Ihr Lieben, ich war vor ein paar Jahren schonmal als Miracula aktiv…finde nur meine Zugangsdaten nicht mehr und bin daher nun Mauerflower.
Seit längerem lese ich nun schon wieder mit hier und finde etliches davon, was bei meiner Mutter passiert, hier wieder. Irgendwie jedoch ist aber auch so vieles anders in ihrem Fall.
Sie wurde vor 4 Jahren operiert (damals 78), KH-Aufenthalt und geriatrische Reha zusammen ca. 2 Monate. Bis dahin war sie einigermaßen fit, bewegte sich gerne und viel und es waren keine bis ganz wenige kognitive Einschränkungen zu bemerken. Als sie wieder zuhause war, kümmerten wir uns (wie vorher auch) um sie, nun noch intensiver: einkaufen, Fahrten zum Arzt, Termine hier und da, Begleitung und Bespaßung regelmäßig und aufwändig.
Irgendwann begannen dann Merkwürdigkeiten, die fast alle in die Kategorie „ich kann das alles alleine, ich lasse mich nicht bevormunden/einengen etc.“ fielen. Fast immer ging etwas voraus, was wir (wie schon seit Jahren vorher) für sie taten, was nun plötzlich nicht (mehr) verstanden wurde und in der Folge abgelehnt.
Erklärungsversuche unsererseits wurden mit Schimpfen und IHRER Realität beantwortet, die objektiv jedoch nicht stimmte.
Nach einem verbalen und schriftlichem Eklat (Handynachricht) wollte sie schließlich einen „Kontaktabbruch“.
Sie hatte uns zuvor als dumm, faul, geldgierig etc. bezeichnet und versucht, mich gegen meinen Mann und meinen Vater (ihr Ex) aufzuhetzen. Eine lange Funkstille folgte, in der sie alles, was von uns war, abschaffte und sich ihre Welt teuer und umständlich, mit fremder Hilfe, zurechtbastelte.
Gelegentliche kurze Treffen an neutralen Orten, damit der Kontakt zu den Enkeln nicht abreißt, wurden von mir in den letzten 6-12 Monaten wieder aufgenommen. Dabei versuchte ich, möglichst alle empfindlichen Themen zu vermeiden, was weitgehend gelang. Mir fiel zunehmend auf, wie sehr sie immer mehr über alles mögliche schimpfte: Personen, Vermieter, Politiker, dicke Menschen etc. „Normale“ Unterhaltungen drehten sich meist um politische Geschehnisse, die Ereignisse in ihrem MehrfamilienHaus und die Angebote beim Einkaufen.
Vor knapp 3 Monaten dann der Schock: der Rettungsdienst rief mich an, sie sei in der Whg. gestürzt, wohl mehrere Tage gelegen und nun von einer Nachbarin gehört worden, die alles Weitere ins Rollen brachte. Irgendwie hat sie dem Rettungsdienst noch die Zugangsdaten zu ihrem Handy sagen können und meinen Namen da drin, sodass mich diese mit ihrem Handy anriefen.
Über 3 Wochen KH mit Intensivstation und Normalstation folgten, in denen sie allmählich wieder aufgepäppelt wurde und zu Kräften kam, nach und nach wieder sitzen und langsam gehen konnte. gebrochen war nichts, allerdings eine Tiefe Wunde am Rücken vom liegen.
In der ganzen Zeit war ich nahezu täglich bei ihr, kümmerte mich um alles, ihre Wohnung, Anträge, Klamotten, Sonderwünsche, Medikamente usw. Sie wirkte dankbar und (nach einigen Tagen) relativ orientiert. Der Sozialpsychiatrische Dienst des KH organisierte ein Pflegeheim zur anschließenden Kurzzeitpflege, da die Wunde am Rücken nach dem KH-Aufenthalt noch einige Monate tägliche Versorgung und Heilung benötigte. Für den Abschluss des Heimvertrages und verschiedener damit zusammenhängender Anträge benötigten wir eine Vollmacht, die sie mir kurz vor der Entlassung aus dem KH auch bereitwillig ausfüllte.
Der Umzug erfolgte wenige Tage später und es schien, als käme sie im Heim ganz gut an. Alle waren nett, ein schönes (Doppel)Zimmer und eine grüne Umgebung - sogar das Essen passte. Noch immer besuchte ich sie regelmäßig, ca. 2-3 Mal die Woche. Irgendwann, nach ca. 2-3 Wochen, nahm ich eine Unruhe wahr, widersprüchliche und unlogische Aussagen zum Tagesgeschehen etc. Als meine Mutter wieder etwas besser auf den Beinen war und einen Rollator erhalten hatte, ging sie auf der Station und im Haus umher…und als ich das nächste Mal kam: „Wo bin ich hier gelandet, das ist ja ein Demenz-Heim, was soll ich hier…“ etc. Sie ging sogar in die Verwaltung und fragte, was sie hier eigentlich mache. Denn „sie“ behielten sie ja nur da, um daran Geld zu verdienen.
Die Wohnungsschlüssel, die ich von ihr hatte, verlangte sie mit fadenscheinigen Argumenten zurück, ebenso ihre Bankkarte. Damit konnte ich mich von heute auf morgen um nichts mehr kümmern, es waren jedoch schon etliche Anträge gestellt (PG-Einstufung, Kostenübernahme fürs Heim, Medikamentenzuzahlungen und -Befreiung etc.), die so natürlich liegen blieben, da ich an keine Post mehr kam und keine Geldeingänge/Abbuchungen mehr sehen konnte.
