Beiträge von blumenkind

    Hallo zusammen, ich bin froh dieses Forum gefunden zu haben. Ich selbst leide sehr unter der Demenz meiner Mutter. Es nimmt mich mit, sie so unglücklich zu sehen. Ich habe Schuldgefühle, weil ich immer denke, ich werde der Situation nicht gerecht, habe sie zu frühzeitig in ein Heim verpflanzt, etc. Es tut gut zu sehen, dass es andere in ähnlicher Situation gibt.


    Auf der anderen Seite merke ich aber auch, wie oft ich über dieses Thema rede. Wenn mich jemand fragt, wie es mir geht, muss ich mich beherrschen, nicht gleich wieder anzufangen, über die Situation meiner Mutter zu jammern. Ich jammere zu viel, anstatt positiv zu denken.


    Positiv zu denken bedeutet für mich unter anderem, mir zu überlegen, was ich heute tun kann, um für den Fall vorzusorgen, dass ich selber dement werde. Ist ja nun mal erblich bedingt. Allerdings gibt es auch medizinische Erkenntnisse, dass man durch positive Gedanken Krankheiten vermeiden oder sogar heilen kann. Das scheint auch für Demenz zu gelten. Vielleicht erhöhe ich durch mein Gejammer mein Risiko, selbst an Demenz zu erkranken.


    Ich halte das Leben mit Demenz, so schwer es auch ist, für mich immer noch für lebenswert. Ich möchte meinen Angehörigen Leid und schlechtes Gewissen ersparen. Daher möchte ich mit ihnen rechtzeitig in den Dialog gehen. Und zwar nicht darüber, wie schrecklich alles jetzt mit meiner Mutter ist, sondern, wie es anders sein könnte. Was sind aus heutiger Sicht meine Wünsche? Ich möchte auf keinen Fall von meinen Kindern gepflegt werden. Ich möchte in ein Heim, das sich mit der Versorgung von Demenzkranken auskennt. Möglichst soll das Heim so liegen, dass meine Kinder mich häufig besuchen können. Ich möchte sofort von meiner Diagnose erfahren, man soll mich nicht aus falscher Rücksicht schonen. Ich möchte die Chance haben, mich mit meiner Krankheit auseinanderzusetzen. Ich habe solche grundsätzlichen Gedanken bereits in einem Schriftstück festgehalten, das ich im Zusammenhang mit meiner Patientenverfügung verfasst habe.


    Sollte es nicht so etwas wie eine Demenz-Verfügung geben?


    Gern würde ich auch ein Projekt für Demenz-Kranke unterstützen, wie z.B. dieses wunderbare Chorprojekt von Annette Frier, "Unvergesslich".


    Ich bin sehr gespannt, ob meine Gedanken in diesem Forum auf Resonanz stoßen.

    Hallo zusammen, ich bin zurück aus dem Urlaub! Das Problem mit dem Telefonterror habe ich zum Glück nicht. Das regelmäßige Telefonieren von meiner Mutter und mir war "schon immer" so geregelt, dass ich sie angerufen habe und nicht umgekehrt, weil sie immer das Gefühl hatte, ich kann den Zeitpunkt besser bestimmen (als die Kinder klein waren und so). Ich habe ein paarmal aus dem Urlaub angerufen, aber immer nur kurz (sie hat wohl noch in Erinnerung, dass Telefonate aus dem Ausland teuer sind ;-)). Der Urlaub war toll, die Distanz hat sehr gut getan. Wenn ich rechtzeitig den Tipp mit der Zeitschrift "happinez" gelesen hätte, wäre es bestimmt noch besser gewesen ;-). Am letzten Tag rief ein Pfleger an. Ich war natürlich in heller Aufregung. Es ging aber "nur" um das Thema, dass meine Mutter sich nicht waschen lässt und ihre Kleidung nicht wechselt, auch in ihrer Kleidung schläft. Gut, daran konnte ich dann in einem Cafe in Bordeaux sitzend, auch nichts ändern.


    Meine Mutter wirkt auf mich sehr depressiv. Das ist eine Veränderung, die drastisch mit dem Umzug ins Heim eingetreten ist. Die Pfleger schlagen nun vor, ihr "Stimmungsaufheller" von einem Psychiater verschreiben zu lassen, der ab September wieder ins Heim kommt. Ich finde die Idee gut. Hat jemand Erfahrung damit? Ich finde diese traurige Stimmung schlimmer zu ertragen als die Demenz als solches. Ich lese hier von anderen Erkrankten, die mit Männern rumflirten. Ich kann mir vorstellen, dass das peinlich ist, aber sie haben doch anscheinend noch etwas Spaß am Leben, oder?


    Meine Mutter flirtet zwar nicht mit Pflegern, lässt sich aber anscheinend von ihnen leichter "lenken". Am Freitag war eine Fußpflegerin da. Ich wurde gebeten, zugegen zu sein, weil man wohl noch immer glaubt, dass ich Einfluss auf meine Mutter habe. Wir haben mit Engelszungen geredet, zwecklos. Sie saß wie ein bockiges Kleinkind auf dem Bett und hat gezetert "nein, ich ziehe meine Strümpfe nicht aus". Die nette Fußpflegerin hat nach 20 min aufgegeben. Der Pfleger hat es dann einige Zeit später tatsächlich geschafft, sie zu der Fußpflege zu bewegen. Wie er das hinbekommen habe, wollte ich von ihm wissen. "Einfach machen", war seine Antwort.


