Die letzten Wochen (Geriatrische Komplexbehandlung, Zuhause, Gerontopsychiatrie)

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  • Hallo enh2292,


    vorneweg es ist nur ein Schuß ins blaue. Bei den von dir beschriebenen Symptomen käme mir auf Anhieb noch das Herz in den Sinn. Schwindel, Übelkeit, das zügige voranschreiten der Demenz-Symtome.


    Ich habe das bei meinem Vater miterlebt (da waren starke Herzrythmusstörungen und die Sauerstoffunterversorung des Gehirns für die plötzliche und unumkehrbare Pflegebedürftigkeit verantwortlich) und verfolge es aktuell aus der Ferne bei meiner Tante.


    Diese ist zwar nicht dement kann aber aufgrund der Herzschwäche (Schwindel, Übelkeit, Kraftlosigkeit) nur Phasenweise mal für 15-20 Minuten auf den Beinen sein und landet alle paar Wochen wieder im Krankenhaus.


    Wurde mal ein Langzeit EKG gemacht?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Enh2292, ich wünschen Ihnen sehr, dass Ihr Großvater über die Feiertage versorgt ist und sie ihm beistehen können. So wie Sie schreiben, reagiert Ihr Großvater auf der körperlichen Ebene hochsensibel und ist offen für Ihre Hilfe und damit eine neue wieder gute Beziehung.

    Dies bestätigt noch einmal Ihre Entscheidung: Er braucht die Ruhe und Vorhersehbarkeit, die findet er vermutlich nicht, wenn er zurück in sein Haus geht.

    Ihnen viel Kraft, Ihr Martin Hamborg

  • Rose60 Mittlerweile habe ich in Erfahrung gebracht, dass sich das jetzige Krankenhaus zwecks Entlassung mit dem psychiatrischen Krankenhaus in Verbindung setzen "müsste". In letzterem sagte man mir auch, dass man das neue Krankenhaus sehr wohl informiert habe... Ich tendiere eher dazu, denen zu glauben, zumal er ja auch vom Klinikgelände aus abgeholt wurde. Aufklären werde ich es wohl nicht mehr, aber ärgerlich bleibt es allemal.



    Sohn83 da hast du auf jeden Fall richtig gelegen. Herzkrankheiten und Arteriosklerose sind schon seit Ewigkeiten bekannt. Er hat einen Stent in der Halsschlagader, ist seit 2000 Nichtraucher nach längerem Krankenhausaufenthalt (in manchen Berichten ist von COPD, in anderem von chronischer Bronchitis die Rede) und zuletzt wurden erst eines, dann zwei von drei Blutdruckmedikamenten wegen oft sehr niedrigem Blutdruck pausiert.


    Gerade habe ich nochmal nachgeblättert: Vorhofflimmern, also eine Herzrhythmusstörung, ist seit Jahren diagnostiziert, weshalb wohl auch das Eliquis als Schlaganfallprophylaxe eingenommen wird.


    Ansonsten kommen mir die Symptome deiner Tante durchaus bekannt vor, wobei er aber durchaus noch Tage hat, an denen er wie verrückt durch Haus und Garten rennt. Da scheint dann die Kraftlosigkeit die er definitiv auch immer wieder hat, wie vergessen. und ist nicht auf wenige Minuten beschränkt.

  • Gerne würde ich euch nochmal ein Update geben und mir natürlich auch die Ereignisse der letzten Zeit von der Seele zu schreiben.


    -

    Beim vorübergehenden Krankenhausaufenthalt außerhalb der Psychiatrie wurde diesmal ein kleines und nicht akut behandlungsbedürftiges Magengeschwür entdeckt. Ob dies Quelle seiner Blutungen ist, ist jedoch ungeklärt. Die Ärztin verhielt sich mir gegenüber weiterhin unprofessionell und redete immer wieder davon, dass bei seiner Entlassung keine Rückverlegung in die Psychiatrie möglich ist. Mit dem Urteil des Gerichts wandte ich mich sodann kurz vor der anstehenden Entlassung an eine sehr nette Pflegerin, die sich selbiges kopierte und dies entsprechend vermerkte. Mein Vater sprach danach wohl noch mit einem Arzt, der sich wiederum um einen Platz auf der richtigen Station kümmerte. Dies klappte dann auch problemlos.


    Am Tag der Ankunft (letzte Woche Donnerstag) und am Freitag zeigte er sich sehr unruhig. Er rief jedoch nur bei meinem Vater an und verkündete dort durch Zwischengespräche, dass ihn seine beiden Söhne da schon rausholen werden. In der Zwischenzeit besuchte mein Vater ihn, wobei er mal ruhig und gelassen war, aber ebenso auch mal aggressiv/agitiert.


    Meinen angekündigten bzw. mit meinem Vater abgesprochenen Besuch verschob ich bis zum letzten Mittwoch. Irgendwie tut es mir sehr Leid, aber irgendwie fühlte ich mich auch einfach nicht bereit ihn dort zu sehen. Da er auch bei meinem Vater nicht mehr anrief (dies kann er also noch; zwischenzeitlich klingelte aber auch wieder mein Telefon), rechtfertigte ich mein Wegbleiben.


    Als ich ihn dann doch besuchte, waren meine Ängste aber recht schnell verflogen. Die Klinik und ihre schönen Außenanlagen kannte ich ja schon, nicht aber das moderne Gebäude in dem u.a. seine jetzige Station untergebracht ist. Wirklich alle die dort arbeiteten, waren sowohl sehr freundlich und hilfsbereit zu mir, aber auch allen anderen Patienten. Da Opa zu meiner Ankunftszeit noch in einer Testung war (offenbar ein Gespräch mit einer Therapeutin) musste ich noch einige Zeit warten. Zwangsläufig bekam ich mit, dass das Team sehr kollegial war und auch mit den herausfordernden Patienten sehr geschickt und fürsorglich umgang.


    Schließlich durfte ich Opa in einem eigens eingerichteten Besuchszimmer treffen. Ein Spaziergang unternahmen wir aufgrund der kurzen aber heftigen Regenfälle nicht. Zum Glück war er recht munter und durchweg freundlich. Fast alle Geschichten die er erzählte, hörte ich zwar mindestens zwei mal, korrigierte ihn aber nicht. Etwas schmunzeln musste ich jedoch, da er mehrfach erzählte, dass Therapeutin, Arzt und diverse Pfleger immer sagen, sie könnten es "ja gar nicht glauben, dass er schon 90 würde.


