich dies. Er erzählte viel wirres Zeug, aber ohne dass es irgendwie schädlich gewesen wäre. Immer wieder versuchte er, Notrufklingeln aus dem Krankenhaus mitgehen zu lassen.
Seine Rückkehr besorgte mich, denn wie hier schon oft angemerkt wurde, führten solche Aufenthalte nicht selten zu einer Verschlimmerung der Symptome. Auch wir sollten dies noch am Tag seiner Rückkehr zu spüren kriegen. Schon vor meiner Ankunft sah ich über die Kameras, wie er den Nachbar durch die Räume führte. Erbittert schimpfte er über jedes neue Detail, obwohl ich viel Wert darauf gelegt habe, möglichst wenig zu verändern. Mittags versuchte ich noch, ihm Honig ums Maul zu schmieren, was auch kurzzeitig funktionierte. Später ging aber die alte Leier wieder los: Wo sind meine Kontoauszüge? Was sollen die Etiketten an den Schränken? Ich will dies, ich will das.
Er begann an Elektrogeräten zu manipulieren, drohte mit der Polizei und am frühen Abend wollte er mehrmals eine Wasserflasche (Plastik) in Richtung meines Vaters werfen. Nach dem x. mal brannten mir die Sicherungen durch, ich stürmte zwischen die beiden, schlug mit voller Wucht auf den Tisch, warf meine Gartenhandschuhe gegen das Mobiliar und brüllte so laut wie ich konnte RUUUHEEEEEE!
Tatsächlich sollte dies zumindest am Montag auch für Ruhe sorgen, was mich irgendwie überraschte. Dienstag hat er sich dann einen Friseurtermin über den Nachbarn organisiert, hat Kontoauszüge geholt und insgesamt 11 x 10 und 1 x 100 Euro am Automaten abgehoben. Den restlichen Tag stänkerte er und zerlegte nach meiner Abfahrt am Abend noch unabsichtlich sein Radio (hingefallen), um sich dann mit Schraubenziehern und Spachteln am Fernseher zu vergreifen.
Mittwoch Morgen montierte er türklinken ab, deinstallierte einen Teil der Kameras und begann direkt bei meiner Ankunft wieder mit der Betrugsmasche und drohte mir "Dresche" an. Da ich bereits auf dem Hinweg immer wieder stoppte, weil ich einfach nicht zu ihm wollte, war für mich das Maß voll. Ich holte seine Reisetasche aus dem Keller, stellte sie auf den Tisch und sagte bestimmend, dass ich jetzt seine Tasche packe und er mir am besten helfen solle. Mein Ziel: Die (geronto-)psychiatrische Ambulanz.
Teilweise half er dann auch mit, ganz allgemein war er aber dagegen. Ich habe mal wieder alles via Mikro mitgeschnitten. Er wollte sich Hilfe beim Nachbarn holen, mit dem ihn eine Hassliebe verbindet. Hilflos brüllte er seinen Namen am Zaun und natürlich kam er auch. Er erzählte ihm, was ich vor hatte. Log noch dazu, dass ich ihn gestern und heute schon mehrfach in den Bauch geboxt hätte und ich ja eh nichts für ihn tue. Als ich davon sprach, dass er untragbar sei, seit er Montag aus dem Krankenhaus zurück ist, leugnete er jemals dort gewesen zu sein. Gleich vier mal fragte er den Nachbarn, ob dies denn wahr sei, was dieser irgendwie betroffen bejahte.
Schließlich setzte er dann seine häufig ausgestoßene Drohung in die Tat um, die Polizei zu rufen (beim Nachbarn). Nervös aber bestimmt, wartete ich also die Ankunft ab. Eine Beamtin und ein Beamter kamen sodann und haben glücklicherweise sehr besonnen reagiert. Ich stimmte mich mit dem Beamten bzgl. Vorsorgevollmacht ab und wir beschlossen, die Möglichkeit des Zwangs erstmal gar nicht zu benennen. Tatsächlich gelang es den beiden, ihn zum Einstieg ins Auto zu überzeugen (Wenn nichts ist, können sie ja wieder gehen).
Auf dem Weg wechselte er von Schimpftiraden und Todeswünschen zu Erzählungen aus der Vergangenheit, als wäre nichts gewesen. Die Wartezeit in der Ambulanz betrug rund 3,5 Stunden und endete schließlich mit einer unfreiwilligen Aufnahme, welche ich dann veranlasst habe und die noch gerichtlich geprüft wird. Im Arztgespräch hielt ich mich so weit es ging zurück, allerdings war auch nicht viel Input von mir nötig. Mehrfach äußerte er sein Unverständnis, warum seine geschwollenen Füße mit so viel Wartezeit dann auch noch in einer psychiatrischen Ambulanz und überhaupt jetzt und so kurzfristig begutachtet werden müssten.
Als ihm klar wurde, dass er gegen seinen Willen dort bleibt, rief er immer wieder "Jetzt habt ihr euer Ziel erreicht". Das Angebot schon mal hinaus zu gehen nahm ich an, denn das Original der Vollmacht lag noch Zuhause und musste geholt werden. Da ich hinter ihm saß, verabschiedete ich mich ohne einen weiteren Blick.
Ich ging hinaus zum Auto und hatte ein Wechselbad der Gefühle: Einerseits erleichtert, dass er nun weiter in Behandlung ist, andererseits erschüttert und Tränen verdrückend, denn schließlich habe ich gerade meinen Opa zwangseingewiesen. Ich teilte die Neuigkeiten auch gleich drei engen Freunden mit und sagte auch der Nachbarstochter via WhatsApp Bescheid, wie die Sache nun ausgegangen ist. Glücklicherweise waren alle verständnisvoll .
Grundsätzlich bin ich auch überzeugt, dass ich richtig gehandelt habe, auch wenn es mir unendlich leid tut. Gleich werde ich ihn erstmals besuchen. Meinem Vater glaubte er am Donnerstag schon nicht, dass er die Polizei zu sich gerufen hätte, ich bin also sehr gespannt.
Wer hat ähnliches erlebt? Was erwartet uns in der Gerontopsychiatrie? Wie lange mag so ein Aufenthalt Dauern? Was kommt danach? Ich freue mich über Antworten, aber auch um Kommentare bzw. eure Erfahrungen...
LG
D