Dann ging es weiter: nach ihrer (in ihren Augen unmittelbar bevorstehender) Entlassung möchte sie umziehen, eine größere Whg. und barrierefrei. Ich soll das alles einfädeln und mich kümmern. Meine Bemerkung, sie solle zunächst mal gesund werden, dann können wir schauen, zu wann sie evtl. umziehen könne (und die alte Whg. natürlich auch kündigen) wischte sie weg, ebenso die von mir geäußerten Bedenken, dass solche Wohnungen begehrt, teuer und selten seien. Ihre Wahrnehmung ist eine andere. Zu diesem Zeitpunkt wirkte sie auf mich immerfort orientiert, relativ klar - bis eben auf einige Bereiche, wo nur ihre Realität zählt und sonst nichts. Im Gespräch mit den Mitarbeitern des Heimes wurde mir das auch so bestätigt- sie ist umgänglich, nett und ehrgeizig bzgl. ihrer Genesung, aber alle medizinischen Aussagen, die ihr nicht in den Kram passen, werden umgedeutet oder ignoriert. Versucht man, sie zu korrigieren, wird sie ärgerlich und noch beharrlicher.
Sorry für den langen Vorspann- der war aber nötig, um meine Frage formulieren zu können.
Denn vor 2 Wochen ist alles eskaliert, wie schon vor 3 Jahren einmal. Meine Mutter bekam ein Schreiben ihrer Krankenkasse in ihr Heim-Postfach, das sie als Mahnung verstand und mir eine aufgebrachte Nachricht schrieb, sie wolle nun alles wieder selber machen, sei fit und gesund. Umgehend wollte sie sämtliche Unterlagen haben. Gekränkt und geschockt über den erneuten Wandel packte ich alles zusammen, machte noch eine Aufstellung der geleisteten Dienste (Anträge, Zahlungen, ausstehende Dinge für Ämter etc) und brachte es ihr, imernoch freundlich und ruhig, ins Heim. Ich schlug vor, dass sie sich ja alles in Ruhe ansehen könne und wir dann weitersehen. Erklärungen, was genau das von ihr monierte Schreiben aussage, wollte sie nicht hören.
Kaum hatte sie die Unterlagen, legte sie auch schon los: Ich habe keine Vollmacht von ihr und hätte sie auch nie gehabt…sie hätte das „im Koma“ abgegeben und das sei ungültig…ob ich mich nicht schäme… ALLE seien sich dessen bewusst und von ihr informiert…etc. Dazu muss ich erwähnen, dass sie nahezu keine Freunde hat, weil sie die nach und nach verlassen oder vergrault hat. Dann ging es weiter: Meine Freunde hätten sich bei ihr beschwert und über mich gelästert, das sei ganz schlimm, das müsse mir bewusst sein.
Weil mir auf solche Ungeheuerlichkeiten hin nichts Harmloses einfiel, verabschiedete ich mich freundlich von ihr, ich hätte noch einen Termin. Sie schimpfte noch hinter mir her, ich werde schon sehen, wo das alles hinführt und ich werde sicher auf die Schnauze fallen etc.
Nach diesem Auftritt herrschte erstmal Funkstille. Das Heim informierte mich, dass sie einen Termin bei der Haus-Neurologin für sie gemacht hätten, die ins Heim käme. Dies war nun letzte Woche und ich rief die Dame danach in ihrer Praxis an: Sie hatte kognitive Einschränkungen bei meiner Mutter festgestellt, sie wirke „unscharf“ und sie hätte die Verdachtsdiagnose auf beginnendes demenzielles Sydrom gestellt. Sie empfahl mir, für die geschäftlichen Angelegenheiten meiner Mutter einen Betreuer zu beauftragen, um den Stress von mir abzuhalten. Außerdem sei ihre seit 10 J diagnostizierte Epilepsie oft ein Vorbote der Demenz (Epilepsie beginne sonst viel früher, wenn sie mit 70 plus beginnt, sei dies ein Warnzeichen).
Was mich wundert: sie redet „ganz normal“, also der Satzbau, die Wortwahl… selbst beim Schimpfen… und Kurzzeit-Gedächtnis habe ich auch kaum Einschränkungen feststellen können… Langzeit eh nicht, da ist alles da, soweit feststellbar.
Ich bin nun völlig ratlos und fühle mich der EntscheidungsVerantwortung kaum gewachsen: Betreuer? Aber ich schaffe das jedenfalls nicht länger, möchte mich nicht immer wieder beschuldigen und beschimpfen lassen. Mein Mann, der sehr viel der Arbeiten Anträge/Telefonate/ etc. übernommen hatte, lehnt das auch ab, weil er sieht, wie es mir damit geht und wie fertig ich mal wieder wegen ihr bin. Ich bin berufstätig und wir haben Kinder, das Jüngste noch im Grundschulalter, dafür möchte ich meine im Moment leider eher geringe Kraft einsetzen.
Aber ist die Diagnose und damit die Grundlage für den Betreuungsantrag gerechtfertigt?
So Vieles habe ich hier von Euch gelesen, dass sich speziell die Mütter so klar äußern, wehren, ausdrücken… so viele Beispiele, dass die Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses kaum wahrnehmbar sind… bei meiner Mutter sind es eher wahnhafte Inhalte, Beschimpfungen, Fehldeutungen der Wirklichkeit und solches mehr. Eine Fassade. Aber DEMENZ?
Morgen möchte das Heim sich mit mir und meiner Mutter zusammen setzen, um über das weitere Vorgehen zu beraten…schließlich ist der Antrag auf Kostenübernahme noch fertig zu bearbeiten (er ist schon eingereicht von uns, es fehlen aber noch ein paar Unterlagen, an die ich nicht herankomme, weil sie mir Postkasten/Wohnungsschlüssel abgenommen hat und bei allen möglichen Stellen die Vollmacht widerrufen hat).
Sorry, ist ewig lang geworden jetzt, ich hoffe, das liest überhaupt wer