    Obwohl er dieses Jahr erst 88 wird, wiederholte er immer wieder, dass er dieses Jahr ja nun die 9. Null erreicht. Da er sich regelrecht freute, nahm ich ihm auch diese Illusion nicht und stimmte mehr oder weniger zu. Tatsächlich war es recht angenehm mit ihm zu sprechen, wenngleich es natürlich immer noch Unsicherheiten über die Zukunft gibt.


    Bei meiner Verabschiedung bekam ich noch einen kurzen Einblick in den Gemeinschaftsraum. Ohne respektlos klingen zu wollen, war dort wirklich so einiges los, wenngleich alles hell und freundlich wirkte.


    Gestern rief er mich dann an, was genau er wollte, wusste er aber gar nicht. Wir machten ein bisschen Smalltalk und er legte wieder auf. Er klang zumindest nicht so, als würde ihn etwas bestimmtes bedrücken.


    Ich scheue mich ein wenig davor, um ein Arztgespräch zu bitten, allerdings werde ich es wohl oder übel heute mal versuchen.


    Auch wenn der Weg in die Gerontopsychiatrie alles andere als angenehm war, so war es einerseits der richtige Weg und andererseits sicherlich auch von (unterbewusst) verankerten Vorurteilen begleitet, die sich aber nicht bewahrheiteten. Wie lange er dort verbleiben soll, weiß ich jedoch noch nicht. Hier ist einerseits natürlich die Einschätzung der Ärzte entscheidend, andererseits natürlich auch die Betreuungsverfügung. Da er ja fast zwei Wochen davon in einem Allgemeinkrankenhaus untergebracht war, werde ich wohl auch nochmal zum Betreuungsgericht Kontakt aufnehmen.


    Zum letzten Satz fällt mir noch eine Frage ein: Ganz offensichtlich ist mit dem Betreuungstitel, der mich ermächtigt ihn bis tt.mm.jjjj unterzubringen, keine weitere Betreuungsleistung verbunden. Da ich auch einen Einwilligungsvorbehalt plane (mittlerweile kann man die Zahl der Leute die die Pin zum Holen von Kontoauszügen kennen nicht mehr an einer Hand abzählen), stellt sich natürlich auch im Rahmen des bevorstehenden Gutachtens die Frage, ob es hier sozusagen ein vereinfachtes Verfahren gibt. Über Hinweise würde ich mich freuen.


    Euch ein erholsames Wochenende!

  • Hallo enh,

    Danke fürs Mitteilen!

    Was ist denn dein Plan für die Zeit nach der Psychiatrie? Dort wird Opa nicht mehr lange bleiben.

    Woran denkt dein Vater? Was schlagen Ärzte und Pflegerinnen vor?

    Hast du eine Vorstellung, wie hoch der tägliche Pflegeaufwand für Opa sein wird?

  • Hallo Buchenberg ,


    das ist noch eine gute Frage. Da ich in der Zwischenzeit die obere Etage so weit hergerichtet habe, dass man darin wohnen und sich auch halbwegs wohl fühlen kann, tendiere ich fast dazu, es noch einmal Zuhause zu versuchen. Wenn es so kommt, dann allerdings definitiv mit einem Pflegedienst, der zumindest einmal täglich zusätzlich nach dem Rechten schaut.


    Alternativ fände ich eine Demenz-WG "interessant". Auf dem Weg zu ihm und kaum 500 m von dort entfernt hat kürzlich eine eröffnet, dort werde ich mich mal informieren. Da die Nachfrage ja wahrscheinlich hoch ist, wäre ich aber nicht auf diesen Ort fixiert.


    Mit meinem Vater ist es generell "schwierig", denn auch wenn er tut was er kann, glänzt er nicht gerade durch Entscheidungsfreude. Ich versuche immer noch zu ergründen, welche Beziehung er früher zu meinem Opa hatte. Spontan würde ich sagen, dass er immer sehr energisch behütet wurde und es ihm dementsprechend schwer fällt, für seinen Vater (unpopuläre) Entscheidungen zu treffen. Entscheide ich etwas, so steht er in der Regel dahinter. Durch die Blume hat er auch schon von einem Umzug gesprochen. Über meine Gedanken zum Verbleib Zuhause müssen wir sicherlich nochmal ausführlicher sprechen.


    Eine konkrete Empfehlung von Ärzten bekamen wir noch nicht. Letzten Sommer konfrontierte mich die Hausärztin nur mti dem Demenzverdacht und empfahl den Gang zum Gerontopsychiater...


    Den Pflegeaufwand zu beziffern, fällt mir ebenfalls schwer. An anderer Stelle schrieb ich mal, dass sich vieles bei uns nicht wie Pflege anfühlt, sondern vor allem nach Aufsicht. So war es auch weiterhin, denn wenn er einen "guten" Tag hatte, dann bekam er vieles problemlos hin. Körperpflege und Outfit ließen zwar manchmal zu Wünschen übrig, aber nicht so, dass es stören würde. Dann beschränkt sich meine Tätigkeit eben auf die Aufsicht (bspw. wegen der akuten Sturzgefahr) und auf Tätigkeiten im Hintergrund, wie etwa die Mülleimer zu leeren, überall Getränke bereit zu stellen, aufzuräumen, zu Waschen,...


    An schlechten Tagen fällt entsprechend mehr an: Essen zubereiten, Getränke servieren, bisher glücklicherweise nur vereinzelt Hilfe mit Inkontinenzprodukten und Co., Medikamentengabe.


