Beiträge von grüneslicht

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    Hallo alle,


    auf unsere Familie kommt das Thema "die alte Wohnung aufgeben" jetzt zu, die ungewisse Vorstellung macht uns zu schaffen. Wieder ein Abschied, den wir lernen müssen. Ich bin leider von Natur aus nicht sehr weise in der Hinsicht und wünsche mir erstmal immer, alles festzuhalten. Eure Erfahrungen und Ideen mitzulesen, hilft mir, das Thema realistisch zu sehen – danke dafür.

    Diese tiefe Verunsicherung und die Angst vor der kommenden Nacht, habe ich entkräftet, indem ich gesagt habe, du hast schon seit Wochen hier ein Appartement gemietet und hier ist immer jemand, der nach dir schaut. Dann war da eine Erleichterung.


    Und bei anderen Sachen habe ich dann einfach zugestimmt und versucht einen positiven Aspekt hinzuzufügen, so dass das Hier und Jetzt leichter für sie wird.

    Hallo in die Runde


    So wie Teuteburger es hier beschreibt, läuft es bei uns auch, manchmal hilft aber auch nur Ablenkung durch eine Pflegekraft, die unsere Mutter dann zum Kaffeetisch bugsiert. Sie scheint eingetretene Verunsicherungen dann schnell zu vergessen. Weiß nicht wirklich, wie es ihr dann geht, es ist ein anderes Leben als mit uns :-/ Nicht der tollste Trost, aber viel mehr geht wohl nicht.


    Ich drücke Rose, Ecia, Hanne und allen die Daumen, dass sich das in erträglicher Weise einspielt, und allen viel Kraft für die Menge Probleme drumherum

    Hallo in die Runde


    Besuche im Heim unser Mutter sollen jetzt wieder problemlos möglich sein. Überraschung aber, dass immer noch mehr als nur ein paar Bewohner und Mitarbeitende dort nicht geimpft sind ... aber unsere Mutter & wir zum Glück.


    Liebe Grüße an euch

    Hallo Sohn83


    Ich glaube, viele stehen in einer ähnlichen Situation wie du, aber ich bewundere, was du bisher geschafft hast, um es deinem Vater möglich zu machen, sein vertrautes Leben weiterzuleben! Es ist jetzt die Frage, ab wann das gar nicht mehr geht, ohne dass du Schaden nimmst, und er auch immer weniger davon hat. Bei unserer Mutter haben wir es in der Serie von Ausnahmesituationen gar nicht richtig gemerkt, aber wenn fortschreitende Demenz und schwere körperliche Ausfälle und vielleicht Widerstände gegen fremde Hilfe zusammenkommen, kann es Angehörige und ambulante Helfer sehr schnell und plötzlich an die Grenzen des Machbaren bringen. Bei uns gab es einige Wochen mit Einbrüchen dramatischen Krankenhausepisoden, und dann wurde deutlich, dass eine ständige fachliche Versorgung im Schichtdienst nun wichtiger ist als die vertraute Umgebung und das alte Leben. Das ging nur im Pflegeheim. Da geht leider auch vieles nicht oder nicht gut, was man sich besser vorstellen könnte und das Leben ist leider einfach nicht mehr dasselbe wie vorher. Aber wir mussten das akzeptieren lernen.


    Ich kenne natürlich nur unseren eigenen Fall richtig und bin deswegen unsicher mit Empfehlungen, aber mein Tipp wäre, dass du dir schonmal vor Augen hältst, dass dieser Einschnitt kommen kann, und dir vielleicht, wenn noch ein bisschen Zeit ist, geeignete Heime ansiehst, soweit Corona das zulässt (dazu gab es hier vor wenigen Wochen einen eigenen Thread).

    Wie gesagt mit aller Vorsicht, aber so wie du eure aktuelle Situation und die inzwischen eingetretene Unselbständigkeit deines Vaters schilderst, wäre ich leider skeptisch, ob eine ambulante Hilfe oder selbst eine einzelne 24/7 Betreuungskraft im Haus genügend bewirken kann.