    Im Heim gibt es eine Betreuerin, die sich 1h/Woche (!!!) um meine Mutter bemüht. Da sie den ganzen Tag auf dem Bett liegt und nichts tut, habe ich die Idee, eine "Gesellschafterin" über betreut.de zu suchen, die mit ihr Mensch-ärgere-dich-nicht spielt oder eine Runde ums Heim spaziert (die einzigen Tätigkeiten, zu denen sie sich motivieren lässt). Das hat in ihrer letzten Zeit zu Hause sehr gut geklappt, und die Besuche von "Petra" waren ein echtes Highlight für sie. Aber damit warte ich glaube ich noch, bis der Psychiater sie gesehen hat. Ich glaube, dass sie meine Versuche, sie zu irgendwas zu animieren, eher lästig und anstrengend findet. Aus ihrer Sicht bin ich wohl ein echter Stressfaktor.


    Ich hatte heute die Idee, sie am Sonntag Nachmittag zu mir nach Hause zu holen. Es gibt ein Streichorchester, das sie früher häufig in Konzerten gesehen hat und das jetzt (Corona) Konzerte im Internet zeigt. Ich dachte, die Aufnahme im Internet ist vielleicht ein kleiner Ersatz, und wollte sie mit ihr bei mir daheim ansehen (kein WLAN in den zugänglichen Bereichen des Heims). Das Pflegepersonal fand die Idee gut. Gesagt, getan. Ich habe sie mit dem Auto (das mal ihres war) abgeholt. Sie hat tatsächlich mein Haus wiedererkannt und sich auf die Terrasse in die Sonne setzen und mit einem Kaffee bewirten lassen. Nach 15 Minuten sagte sie, sie wolle früh zu Bett gehen. Ich konnte sie überreden, sich das Konzert (8 min) mit mir anzusehen, was sie nicht vom Hocker und auch nicht von der Couch gerissen hat. Sie meinte, dieses Konzert habe sie sich erst gestern angesehen, und es lohne sich nicht für sie. Und außerdem wollte sie jetzt (es war 14 Uhr) schlafen gehen. Nun denn. Ich hatte wegen ihrer mürrischen Verfassung auch keine Lust mehr. Während ich meinen Autoschlüssel gesucht habe, machte sich meine Mutter daran, die Treppe hinaufzusteigen. Sie war der Meinung, dass ihr Bett dort sei! (Tatsächlich hat sie bei früheren Besuchen dort geschlafen). Ich (entsetzt): "Mama, du hast hier kein Bett, du kannst hier nicht schlafen! Ich bringe dich zurück in dein Zimmer." Sie (zornig): "Lass mich in Ruhe, ich wohne seit Jahren in diesem Haus! Ich will in mein Bett!" Wow! Meine Mutter, die seit Wochen jammert, sie wolle nach Hause, kann ihre Wohnung nicht mehr von meinem Haus unterscheiden! Diese Demenz versetzt mich immer wieder in Erstaunen! Zum Glück habe ich es geschafft, sie ins Auto zu verfrachten. Im Heim angekommen, ist sie willig ausgestiegen und war offensichtlich froh, sich endlich in "ihr" Bett legen zu können. Der ganze Ausflug hat ca. 1 Stunde gedauert, und sie war total gerädert! Ich auch.


    Ich glaube, ich lasse solche Experimente lieber sein.


    Eine Frage bewegt mich, und mich interessiert eure Meinung dazu. Was wünsche ich mir für mich selber, wenn ich diese Krankheit auch bekommen sollte? Wie kann ich Vorsorge dafür treffen, dass ich meinen Kindern nicht das antue, was meine Mutter mir antut? Ich bin im Nachhinein echt sauer auf sie, dass sie das Thema "was soll werden, wenn du nicht mehr in deiner Wohnung wohnen kannst" nie mit mir besprochen hat, obwohl ich das Gespräch immer wieder gesucht habe. Sie hat zwar allerlei Vollmachten und Patientenverfügungen unterschrieben, der Fall Demenz kommt darin aber nicht vor.


    Manche denken daran, sich das Leben zu nehmen bei einer Demenz-Diagnose. Ich kann das gut nachvollziehen, denn das, was ich von dem Heim bisher mitbekommen habe, ist wirklich kein attraktiver Lebensabend. Ich würde auf keinen Fall womöglich bei meinen Kindern wohnen wollen, und das wissen meine Kinder auch. Ich hoffe, dass das ihr Gewissen entlasten wird. Wenn die Räumlichkeiten es hergeben, lieber mit einer 24h-Kraft, oder meinetwegen im Heim. Meine naive Hoffnung ist, dass es "bis dahin" weitere, bessere Angebote für Demenzkranke gibt (ja, ich weiß, es wird auch noch mehr Demenzkranke geben). Ich habe in einem Zeitungsartikel von 12 Risikofaktoren gelesen. Also: gesundes Leben führen, Bewegung, soziale Kontakte... :-).