    Wenn ich so an die letzte Krankenhauseinweisung denke (lt. Bericht Exsikose/Austrocknung, Verdacht auf Harnwegsinfekt und Anämie) bin ich immer noch etwas ratlos, ob zumindest die Austrocknung nicht einfach eine hilfsweise Diagnose war. So habe ich mal erfahren, dass bei Austrocknung ein sinnvoller Test das hochziehen der Haut an der Handoberfläche ist: Fällt diese zügig herab ist alles ok, bleibt sie in dieser Form "stehen", so gilt dies als sicheres Zeichen einer Austrocknung. Letzteren Test führte ich selbst durch, weshalb ich nicht von einer Austrocknung ausging, zumal ich eben auch schon am Vortag den Gedanken hatte, das Trinken nicht aus den Augen zu verlieren. Auch jetzt in der Klinik wirkte er mobil, was ja ein gutes Zeichen sein mag. Mittelfristig muss man natürlich davon ausgehen, dass der Aufwand generell zunimmt...

  • Hallo enh,

    Ich denke, die Frage, wieviel Zeit du für den Opa täglich aufwenden kannst und willst, müsste ganz am Anfang deiner Überlegungen stehen.

    Als du dich bei der Pflegekasse als Pflegender angemeldet hattest, musstest du angeben, wieviel Wochenstunden du für die Pflege deines Opas aufwendest.
    Das lässt sich gewiss anhand deiner Erfahrungen im letzten Jahr updaten, wobei ich denke, dass notwendige "Aufsichtszeiten" auch zur Pflegezeit rechnen.

    Den Pflegedienst einzuschalten halte ich für eine gute Idee. Das bringt einerseits Entlastung für dich und andererseits steigert es die Qualität der Pflege für Opa, - und es schafft Reserven für die Zukunft.
    Pflegerinnen können tägliche Körperpflege und Medikamentenvergabe und wöchentliche Wohnungsreinigung (zahlt ein anderer Topf!) übernehmen, aber nur im Ausnahmefall das Kochen.

    LG Buchenberg


    PS: Eine "Demenz-WG" arbeitet je nach Bundesland in einer rechtlichen Grauzone. Bei ungeklärter Rechtslage ist das ein ganz "heißes Eisen".

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Enh2292, es freut mich zu lesen, wie sehr sich Ihr Großvater in der Psychiatrie emotional stabilisiert hat und nun das Ausmaß seiner Demenz sichtbar wird.

    Möglicherweise ist es neben der Kontrolle und Behandlung der körperlichen Erkrankungen der stabilisierende freundliche Rahmen und die feste Tagesstruktur, die denRückfall in die alten Muster zu vermeiden.


    Ob ein solcher sicherer Rahmen durch einen ambulanten Dienst langfristig möglich ist, können Sozialdienst, Pflege und Arzt*innen nur abschätzen, wenn Sie wissen, wie viele "Trigger" es noch im Haus gibt. Ein Kontoauszug kann schon den Fahrstuhl in die Verwirrtheit und in wahnhafte Verzerrungen auslösen.


    Sie können mit der Klinik auch einer "Belastungserprobung" besprechen, d.h. er würde eine kurze Zeit z.B. unter Begleitung in die Wohnung kommen.

    Auf jeden Fall sollten Sie sich um eine Demenz-WG oder andere Alternativen kümmern. Viele Demenz-WG`s sind Frauen-WG`s.


    Übrigens, Glückwunsch, wie Sie es geschafft haben, seine demenzbedingte Wahrheit stehen zu lassen!

    Ihr Martin Hamborg

  • Gefühlt habe ich erst gestern geschrieben, aber mittlerweile gibt es einige Neuigkeiten.


    Nachdem ich gestern mit der Bitte um mehr Informationen recht knapp abgeblitzt bin, erhielt ich immerhin die Durchwahl der Stationsärztin. Diese konnte ich vor rund zwei Stunden auch direkt erreichen. Zu meiner Überraschung waren die letzten Testungen (Depression, Demenz, etc.) überwiegend im Normbereich, während die Klinik in der er zur geriatrischen Komplexbehandlung war, zu einem ganz anderen Ergebnis kam. Abgeschlossen ist die Testreihe aber nicht. So ist der Ärztin aufgefallen, dass er bei längeren oder detailreichen Gesprächen doch so einiges vergisst. Darüber hinaus bezieht er sich in seinen (teils phantasierten) Aussagen grundsätzlich nur auf männliche Gesprächspartner. An Gespräche mit weiblichen Personen vermag er sich nicht erinnern.


    Dies wird bei der morgigen Oberarztvisite wohl nochmals genauer thematisiert. Darüber hinaus sprach die Ärztin die Option einer intensiveren stationären Therapie auf einer anderen, so wie ich verstanden habe offenen Station, an. Hier ist entscheidend, ob das Team zu dem Schluss kommt, dass er allgemein "fit" genug dafür ist. Fit vor allem aus dem Grund, als dass dort ein wesentlich umfangreicheres Therapieangebot absolviert würde.


    Kurz nach Gesprächsende rief mich auch eine Sozialarbeiterin an, ohne dass sie von meinem kurz vorher beendeten anderen Gespräch wusste. Dieses erwähnte ich natürlich, sodass wir noch über weitere Dinge sprachen. Was besonders auffällig ist, dass sie meinen Opa eben als durchweg freundlichen und netten älteren Herrn kennengelernt hat. Von den ganzen Eskapaden vor der Klinik also keine Spur. Ich erzählte ihr, dass sich dies auch mit meinen (positiven) Besuchserfahrungen decke, ließ aber eben auch die Probleme vorab nicht unerwähnt.


    Wie genau es weiter geht, steht noch nicht fest. Auch sprachen wir über die Frage, einer Rückkehr nach Hause. Hier waren wir uns recht einig, dass wenn es dazu kommt, definitiv ein Pflegedienst ins Boot geholt wird - auch um mich zu entlasten. Ebenso schlug sie den (nicht täglichen) Gang in eine Tagespflege vor, was ebenso Teil meiner Vorstellungen war. Außerdem signalisierte sie ein offenes Ohr, sollte ich hierzu Gesprächsbedarf haben.


    Auch wenn ich irgendwie "baff" bin, so habe ich endlich diesen für mich trotz der Einfachheit schwierigen Schritt des Nachfragens hinter mir und auch gleich den Kontakt zu zwei offensichtlich sehr umsichtigen Mitarbeiterinnen geknüpft.


