Hallo Sohn,
ich finde es wirklich auch enorm was du beschreibst und leistest. Kann gut nachfühlen, was du und dein Vater mit den Krankenhäusern durchmachen müsst, weil ich ebenfalls aus dem ländlichen Nordostbayern komme. Vor allem das absolut wurschtige und unmögliche Verhalten mancher Pflegekräfte ist mir in dieser Art auch schon begegnet. Ist zwar Blödsinn, dann das ländliche Bayern zu verteufeln. Aber wenn man halt schon mal großstädtische Pflege- und Rehaeinrichtungen gesehen hat, ist es einfach wirklich ein Riesenunterschied. Wenn ich hier im Forum von den Angeboten und Vorschlägen lese (Pflege-WG, Gerontopsychiatrie und und und..) möchte ich manchmal verzweifeln. Es ist so gut gemeint, und schön, was es das andernorts alles gibt. Aber es bei uns gibt es im Vergleich zu städtisch geprägten Regionen wirklich sehr wenig - außer Pflegediensten und Altenheimen. Bei uns im Landkreis wurde vor kurzem sogar ein Pflegestützpunkt vom Landratsamt als "nicht notwendig" erachtet, obwohl das Land die Einrichtung gefördert hätte. So ist man wirklich ständig damit beschäftigt, sich an allen Ecken und Enden Hilfen zusammenzusuchen. Ich habe als Selbstständige mit Pflegeerfahrung und einer sehr guten Beziehung zu meiner Mutter beschlossen, so lange wie möglich meine Mutter zuhause zu unterstützen (sie wohnt mit meinem Vater zusammen, ist vor allem körperlich stark beeinträchtigt, die dementen Phasen nehmen aber in letzter Zeit zu). Und die größte Hilfe waren - neben dem Pflegedienst- eigentlich Leute, die ich privat gefunden habe, die Verhinderungspflege und Entlastungsplege leisten. Das sind bei uns zwei Frauen, die auch viel (private) Erfahrung in dem Bereich haben, und total einfühlsam sind. Somit ist wirklich ein kleines Netzwerk entstanden, das einem hilft, über die Runden zu kommen, so dass man stundenweise oder sogar länger abschalten kann. Eine der Helferinnen haben wir auch über eine Zeitungsanzeige gefunden. Wenn man sich durch den Papierkram gekämpft hat, stellt man fest, dass einem echt viele Stunden zustehen im Jahr. Im Prinzip würde ich einfach dazu raten, alles was irgendwie in Richtung Pflege und Beratung geht auszuschöpfen - z.B. Lebensberatung von der Caritas, Selbsthilfegruppen, ... . Wo dann eine kompetente Person sitzt, die einem wirklich weiterhilft, ist total vom Zufall abhängig. Und klar, ich würde auch den anderen hier zustimmen, wenn man nicht mehr kann, dann sollte man einfach ein Heim überlegen. Schließlich unterstützt man sein Elternteil dort ja genauso. Wenn die Pflege Fachkräfte übernehmen und man nicht mit Toilettenschüsseln usw konfrontiert ist, kann man viel unbeschwerter miteinander umgehen und da haben dann am Ende alle was davon. Für uns kann ich es mir gerade noch nicht vorstellen, aber ich bin auch nicht vor Ort, sondern mein Vater ist noch da. Wäre ich so wie du die einzige Hauptperson, die das alles stemmen muss, würde ich vielleicht anders entscheiden.
Was da auch total wichtig ist, sich zu fragen, ob es denn auch noch Momente gibt, wo du sagen kannst, dass dir die Pflege Kraft gibt oder eben irgendetwas Positives auch dabei ist. Ich versuche das immer abzuwägen, und es hält sich noch die Waage. Es sollte einfach nicht kippen, weil man sonst echt in einen Strudel der Überforderung gerät. Es klingt so, als wärst du gerade voll drin in einem solchen Strudel, aber nach deinen Gesprächen mit dem BRK und nachdem du alles auf mehr Schultern verteilt hast, kann es sich auch wieder verbessern. Ok, jetzt rede ich so, als wäre ich voll ok und entspannt mit meiner Situation... So ist es nicht, und ich glaube auch niemand der mit Angehörigen mit dementen Phasen beschäftigt ist, kann das behaupten. Das wäre auch vollkommen seltsam. Es ist hart, und ich wünsche dir einfach alles Gute und viel Kraft.