    Hallo zusammen,


    ich habe gerade in der Mediathek eine Doku über einen Chor für Menschen mit Demenz angeschaut. Unbedingt sehenswert https://www.zdf.de/dokumentati…ch-106.html#autoplay=true


    Es hat mich zutiefst gerührt, diese Fröhlichkeit bei den Betroffenen und Angehörigen zu sehen. Sie haben so viel Spaß gehabt beim Singen. Im Heim meiner Mutter schauen die alten Menschen in die Luft und tun nichts. So ein Chor wäre jetzt, zu Corona-Zeiten, wahrscheinlich gar nicht möglich. Ich singe selbst in einem Chor, und wir brauchen extrem große Räume um die Abstandsregeln einzuhalten. Beeindruckt bei der Doku hat mich auch die liebevolle Art, wie die Angehörigen auf die Kranken eingegangen sind. Die Kranken waren sich offensichtlich ihrer Diagnose bewusst und haben sich damit irgendwie, erstaunlich reflektiert, auseinandergesetzt.


    Bei meiner Mutter ist das anders. Sie will nach wie vor nach Hause. Wenn ich ihr sage, dass sie nicht mehr allein leben kann, weil sie eine Krankheit namens Demenz hat, ignoriert sie das total. Es ist auf der einen Seite sicher gnädig, sich dieser Krankheit nicht bewusst zu sein, hindert einen aber auch daran, "das Beste daraus zu machen."


    Das Verhalten meiner Mutter ist sehr tagesformabhängig. Manchmal ist sie bockig, oft sehr müde, manchmal lässt sie sich motivieren zum Spazierengehen, oder auf einen Kaffee in das sehr nette Cafe im Heim mitzugehen. Ab und zu lächelt sie sogar oder macht einen kleinen Scherz. Ich bin im Moment sehr entlastet, weil meine beiden Söhne sich unter der Woche um die Besuche kümmern, während ich den "Wochenenddienst" übernehme. Ich war 9 Tage am Stück nicht im Heim! Das hat mir gutgetan. Das hat nun bald ein Ende, weil die beiden nur noch bis August da sind und dann wieder in die große weite Welt hinaus ziehen. Das letzte Mal, als ich da war, war die erste Stunde recht nett. Danach ging dann die "Ich-will-nach-Hause"-Leier wieder los, und ich habe mich dann einfach verabschiedet.


    Die Zimmergenossin meiner Mutter berichtet immer, was sie anstellt. Das ist zum Teil ganz nett und witzig. Zum Beispiel schiebt sie sie im Rollstuhl zum Essen und gießt ihr Kaffee ein. So hat sie zumindest eine kleine Aufgabe. Meine Mutter benutzt allerdings auch regelmäßig die Haarbürste (auch die Zahnbürste???) der Zimmernachbarin, was diese weniger witzig findet ;-).


    Ich bin froh, dass meine Mutter so lange wie möglich in ihrer Wohnung bleiben konnte. Da gibt es immer irgendeine Beschäftigung, die jetzt im Heim einfach fehlt. Blumen gießen, Spülmaschine ausräumen... das was mir manchmal lästig ist, kann auch ein Lebenselixier sein. Ich habe mit meinen Söhnen oft darüber gesprochen, wann der richtige Zeitpunkt für einen Umzug sein könnte. Ich war der Meinung, dass ich es "spüren" würde, dass es so nicht mehr weitergeht, und so war es dann auch. Ich bin froh, dass ich zu dem Zeitpunkt einen Platz in dem Heim bei mir am Ort bekommen habe, bei dem ich seit einem Jahr auf der Warteliste stehe (für ein Zweibettzimmer, auf das Einbettzimmer müssten wir ein weiteres Jahr warten). Ob dieses Heim nun gut ist oder nicht, kann ich nicht wirklich beurteilen, weil mir der Vergleich fehlt. Die Menschen sind freundlich, es scheint aber wenig Beschäftigungsmöglichkeiten zu geben. Ich denke, dass das aber im Fall meiner Mutter gar nicht so wichtig ist, da sie eh nach Hause will. Und für mich ist es sooo praktisch, 15 min zu Fuß.


    Ihr merkt vielleicht, dass ich einen gewissen Abstand gewonnen habe. Vielleicht gönne ich mir eine Woche Urlaub und fahre weg.


    Liebe Grüße an euch alle!