    Eigentlich hatte ich heute etwas anderes vor, allerdings werde ich mal schauen, ob ich es am Nachmittag nicht doch noch zu Besuch schaffe. Ich möchte natürlich nicht in einen übertriebenen Optimismus verfallen, da uns ja allen bewusst ist, in welche Richtung es langfristig geht, aber vielleicht gibt es für mich noch etwas Zeit mit der Person, die ich meinen Opa nenne.


    martinhamborg Danke für ihre Worte und den Hinweis zu den WG's. Verstehe ich es richtig, dass sie mit dem Hinweis auf deren Ausprägung als Frauen-WG sagen wollen, dass hier nach Geschlecht getrennt wird?


    LG

  • Liebe Alle,


    von mir mal wieder ein paar Neuigkeiten, gespickt mit ein paar Fragen. Falls jemand hier Antworten parat hat, wäre ich wirklich über eine schnelle Antwort dankbar, denn die Zeit rennt.


    Aber zunächst wie es sich entwickelt hat: Die lose verabredeten Telefontermine sind leider ins Wasser gefallen, es war schlicht niemand zu erreichen oder wenn eben nicht zu sprechen. Rückrufe erfolgten leider nicht (bis vorgestern). Immerhin erhielt ich in der Vorwoche einen Anruf vom Gericht, in dem es um die möglicherweise nötige Stellung eines weiteren Antrages auf Betreuung ging.


    Der Richter (nehme ich an), war sehr freundlich und erklärte mir auf Nachfrage auch das Procedere. Auch erwähnte er das verbindliche ärztliche Gutachten, welches er mit seinem Schreiben schon postalisch auf den Weg gebracht hat. Leider dauerte es bis gestern, bis es dann endlich da war.


    Das Gutachten selbst ist schrecklich geschrieben (Diktierfunktion?). Anfangs ist immer von leichten Symptomen/Einschränkungen die Rede. Im späteren Fazit wird hingegen von schweren S/E gesprochen, wobei mein Opa im häuslichen Bereich als hilflose Person angesehen werden muss und eine Wiederholung der Situation kurz vor der Einlieferung wahrscheinlich ist. Ich würde auch eher zum schlechteren tendieren. Hat jemand Erfahrung mit solchen Gutachten oder irgendwelche Hinweise hierzu?


    Vorgestern rief mich außerdem die Vertretung der Sozialarbeiterin auf meine Bitte hin zurück. Endlich konnte mir mal jemand was zur Diagnostik sagen: Es wurde eine frühe vaskuläre Demenz festgestellt. Im Gutachten ist zusätzlich noch von einem Delir bei Demenz die Rede, wobei natürlich zwischen Gutachten (vom 4.6.) bis heute etwas Zeit vergangen ist.


    Vor dem Rückruf erreichte ich glücklicherweise noch den Richter. Meine Frage, wer denn nun darüber bestimmt ob und wann Opa entlassen wird, beantwortete er trocken aber einleuchtend: "Wenn Sie das einen Arzt fragen, dann natürlich ausschließlich diese. In Wirklichkeit sind sie aber bis zum Ablauf der Verfügung der einzige Entscheidungsbefugte, wenngleich natürlich auch die Interessen ihres Opas gewahrt werden müssen."


    Soweit klar, allerdings zeigte der Rückruf des Sozialarbeiters wieder, dass die Praxis oft eine andere ist. Eine Aufklärung über meine Befugnis fand nicht statt. Stattdessen erwähnte er nur, dass man ihn bereits heute entlassen wollen würde. Ich druckste herum, sodass wir uns vorerst auf kommenden Montag einigten, was aber wiederum nur eine Notlüge meinerseits war, da ich überhaupt erstmal ins Gutachten schauen wollte.


    Nun ein paar Anmerkungen und Fragen:


    - Die Verfügung läuft am 30.06. aus, weshalb ich heute einen Verbleib bis zu diesem Tage einfordern möchte. Dem steht natürlich die offensichtliche Entlassungsempfehlung der Stationsärzte entgegen, welcher aber wiederum das Gutachten aus dem eigenen Hause entgegensteht, welches einen Verbleib bis zum 30.06. und ggf. darüber hinaus als erforderlich ansieht.


    - Muss ich hier nach Gespür entscheiden? Muss ich irgendwas beachten?


    - Außerdem will der Richter natürlich heute eine Antwort, ob ich eine Verlängerung beantrage. Spontan würde ich behaupten, dass eine Entlassung zum 30.06. erstmal realistisch erscheint, eine Wiederholung der Einlieferungssituation aber recht wahrscheinlich ist. Lohnt es sich eine solche Verlängerung auf Vorrat zu beantragen, sodass ich im Ernstfall eben hiervon Gebrauch machen kann?


    - Was ich außerdem nicht verstehe ist der Umstand, dass ja nun mögliche Diagnostiken durchgeführt wurden, mein Opa aber dennoch auf mein Verlangen hin dort bleiben müsste. Da ein Krankenhaus ja letztlich auch durch Diagnostik verdient, würde er dann ja in gewisser Weise zu einem unattraktiven Patienten. Liegt hierin dieses scheinbare Drängen auf Entlasssung begründet? Theoretisch könnte ich ja bei entsprechender Verlängerung auch über den 30.06. hinaus seinen Verbleib fordern? Was wird dort dann gemacht?


    - Letztlich wäre ich natürlich über Hinweise zu den besonderheiten einer vaskulären Demenz bzw. euren Erfahrungen dankbar!


    LG


    -

  • Was ich außerdem nicht verstehe ist der Umstand, dass ja nun mögliche Diagnostiken durchgeführt wurden, mein Opa aber dennoch auf mein Verlangen hin dort bleiben müsste. Da ein Krankenhaus ja letztlich auch durch Diagnostik verdient, würde er dann ja in gewisser Weise zu einem unattraktiven Patienten. Liegt hierin dieses scheinbare Drängen auf Entlasssung begründet? Theoretisch könnte ich ja bei entsprechender Verlängerung auch über den 30.06. hinaus seinen Verbleib fordern? Was wird dort dann gemacht?

    Liebe/r enh2292, ich kann nur aus meiner Erfahrung berichten und kenne keine rechtlichen o.a. Grundlagen.

