Hallo Schmiddi,
das Geschwisterthema war neben der Versorgung meines Vaters mein größtes Problem während der Pflege an das ich unheimlich viel Energie vergeudet habe. Mit meiner Schwester hatte ich ein sehr enges Verhältnis und trotzdem wurde ich mit der Pflege zu 99,999% allein gelassen. Zwar sehe ich heute mit ein paar Monaten Abstand seit dem Tod meines Vaters viele Sachen etwas differenzierter aber an den Tatsachen ändert sich da nichts.
Meine Psychologin hat mir da sehr gut geholfen diesen Groll aufzuarbeiten und loszulassen. Mit meiner Schwester habe ich heute wieder ein gutes Verhältnis (allerdings nicht so wie zuvor) weil ich dieses Thema aktiv hinter mir gelassen habe und langsam lerne ein Selbstwertgefühl zu entwickeln.
Sich selbst in dieser Lebenphase professionelle Unterstützung zu holen (z.b. Beratungsstellen, Psychologe etc..) halte ich für sehr wichtig. Mir hat es enorm geholfen und ich habe Rückblickend viel zu lange damit gewartet.
Rückblickend möchte ich dir raten, wenn sich deine Schwester bis heute nicht mehr eingebracht hat wird sich daran wahrscheinlich auch nichts mehr ändern. Man kann es mit einem klärenden Gespräch versuchen aber schraube diesbezüglich deine Erwartungen nicht zu hoch.
Das tut weh, aber die Energie, Trauer, Gefühle der Zurückweisung etc... die du dafür aufbringst sind vergeudet. Du hast ein Erwartungshaltung und jedes mal wenn diese nicht erfüllt wird fühlst du dich schlecht und die Verbitterung nimmt zu.
Es ist deutlich einfacher wenn du die Sachen selbst in die Hand nimmst, Entlastungen können Tagespflege, Besuchsdienste, Pflegedienste, Kurzzeitpflege und je nach Grad der Erkrankung eine Demenz-WG oder ein Umzug ins Plegeheim sein. Das mag sich erstmal überwältigend anhören (war bei mir nicht anders) aber das sind die Fakten. Auch bist du, bei aller Liebe die du empfindest, nicht verpflichtet dich selbst für die Pflege aufzugeben. Du darfst Verantwortung in die Hände von Fachpersonal geben. Daran ist nichts verwerfliches. Du schreibst ja das sich deine Mutter noch recht fit ist, gerade da könnte eine Tagespflege (Falls du dir darunter nichts vorstellen kannst, Kindergarten für Senioren trifft es wohl recht gut) durchaus nochmals stabilisierend wirken. Bei meinen Papa hatte das gerade im ersten Jahr erstaunliche Effekte. In der Tagespflege wurde auch mehrfach wöchentlich mit den Bewohnern die MAKS (motorisch, alltagspraktisch, kognitiv, sozial) Therapie gemacht.
Hier im Forum hat irgendjemand mal einen Satz formuliert der mir Sinngemäß sehr im Gedächtnis geblieben ist.
"Niemand käme auf die Idee Eltern ein schlechtes Gewissen zu machen wenn sie ihre Kinder in die Schule bringen um dort von Fremden unterrichtet und auch erzogen zu werden. Warum sollte dies bei hilfebedürftigen Senioren anders sein?"
Ich wünsche dir alles Gute