    Liebe Lulu und lieber Herr Hamborg,
    vielen Dank für die einfühlsamen Antworten. Ich bin froh, auf diesem Weg auf Menschen gestoßen zu sein, die in einer ähnlichen Lage sind und mir Denkanstöße geben können.
    Liebe Lulu, es tut mir Leid, dass du eine schwere Zeit gleich mit Mutter und Schwiegermutter durchmachst. Meine Mutter ist wohl irgendwo dazwischen: sie hat die Eingriffe in ihr Leben zum Teil akzeptiert, solange sie in ihrer Wohnung war. Zumindest Pflegedienst zur Medikamentengabe und Essen auf Rädern (im 2. Anlauf, das Essen des ersten Anbieters hat sie verweigert, das war aber auch einfach nicht ihr Geschmack). Für mich ist es wie für deinen Mann eine Erleichterung, meine Mutter in meiner Nähe zu wissen, besonders weil mir dadurch die zeitaufwändigen Anreisen erspart bleiben. Aber gleichzeitig auch eine Belastung, weil die Besuche bei ihr, sie in ihrer Verzweiflung zu sehen, sehr schwer für mich zu ertragen sind. Als sie noch 650 km weit weg war, konnte ich ihre Situation, zumindest streckenweise, besser "verdrängen".
    Ja, die "Einzelhaft" ist vorbei und gleichzeitig auch die Corona-bedingten Einschränkungen. Wir als Angehörige dürfen die Bewohner nun besuchen. Die Zahl der Angehörigen, die gleichzeitig auf einer Station sein dürfen, ist beschränkt, aber ansonsten können wir jederzeit auf die Zimmer und unsere Lieben zu Spaziergängen etc. mitnehmen. Auch persönlich mit dem Pflegepersonal sprechen. Ich habe mit meinem Sohn ein paar Möbel und Gegenstände aus der Wohnung meiner Mutter geholt, und damit sieht ihr Teil des Zweibettzimmers erstaunlich gemütlich aus. Meine Mutter allerdings zetert, was uns einfiele, diese Dinge ohne Erlaubnis aus ihrer Wohnung zu holen. Sie will ihre Post und ihre Zeitung nicht lesen (Unverschämtheit, die Nachsendung zu veranlassen!). Sie kennt weiterhin nur einen Gedanken, wie eine Schallplatte mit Sprung. Sie will nach Hause, sie will nach Hause.


    Ihre Mitbewohnerin ist entzückend. Sie hat versucht sie zu trösten ("Ach wissen Sie, ich verstehe Sie so gut, mir ist es genauso gegangen, aber wir können nun mal nicht mehr allein zu Hause leben. Die Schwestern hier sind so nett, wir sind hier wirklich gut aufgehoben"). Auch das stößt bei meiner Mutter auf taube Ohren,. Im wahrsten Sinne des Wortes, da sie sich weigert, ihre Hörgeräte zu tragen und ohne die wirklich sehr schlecht hört (was aber natürlich nicht an ihr liegt, sondern daran, dass alle anderen so leise sprechen, und natürlich an den blöden Schutzmasken). Die Mitbewohnerin hat vorher mit einer anderen Dame zusammengewohnt, die "unerträglich" war. Ich fürchte sie kommt jetzt nicht vom Regen in die Traufe. Schon allein die Tatsache, dass meine Mutter in der Nacht alle halbe Stunde aufsteht, um zur Toilette zu gehen, und dann anschließend das Licht im Bad brennen lässt, ist eine Zumutung.


    Herr Hamborg, ich bin also dankbar für Tipps, wie ich das mit den Besuchen machen kann. Für heute habe ich mir vorgenommen, das Reden weitgehend einzustellen. Meine Mutter versteht sowieso wenig, und argumentieren hilft nicht. Sie wird mir also wieder die üblichen Stories von ihrer schönen Wohnung erzählen, und ich werde geduldig zuhören. Ich habe mir vorgenommen, den Besuch auf maximal 1h zu begrenzen, und das auch nur, wenn sie sich zu einem Spaziergang überreden lässt.
    Es stimmt, dass meine Mutter mehr und mehr ihre Kindheit und ihr Elternhaus mit "zu Hause" verbindet, aber sie weiß, dass ihre Eltern tot sind und das Elternhaus abgerissen. Ihre Sehnsucht richtet sich auf ihre Wohnung. Ich habe mir gestern Fotos aus den letzten Jahren angeschaut, wie sie in ihrer Wohnung sitzt, und sie sieht immer fröhlich und zufrieden aus.
    Was könnten "Schlüsselsätze" sein? Sie hat zu mir als Kind manchmal gesagt "jetzt stell dich mal nicht so an", und dieser Spruch geht mir tatsächlich jetzt manchmal durch den Sinn. Sie sagte auch immer "jetzt warte es doch erst mal ab", wenn ich mir Sorgen um zukünftige Ereignisse gemacht habe. Daran könnte ich sie erinnern. Es gibt ein Sprüchealbum meiner Großmutter. Darin steht "wer Gutes empfangen, der soll nicht verlangen, dass sich das Glück ins Unendliche dehnt." Ich habe es mir jetzt noch einmal durchgelesen und ein paar Sprüche herausgesucht, mit denen sie vielleicht was anfangen kann.