    Jedes Mal wenn meine Mutter im Krankenhaus war, verweilte sie da nur so lange, bis ihre medizinische Behandlung abgeschlossen war. Sobald es nur um pflegerische Belange ging, musste sie das Krankenhaus umgehend verlassen. Da half auch keine Bitte meinerseits - es geht schlicht um die Kostenfrage. (Ich kenne das übrigens selbst von drei großen Operationen - ich war immer früher daheim oder auf Reha, als ich glauben konnte.)


    Aber es gibt in jedem Krankenhaus ein sogenanntes Entlassungsmanagement. Die betreffenden Mitarbeiter sind verpflichtet, mit den Angehörigen zu überlegen wie es weitergeht und nach Möglichkeiten zu suchen (Kurzzeitpflege etc.). Das hat in meinem Fall, im Fall meiner Mutter und noch im Fall meines Schwagers in unterschiedlichen Krankenhäusern IMMER sehr gut funktioniert. Man hat mir da immer tatkräftig geholfen. Wichtig ist, dass man die häusliche Situation schildert und vielleicht auch sagt, dass eine Pflege zu Hause nicht mehr (ausreichend) geschafft werden kann.


    Liebe Grüße

  • - Letztlich wäre ich natürlich über Hinweise zu den besonderheiten einer vaskulären Demenz bzw. euren Erfahrungen dankbar!

    Lieber enh,

    bei meinen beiden Schwiegereltern wurde vaskuläre Demenz diagnostiziert. Bei Schwiegervater schon vor 10 Jahren. Meines Wissens tritt diese Art der Demenz vor allem bei Diabetikern (Schwiegervater) und bei Unterversorgung des Hirns mit Sauerstoff auf (Bluthochdruck, Arterienverkalkung, zu wenig Bewegung etc. - Schwiegermutter)

    Der Verlauf der Demenz ist schleichend, manchmal treten auch kurze Phasen der Verbesserung auf. Der/die Erkrankte spürt zwar die auftretenden Defizite, aber je nach Persönlichkeit reagiert er/sie auf diese Defizite mit friedlicher Akzeptanz (Schwiegervater) oder mit wiederholter (z.T. aggressiver) Leugnung der Krankheit (Schwiegermutter).


    Gute Erfahrungen haben wir mit einem geregelten Tagesablauf und einer festen Arbeitsteilung zwischen den ambulanten Pflegekräften, meiner Frau und mir gemacht. Jeder Tag beginnt für uns und für Schwiegermutter mit dem Blick auf die heutigen Vormerkungen auf dem Wandkalender. (Schwiegervater kann nicht mehr mit Verständnis lesen.)


    Die Lebenserwartung der Erkrankten ist bei guter Pflege hoch (geregelter Tagesablauf, mehrere Ansprechpartner, viel trinken, frische mediterrane Kost, tägliche Bewegung).

    LG Buchenberg

    Einmal editiert, zuletzt von Buchenberg ()

  • Hallo enh2292,


    zunächst ist es bedauerlich, dass der Kontakt in die Klinik so schleppend läuft / lief. Das erschwert die Situation und Klärung.

    Zum Gutachten und der "schrecklichen Schreibweise": ich kenne es so, dass diese Gutachten nach einem bestimmten Schema anhand von Assessments, Diagnosen und Behandlung erstellt werden. Das kann einem vielleicht schon einmal kryptisch vorkommen, je nach dem - z.B. wenn Test-/Messwerte diktiert werden u. entsprechende Schlussfolgerungen daraus. Kennt man die Tests nicht, scheint das schnell chaotisch. Das einfach nur als Einwurf - ich weiß natürlich nicht, wie in Ihrem Fall das Gutachten tatsächlich aussieht. Dazu kommen ggfs. Textbausteine der Software und auch schon mal softwareseitige Wortkorrekturen die vielleicht gar nicht sein sollten - sie vermuten richtig: überall wo ich das kennengelernt habe, wird diktiert und anschließend korrigiert. Im Wesentlichen mit Hilfe von Software und Mitarbeitenden des ärztlichen Schreibdienstes.


    Zur Finanzierung ihrer Arbeit erhalten Krankenhäuser in der Regel sogenannte Fallpauschalen. Für die Abrechnung ist die Einhaltung von Verweildauergrenzen (also wie lange der Patient da ist) entscheidend. Je nach Unter- oder Überschreitung der der Diagnose zugeordneten Verweildauer gibt es Zu- oder Abschläge. Wie lange ein Fall in der Klinik verbleiben "soll", ist also zuersteinmal eine Frage der zugeordneten Fallpauschale - aus Abrechnungssicht.
    Oder anders: Diagnose(n) X ergeben eine mittlere Verweildauer von y-Tagen. Bleibt der Patient länger als es laut Fallpauschale/Diagnosen eigentlich vorgesehen ist, steigen die Kosten für den Patienten für das Krankenhaus (er muss ja weiterversorgt werden), während der Erlös sinkt - mehr Geld gibt es fürs Krankenhaus deshalb nicht (jedenfalls nicht automatisch). Das ganze System ist jedoch sehr kompliziert, sieht sehr viele Ausnahmen und Sonderfälle vor, die Zu- oder Abschläge begründen können. Nicht umsonst beschäftigen sich ganze Heerscharen von Mitarbeitenden in Krankenhäusern und Krankenkassen ausschließlich mit Abrechnungen und dem Streit darüber, wie viel für was wann und ob von der Krankenhausrechnung doch noch abgezogen werden darf.
    Dies nur als ganz grobe Erklärung, warum Krankenhäuser ein Interesse an rechtzeitigen Entlassungen haben (Grenzverweildauer im Sinne der vorgesehenen Fallpauschale) und die Vorstellung "Mehr Diagnostik / Behandlung = automatisch mehr Geld fürs Krankenhaus" nicht (mehr) stimmt.

    Meine Vermutung ist: es wird sehr schwierig werden, den Patienten bis zu einem gewünschten Zeitpunkt in der Klinik zu belassen, sofern sich keine fürs Krankenhaus (für die Abrechnung) relevanten Umstände finden.