    Alles Gute für dich und deinen Vater

    Guten Morgen in die Runde


    Im Heim unserer Mum gehen Besuche weiter nur im Besuchszimmer mit Test, aber zum Glück auch länger im Garten. Außerdem dürften wir mit dem Rollstuhl auch raus auf öffentliche Spazierwege -- liebe Hanne, vielleicht wäre das eine Möglichkeit für euch?


    Es gibt im Heim Coronafälle und auch immer noch Ungeimpfte, Neuzugänge und auch Unwillige, selbst beim Personal. Da kollidieren wieder Rechte des Einzelnen mit den Interessen von allen, und es gibt keine völlige Sicherheit. Wohl aber eine Risikoabwägung, und darum hoffe ich auf weniger Besuchseinschränkungen bei fallenden Inzidenzen ...


    Immer wieder verblüffend, wie unfertig die Anti-Corona-Strategien sind. Mein en passent angefragter Impftermin beim Hausarzt kam nach einer Woche und meine Tochter kriegt nirgendwo was, mit Vorerkrankung und allem :-(


    Unsere Mum macht inzwischen Fortschritte bei der Eingewöhnung im Heim, sitzt jetzt mehr mit anderen zusammen und die Pflegekräfte kommen besser mit ihr klar. Die Kehrseite für uns als Familie ist, es schwindet noch mehr von ihrem - unserem - alten Leben. Aber gut, dass sie dem selbst nicht nachtrauert und nicht so leidet wie befürchtet. Andere Heimbewohner rufen ständig nach Angehörigen, das ist sehr traurig zu sehen.


    Liebe Grüße an alle, schön, dass ihr hier seid

    Hallo Havanna07


    Das klingt ja nicht schön, vor allem für deine Mutter. Ich habe leider aus dem Stand keinen Rat und möchte dir nur wünschen, dass unsere Experten oder andere hier gute Tipps für dich haben.


    Liebe Grüße

    Hallo von Dob


    Unse Mum ist vor 8 Wochen ins Pflegeheim gekommen. Wir sind bei der Auswahl einer Empfehlung gefolgt, weil es zemlich plötzlich gehen musste. Nach den Erfahrungen bisher würde ich genau die von sonnenblümchen aufgezählten Punkte in den Vordergrund stellen, wenn du Gelegenheit bekommst, Heime zu prüfen.


    Lass dich nicht entmutigen und versuch immer das Beste, auch wenn du vieles nicht rauskriegen und kontrollieren kasst. Es ist in der Heimwelt anscheinend oft so, dass man nur das Beste aus dem machen kann, was möglich ist, und man mit Realitäten konfrontiert wird, die man sich und seinen Eltern nicht wünscht. Wir mussten uns daran gewöhnen, dass sehr vieles, was man sich an Informationsaustausch und empatischer Pflege und Einbindung von Angehörigen usw. gut vorstellen könnte, im Heimalltag mit riesigen Einschränkungen und Hindernissen verbunden ist, wegen der meist schlechten Personalsituation und der schwierigen Kommunikation unter allen Beteiligten, noch mehr jetzt in der Pandemie.


    Viel Glück bei der Suche, liebe Grüße

    Hallo in die Runde


    Bei uns gerade etwas Entspannung. Quarantäne im Pflegeheim wurde gelockert, meine Schwester konnte rein, unsere Mum hält sich einigermaßen gut. Mir tut es leid, dass mehrere hier gerade wieder mit so schweren neuerlichen Belastungen kämpfen müssen.


    Liebe Teuteburger, vielleicht hat deine Mama auch nur den Zusammenhang deiner Krankheit mit den Insektiziden aus dem Sinn verloren? Du hast ja weitere Ursachen erwähnt und ich kenne das, dass Angehörige (ich selber auch) sich manchmal nur noch die Hälfte merken, solange sie nicht direkt gefordert sind ...