    Ich möchte noch etwas hinzufügen. Ich versuche, auch positive Aspekte zu finden, und die gibt es. Da mich das Thema so beschäftigt, erzähle ich vielen Leuten davon. Und sie fragen interessiert nach und zeigen ihr Mitgefühl. Oder erzählen ihre eigenen Geschichten, die oft zeigen, dass am Schluss doch alles irgendwie gut geht. Das tut gut. Einige bieten aktive Hilfe an, wie z.B. die ehemalige Nachbarin meiner Mutter, die jetzt die Blumen gießt und mir schon ein Päckchen mit ein paar Fotos aus der Wohnung geschickt hat (die meine Mutter nicht haben wollte, weil sie ja denkt, sie geht bald wieder nach Hause). Viele Menschen sind betroffen, weil sie meine Mutter mögen und schätzen, z.B. ihr ehem. Bankberater, oder eine Dame, bei der sie immer Konzertkarten gekauft hat. Ihre ehemalige Pflegekraft, die Nachbarin... sie hatten Tränen in den Augen, als sie sich von meiner Mutter verabschiedet haben. Das zeigt mir, dass meine Mutter Wert auf diese Beziehungen gelegt und sie intensiv gepflegt hat, ein echtes Vorbild! Und nicht zuletzt meine beiden Söhne! Ich glaube sie waren streckenweise genervt, weil ich halt so viel von der Oma geredet habe. Nachdem sie das Drama jetzt direkt vor Augen hatten, übernehmen sie auch Mitverantwortung. Ohne sich allerdings von der Situation herunterziehen zu lassen (wie ich). Sie leben weiterhin ihr Leben, treffen sich mit Freunden, gestalten ihre Freizeit. Gerade weil ich selbst immer noch im Corona-Homeoffice bin, tut es gut, sie um mich zu haben und zu sehen, dass das Leben weitergeht und immer noch schön ist. Soweit das Wort zum Sonntag. Ich gehe jetzt zum Walken mit einer Freundin und werde meine Mutter heute NICHT besuchen.

    Hallo, Mirabai, ich habe jetzt auch einen "Altar" mit Blumen aus dem Garten, ein Foto vom letzten Ausflug, den ich mit meiner Mutter gemacht habe und wo sie an einem blühenden Rhododendron schnuppert, und einer vergoldeten Rose, die sie mir mal geschenkt hat (da war sie schon krank, sonst hätte sie gewusst, dass das so gar nicht mein Geschmack ist ;-(). Heute habe ich sie (wider besseres Wissen) besucht bzw. sie an der Pforte des Heims zu einem "Spaziergang" abgeholt. Wir hatten vorher telefoniert, und ich hatte sie gefragt, ob sie sich denn freuen würde, wenn ich komme. Sie hat ja gesagt und dass sie sich so furchtbar langweilt. Sie saß dann zum ersten Mal im Rollstuhl, weil sie nur noch 10 min laufen kann, und hat die ganze Zeit gejammert und geweint, sie könne in dem Rollstuhl nicht sitzen, und außerdem wolle sie nach Hause. Es war herzzerreißend. Ich war dann ehrlich gesagt ganz froh, als sie nach 10 min wirklich auf die Toilette musste und ich sie wieder abgeben konnte. Ich hatte ihr Bilder von ihren Geschwistern mitgebracht, aber die wollte sie nicht.


    Ich mache mir Gedanken über moralische Fragestellungen und bin interessiert, eure Meinung dazu zu hören. Mein Hirn sagt, es war die richtige Entscheidung, meine Mutter ins Heim zu bringen. Sie kann nicht mehr alleine leben, konnte das in letzter Zeit nur mit Hilfe eines komplizierten Netzwerkes, das ich um sie herum errichtet hatte. Sie lebt in einer Phantasiewelt, in der sie Freunde hat, in Konzerte fährt, sich Essen kocht... das alles war schon lange nicht mehr der Fall. Ihr Zustand hat sich im Laufe der letzten 6 Monate rapide verschlechtert. Aber sie war zufrieden und glücklich. Jetzt ist sie verzweifelt und unglücklich. Sie hat sich selbst gefährdet (nicht gegessen und getrunken, ist hingefallen und konnte nicht mehr aufstehen), aber niemals andere. Welches Recht hat sie, dieses Leben weiterzuführen, bzw. welches (moralische) Recht habe ich, es zu beenden?


    Eine Freundin hat mir von ihrer Mutter erzählt, die gesagt hat, bevor sie in ein Heim geht, bringe sie sich um. Falls sie dazu nicht mehr in der Lage sein sollte, solle meine Freundin sie umbringen. Ich habe gelernt, dass es ein Recht auf Verwahrlosung gibt. Gibt es ein Recht auf Selbstgefährdung, ein Recht darauf, glücklich vor die Hunde zu gehen? Ich bin mir nicht sicher, was für mich als Tochter leichter zu ertragen wäre: meine Mutter zufrieden zu Hause dahinsiechen zu sehen oder verzweifelt, aber "umsorgt" in ihrem Heim. Der einzige große Vorteil ist, dass ich sie in meiner Nähe weiß und das Gefühl habe, schnell da sein zu können, wenn irgendwas ist, und nicht diese langen Reise mehr antreten zu müssen. Letztendlich bin ich aber nicht "da" für sie, kann bzw. will ihr ihren einzigen Wunsch nicht erfüllen. Ich kann sie nicht trösten. Ich kann um sie und mit ihr trauern. Ja, stimmt, das ist besser als ein schlechtes Gewissen.