    Da es zunehmend, aufgrund der fehlenden ambulanten Versorgungsstrukturen, für Krankenhäuser schwieriger wird insbesondere pflegebedürftige Patienten zu entlassen (fehlende Kurzzeitpflege), etabliert sich mehr und mehr eine sog. Überleitpflege / Übergangspflege (noch ist sie selten, meines Wissens wird es aber mehr werden). Im Rahmen dieser wird praktisch Kurzzeitpflege im Krankenhaus durchgeführt (wird vom insgesamten Kurzzeitpflegeanspruch m.W. abgezogen) und mit einer Tagespauschale vergütet (der lt. den Kliniken zu gering bemessen ist). Diese Überleitpflege / Übergangspflege ist jedoch nachpriorisiert zur Entlassung in die ambulante Versorgung - d.h., sie soll / darf nur so lange durchgeführt werden, bis die Weiterversorgung gesichert ist. Aber ggfs. lohnt es sich, dies anzusprechen.

    Bitte die Infos mit Vorsicht betrachten - ich bin schon eine Weile raus aus der Geriatrie und beim Thema Abrechnung gibt es hunderte Sonderfälle - und Menschen mit Demenz und Delir waren mein Arbeitsschwerpunkt, nicht die Klinikfinanzierung.

    Es grüßt Sie


    Jochen Gust



  • Erst einmal vielen Dank für eure Antworten. Mittlerweile ist ja wieder etwas Zeit vergangen. Glücklicherweise verlief in der Zwischenzeit alles nach meinen Vorstellungen - vom Weg dahin einmal abgesehen.


    Am Donnerstag erreichte ich den ganzen Tag über niemanden aus der Klinik, nur schließlich am Abend eine Schwester, welche natürlich auf Ärztin/Sozialarbeiterin bzw. den vertretenden Sozialarbeiter verwies. In dem kurzen aber hektischen Gespräch kam, ohne dass ich überhaupt in irgendeiner Weise darauf anspielte, das Thema "Bett freimachen" und "Krankenkasse zahlt nicht" auf. Auch wenn ich es letztlich nicht beweisen konnte, so war dies doch für mich eine Art Beweis eines Systemfehlers.


    Systemfehler aus dem Grund, als das ich als gerichtlich bestätigter Bevollmächtigter laut Info des Richters ganz allein entscheide, wann er entlassen wird oder auch nicht. Einzig in krassen Fällen, in denen die Notwendigkeit eines Verbleibs absolut klar wäre (wann genau das ist, ist natürlich Ansichtssache), könnte die Einrichtung bzw. der Verfahrenspfleger auf dem Rechtsweg gegen meine Entscheidung vorgehen. Gerade in der Gerontopsychiatrie, so würde ich behaupten, schwankt der Behandlungsbedarf aber. Während es heute gut ist, kann es morgen schon wieder anders aussehen.


    Als ich am Freitag den Sozialarbeiter endlich erreichte, war ich bereit die Karte inkl. dem Verweis auf ein BGH-Urteil von dem der Richter erzählte, dass ich genau dieses Recht habe, zu spielen. Genau so eine Situation wäre mir aber höchst unangenehm gewesen, da ich dann sicherlich sehr unangenehm geworden wäre. Umso erleichterter war ich, als ich zunächst vortrug, dass wir uns eine Verschiebung von Montag auf Donnerstag wünschen, da uns der Montag Bauchschmerzen bereitet, insbesondere nachdem ich nun in das fachärztliche Gutachten geschaut hätte, welches ganz klar benennt, dass es immer wieder zu einer Wiederholung der Umstände vor der Einlieferung kommen kann. Der Ansprechpartner setzte sich mit der Gutachterin in Verbindung, rief zurück und bestätigte mir den Donnerstag. Da er sich bereits um die Beauftragung eines Pflegedienstes für die Medikamentengabe (als Krankenkassenleistung - erfolgt hier die Folgeverordnung durch den Hausarzt?), bot ich im Gegenzug an den Pflegedienst über die Verzögerung zu informieren.


    Wirklich positiv überraschte mich aber der Richter, welcher möglicherweise meine Aufregung bemerkte und mir mit klaren Worten vermittelte, worauf es jetzt ankommt. Eine Betreuungsverfügung auf Vorrat, woran ich zunächst dachte, kommt übrigens nur in Fällen mit häufiger Wiederholung in Frage, da - zurecht - immer die Umstände des genauen Einzelfalles für eine Entscheidung maßgeblich sind. Das erwähnte Urteil fand er in Gänze spontan nicht, bot mir aber an, mich für einen Link in der nächsten Woche nochmal telefonisch zu melden.

    -

    jochengust von der Übergangspflege hatte ich seinerzeit bei meiner Oma gehört, wirklich daran gedacht hatte ich bei meinem Opa aber nicht. Dennoch ein guter Hinweis für die Zukunft.


    Meine Vermutung ist: es wird sehr schwierig werden, den Patienten bis zu einem gewünschten Zeitpunkt in der Klinik zu belassen, sofern sich keine fürs Krankenhaus (für die Abrechnung) relevanten Umstände finden.

    Genau das meinte ich. Einerseits natürlich einleuchtend, andererseits halt in krassem Widerspruch zum erwähnten Urteil. Aber bevor ich dieses nicht wirklich ganz lesen konnte, möchte ich mich hier auch nicht darauf einschießen.


    Was das Gutachten angeht, sind mir vor allem stilistische Mängel aufgefallen. Diese waren eben teils so gravierend, dass man der Meinung sein könnte, dass das Gutachten nicht echt ist (überspitzt gesagt). Die Anamnese-Abschnitte waren tatsächlich recht übersichtlich und verständlich.


    Buchenberg Danke für deine Hinweise. Wie schon in der Vergangenheit werde ich mir deine Ratschläge zu Herzen nehmen und versuchen das beste daraus zu machen. Mein Opa ist übrigens was die Krankengeschichte angeht, eher deiner Schwiegermutter ähnlich. Ich hoffe zwar, dass die Gerontopsychiatrie den Weg zu einer friedlichen Akzeptanz ebnet, erwarte aber auch definitiv nicht zu viel. Ich bin zu diesem letzten Versuch mit externer Unterstützung bereit, werde aber ggf. auch nicht mehr lange zappeln, sollte es wieder eskalieren.


    schwarzerkater Auch dir lieben Dank für deine Hinweise.