    Liebe Grüße

    Bei unserer Mum auch 2 Wochen Quarantäne auf dem Heimzimmer mit Besuchsverbot. Kein Gartenbesuch und nichts, soweit wir wissen. In diesem Fall wegen eines bestätigten Falls auf der Etage. Diverse andere Neuzugänge noch nicht geimpft (unsere Mum mit viel Einsatz von uns schon). Natürlich in vielerlei Hinsicht voll der Rückschlag :-(

    Musik ist die Schnellstraße zum Herzen von Menschen mit Demenz, denn die Bereiche des Gehirns, die für die Wahrnehmung von Musik zuständig sind, sind auch eng mit den Emotionen und emotionalen Erinnerungen verknüpft. Deshalb vermute ich, dass Ihr Vater positiv angerührt reagieren wird, ihre gute Absicht erkennt - selbst, wenn es akustisch kein Genuss mehr für ihn ist.

    Das empfinde ich auch so!

    Hallo Hanne


    Für meine Mum war es das Highlight, als ich ihr kurz vor dem Einzug ins Heim Kinderlieder vorgesungen hab, sie hat auch sofort mitgesungen. Das ist natürlich viel zugewandter und lebendiger als unflexible Konservenmusik. Ich glaube, selbst wenn das Singen oder Spielen manche an verlorene Fähigkeiten erinnert, überwiegt meistens die Freude am echten Musikhören und -machen.


    Ich bin kein Experte, aber ein bisschen erfahren im Musizieren mit behinderten und traumatisierten Menschen. Nicht zu viel wollen, offen für die Reaktionen sein, also z. B. öfter innehalten, neu anzusetzen, Tempo oder Melodie wechseln usw. – mehr braucht es nicht (meine wackelige Stimme hab ich mit einer kleinen Zupffiedel unterstützt). Ich würde es mit und ohne Noten probieren, manche Musikveteranen finden es einfach schön, wieder mal wie gewohnt Noten in der Hand zu haben.


    Nun die Einwände in deiner jetzigen Situation: Vielleicht geht es einfach im Garten des Pflegeheimes, à deux ganz nah unterm Sonnenschirm oder auf einer Parkbank? Das könnte für deinen Vater schon sehr viel sein. Oder allein im Zimmer, in Absprache mit dem Heim? Ich würde dich gern ermutigen, selbst wenn fast nichts mehr im Gehör ankommt. Teile der Tonschwingungen und rhythmischen Impulse fühlt der Körper auf vielen Wegen, und oft sind gerade bei langjährigen Chor- oder Ensemblemusikern auch Gesichter und Bewegungen, Erinnerungen und das eigene Mitschwingen stark am inneren Musikerleben beteiligt. Vielleicht hilft's, wenn ihr Hand in Hand singt.


    Was ich noch nicht probiert habe, aber man hört manchmal davon bei Schwerhörigen: Vertraute Melodien z. B. auf dem Klavier spielen (wenn es im Heim eines gibt) und einen direkten Körperkontakt zum schwingenden Holz herstellen, Kopf vorsichtig anlehnen oder so.


    Ich wünsche euch von Herzen einen schönen Geburtstag, und wenn du dich zu dem Versuch entschließt, viel Glück dabei!

    Und dann ist doch nicht alles trübe: Meine zweite Schwester meldet, Mum saß heute nachmittag bei ihrem Anruf im Gemeinschaftsraum und hat munter mit der Tischnachbarin geklönt (wohl in der Vorstellung, das ganze wäre eine Vereinsveranstaltung von früher ...).

    Liebe Teuteburger, herzlichen Dank


    Meine Schwester ist mit den Ärzten in ganz gutem Kontakt, um das mit dem Risperidon im Auge zu behalten, Unsicherheit kommt derzeit weniger daher, was die verordnen, sondern weil es schwankt, wie gut die Medikamentengabe wirklich klappt.


    Das Zimmer ist schon sehr klein, wir experimentieren mit Bildern, die ein bisschen Vertrautheit und Stimmung bringen, und mit Dingen, die wir mit unserer Mum machen können. Ob und wie das Heim es schafft, sie in Gemeinschaftsaktivitäten zu integrieren, müssen wir sehen.