    Sie ist jetzt noch 1 Woche in "Einzelhaft", danach zieht sie in ein Zweibettzimmer. Ich bin gespannt, ob sich da irgendwas ändert. So wie sie im Moment drauf ist, ist sie eine echte Zumutung für eine Zimmernachbarin. Wie wird das Heim wohl damit umgehen?

    Ja, Corona ist schon eine besondere Situation. Meine arme Mama sitzt ja wirklich den ganzen Tag allein auf ihrem Zimmer, kann nicht an Gruppenaktivitäten teilnehmen etc. Hat auch keine Bewegung an der frischen Luft. Bei unseren Besuchen darf sie mit uns ein paar Schritte spazieren gehen. Gestern war mein Sohn da. Darüber hat sie sich gefreut, hat aber auch gedacht, dass er sie wieder nach Hause bringt. Dann war sie natürlich wieder sehr enttäuscht.

    So, wir haben es geschafft. Wir haben mit vereinten Kräften meine Mutter von NRW nach Bayern befördert. Da sie im Auto schon nach 10 Minuten jammert, weil sie auf die Toilette muss, haben wir uns zu einer Zugfahrt entschlossen. Am Hbf wollte sie weglaufen, zur Polizei, mit dem Taxi nach Hause... hat ein furchtbares Drama veranstaltet. Mein Sohn hat es irgendwie geschafft, wie zu beruhigen. Ein Zug ist uns davongefahren, aber was solls. Im Zug wurde sie dann immer ruhiger. Ich bin mit dem Auto hinterher, mit Gepäck. Abends saß sie bei mir auf der Couch und sagte, dies sei ein schöner Tag gewesen. Ich fasse es nicht.
    Heute morgen haben wir sie dann ins Heim gebracht. Sie will nicht bleiben, klagt über Heimweh, will nicht, dass ihr Koffer ausgepackt wird... ich zweifle ob wir sie (wie versprochen) in dieser Situation wirklich besuchen sollten. Ich fürchte, dass würde sie erneut aufwühlen, und sie würde in ihrem Oberbefehlshaber-Tonfall verlangen, sie sofort da wegzubringen. Außerdem wäre es schrecklich für uns, sie dann wieder in diesem Zustand zurücklassen zu müssen.
    Kann man in so einem Fall mit Beruhigungstabletten arbeiten? Ich meine für sie, obwohl auch ich welche nötig hätte ;-(


    Viele Grüße

    Puh, Sandra, wenn ich solche Geschichten lese, stelle ich fest, dass andere noch ganz andere Dinge aushalten als ich selbst! Und trotzdem diese Zweifel, ob man jemanden zu einer Heimunterbringung zwingen kann. Als Außenstehende erscheint mir das nach Ihren Schilderungen ganz klar! Man ist auch für sich selbst und sein eigenes Wohlbefinden verantwortlich, sonst geht man kaputt und kann dann auch nicht mehr für andere da sein. Wenn man selbst so tief drinsteckt wie Sie, geht dieser Aspekt wahrscheinlich leicht unter. Wahrscheinlich hat man uns als Töchter unserer Generation so erzogen. Alles Gute und viel Kraft!

    Hallo,


    Mirabai, ich freue mich für dich! Du sprichst so lieb über deine Mutter, und es scheint dir richtig gut zu tun, etwas für sie tun zu können! Das kann ich so gut nachvollziehen. Bei mir wird es ernst. Ich war letzte Woche auf meinem Kurzurlaub mit drei alten Freundinnen (alle Töchter alter Mütter, DAS Thema ;-(). Am Freitag rief die Pflegekraft an und sagte, sie habe meine Mutter auf dem Boden liegend vorgefunden, orientierungslos, die Wohnung chaotisch. So einen Vorfall hatte es bisher noch nicht gegeben. Das war für mich das berühmte "Ereignis", das wohl eintreten muss, damit bei mir die innere Überzeugung entsteht, dass es nun zu Hause nicht mehr geht. Zum Glück war ich im Saarland, so dass ich innerhalb von 4h anreisen konnte (und nicht 7h wie sonst). Ich habe mit meinem bevorzugten Heim telefoniert: sie haben einen Kurzzeitpflegeplatz bis zum 10.8. frei! In einem Zweibettzimmer... Leider war die Ansprechpartnerin wegen des Brückentags nicht erreichbar, und ich sitze jetzt auf glühenden Kohlen und warte auf einen Rückruf. Ich habe noch keinen Plan, wie ich meine Mutter dahinmotivieren soll, und werde ihr auch noch nichts davon erzählen, bis alles abgeklärt ist. Ich bin jetzt seit ein paar Tagen bei ihr, und sie scheint sich in meiner Gegenwart wohlzufühlen. Sie scheint mir zu vertrauen und bewundert mich für Fähigkeiten wie z.B. dafür, dass ich das Auto nach dem Parken wiederfinde ;-). Sie ist nicht mehr so zänkisch und hat sogar zugestimmt, dass ich eine Fußpflege für sie organisiere! Ich muss jetzt sehen, dass ich die Corona-Regeln erfülle (Test im Schnellverfahren?). Ich habe außerdem die Hilfe meiner Söhne angefordert (was ich sonst selten tue) und sie gebeten, ihre Studien- und vor allem Freizeitaktivitäten zurückzustellen und mir dabei zu helfen, Oma zu transportieren und dafür zu sorgen, dass sie sich einlebt. Die Anwesenheit der Enkel wäre ein Highlight, aber ich weiß noch nicht, was die Corona-Bestimmungen in der Quarantäne da zulassen. Vor allem aber brauche ich Unterstützung für mich selbst. Ich habe in den letzten Tagen ein paar kleinere Ausflüge mit Mama gemacht. Sie ist hier so verwurzelt und lebt so gerne hier, und ich fühle mich scheußlich, sie hier herauszureißen. Ich kann nur hoffen, dass ihr letztendlich die Nähe zu mir und den Enkeln wichtiger ist als ihre vertraute Umgebung. Dein Beispiel, Mirabai, lässt mich hoffen. Auch die Mütter meiner erwähnten Schulfreundinnen haben sich besser als erwartet im Heim eingelebt, aber die sind auch nicht dement. Also bitte Daumen drücken!