    Jedes Mal wenn meine Mutter im Krankenhaus war, verweilte sie da nur so lange, bis ihre medizinische Behandlung abgeschlossen war. Sobald es nur um pflegerische Belange ging, musste sie das Krankenhaus umgehend verlassen. Da half auch keine Bitte meinerseits - es geht schlicht um die Kostenfrage.

    Genau das scheint ja, wenn der Richter denn wirklich recht hatte, bei einer Betreuungsverfügung nicht zu gelten. Natürlich ist mir klar, dass es hier sowohl ein Kosten- als auch ein Einnahmenproblem gibt, allerdings hätte ich mir hier mehr Offenheit gewünscht. Es fühlt sich eher so an, als gelte die Anweisung Patient X bis Datum Y gefälligst von der Station zu kriegen, sodass teils seltsame Äußerungen fallen. Es ist ja nun nochmal glimpflich ausgegangen und meiner Entscheidung (ich spreche absichtlich nicht von Bitte) entsprochen.


    Mein Geduldsfaden ist bei sowas praktisch ein Bungee-Seil. Es dauert bis er reißt, aber wenn es passiert, dann ist watt los ;D Aber nunja, er hat gehalten.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo enh2292, die Lage ist in der Tat sehr schwierig, denn der Medizinische Dienst fordert oft noch nach 2 Jahren Geld vom Krankenhaus zurück, wenn die Behandlung nach Aktenlage anscheinend nicht mehr angezeigt war.

    Welche Rolle da die Entscheidung des Bevollmächtigten spielt, kann ich nicht einschätzen.

    Für mich ist aber eine andere Frage viel wichtiger: Wie wird Ihr Großvater auf die Entlassung vorbereitet, was muss geklärt sein, dass er nicht in alte Muster und in ein neues Delir zurückfällt?

    Wie bereitet ihn die Klinik im Entlassungsmanagement vor?


    In jedem Fall wünsche ich Ihrem Großvater einen guten Start und dabei hilft ihm sicher, dass Sie sich im rechtlichen Rahmen immer sicherer bewegen. Ihr Martin Hamborg

  • So, gerne würde ich das Erlebte mal wieder niederschreiben und jenen die es interessiert, ein erneutes Update geben.


    Der Tag der Heimkehr stimmte mich äußerst nervös. Kaum wurde Opa zur Tür gebracht, so stürmte er wieder hinaus in Richtung Wagen. Prüfen ob er auch nichts vergessen hat.


    "Er hat beim Einsteigen auch schon seine Süßigkeiten gesucht, die im Auto hätten sein sollen", sagte einer der beiden Begleiter.


    Nun gut, wir gingen hinein und sogleich in den Garten. Er schaute sich kurz um und stellte fest, dass der Rasen ja bald mal fällig ist. Ansonsten blieb es einigermaßen ruhig. Argwöhnisch lernte er den Pflegedienst kennen. Begeistert war er nicht, aber immerhin gab es bisher nur wenig Gegenwehr.


    Ab dem nächsten Tag war es dann wieder fast wie zuvor. Die Besuche des Pflegedienstes (Medikamentengabe, häusl. Krankenpflege) nutzte er ausnahmslos um mich schlecht zu machen. Ich schlage und beleidige ihn, ich bin faul und liege ihm auf der Tasche, er präsentierte vermeintlich von mir angeschaffte Dinge und war immer auf Krawall gebürstet. Über die Kamera konnte ich feststellen, dass er den Pflegerinnen gegenüber meist äußerst freundlich und klar gegenüber trat. Tabletten wollte er oft schon genommen haben, oder "selbstverständlich allein korrekt einnehmen". Einige wurden entsorgt, wann immer sich die Möglichkeit bietet, irgendwie ausgespuckt. Hier arbeiten wir schon gemeinsam dran, dass sich ihm keine Gelegenheit bietet.


    Da er seit vielen Jahren eine extreme Neigung zu blauen Flecken hat, nutzte er diese auch sogleich um zu präsentieren, wo ich ihn geschlagen hätte.


    Nach 6 Tagen hörte ich meine Mailbox ab. Die Chef-Pflegerin hielt mich für meinen Vater, berichtete von seinen Gewaltanschuldigungen und zudem von konkreten Selbstmordgedanken. Dies mündete schließlich darin, dass ich ihn nach 6 Tagen erneut in die Klinik "zwang" und den Notruf rief. Auf das gröbste vorbereitet, antwortete er den Sanitätern, dass er ja selbstverständlich freiwillig in die Klinik wolle und er es kaum erwarten könne, seine "alten Kumpels wiederzutreffen" (Spruch des Tages!?).


    Am Donnerstag traf ihn dann auch eine Richterin. Offenbar erwischte sie ihn an einem klaren Tag, sodass er Donnerstag Nachmittag auch schon wieder Zuhause war. Von Donnerstag bis Samstag ging ich ihm bestmöglich aus dem Weg, denn ich merkte deutlich, wie wütend ich auf ihn war.


    Als er am Freitag nur hinaus in den Garten kam, um mich und meinen Vater zu beleidigen, platzte mir mehr oder weniger der Kragen. Ich spritzte ihm mit dem Gartenschlauch ab, hakte ihn schließlich ein und verlangte nachdrücklich, dass er nun hineingeht und die verordneten Beruhigungspillen nimmt. Dies gelang dann tatsächlich auch und deeskalierte die Situation etwas. Mein Vater und ich beschränkten unsere Anwesenheit und Hilfe auf das Nötigste.


    Gestern dann eine 180-Grad-Wende. Merklich suchte er den Kontakt zu mir und war durchaus freundlich. Fast schon sprachlos war ich, als er am Abend zu mir kam und vorschlug, dass wir den netten Umgangston des heutigen Tages doch fortan einfach beibehalten könnten. Natürlich stimmte ich zu, bin aber auch weiterhin irgendwie ängstlich/nervös, wann es denn wieder anders wird. Bei meiner Ankunft heute, freute er sich über eine ihm bereit gelegte kurze Hose (jene die er fand, passten ihm aus welchem Grund auch immer, nicht) und wollte unbedingt, dass wir ein Eis essen fahren. Von dem Ausflug war ich zwar wenig begeistert, allerdings wollte ich auch kein Spielverderber sein, sodass wir fast wie früher eben ein Eis aßen.