    Mit "vertrauten" Eindrücken quasi aus ihrem alten Leben ist das aber wieder so eine Sache: Es macht ihr für einige Augenblicke Freude, hilft aber nicht so wie erhofft, dass sie am neuen Ort anwächst, und macht sie vielleicht sogar etwas weniger offen dafür. Gerade ist z. B. das Gefühl, dass wir besser nicht mit Kurzbesuchen ihren neuen Alltag unterbrechen, sondern das lieber nur in Kauf nehmen, wenn wir länger in den Garten oder die Umgebung gehen können.


    Wieder mal komme ich ins Staunen, wie man immer denkt, man hat so viel im Leben gesehen und steht dann so wenig vorbereitet diesen Fragen gegenüber!


    Viele Grüße an alle Mitlesenden

    Für mich ist es auch schwer zu ertragen, das wir als Gesellschaft kein besseres Versorgungsangebot für ältere Menschen realisieren können. Für mich bedeutet das auch eine Art Spiegel der Gesellschaft auf die Situation, also das sich einfach nicht genug Menschen dafür einsetzten, wirklich sehr sehr traurig...

    Hallo machame


    Das beschäftigt mich auch sehr. Da wirken in der Gesellschaft natürlich starke Verdrängungskräfte, die dazu beitragen. Oder zumindest bei mir bisher …


    Viele Grüße

    Hallo MeinVaterhatDemenz, ich wünsche dir Kraft und viel Rückhalt in deinem Umfeld.


    Unsere Mum hat in diesem Jahr sowohl im Krankenhaus als auch jetzt im Heim wohl die letzten Reste an Gehfähigkeit verloren und sitzt nur noch im Rollstuhl, aber Kreislauf und Stoffwechsel waren eigentlich immer OK (außer der Schilddrüse, schon lange).


    Viele Grüße

    Ich nochmal


    Wir hätten bis zu diesem Frühjahr nicht gedacht und sind unglücklich darüber, auf wie wenig Eigenes und Individuelles, wie ewenig "Zuhause" sich das Leben eines Menschen aus unserer Mitte auf einmal reduzieren kann, zum Teil auch nur deswegen, weil die Pflegeökonomie das nicht anders zulässt (wie oben zu lesen war: Niedriglohnbereich Wäschepflege, Überlastung der Pflegekräfte usw.).


    Und das ist noch der "normale" Übergang zum Heimleben, wenn es "gut" läuft, bei uns ist es leider nicht so. Unsere Mum wehrt sich wie vorher zu Hause mit einer Mischung aus Angst und Arroganz gegen fast jede Unterstützungvon anderen. Sie empfindet alles als existentielle Konfrontation, dabei braucht sie sogar besonders Hilfe, weil sie nicht mehr selbständig mit den Füßen gehen kann. Welche Geister sie da umtreiben -- sie war schon immer eine auffällige Eigenbrötlerin -- können wir nur ahnen. Das Pflegeteam kommt alles andere als gut damit zurecht, was ich einerseits individuell verstehen kann, aber trotzdem verwunderlich finde: Für das System kann das doch kein Einzelfall sein. Die Pflegeärzte wollen jetzt in Absprache mit uns etwas mit stärkeren Beruhigungsmitteln versuchen. Nicht toll, aber sie soll sich nicht mehr gefährdet fühlen.


    Unsere Verwandten am Ort, die beim "Anwachsen" helfen wollten, erkennt unsere Mum nicht, sie hat richtigen Kontakt nur mit uns vier Kindern. Ein kleiner Lichtblick ist, dass sie selbst offenbar die täglichen Tiefpunkte zumindest sofort wieder vergisst, Martin Hamborg hat mir dazu mal etwas geschrieben, 'mit der Demenz und dem Vergessen arbeiten', was ich damals übertrieben düster fand, jetzt aber einfach auch als ein Stück Realität akzeptieren muss.


    Ich schreibe das alles, um einmal festzuhalten, wie schwer ich diese Auseinandersetzung mit der Realität finde, und meine Geschwister auch, jeder auf seine Art. Was können wir uns eigentlich noch für unsere Mum wünschen und uns als Ziele setzen?