    So, jetzt will ich endlich mal antworten. Vielen Dank für die mitfühlenden Wort und Ratschläge! Das was du schreibst, Mirabai, deutet mir wirklich auf eine Art Seelenverwandschaft hin. Auch ich übe mich in Meditation und versuche damit, mehr Sicherheit für meine eigenen Entscheidungen zu erlangen. Zudem war ich am Pfingstsonntag endlich mal wieder in einem Freiluftgottesdienst, bei dem mir die folgenden Worte haften geblieben sind: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Ich war tatsächlich voller Furcht, etwas falsch zu machen. Statt dessen brauche ich Kraft, das was ich immer wieder nach reiflicher Überlegung für richtig halte, ohne schlechtes Gewissen durchzuziehen. Ich brauche die Liebe zu meiner Mutter, der ich sehr viel verdanke, um meinen Ärger und Zorn, der ihr Verhalten oft bei mir hervorruft, zu überwinden. Und ich brauche Besonnenheit, nicht panisch ins Auto zu springen, sondern zu überlegen, was das Richtige ist. Ich habe zwar keine Geschwister, aber eine Kusine, die meine Mutter für 3h besucht hat und erst mal "Entwarnung" gegeben hat. Meine Mutter ist wieder besser drauf, geht wieder ans Telefon, selbst ihre Hörprobleme sind besser geworden. Am Telefon erzählt sie mir, dass es ihr gut geht und dass sie alles im Griff hat. Schon irgendwie bewundernswert, dieser Wille :-). Wie schön es in ihrer Wohnung ist. Sie ist zwar viel allein, aber klagt nicht darüber und scheint sich nicht zu langweilen. Obwohl sie eigentlich nichts zu tun hat und selbst den Fernseher nur noch sporadisch bedienen kann. Schwer nachvollziehbar für mich, aber das ist nun mal ihre Welt.


    Mein Traum-Altersheim hat sich gemeldet, sie haben einen Platz in einem 2-Bett-Zimmer. Ich könnte sie auch während der Quarantäne sehen, draußen, zum Spazierengehen. Das ist enorm beruhigend. Allerdings habe ich jetzt doch erst mal abgelehnt, da ich tatsächlich glaube, dass wie von Herrn Hamborg erwähnt, erst etwas Schlimmes passieren muss, bevor meine Mutter bereit ist für einen Umzug. Ich spiele mit dem Gedanken, sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu "entführen", ihr irgendwelche Stories zu erzählen, um sie dazu zu bewegen, sich mit mir ins Auto zu setzen. Das ist die Strategie für den Notfall. Das mit dem sozialpsychologischen Dienst ist eine neue Info für mich. Vielleicht eine gute Idee, mit denen schon frühzeitig für den Fall der Fälle Kontakt aufzunehmen. Welcher ist denn da zuständig, NRW (bei meiner Mutter) oder Bayern (bei mir)?


    Ich frage mich: Was hätte meine Mutter gewollt, als sie noch im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte war? Sie hätte NICHT in ein Heim gewollt. Sonst hätte sie sich beizeiten eines ausgesucht. Hätte sie gewollt, dass ich mir so viele Sorgen mache? Nein. Mittlerweile erspürt und versteht sie meine Sorgen nicht mehr, das war früher anders. Vielleicht wäre sie sogar in ein Heim gegangen, nur damit ich mir keine Sorgen mehr mache. Will ich das? NEIN! Sie soll so leben, wie sie sich das für sich selber wünscht. Lieber arbeite ich daran, dass meine Sorgen weniger werden. So habe ich mir einen richtig schönen Pfingstsonntag gegönnt, mit einer Radltour bei herrlichem Wetter. Das hat mir Kraft gegeben, die ich für den nächsten Besuch bei meiner Mutter brauche.

