Hallo Maria,
das, was Silly geschrieben hat, dass sehe ich aus Erfahrung genauso. Es ist wichtig, ein Betreuungsnetz aufzubauen, indem einige Menschen engagiert sind und auch mal gegenseitig einspringen können, wenn es nötig ist.
All, Deine Sorgen kann ich gut nachvollziehen. Was mir sehr geholfen hat, ist die Beratung in einem Demenzzentrum. Ich hätte nie geglaubt, dass man auch mal Dinge einfach laufen lassen muss, weil der Demenzkranke ist immer noch eine eigenständige Persönlichkeit und er darf auch seine Entscheidungen treffen, auch wenn sie ihm mal nicht so gut tun. Das annehmen und verstehen zu können, hat schon etwas Erleichterung gebracht.
Man kann denjenigen nicht vor allem bewahren. Da wird man einfach verrückt. Man kann sein Bestes tun und man darf sich selbst dabei nicht vergessen. Als die Frau vom Demenzzentrum sagte, kümmern sie sich auch um sich selbst, denn sie scheinen das zu vergessen, da wurde mir klar, ja das stimmt. Es zerreißt einen immer wieder, dass man helfen will, dass man bewahren will, aber die Krankheit hat ihre Tücken und funktioniert nicht immer nach Plan. Das kann man sich bewusst machen und dann wird es auch etwas leichter werden.
Hilfreich könnte vielleicht auch eine Kamera sein, die man außen am Grundstück anbringt. Nicht, um ständig da drauf zu starren, sondern um zu sehen, ob vielleicht die Terassentür seit Stunden offen steht und diejenige kommt nicht mehr zurück. Ein/zwei Mal am Tag kurz draufschauen, um sich zu vergewissern, alles ist soweit normal. Dann muss man auch nicht extra hinfahren. Oder man bringt einen Bewegungsmelder in der Diele an oder einem Raum, indem derjenige sich öfters aufhält. Das sollte man aber nur machen, wenn einem das Erleichterung bringt und nicht, wenn man dann noch mehr nachschaut.
Oftmals ist es so, dass Demenzkranke, die nur schwer Hilfe zulassen können, dass diesen ihre Eigenständigkeit sehr wichtig ist. Und das sollte man auch so akzeptieren können. Und wenn etwas passiert, was früher oder später natürlich eintreffen kann, dann kann man denjenigen auf diesem Weg fürsorglich weiter begleiten. Es kann sein, dass mal jemand stürzt. Das lässt sich leider nicht immer verhindern. Oftmals erholt sich der Demenzkranke dann wieder, wenn er körperlich noch recht fit ist. Es kann auch sein, dass ein Sturz zu einer Veränderung und zu einem Heimaufenthalt führt.
Das lässt sich alles nicht voraussehen. Umso wichtiger ist es, dass jeder der Schwestern seine Auszeiten finden kann und dass ihr noch eine weitere Unterstützung mit ins Boot nehmt.
Hilfreich kann manchmal eine kleine Zeitungsannonce sein, in der man kurz erklärt, wen man für was sucht. Humor ist oftmals ein wichtiges Kriterium im Zusammenhang mit Demenzkranken. Das nimmt den eigenen Defiziten die Spitze. Es gibt einige Frauen oder auch Männer, die selbst einen Demenzkranken begleitet haben und die hier eine entsprechende Erfahrung haben, die sich auf diese Weise gerne etwas dazuverdienen wollen. Ich habe damals einige gute Zuschriften erhalten.
Ich habe auch schon sehr erfahrene Betreuungshelfer erlebt, die trotzdem nicht gut mit der Situation haben umgehen können, wenn der Demenzkranke sie verdächtigt hat und wenn dieser ihnen das Gefühl gegeben hat, sie seien einfach nur unerwünscht.
Es braucht manchmal mehrere Anläufe und im Ernstfall auch eine klare Ansprache. Wir hatten eine Pflegerin vom Pflegedienst, die das sehr gut konnte. Was die gesagt hat, dass war schon ordentlich. An erster Stelle stand aber der Wunsch dem Demenzkranken zu helfen. Diejenige hat absolut deutlich gemacht, dass man den Demenzkranken und seine Bedürfnisse ernst nimmt. Man hat aber auch klar gesagt, das er Hilfe annehmen muss, sonst passiert das und das. Und das wolle man nicht, denn die Person ist einem wichtig. Solch eine klare Ansage werden auch von Demenzkranken oftmals behalten und dann lässt man auch viel mehr zu. Menschen, die das können, sind Gold wert.
Man selbst kann auch solches tun, wenn nichts mehr vor und zurück geht und genau in dieser Art und Weise. Man nimmt die Bedürfnisse des anderen ernst und zeigt Verständnis, sagt dass man ihn wertschätzt und was man alles für denjenigen tut. Und dann kann man auch sagen, was man sonst noch alles um die Ohren hat und dass man es einfach nicht mehr packt, wenn immer noch mehr von einem gefordert wird. Man ist auch nur ein Mensch . . . Das habe ich auch in der Situation mit einer Emotion getan, die genau das zum Ausdruck gebracht hat, was ich fühle. Ich habe demjenigen keine Vorwürfe gemacht, sondern gesagt, wie es mir geht.
Da muss man auch nicht lügen, denn mir war es immer wichtig, dass es der Person gut ging und dass ich ihr helfen durfte, wenn Hilfe angesagt war, aber ich musste auch selbst schauen, wo ich bleibe mit den restlichen Anforderungen, die ich zu bewältigen hatte. Ich habe dann meist den Raum verlassen, bin etwas besorgen gegangen oder um die vier Ecken gegangen. Das hat tatsächlich oftmals etwas gebracht. Es half dem Demenzkranken dann aus dem eigenen negativen Gefühl heraus, was er auf mich projiziert hatte. Und dann konnte man auch zusammen wieder etwas machen.
Ich hoffe, das hilft dir etwas weiter, Maria. Ich habe deshalb so viel geschrieben, weil das alles auch in mir noch sehr lebendig hängen geblieben ist und ich weiß, wie schwer diese Zeit ist. Aber es gibt kleinere Lichtblicke und manchmal auch ein paar größere . . .