    Ich danke euch fürs Lesen!

    Hallo an alle


    Wir haben auch gerade große Schwierigkeiten, uns an die Realitäten im Pflegeheim zu gewöhnen. Unsere Mum hat schon keinen Anteil mehr am Leben ihrer Familie (sie kann das alles nicht mehr einordnen) und jetzt verschwinden auch ihre persönlichen Sachen und ihre Privatsphäre aus ihrem Leben, also alles an Rahmen, was sie kannte ...


    Schreibe später noch mehr, viele Grüße schonmal

    Hallo an alle Interessierten, ich schreibe jetzt mal die Sachen, die mir als erstes in den Sinn kommen, für die, die sich auch damit beschäftigen oder neugierig sind. Es gibt zu dem Thema sehr viel zu sagen, vor allem aber haben sich bei uns die Ereignisse ständig extrem überschlagen.


    Wir sind vier Geschwister in einer Familie, die sehr gut zusammenhängt, aber alle mit eigenen Familien gebunden an anderen Wohnorte als den unserer Mutter. Die ist 87 und hat zwar seit dem Tod unseres Dads gerne allein gelebt, aber seit gut drei Jahren mit deutlichen Anzeichen von Demenz und zudem starke Gehbehinderungen entwickelt. Wir haben das mit immer häufigerer Präsenz, notwendigen technischen Sicherungen in der Wohnung und einem Netzwerk von Nachbarn und ambulanten Helfern lange ganz gut hinbekommen – das sind alles Geschichten für sich – dann ging es aber nicht mehr, sie konnte sich um kein Essen mehr kümmern, ist von alleine kaum noch aufgestanden, hat Ärzte und Pfleger brüsk weggeschickt, keine Medikamente mehr genommen. Weil ihre eigene Wohnung so lange ihr Lebensmittelpunkt gewesen ist, wollten wir im vergangenen Herbst den Versuch machen, eine Betreuerin bei ihr einzuquartieren. Unsere Mutter ist zwar stur, aber meist guter Laune und hätte sich ja vielleicht an so ein Zusammenleben gewöhnen können. Das Werbeschlagwort „24-Stunden-Pflege“ ist natürlich Quatsch dafür, dass dann eine einzelne weitgehend ungelernte Kraft kommt – es ist extrem viel Zeit und Arbeit notwendig, um die Betreuerin angemessen zu entlasten und alles abzudecken, was gemacht werden muss, aber zumindest würde jemand täglich um Essen, Wäsche und Medikamente kümmern und für sonstige Zwischenfälle einfach vor Ort sein.


    OK, vorab, es hat nicht lange geklappt mit diesem Versuch, und das lag am wenigsten an den Betreuerinnen persönlich. Unter anderen Umständen würden die, die wir kennengelernt haben, das wirklich wie gedacht hinbekommen haben, und sie haben auch mit viel Freundlichkeit alles Zumutbare versucht. Wie schon an anderer Stelle erzählt, hat unsere Mutter aber angesichts der ersten angereisten Betreuerin erstmal jegliche Akzeptanz ausgeschlossen, und als sie sich am nächsten Tag beruhigt und alles vergessen hatte, war die schon weitervermittelt worden. Eine Woche später haben wir mit ratgebender Unterstützung aus dem Forum hier einen „Besuch“ einer „Bekannten“ angekündigt, und der Einzug in die Wohnung hat geklappt. Kochen usw. ging auch gut, aber nun blieb unsere Mutter dauerhaft auf Distanz und hat sich auch nach Wochen in vielen Dingen, insbesondere der Körperflege, nicht mal im Ansatz helfen lassen. Über Weihnachten und nochmal im Februar bekam die Betreuerin zeitweise Ablösung von uns Geschwistern und einer zusätzlichen Kraft aus Polen. Mit dem Tagesablauf hat es da zwischendurch immer mal ganz gut geklappt, wohl auch wegen der nun wieder regelmäßigen Medikamentengabe, aber Ausfälle und Widerstände wurden punktuell immer schlimmer, und die Hoffnung schwand, dass sich noch ein tägliches Miteinander mit der Betreuerin aufbauen könnte, bei dem z. B. für das Mindeste an körperlicher Hygiene und Bewegungssicherheit gesorgt sein würde.