    Es war ok, wenngleich zumindest ich merkte, dass er doch zwischendurch ziemlichen Quatsch machte bzw. Dinge tat oder sagte, die er früher nie getan oder gesagt hätte.


    "Den Becher hauen sie aber bitte schön voll", sagte er zum Kellner.


    "Magst du denn auch Eis?", zu der älteren Dame neben uns.


    Ich hoffe das Beste und das es möglichst lange so bleibt, aber nervös bin ich trotzdem.

  • Hallo enh,

    Danke für dein ausführliches Update.

    Ich habe noch ein paar Fragen:

    Was wurde aktuell bei Opa diagnostiziert?

    Was ist sein Pflegegrad?

    Wie ist seine tägliche Pflege organisiert (Hygiene, Kleidung, Mahlzeiten, Medizin, "Unterhaltungs"-Programm?)

    Wie "nachhaltig" ist diese Pflege? Wie sieht deine/eure längerfristige Perspektive aus (1-2 Jahre, 5 Jahre, 10 Jahre?)

    LG Buchenberg

  • Hallo Buchenberg,


    also in der Gerontopsychiatrie wurde eine gemischte kortikale und subkortikale Demenz (F 01.3) und ein Delir bei Demenz (F 05.1) diagnostiziert. Zuvor waren und sind Vorhoffflimmern, Ateriosklerose und Bluthochdruck ein Thema. Eine seit mehreren Jahren bestehende Harn- und Stuhlinkontinenz scheint seit dem Aufenthalt keine allzu große Rolle zu spielen, bzw. im Moment gelingt es ihm tatsächlich noch/wieder selbstständig zu sein. Die speziellen Hosen, wie er sie nennt, trägt er zurzeit nur vorbeugend.


    Erwähnenswert (weil idR schlechte Perspektive) ist auch ein erfolgreich behandelter Bauchspeicheldrüsenkrebs aus dem Jahr 2016, in dessen Folge aber bis heute zu jeder Mahlzeit Lipase-Enzyme eingenommen werden müssen.


    Zurzeit hat er den Pflegegrad 3, wobei ich seinerzeit Widerspruch gegen die Ersteinstufung in den Grad 2 eingelegt habe.


    Die tägliche Pflege ist eher reaktiv, da seine Selbstständigkeit von Tag zu Tag extrem schwankt. Eine wirkliche Routine gibt es, von den zwei täglichen Besuchen zur Medikamentengabe, nicht. Im Hintergrund stelle ich aber immer Wasser und Becher (immer wieder gieße ich auch einfach ein) und möglichst gesunde Snacks in Form von Obst (gelingt zumindest im Sommer recht gut) bereit. Wäsche und Haushalt mache ich, wobei er immer wieder dadurch auffällt, dass er überzeugt ist, seine Wäsche selbst zu waschen.


    Ein wirkliches Programm hat er nicht, weshalb ich u.a. in der letzten Woche auf einen Probetag in der Tagespflege drängte. Dieser fiel leider aufgrund des erneuten Klinikaufenthaltes aus, soll aber zeitnah nachgeholt werden.


    Eine konkrete Perspektive gibt es (noch) nicht. Ich informiere mich zurzeit über Demenz-WGs (deinen Link hatte ich gelesen - danke nochmal!), habe aber irgendwie den Wunsch ihm möglichst einen langen Aufenthalt Zuhause zu ermöglichen, denn umziehen möchte er natürlich nicht. Sollte er Zuhause verbleiben, dann ist aber klar, dass in naher Zukunft mindestens eine Kombi aus Tagespflege (wie oft msus noch festgelegt werden) und Pflegedienst unterstützen muss. Ich merke auch, dass ich nun mehr oder weniger meine Grenze erreicht habe, da ich nun seit knapp über einem Jahr im Durchschnitt mindestens 6 Tage die Woche da bin und bis auf einen 9tägigen Corona-Urlaub Zuhause keinen Abstand haben konnte.


    Ein Teil der Perspektive könnte sein, dass ich ganz oder zeitweise in die obere (leerstehende) Wohnung ziehe und somit anders verfügbar wäre. Einen Umzug in das Haus konnte ich mir schon immer vorstellen und auch wenn er gerne anderes behauptet, ganz ohne ihn dafür heraus zu "manipulieren" oder "abzuschieben".


    Vielleicht zum Abschluss eine Gegenfrage auf die ich bisher keine wirklich klare Antwort gefunden habe: Wie verfahren denn Pflegedienste, wenn beispielsweise eine große Morgentoilette geplant ist, die Person sich aber so vehement weigert, dass die Leistung nicht erbracht werden kann? Wird diese dann trotzdem wie vereinbart abgerechnet?


    Soeben hat er übrigens die Pflegerin nicht in die Wohnung gelassen, er hätte mit seinem Hausarzt gesprochen und Tabletten bräuchte er nicht! Ich mach mich dann mal auf den Weg...


    LG

  • Hallo enh,

    aus deinem Bericht spricht für mich sehr deutlich, wie dich die Situation (verständlicherweise) stresst, wie du quasi ständig auf der Hut bist und ein erneutes Umschwenken fürchtest. Das tut mir aufrichtig leid nach deinem vielen Einsatz!!

    Da halte ich die Frage von Buchenberg berechtigt: wie lange kannst du dir das vorstellen? Und wie lange bist du bereit, das bisweilen despektierliche Verhalten deines Großvaters auszuhalten? Gibt es quasi einen "point-of-no-return"?

    Ich glaube es ist sehr wichtig für einen selbst, wenn man diese Grenzen für sich klarhat - und dann auch durchzieht..

    Wäre Heimaufenthalt ein finanzielles Problem? oder mehr moralisch/ethisch?

    Es kann ja noch Jahre weitergehen, das sollte man auf dem Schirm haben..

    Bisher klingt es für mich wirklich bewundernswert, wie du es durchziehst, ich lese aber auch daraus, wie es dich psychisch erschöpft und du eben nicht die professionelle Haltung haben kannst als Angehöriger und "ständig verfügbarer" dazu..

    Liebe Grüße

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