Sehr geehrte Fragenstellerin, sehr geehrter Fragensteller!
Das wichtige Thema einer angemessenen und nebenwirkungsarmen Schmerztherapie bei Patienten mit dementiellen Erkrankungen wird leider immer noch zu wenig diskutiert und wahrgenommen. In der unterstützenden Behandlung verschiedener Schmerzsymptome haben Cannabinoide inzwischen grundsätzlich einen wichtigen Stellenwert eingenommen. Allerdings ist auch bekannt, dass die sogenannten psychotropen Wirkungen - also Effekte, die sowohl die Neurokognition, als auch andere Hirnleistungsfähigkeiten und sogar das Verhalten und Erleben beeinflussen - durchaus vielfältig sein können. Diese Auswirkungen sind nicht nur von der jeweiligen Dosis abhängig, sondern können schon bei geringen Dosierungen im Fall einer regelmäßigen Einnahme vorhanden sein. Und genau darauf lässt sich ein mögliches Problem bei der Verschreibung von Cannabinoiden bei dementiellen Erkrankungen zurückführen.
Je nach individueller organischer Schädigung des Gehirns - also z.B. dem Ausmaß des Abbauprozesses im Rahmen einer Alzheimer-Demenz - kann zwar von einer wahrscheinlichen schmerzlindernden Wirkung, aber ebenso auch von einer sehr wahrscheinlichen "psychotropen" Nebenwirkung ausgegangen werden. Das bedeutet konkret, dass manche (!) Demenzerkrankte Stimmungsschwankungen, aber auch wahnhafte Vorstellungen und zusätzliche Einschränkungen ihrer Merkfähigkeit und Gedächtnisleistungen entwickeln können. Eine sichere Prognose ist in dieser Hinsicht allerdings nie möglich, sodass unter Umständen nach einer neurologischen UND psychiatrischen Beurteilung ein niedrig dosierter Behandlungsversuch mit Cannabinoiden erwogen werden kann.
Ich bitte um Verständnis, dass im Rahmen dieses Forums keine genauere Empfehlung (z.B. bzgl. Präparat, Dosierung, Einnahmehäufigkeit etc.) abgegeben werden kann.
Ich wünsche Ihrem Vater und auch Ihnen alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. E. Kaiser