    Jetzt muss man sich das alles noch vorstellen vor dem Hintergrund, dass dieses Betreuungsangebot nur möglich ist durch einen bewusst so gehaltenen grauen Markt – unter professionellen Gesichtspunkten und nach normalem Arbeitsrecht ist eine ungelernte Betreuungskraft viel zu wenig, schon um die Einsatzzeiten abzudecken. Das heißt, man hat es mit polnischen Agenturen zu tun, die nominell als Arbeitgeber fungieren (so geht das legale Konstrukt, das der Gesetzgeber wohl duldet, damit überhaupt was geht), aber die sich z. B. nicht darum kümmern, dass die Betreuerinnen wirklich mit FFP2-Make im Bus anreisen. Es gibt eine deutsche Vermittlungsagentur, die mit mehr oder weniger Mühe passende Betreuerinnen findet, aber nichts gegen immer gleiche Belastungen für alle Beteiligten tut. Die Betreuerinnen sind keine Profis, die abends nach Hause gehen und sonst immer nach Plan funktionieren, sondern Leute, die von zu Hause weg sind, sehr abhängig vom Goodwill ihrer Auftraggeber und Agenturen, mit vielerlei unberechenbaren Bedürfnissen, Marotten und Unsicherheiten. Man ist Woche für Woche auch damit beschäftigt, das aufzufangen, aber es liegt an dem ungeregelten Konstrukt des Ganzen. Ein anderes wäre niemals privat bezahlbar, und auch so muss man 3000 Euro oder mehr im Monat einplanen, was bei uns nur durch eine hohe Beamtenwitwenpension möglich war.


    Ausgegangen ist diese ganze Ära für uns noch sehr viel dramatischer, als sie angefangen hatte. Meine Mutter ist vor drei Wochen in der Wohnung schwer gestürzt, als die genannte Ersatzbetreuerin gerade den zweiten Tag vor Ort war, konnte nicht mehr aufstehen, hat sich aber massiv gegen jede Hilfe gewehrt. Die Polizei musste kommen, damit Notarzt und Krankenpfleger sie ins Krankenhaus mitnehmen konnten. Sie wurde nach einigen Tagen in ein gutes Demenzkrankenhaus verlegt und hat sich da wieder ein wenig beruhigt. Sie bekam allerdings tatsächlich auch Beruhigungsmittel, zuvor hat sie Pflegekräfte mit Zähnen und Fingernägeln angegriffen, um nicht gewaschen zu werden. Das geht nicht mehr mit halbprofessionellen Kräften in der eigenen Wohnung. Zum Glück kam wieder Hilfe aus unserer Familie. Da wurde ein passender Heimplatz frei, wieder relativ weit weg von uns Geschwistern, aber in direkter Nähe enger Verwandter, die uns helfen und als ständiger Kontakt da sind, und viele Reisen sind wir ja gewohnt. Was für unsere Mutter gut ist und was wir für sie tun können, hat sich jetzt natürlich ziemlich verschoben. Zuletzt hat sie von ihrer Wohnung gar nicht mehr gesprochen und heute den Umzug ins Heim mit meiner Schwester in guter Stimmung absolviert. Es ist schon traurig, dass alles, was ein Mensch immer wollte und aufgebaut hat, jetzt eigentlich nur noch für uns Nachkommen eine bröckelnde Bedeutung hat, aber unsere Begegnungen mit unserer Mutter sind unter diesen Vorzeichen immer noch schön und das Drumherum bleibt, kann man nur hoffen, erstmal erträglich. Wir haben bei allem, auch im Hinblick auf die Erfahrungen vieler anderer hier, noch sehr viel Glück.


    Viele Grüße an euch alle!