    Hallo,


    ich mache mir akute Sorgen um meine Mutter und bin völlig ratlos.
    Sie (89) hat seit Ende letzten Jahres die Diagnose Demenz Alzheimer Typ, was keine große Überraschung war. Seit Anfang April hat sie den Pflegegrad 3. Sie lebt seit Jahrzehnten allein in ihrer Wohnung in NRW, ich wohne in Bayern. Ca 7h mit dem Auto oder mit dem Zug. Ich habe keine Geschwister. Vor Corona habe ich sie einmal im Monat besucht, dann seit Corona erst einmal vor 2 Wochen. Sie war bisher körperlich gesund und ist der Meinung, dass sie wunderbar allein klarkommt. Äußert Unverständnis, dass ich mir Sorgen mache. Ihr Neurologe hat sie als sehr stur und dominant bezeichnet mit einem starken Bedürfnis, die Fassade aufrecht zu erhalten.


    Der Pflegedienst kommt 2mal täglich für eine kurze Medikamentengabe. Sie bekommt Essen auf Rädern. Einmal die Woche kommt eine Putzfrau. Eine Dame, die ich über betreut.de angeheuert habe, kommt 1-2mal die Woche, leistet ihr Gesellschaft und kauft auch für sie ein. Soweit so gut.


    Wir hatten früher immer eine gute Beziehung, aber unser Verhältnis hat sich stark verschlechtert. Wie ich lese, ist das bei Alzheimer-Patienten normal. Sie wittert in allem eine Bevormundung und übergriffige Einmischung (womit sie aus ihrer Sicht auch Recht hat).


    Ich habe mich in meiner Umgebung nach Pflegeheimen umgehört. In meinem Wohnort steht sie auf einer Warteliste (sie weiß nichts davon), müsste aber wohl noch 1 Jahr warten. Ich wollte noch mehr Eisen im Feuer, habe daher noch andere Pflegeheime kontaktiert. Sie steht jetzt in 6 Heimen auf der Warteliste, aber leider konnte ich wegen Corona bisher keines dieser Heime besichtigen. Es wäre eine Wohnung frei in einer betreuten Wohnanlage, die angeblich gerüstet ist für Demenzkranke. Ich habe da meine Zweifel. Ich kann nicht einschätzen, ob sie weglaufgefährdet wäre, wenn man sie aus ihrer gewohnten Umgebung verpflanzt. Ich habe über eine Demenz-WG nachgedacht, habe aber auch da Bedenken, da sie immer sehr eigenständig war und überhaupt nicht gewohnt ist, mit anderen zusammenzuleben. Ich weiß dass sie ihre Wohnung über alles liebt und bisher mit den beschriebenen Hilfen auch noch einigermaßen zurecht kam. Sie wehrt sich mit Händen und Füßen gegen einen Umzug in ein Heim. Ich könnte sie bei mir unterbringen (habe ein Reihenhaus, könnte ein Zimmer freiräumen), aber das wäre kein Zustand auf Dauer. Ich lebe allein, derzeit wegen Corona mit meinen beiden erwachsenen Söhnen, und bin beruflich ziemlich eingespannt. Ich weiß nicht ob man wegen Corona zur Zeit eine Pflegerin aus Osteuropa finden würde, und ich hätte dafür auch nur ein winziges Dachkämmerchen.


    Jetzt hat sich ihr Zustand in den letzten Tagen so verschlimmert, dass sie nicht mehr ans Telefon geht, die Türklingel nicht mehr hört, weil sie anscheinend den Tag tief schlafend im Bett verbringt. Der Pflegedienst hat zum Glück einen Schlüssel. Ich kann kaum mit ihr reden, selbst wenn ich sie ans Telefon bekomme, da sich ihre Schwerhörigkeit ebenfalls ziemlich plötzlich rapide verschlechtert hat und sie mit ihren Hörgeräten nicht mehr klarkommt. Ich habe den Verdacht, dass das mit einem Medikament zusammenhängen könnte (Galantamin), das sie seit 4 Wochen nimmt.


    Ich bin hin- und hergerissen. Kann ich es verantworten, sie allein in der Wohnung zu lassen? Kann ich sie zwingen, mit zu mir nach Hause zu kommen? Und was dann? Selbst wenn ich einen Heimplatz finden würde, kann ich sie zwingen dazubleiben (eine Vollmacht habe ich, aber das ist ja nur die rechtliche Seite)? Oder sollte ich erst mal eine Panikreaktion vermeiden, irgendwie versuchen, einen Arzttermin zu organisieren, um zu sehen, ob was Akutes vorliegt (was auch auf die Entfernung sehr schwer ist, die Dame von betreut.de ist berufstätig und kann das nicht leisten)? Meine Mutter war vor Corona im Krankenhaus und danach sehr schwach. Ich hatte versucht, vor Ort bei ihr eine Kurzzeitpflege zu finden, aber keine Chance. Ist es gerade wegen Corona nicht erst recht besser, sie in ihrer Wohnung zu lassen, und ihr nicht zuzumuten, erst mal 14 Tage in Quarantäne zu müssen? 1000 Fragen keine Antwort... wenn jemand eine Idee hat, bin ich dafür sehr dankbar.